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  1. #29
    Magna Carta: Tears of Blood



    Challenge #: 09
    System: Playstation 2 (NTSC-U)


    ► Zum Ersteindruck


    Vorwort
    Magna Carta: Tears of Blood. Dies beschreibt ziemlich präzise meinen Zustand beim spielen, da sich währenddessen mein Hirn verflüssigte und in Form von Blut aus meinen Augen gequollen ist


    Das Spiel
    Vor hunderten von Jahren erreichten menschliche Emigranten über das Meer den neuen Kontinent Efferia. Dort fanden sie die Yason vor, eine humanoide Rasse mit verformten Ohren und roten Stigmata am Körper, den so genannten Vindi. Obwohl die beiden Rassen anfangs friedlich zusammen lebten, begannen die Menschen einen Krieg um die Ressourcen gegen die Yason, die schließlich zum Gegenschlag ausholten. In die Enge gedrängt entsandten die Menschen eine Gruppe Elitekämpfer, welche später als die Acht Helden in die Geschichte eingingen, hinter die feindlichen Linien. Diese schafften es, den Tree of Light, der die Yason mit Chi versorgte und damit für deren überlegene Macht verantwortlich war, zu versiegeln, sowie das Light of Salvation zu stehlen und in acht Splitter zu zerteilen. Von ihrer Energiequelle getrennt fielen die Yason einer Krankheit anheim, dem “Rheuma“, die ihre Opfer langsam verholzen lässt.
    Seit dem sind 50 Jahre vergangen. Die Yason, die gegen die Krankheit immun waren, bildeten die Elitetruppe der Blast Worms, die seither Angst und Schrecken unter den Menschen verbreitet. Eines der Opfer ist der Protagonist Calintz, dessen Heimatdorf Fuget in seiner Jugend von einer Einheit der Blast Worms zerstört wurde. Seitdem sinnt er auf Rache und gründete daher die Söldnergilde der Tears of Blood, die sich aus Individuen zusammensetzt, die noch eine offene Rechnung mit den Yason zu begleichen haben. Mit dieser ist er maßgeblich an einem geplanten Angriff auf die Hauptstatt der Yason, Epentar, mittels verbotener Magie beteiligt. Doch der Angriff wird durch Amila, die Königin der Yason, vereitelt und er und seine Gefährten müssen den Rückzug antreten. Er sichert den Fluchtweg, fällt dabei aber in die Fluten eines Flusses und wird in einer Höhle angespült. Nachdem er wieder zu sich kommt, wird er von dem mysteriösen Mädchen Reith gesund gepflegt, die an Amnesie zu leiden scheint. Aufgrund ihrer heilenden Fähigkeiten hält er sie für eine Priesterin, die am Angriff auf die Yason beteiligt war und beschließt aus Dankbarkeit, sie zum Tempel der Priester in Amabat zu eskortieren. Doch soll dieser Weg nicht ganz ohne Schwierigkeiten verlaufen, denn die Yason scheinen es auf sie abgesehen zu haben. Und ist das Mädchen wirklich die für die Calintz sie hält? Bereits nach einem verdächtigen Umschnitt im FMV-Intro war mir klar wer sie ist, noch bevor ich wirklich mit dem Spiel begonnen und die Charaktere kennengelernt habe.




    Obwohl nicht sonderlich originell, denke ich dass die Story wirklich Potenzial hatte. Besonders anfangs war ich optimistisch, dass sie vielleicht nicht der Oberhammer- aber ganz nett sein würde. Doch mit andauernder Spielzeit lösten sich meine Hoffnungen nach und nach in Luft auf. Denn leider wird diese immer schlechter, macht tausende offene Stränge auf, die nicht ordentlich abgeschlossen werden und irgendwo im Sand verlaufen oder genauso schnell abgehandelt werden wie sie aus dem Hut gezaubert wurden. Da kann es schon mal vorkommen, dass in der einen Szene aus dem Nichts eine Rebellion ausbricht und in der nächsten diese dann schon wieder zerschlagen wurde. Spielzeit dazwischen: 10 Minuten. Oder in der einen Szene verlangt ein Charakter Informationen über einen anderen und in der nächsten kommt es bereits zu einem Treffen zwischen diesen, ohne eine Entwicklung dazwischen und trotz gigantischen Hürden. Das Spiel besteht aus sehr vielen Zwischensequenzen, doch die meisten sind ziemlich Inhaltsleer und es wird sich mehr auf Kamerafahrten und tot dreinblickende Charaktere konzentriert, als wirklich Inhalt zu vermitteln. Der Gegenentwurf dazu sind Sequenzen, in denen die Charaktere in furchtbar geschriebenen Dialogen miteinander kommunizieren und auf die dümmsten und widersprüchlichsten Ideen kommen. Zwischensequenzen wirken oft konfus und enden abrupt, obwohl man nicht das Gefühl hat dass das Gespräch zufrieden stellend beendet wurde oder man genügend Hintergrundinformationen erhalten hat.
    Noch schlimmer sind die zahlreichen Gespräche, die nur in Form von Textboxen vor verschwommenem Hintergrund stattfinden. Wenn z.B. feindliche Agenten eine Bombe zünden und sich der Freund des Protagonisten in letzter Sekunde todesmutig vor diesen wirft, um ihn vor der Druckwelle zu schützen, so findet dies ausschließlich in textueller Form statt, mit der kleinen Ausnahme dass der Bildschirm kurz weiß aufblitzt. Na immerhin…
    Dass viele wichtige Story-NPCs meistens nur in solchen Textbox-Sequenzen erscheinen und ansonsten in der Spielwelt nirgendwo zu finden sind, trägt ebenfalls nicht gerade zur Immersion bei. Die Höhe ist dann aber, wenn NPCs von Ereignissen reden, die zu dem Zeitpunkt im Spiel noch gar nicht stattgefunden haben und daher (recht offensichtliche) Dinge spoilern.
    Zudem bietet der Plot keine richtige Konsistenz. Das ursprüngliche Ziel gerät schnell in den Hintergrund und erst recht spät erinnert sich das Spiel wieder an dieses. Die Ziele ändern sich im Minutentakt. Man ist von A nach B unterwegs, dann passiert etwas und man muss zurück zu A, doch auf dem Weg passiert wieder eine andere Sache und das neue Ziel lautet C etc…
    Oder man muss aufgrund eines fadenscheinigen Vorwands für einen Nebenstrang über eine Stunde lang durch einen bereits zuvor besuchten Dungeon laufen, nur um festzustellen, dass es dort nichts zu finden gibt. Das Spiel wollte einfach nur die Spielzeit etwas strecken.
    Zeit und Raum spielen für die Handlung sowieso keine Rolle. Charaktere, die sich gerade in einem anderen Land aufhalten, sehen plötzlich ein Leuchtsignal, dessen Ursprung sie sofort auf ihre Heimatbasis zurückführen und noch am selben Tag dort ankommen, trotz dutzender, wenn nicht gar hunderter Kilometer die dazwischen liegen (und obwohl sie sich gerade mitten in einem Wald befinden…).
    Und dann die Logik. Da wird schon mal der halbe Kontinent zu Fuß durchquert, um mit einem Flugschiff in die gleiche Richtung zurückzufliegen, obwohl es Kommunikatoren gibt mit denen man den Betreiber einfach hätte herbestellen können. Alles nur um die Spielzeit unnötig zu strecken, wie leider an so vielen Stellen und in so vielen Situationen in dem Spiel…

    Die Story besteht aus zig Löchern und offenen Fragen, die ich aus Spoilergründen nicht alle offen erwähnen möchte und daher in einen Spoiler packe, für die die es interessiert oder das Spiel schon mal durchgespielt haben.








    Stattdessen wird die Story mit folgendem Inhalt gefüllt: Ping Pong.
    Denn Calintz’s Eskorte von Reith nach Amabat ist nur der Aufhänger für den Prolog. Schon bald gehen beide getrennte Wege und während er für die Armee in geheimer Mission unterwegs ist, versucht Reith mit ihrer eigenen Party ihre Erinnerungen zurückzuerlangen. Dabei weisen ihr Visionen den Weg. Und hey, ich fand die Idee anfangs klasse, mit zwei unterschiedlichen Parties durch die Welt zu streifen, deren Wege sich immer wieder kreuzen, zwischen denen man an manchen Stellen frei wechseln kann (wobei die Reihenfolge in der man mit diesen spielt an anderen Stellen fest vorgegeben ist), unterschiedliche Abenteuer zu erleben oder auch die spielerische Abwechslung die dadurch zustande kommt bzw. das Aufbrechen der “Wohlfühlzone“ einer statischen Party. Anfangs… Denn was das Spiel letztendlich daraus macht ist echt nicht mehr feierlich. Im Großen und Ganzen bedeutet das nämlich, dass man dieselben Gebiete, durch die die erste Party gestreift ist, mit der zweiten Party ebenfalls durchkämmt. Meistens sogar direkt hintereinander. Immer und immer wieder. Am Layout ändert sich selbstverständlich nichts und sogar die geplünderten Schatztruhen bleiben leer. Sowieso besucht man ständig wieder dieselben Orte und bereits zur Hälfte des Spiels werden diese, selbst auf eine einzige Party bezogen, aus teils hanebüchenen Gründen, mehrfach wiederholt, obwohl es noch unbesuchte neue Gebiete gäbe. Ganz übel wird es, wenn man einen Dungeon mit der ersten Party, danach mit der zweiten Party und gleich danach, nach einem kurzen Storyereignis bei dem man hinausteleportiert wurde, mit der ersten Party erneut durchlaufen darf…

    Auf die künstlich aufgebauschte Liebesgeschichte zwischen den beiden Protagonisten, die sich eher sporadisch immer mal wieder über den Weg laufen, möchte ich gar nicht weiter eingehen. Zumal sich Reith, aufgrund ihrer Amnesie, mental irgendwo auf dem Niveau einer Zehnjährigen befindet und Calintz sowieso schnell eine neue (künstlich aufgebauschte… ich erkenne ein Muster…) Flamme findet.

    Garniert wird die Handlung mit einer katastrophalen englischen Synchronisation, bei der die völlig talentbefreiten Sprecher, die entweder direkt von der Straße aufgegabelt wurden oder zur Belegschaft des Studios gehören, sämtliche Dialoge falsch betonen, auf Emotionen keinen Pfifferling geben - ich bezweifle dass jemals einer davon das Spiel auch nur einmal gesehen hat - oder Dialoge so langsam sprechen und Wort für Wort überdeutlich betonen, wie der Englischlehrer aus der fünften und sechsten Klasse.

    Laut Wikipedia ist die Handlung des Spiels eine Art “Reimagening“ des ersten Teils der Magna Carta-Saga, The Phantom of Avalanche. (Quelle siehe “Magna Carta: Crimson Stigmata (2004)“). Eventuell wurde am Skript so viel herumgedoktert, dass die Storystränge keinen Sinn mehr ergeben oder ins Nichts führen. Eventuell war das Original aber auch schon so inkompetent geschrieben. Ich weiß es nicht.




    Die Städte und Dungeons sind über recht schlauchig geratene Straßen miteinander verbunden, vergleichbar mit Final Fantasy 10 oder 13. Allerdings sind diese hier weiter verzweigt und enger untereinander verwoben, so dass die Welt kohärenter wirkt als in den beiden genannten Beispielen. Trotzdem sollte man sich nicht zu sehr freuen, denn von Freiheit kann hier keine Rede sein. Man ist die meiste Zeit über auf einen festen Pfad beschränkt und wenn man versucht von diesem abzuweichen, wird man sofort von einem Partymitglied zurückgepfiffen. Erst im letzten Viertel ist es möglich, sich größtenteils frei in der Welt zu bewegen und erst knapp vor dem Ende bekommt man die Möglichkeit, sich zwischen den verschiedenen Städten hin und her zu teleportieren.
    Die Ladezeiten zwischen den einzelnen Gebieten fallen mit 20 bis 30 Sekunden durchaus happig aus. Man kann schneller durch diese rennen als sie geladen werden, wobei ich auf das “Rennen“ gleich zurückkomme. Die meisten Städte sind ebenfalls in mehrere Abschnitte unterteilt, die genauso lange laden. Das macht das Einkaufen recht nervig, da die Händler natürlich quer über die Stadt verteilt wurden.
    Gegner laufen in der Umgebung sichtbar umher. Doch im Standardmodus sieht man diese erst im letzten Augenblick und sie können die Heldenparty überraschen, was dazu führt dass man im Kampf, für eine bestimmte Zeit, keinerlei Aktionen tätigen kann. Nur im Detect-Modus weitet sich der eigene Sichtradius weit genug aus, um die Gegner sowie Truhen rechtzeitig erkennen zu können. Gegner kann man hier auch überraschen, wodurch diese mit dem gerade angesprochenen Malus belegt werden. Allerdings kann man sich im Detect-Modus nur in Schrittgeschwindigkeit bewegen, was das Durchqueren der Dungeons sehr zäh werden lässt. Gerade später, wenn die Welt offener wird und man von einer Stadt zur nächsten gelangen möchte, um sich Dinge zu kaufen oder Quests zu lösen, kann dieses Unterfangen schon mal eine halbe Stunde oder mehr in Anspruch nehmen, da man sich erstens durch die Gebiete schleichen muss, um nicht von Gegnern die man nicht sieht überrascht zu werden und die Wege zweitens meist so schmal sind, dass man kaum an den Gegnern vorbei kommt, ohne in einen Kampf verwickelt zu werden. Dieselbe Strecke könnte man ohne Gegner, trotz Ladezeiten, in zwei Minuten zurücklegen, wenn man rennt. Daher überlegt man sich solche Aktionen gleich zweimal, was die Welt auf eine gewisse Art entwertet. Glücklicherweise respawnen einmal besiegte Gegner nicht, außer wenn man in der Story voranschreitet und das Spiel das nächste “Kapitel“ öffnet.
    Ein weiteres Ärgernis ist die Kamera. Diese zeigt das Geschehen oft aus ungünstigen Winkeln. So muss man an einigen Stellen beispielsweise gegen sie laufen und klebt dazu auch noch am unteren Bildschirmrand. Man läuft praktisch blind ins Nichts. Gegner so zu erkennen ist unmöglich und man schielt nur noch auf die Minikarte. Doch selbst dann ist das Abschätzen der Entfernung, die für einen Erstschlag nötig ist, nur sehr schwer. Ich frage mich wirklich ob sich die Gamedesigner hierbei lediglich gedacht haben, wie sie die Szenerie möglichst cool einfangen können oder auch nur einen Gedanken an die Spielbarkeit verschwendet haben. Ich vermute eher ersteres, denn anders kann ich mir andere Sünden wie Gegner, die direkt hinter Kurven, die man nicht einsehen kann oder direkt hinter Hindernissen wie Steinen oder Bäumen platziert wurden nicht erklären. Oder Gegner die direkt neben Speicherpunkten herumlaufen oder Gegner die direkt neben Teleportern warten, so dass man nach dem Auftauchen sofort angegriffen wird…




    Das Kampfsystem ist der interessantere Aspekt am Spiel. Es verläuft in Echtzeit, während sich eine Art ATB-Leiste, die Leadership-Leiste, langsam auffüllt. Auf dieser sind ein oder mehrere Aktionsmarker angebracht und sobald ein solcher Marker erreicht wurde, kann eine Aktion ausgeführt werden. Bleibt man stehen so füllt sich die Leiste auf, man kann sich allerdings auch mit allen der drei Partymitglieder jederzeit frei in der Kampfarena umherbewegen - dann hält die Leiste aber solange an. Gegner haben eine gesonderte Leiste die nach demselben Prinzip funktioniert. Um zu bestimmen wie viele Marker auf der Leiste platziert werden, wird das summierte Charisma - praktisch der Geschwindigkeitswert - der Gruppe mit dem der Gegner verrechnet. Nimmt man einen Gegner aus dem Spiel, verringert sich deren Wert stark und deren Marker werden weiter nach hinten geschoben, während die eigenen Marker weiter nach vorne geschoben werden oder sogar mehr auf der Leiste auftauchen. Das heißt, dass man schneller angreifen und öfter hintereinander Aktionen ausführen kann, wenn man die Leiste so lange aufladen lässt bis zwei oder mehr Marker erreicht wurden. Es ist daher sinnvoll, seine Angriffe immer auf einen einzigen Gegner zu konzentrieren. Umgekehrt verhält es sich natürlich, wenn ein Partymitglied stirbt. Da man dadurch schnell in die Bredouille gerät, sollte dies tunlichst vermieden werden.
    Befindet sich ein Gegner im Angriffsradius des gerade ausgewählten Charakters, wird der Trinity-Kreis eingeblendet. In diesem müssen in einem Rhythmusspiel drei Tasten zum richtigen Zeitpunkt gedrückt werden, um den Angriff auszuführen. Das System ähnelt dem aus Shadow Hearts, ist aber wesentlich unverzeihlicher, da alle Symbole getroffen werden müssen oder der Angriff ansonsten abgebrochen wird und man den Fortschritt der ATB-Leiste verliert.
    Welcher Angriff ausgeführt wird bestimmt der gerade ausgewählte Kampfstil. Dieser ist eine Ansammlung von mehreren Techniken. Zuerst ist nur eine Technik freigeschaltet, der Rest wird zufällig erlernt, wenn man die aktuell stärkste Technik im Stil ausführt und alle Symbole im Trinity-Kreis perfekt trifft. Bereits erlernte Techniken müssen in folgenden Kämpfen dann immer erst der Reihe nach freigeschaltet werden, bevor man sie nutzen kann. Um z.B. die sechste Technik einzusetzen, müssen im selben Kampf zuerst Nummer eins bis fünf eingesetzt werden. Aber Vorsicht, unterschiedliche Stile haben unterschiedliche Timings und die Umstellung ist immer ein gewisser Risikofaktor. Und wenn man zwischendurch mal einen Angriff versemmelt indem man sich verdrückt oder das Timing nicht stimmt? Tja, Pech gehabt, dann werden alle Techniken des aktuell ausgewählten Stils zurückgesetzt und man muss von vorne beginnen.^^
    Das ist gerade bei Bossen ungünstig, da diese besonders viele Schilde haben, die einen Großteil der einzelnen Angriffe abwehren und man nur mit Techniken, die aus vielen einzelnen Angriffen bestehen, wirklich Schaden verursacht. Und das sind eben meist die Höherwertigen. Hat der Gegner z.B. drei Schilde, so verursacht man erst mit einer Technik, die aus mindestens vier Angriffen besteht, wirklichen Schaden.
    Es gibt keine Magie- oder Technikpunkte. Stattdessen ziehen die Angriffe das Chi aus der Umgebung ab. Unterschiedliche Techniken benötigen unterschiedliche Chi-Elemente. Je mehr Chi desselben Elements man verbraucht, desto schwächer werden die Angriffe und desto mehr Schaden verursachen Gegenangriffe mit dem entgegengesetzten Element. Ist das Element komplett aufgebraucht, so können dafür keine Angriffe mehr ausgeführt werden. Gegner können aber durchaus weiter angreifen, was etwas unfair ist. Daher sollte man immer Charaktere in der Kampfparty haben, die unterschiedliche Elemente einsetzen oder unterschiedliche Stile parat haben, um gegebenenfalls wechseln zu können. Allerdings gibt es genügend billige Gegenstände, die das Chi im Kampf wieder regenerieren. Das verschafft einem selbst dann doch wieder einen Vorteil gegenüber den Gegnern. Außerdem können in Dungeons an Chi-Laternen einige der Startelemente bereits für den Kampfbeginn beeinflusst werden.




    Hat man alle Techniken eines Stils erlernt und diesen gemeistert, so erhält man je nachdem Zugriff auf Sonderfunktionen. Mit einigen Stilen kann man z.B. in eine Kombohaltung und mit anderen in eine Konterhaltung gehen. Die zuvor angesprochenen Schilde sind nur in der Standardhaltung vorhanden, der Einsatz der beiden anderen stellt also ein gewisses Risiko dar. In der Kombohaltung muss man beim Angriff ALLE Tastenkombinationen für ALLE Techniken DIREKT hintereinander FEHLERFREI eingeben, um einen Spezialangriff zu starten. Dieser verursacht aber trotzdem nicht so viel Schaden wie höherwertige Standardtechniken. Es ist eine Möglichkeit um direkt zum Kampfbeginn einige stärkere Angriffe zu starten, über die Dauer des Kampfes ist es aber besser, in der Standardhaltung nach und nach die besseren freizuschalten. Da das Risiko einer Fehleingabe hier überproportional hoch ist und man aufgrund mangelnder Schilde bei einem gegnerischen Angriff enormen Schaden erleidet, ist diese Haltung ein kompletter Witz. In der Konterhaltung kann man selbst nicht angreifen, bekommt aber bei einem gegnerischen Angriff die Möglichkeit, diesen, nun, komplett abzuwehren und zu kontern. Dazu muss man die Tastenkombination des Elements eingeben, mit dem der Gegner angreift. Allerdings sieht man hier, im Gegensatz zur Standardhaltung, nicht, welche Tasten eingegeben werden müssen bzw. mit welchem Element der Gegner angreift. Bei solchen die mit mehreren Elementen angreifen können ist es also ein Ratespiel, bei dem man enormen Schaden kassiert, wenn man die falsche Wahl trifft. Es ist also ein reines Glücksspiel. Später gibt es Gegner, bei denen man diese Haltung einsetzen muss, wenn man an einem normalen Kampf nicht eine halbe Stunde lang sitzen will. Allerdings greifen diese nur sehr selten mit ihrem zweiten Element an, so dass die Sache etwas berechenbarer wird. Ist der Konter erfolgreich, so werden beim Gegenangriff alle Schilde des Gegners ignoriert und man verursacht enormen Schaden.
    Das letzte Feature des Kampfsystems ist der Trinity-Drive. Gibt man einen Angriff oder Konter perfekt ein, so wird diese Leiste um 5% erhöht. Ab 30% kann der Drive eingesetzt werden und erhöht den verursachten Schaden anteilig. Bei 100% verdoppelt er sich also. Wie bei den Techniken gilt, vermasselt man einen Angriff, wird er komplett auf Null zurückgesetzt.

    Im Grunde läuft der Kampf so ab dass man den Charakter mit dem höchsten Verteidigungswert nach vorne schickt und sich alle Gegner um diesen versammeln, da diese nicht strategisch vorgehen, sondern einfach das nächstbeste Ziel anvisieren. Meistens ist das auch der Charakter mit dem man angreifen möchte.

    Wie in den Dungeons kommt es auch hier zu Problemen mit der Kamera. Diese ist auf eine feste Richtung und einen festen Winkel fixiert. Allerdings beginnt man Kämpfe immer an unterschiedlichen Positionen. Mal startet die Party am oberen Rand der Arena, mal am unteren, mal links, mal rechts, mal in den Ecken. Wenn man unten startet ist alles kein Problem. Man hat durch den Winkel eine gute Sicht auf alle Gegner. Wenn man aber oben startet, muss man diese erst mal suchen, da die Kamera einfach zu wenig vom unteren Bildschirmbereich zeigt. Besonders übel wird es bei Magiern, deren Zauber meistens einen Mindestabstand zum Gegner voraussetzen. Befinden sich Gegner am unteren Bildschirmrand kann man kaum erkennen, ob und wenn ja welchen Gegner man gerade anvisiert hat und muss praktisch blind spielen. Oder man läuft weiter, so dass man die Gegner entweder über sich oder zumindest neben sich hat, was aber wertvolle Schritte benötigt, in denen sich die ATB-Leiste nicht auflädt. Das Problem ließe sich leicht umgehen, indem die Party in Kämpfen einfach immer am unteren Rand starten würde, aber so viel Denkleistung ist leider nicht in das Gamedesign geflossen. Eine Alternative wäre es, die Kamera einfach frei drehbar zu machen, der rechte Joystick ist im Kampf nämlich nicht belegt. Die Mechanik zur Kameradrehung ist sogar vorhanden und wird in einem einzigen Dungeon (ein Labyrinth) verwendet… Übrigens, laut den Credits hat der Programmierer, der für die Kamera zuständig war, auch die KI programmiert. Denkt mal darüber nach…




    Ebenfalls nicht toll sind die langen Ladezeiten in und aus den Kämpfen, die langen Ladezeiten bis eine Kampfanimation beginnt und die Animationen der Angriffe selbst. Diese sind zwar recht opulent in Szene gesetzt, aber nach der X-ten Wiederholung gehen die langen Animationen einfach nur noch auf die Nerven.
    Die Fluchtoption ist in dem System relativ nutzlos. Selbst mit voll aufgeladener ATB-Leiste ist die Wahrscheinlichkeit dass man erfolgreich ist so gering, dass es selbst nach dem zehnten Versuch nicht funktioniert.
    Leider ist die Gegnervarianz äußerst überschaubar, ja sogar Farbvariationen werden nur spärlich eingesetzt und es sind meistens die gleichen Modelle, nur in unterschiedlichen Gebieten. Pro Gebiet sind auch maximal nur zwei verschiedene Gegner vorhanden, was Kämpfe ermüdend macht.
    Noch magerer fällt da lediglich die Varianz was die Bosse betrifft aus. Im Grunde werden immer dieselben Bosskämpfe wiederholt. Man kämpft entweder gegen die immergleichen Gruppen an Rittern und Klerikern, die schon nach kurzer Zeit keinerlei Bedrohung mehr darstellen und langweilen oder gegen die immergleichen vier Antagonisten und deren Haustiere. Nur wenige Kämpfe, wie z.B. die Wächter, weichen von dieser Formel ab.

    Trotz der kleinen Makel finde ich das Kampfsystem interessant und es hat mir die meiste Zeit über auch Spaß gemacht. Doch man macht praktisch immer dasselbe. Gerade die Charaktervielfalt fällt, trotz elf spielbarer Charaktere, äußerst gering aus. Denn diese verteilen sich auf ganze vier Heiler, drei Schwertkämpfer und zwei Faustkämpfer, die alle die jeweils gleichen Stile lernen. Lediglich die Magierin und der Armbrustschütze sind einzigartig. Außerdem entwickelt sich Calintz am Ende zu einem schier unbesiegbaren Superkrieger, der die Kämpfe im Alleingang gewinnt. Die anderen Charaktere sollte man trotzdem nicht vernachlässigen, denn was in einem Spiel mit lauter Partywechsel im Enddungeon passiert, sollte für RPG-Kenner nicht schwer zu erraten sein. Für ein 20-Stunden-Spiel wäre das Kampfsystem optimal, für die lange Zeit, auf die es hier gestreckt wird, bietet es aber einfach nicht genug Tiefe.


    Grafisch sieht das Spiel ganz gut aus, spielt aber nicht in der obersten Liga der Playstation 2-JRPGs mit. Obwohl die Engine aufgrund der meist schlauchigen Gebiete, der festen Kameraperspektive und dem sichtbaren Grafikaufbau im Hintergrund stark entlastet werden sollte, kommt es doch recht häufig zu Rucklern und an manchen Stellen sogar zu so heftigen Slow-Downs, dass man meint, man würde Star Wing auf dem Super Nintendo spielen.
    Auch die Charaktermodelle sehen gut aus, die Animationen können aber nicht mithalten und sobald sie anfangen zu laufen sehen sie aus wie watschelnde Pinguine. Einige männliche Charaktere, allen voran Calintz, sehen so aus als hätten sie Brüste. Und warum gehen alle Händler im Spiel der Spielfigur nur bis zur Hüfte?
    Die Musik ist gut und verrichtet ihre Arbeit während des Spiels ordentlich, klingt aber auch wie typische JRPG-Stangenware. In meiner Playlist wird keines der Stücke landen.
    Bei der Übersetzung kommt es teilweise zu Inkonsistenzen bei der Benamung einiger Charaktere. Zum Beispiel “Behru Esceran“ und “Byru Escrano“ oder “Aria Lusier“ und “Arian“. Nicht ganz sicher bin ich mir bei “Renee Epon“ und “Moria“, da diese doch zu verschieden sind, aber rein vom Kontext her müssten beide Namen eigentlich für dieselbe Person stehen.
    Leider habe ich erst ganz zum Schluss herausgefunden, dass die Gegner in dem Spiel mit den eigenen Charakteren skalieren. Da diese nur nach "Kapitelwechsel" respawnen, habe ich öfter mal in einigen abgelegeneren Gebieten gefarmt, um meine Ersatztruppe zu stärken und dabei Calintz in der Party gelassen. Die eigenen Statuswerte oder die zu dem jeweiligen Zeitpunkt verfügbaren Waffen können den überproportionalen HP-Anstieg der Gegner aber nicht ausgleichen, weswegen Kämpfe, wenn auch nicht schwerer, dann doch langwieriger werden.





    Fazit
    Wenn ich Magna Carta: Tears of Blood in einem Wort zusammenfassen müsste, so wäre das: “Inkompetenz“.
    Inkompetenz darin, eine plausible Story und nachvollziehbare Dialoge zu schreiben.
    Inkompetenz darin, einen vernünftigen Gameflow ohne drölfzigfache Wiederholungen derselben Gebiete und Bosse, oftmals ohne erkennbaren Grund, zu gestalten.
    Inkompetenz darin, dem Spieler übersichtliche Kameraperspektiven sowohl im Dungeon als auch im Kampf zu gewähren.
    Inkompetenz darin, kompetente Sprecher für die Synchronisation zu finden oder es im Zweifel komplett sein zu lassen.

    Im Grunde finde ich den Kern der Geschichte interessant, diese wird allerdings durch saudämliche Dialoge, wirr handelnde Charaktere und eine miese Synchronisation völlig kaputt gemacht. Vor allem die enorme künstliche Spielzeitstreckung durch doppelt und dreifach zu besuchende Orte und Dungeons, oftmals sogar mit beiden Parties direkt hintereinander und teilweise sogar komplett sinnlos, fällt negativ ins Gewicht. Das Kampfsystem hat mir gefallen, bietet für die enorme Spielzeit aber einfach nicht genug Tiefe.



    Wertung: ☆☆☆☆☆ (0/5) "Schlecht"





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    Geändert von Nayuta (10.07.2019 um 22:49 Uhr)
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