So, nach etwa 16-17h hervorragend verbrachter Spielzeit habe ich Schuld und Sühne nun endlich bis zum Endscreen durchgespielt. Es war eine schöne Reise.
Vielleicht ordne ich meine Gedanken demnächst noch einmal zu einem Gesamteindruck, aber an dieser Stelle will ich erst mal Feedback zur letzten Passage geben:
Die Bosse im Finale:
Die Kämpfe haben mich ganz gut unterhalten. Nachdem ich ab Larian eigentlich keine nennenswerten Probleme mehr mit Gegnern hatte, war der Kampf mit Sin dann doch noch einmal erstaunlich happig. Die stärker durchgeskripteten Keilereien mit van Hoffmann und Gregor habe ich als nette Abwechslung zum Standard-Kampf empfunden. Ein wenig zäh war der (optionale) Kampf gegen Balthasar, weil keiner meiner Helden guten Schaden gegen ihn gemacht hat. Bei den vielen LP zog sich das dann ein wenig antiklimaktisch dahin.
Als erzählerisch etwas unbefriedigend habe ich die Partyzusammensetzung für den Finalkampf empfunden. Linux und Jakobus waren ja eher zweitrangige Figuren im Spiel und nicht so stark in den emotionalen Konflikt am Spielende involviert. Thematisch stimmiger hätte ich es gefunden, wenn neben Zad und Shiori ein aufgewühlter Francis in den Kampf eingegriffen hätte - und als vierter Mann Gregor, sofern man ihn denn verschont hat.
Das Ende
Die Schlusspassage ab der Rückkehr nach Felsenkraft hat mir in verschiedener Hinsicht wirklich hervorragend gefallen. Ein bisschen Nostalgie war dabei, wieder die Musik der ersten Spielzustunden zu hören und auch verschiedene Charaktere, die ich in Larian vermisst habe (hello, Miss Marple!) hatten ihren Auftritt.
Besonders hervorheben möchte ich, wie detailverliebt du die zahlreichen spielerischen Entscheidungen ins Finale hast einfließen lassen. Man hatte wirklich das Gefühl, dass das eigene Verhalten massiven Einfluss auf den Ausgang von Schuld und Sühne hatte und man Zads Schicksal aktiv formen konnte.
Ich für meinen Teil kann wohl sagen, sehr souverän aus der ganzen Sache herausgekommen zu sein: Gregor und Francis haben beide überlebt, das Haus ist am Schluss voll mit Freunden, in die Flitterwochen gehts nach Sermanien, die Königin hat eine Verabredung mit dem Henker und Zad eine neue Anstellung als Bürgermeister. Nur für Rengard ist es nicht so glimpflich ausgegangen, aber das hat er sich wohl selbst zuzuschreiben.
Neben viel Lob habe ich an dieser Stelle nur noch eine Anmerkung: Dass die Zuneigung der verschiedenen Party-Mitglieder darüber entscheidet, wer mich am Ende besuchen kommt, habe ich erst begriffen, als ich nach Abschluss des Spiels in den Maker geschaut habe. Ich hatte eher vermutet, dass das Verhältnis zu Francis über sein Überleben entscheidet - und in Shiori und Linux potentielle Love-interests für Zad befürchtet (so ist es zum Glück ja nicht gekommen). Vielleicht könnte man das am Ende noch etwas klarer herausarbeiten, dass die übrigen Party-Mitglieder nur durch Zads Verhalten zu Freunden geworden sind?
Vielleicht ist das aber auch passiert und ich habe es nur überlesen.
Zum Schluss habe ich noch drei Themen, die mich nach Ende des Spiels ein wenig beschäftigt haben. Wenn du magst, kannst du darauf ja bei Gelegenheit reagieren:
1) Lilith
Ich war ein wenig erstaunt, wie sang- und klanglos sie aus der Geschichte verschwunden ist. Von der (Halb-)Schwester meiner Helden hätte ich irgendwie eine stärkere Einbindung in die Handlung erwartet. Weiß Tarin, dass sie nicht als Kleinkind gestorben ist? Wie reagieren Zad und Francis auf die Tatsache, dass sie eine Schwester haben? Wie ist Lilith' Verhältnis zu ihrer Mutter?
Ich habe im Maker gesehen, dass man optional noch im Vulkan auf sie treffen kann. Aber auch da setzt Zad sich nicht damit auseinander, dass er es mit einem Familienmitglied zu tun hat.
Habe ich da irgendwie eine Passage verpasst?
2) Gregor
Das Verhältnis von Gregor und Zad ist für mich das Herzstück des Spiels und fraglos auch einer seiner besten Aspekte. Den Bruch hast du gut ausgearbeitet und ich verstehe auch, warum Gregor sich von Zad abwendet und wie die beiden dazu kommen, einander im Zweifelsfall zu töten. Was ich indes nicht wirklich nachvollziehen kann, ist Gregors bedingungsloser Seitenwechsel: Wie kommt er dazu, zum braven Handlanger des großen Bösewichts zu werden und bereitwillig dessen Feinde aus dem Weg zu räumen? Aus seinem Hass auf Zad erschließt sich für mich nicht, warum seine Motive aufeinmal mit denen von Lucius und Fleur einher gehen sollten. Hier habe ich tatsächlich bis zum Schluss darauf gewartet, dass herauskommt, wie Fleur ihn belügt und manipuliert oder möglicherweise auch durch einen Doppelgänger ersetzt hat (Etwas in der Richtung wird ja mit der gefakten Enthauptung angedeutet).
3) Die Anfangs/Endszene
Das Spiel beginnt mit einem Flashforward 10 Jahre nach den Ereignissen und zeigt einen schwer traumatisierten Zad, der von Schuldgefühlen zerfressen wird. Herauszufinden, was dazu geführt hat, ist der zentrale hook des Spiels. Steht ja sogar so im Titel. Nun, da am Ende die Handlung zu besagtem Flashforward aufschließt, komme ich nicht umhin, mich zu fragen: Was genau war es denn nun, für das Zad sich schuldig fühlt? Und wo ist die Sühne? In meinem eigenen Playthrough herrscht am Schluss – siehe oben – eitler Sonnenschein in Zads Leben. Wenn das Spiel damit endet, dass Zad in Felsenkraft verachtet wird und sowohl sein Bruder als auch sein bester Freund das Zeitliche gesegnet haben, könnte ich die Gemütslage verstehen. Aber bei einem halbwegs erfolgreichen Durchspielen lassen sich ja alle diese Entwicklungen verhindern. Möchte mir das Spiel in dem Fall sagen, dass der Tod von van Hoffman und die Zerstörung von Larian Zad dermaßen aufgewühlt haben? Ich könnte mir sonst nur noch vorstellen, dass er um den tragischen Lebenswandel seiner Mutter trauert – aber da ist das Spiel ja recht eindeutig darin, Gefühle für Fleur auszuschließen…
Da wäre ich mal an der Deutungsintention des Erstellers interessiert
Huch, da ist ja schon recht umfangreich geworden. Naja, ich hoffe, du freust dich über ausführliches Feedback.
Beste Grüße,
Wölfi