Übertriebener Pathos und Idealismus. Dazu gehören vor allem auch lange Monologe und Belehrungen der Protagonisten. In dem Zusammenhang nervt mich auch der typische Anime-Klischee-Kitsch, der immer so furchtbar gezwungen und aufgesetzt wirkt. Die Exposition-Szenen fließen nicht natürlich, sondern man lernt die Hintergründe der Welt leider oft in erster Linie durch langweiliges Geschwafel der Helden und Schurken kennen. Wie war das noch mit "Show, don't tell"?
Dann wären da die Altersklassen der Spielerparty. Ich bin ja immer für eine möglichst abwechslungsreiche Truppe, aber japanische Rollenspiele sind in dieser Hinsicht nicht nur furchtbar einseitig, sondern auch nervig unrealistisch. Also Fantasy hin oder her - dass irgendein (gefühlt oder tatsächlich) sechsjähriges Kind mithilft, die Welt zu retten und gegen brutale Bestien antritt, das find ich total bescheuert. Gleichzeitig ist der Altersdurchschnitt immer viel zu niedrig. Versteht mich nicht falsch, ich hab nichts gegen relativ jugendliche Protagonisten. Aber wenn der alte, weise, mit Narben übersäte Veteran mit langsam ergrauendem Haupthaar, der schon in fünf Kriegen mitgekämpft hat und die Geschichte der Welt von den Anfängen an nacherzählen kann, gerade Ende 20 /Anfang 30 sein soll und damit praktisch schon als Komposti gilt, dann passt da irgendetwas nicht zusammen. Ich fände es echt fein, wenn es zur Abwechslung mal wieder mehr "alte Knacker" in Rollenspielen gäbe. Sowas wie Galuf oder Strago aus Final Fantasy V und VI sieht man heute kaum noch. Und wenn schon alt, warum sind das immer Kerle? Eine betagtere Dame wäre doch auch mal interessant (mir fällt im Genre grade kein einziges Beispiel dafür ein >_>). Ich möchte nicht, dass die ganze Gruppe ständig nur aus 14- bis 20-Jährigen besteht. Wenn die es auf eigene Faust soweit bringen, muss man sich echt fragen, wie inkompetent alle Erwachsenen in jener Welt eigentlich sind.
Tangiert das vorgenannte Thema vielleicht auch ein wenig: Warum verstehen sich die Gruppenmitglieder immer so gut? Und warum ändert sich in 60+ Stunden nie wirklich was an ihrem Beziehungsstatus? Rollenspiele verschenken tonnenweise Potential wenn es ums interne Drama geht. Leute, die für die selbe Sache kämpfen, aber völlig unterschiedliche Herangehensweisen und Philosophien haben, sodass es auch mal in nem heftigem Streit ausarten darf, das würde mehr Würze reinbringen. Was ist, wenn der Held erfährt, dass sein enger Mitstreiter und Freund indirekt für den Tod seiner Eltern verantwortlich ist? Und wenn ein Haufen von Typen und Mädels zusammen so krasses Zeug durchmachen, über gefühlt Monate und vielleicht Jahre hinweg, wäre es da nicht mal spannend zu sehen, dass ein paar von denen tatsächlich zusammenkommen und Partner werden (nicht erst andeutungsweise im Abspann meine ich)? Anders ausgedrückt, mir drehen sich die Geschichten viel zu sehr um die Rahmenhandlung, um irgendeinen großen Obermotz der besiegt oder eine Katastrophe, die aufgehalten werden muss. Die persönliche Komponente wird oft eher vernachlässigt, und das im Laufe der Zeit immer mehr. In früheren Jahren gingen die Spiele zwar auch nicht intensiv, aber doch merklich häufiger auf die charaktereigenen Hintergründe auch von Nebenfiguren ein, und sei es nur rudimentär.
Überbordender Fanservice und zuckriger Knuddelkram stört mich auch. Ich hab nichts gegen recht freizügige Kleidung und das Zeigen von etwas Haut, oder ein paar Momente mit Badeshorts und Bikinis am Strand, vor allem nicht wenn es zur Geschichte und den Charakteren passt, aber viele aktuell noch aktive Serien sind so knallig bunt und unnötig aufreizend und vollgestopft mit eher fragwürdigen Szenen, dass ich kein Interesse daran habe, sie zu spielen (Zensur befürworte ich in dem Zusammenhang aber keineswegs!). Auch auf die meisten süßen Maskottchen kann ich verzichten. Wirkt durch diese Dinge alles so billig und überladen, dass es mir inzwischen schwer fällt, mich in jene Welten hineinzufinden und den Kram noch ernst zu nehmen.
Generell fände ich es schön, wenn die Entwickler und Autoren sich die alten Klischees mal vorknöpfen und bewusst damit spielen bzw. sie auf den Kopf stellen würden. So wie CrossCode es etwa mit dem stummen Protagonisten gemacht hat. Das ist mal wirklich kreativ!
Möchte aber hinzufügen, dass die Klischees nicht das Hauptproblem sind, welches ich dem Genre ankreide, sondern eigentlich recht gut mit den meisten Dingen dieser Art noch klarkomme oder sie zumindest gelangweilt tolerieren kann. Meine eigentliche Kritik bezieht sich viel mehr auf spiel-, erzähl- bzw. entwicklungstechnische Inhalte und Fragen, wie Größe, Aufbau und Zusammensetzung der Welt, der Städte und der Party, Häufigkeit und Gegenstand der Cutscenes (bin ein großer Befürworter von spielbaren Rückblenden btw.), Handlungsverlauf und vielem mehr. Hier hat das ganze Genre einfach massenweise Entwicklungen verschlafen, sich nie um die nötigen Innovationen gekümmert sondern ständig nur auf den Mainstream zugeschnitten gestreamlined, gekürzt, vereinfacht, verkleinert und verschlimmbessert. Aber das ist wohl ein Thema für einen anderen Thread...
Hier würde ich nicht kategorisch mitgehen. Verstehe was du meinst und das kann tatsächlich nervig sein, vor allem wenn es übertrieben und kitschig wird. Jedoch spielen viele RPGs in einem pseudo-mittelalterlichen Fantasy-Kontext. Manchmal passt sowas meiner Meinung nach einfach glaubwürdiger ins Setting rein und kann für mich durchaus zur Atmosphäre beitragen; würde ich auch nicht notwendigerweise als Sexismus bezeichnen. Kann zwar nicht behaupten, dass die Entwickler immer bewusst so weit denken würden, aber in einer fiktiven Gesellschaft die in den meisten Punkten der unseren von vor hunderten von Jahren entspricht und damit auch irgendwo ihre Andersartigkeit und Rückständigkeit betont (Stichwort Eskapismus), darin suche ich jetzt nicht unbedingt nach progressiven Werten und Kleidungsstandards. Falls du dich in erster Linie auf die Heldentruppe beziehst, dann stimme ich da schon etwas eher zu, wenn auch aus anderen Gründen. Ein Mädel mit ausschweifendem und mobilitätstechnisch unpraktischem Rock, das in der Wildnis per Nahkampf auf Monster losgeht, ist meistens ziemlich lächerlich.
Sowas mag ich eigentlich ganz gerne ^^ Kommt aber natürlich sehr darauf an, wer der Rettende ist. Wenn es jemand ist, der in der Handlung zuvor schon eine mehr oder weniger wichtige Rolle spielte und mit dem man schon gar nicht mehr gerechnet hat, kann das für mich eine echt gelungene, überraschende Storywendung sein. Zum Beispiel ein totgeglaubtes ehemaliges Gruppenmitglied oder so. Oder wenn man denkt, man sei komplett auf sich gestellt und wird überrannt, doch auf einmal im entscheidenen Moment doch noch die mehr oder weniger verbündete Armee anrückt. Hach, richtig episch *__* Sollte natürlich trotzdem nicht zu oft verwendet werden. Sowas ist extrem schnell ausgelutscht, wenn es mehr als ein Mal pro Spiel vorkommt.Zitat
Ich liebe heiße Quellen ;_; Hat aber mehr mit der Location und Atmosphäre zu tun. Und ruhige Privatgespräche in entspannender Umgebung unter Freunden können zur Charakterentwicklung beitragen. Was die Japaner da häufig an Szenen draus machen, die irgendwie amüsant sein sollen, brauche ich aber auch nicht unbedingt.Zitat