Ergebnis 1 bis 16 von 16

Thema: Oscars 2018: Von The Shape of Water zu The Boss Baby

Baum-Darstellung

Vorheriger Beitrag Vorheriger Beitrag   Nächster Beitrag Nächster Beitrag
  1. #9
    So, ich habe jetzt auch meinen oscarbedingten Filmmarathon durch und kann mich endlich ans Tippen machen. Das habe ich hier auch getan:

    Klick mich!
    (rot bedeutet meinen Tipp, blau ist eine Angabe zu meinem sehr persönlichen Favorit, sollte der vom Tipp abweichen)

    Ja - was schon vor dem Anschauen des ersten nominierten Films eine Ahnung war, hat sich auch bestätigt: Martin McDonagh - als Autor und Regisseur zwei weiterer meiner absoluten Lieblingsfilme (und eines fantastischen Shorts) - hat es mir wieder einmal angetan und für mich mit Three Billboards Outside Ebbing Missouri den besten Film des Jahres und darüber hinaus abgeliefert, unabhängig von den ausgeführten Oscarnominierungen. Für mich passt da alles. Znd das lange Warten nach dem ersten Aufmerksamwerden auf das Projekt durch IMDB-Credit hat sich wahrlich gelohnt. Der Cast ist natürlich ohnehin über jeden Zweifel erhaben, der Humor ist herausragend, insbesondere in der steten Wechselwirkung mit der anderen Seite der Emotionen und es gibt neben großen, großen Momenten, die man lange im Kopf behält, insgesamt einfach keine Einstellung zu viel oder zu wenig. Ich freue mich, endlich mal wieder wirklich mitfiebern zu können, da ich mir den Sieg eines nominierten Films in der Best Picture-Kategorie nie so sehr gewünscht habe, seitdem ich mir die Academy Awards konsequent ansehe. Und gleichzeitig habe ich Angst, dass der Film leer ausgeht - wobei zumindest die Oscars für McDormand und Rockwell (bei dem das auch schon lange überfällig ist) wohl recht sicher sind.

    Dunkirk hat mir überraschend gut gefallen. Meine Erwartungen waren hier gar nicht so hoch, doch wie Nolan es geschafft hat, ohne viel Pathos (wenngleich die ein oder andere Rührseligkeit gegen Ende dann doch noch sein musste) eine klinische Abhandlung des Schreckens der Dunkerque-Bomber darzustellen, war wirklich überzeugend und hat mich konstant bei Laune gehalten, was sicher auch an der (glücklicherweise) vergleichsweise kurzen Dauer des Films liegt. Gerade bei den Academy Awards-Nominierten kommt man ja häufig nicht unter 140 Minuten weg - da ist das durchaus erfrischend.

    Die größte positive Überraschung für mich war dann wohl das ergänzende Gegenstück zu Dunkirk: Darkest Hour. Ich habe hier wirklich nicht viel erwartet, abseits von einer natürlich tollen Oldman-Leistung. Anders als bei Lincoln vor einigen Jahren habe ich hier aber wirklich mehr bekommen als eine schnarchige, viel zu lange Abhandlung von politgeschichtlichen Ereignissen, die mir bereits bekannt sind. Es war hier auch eine verdammt gute Idee, eine bezaubernd spielende (und generell bezaubernde) Lily James als Figur in die dramatische Handlung einzuweben, um hier einen Anknüpfpunkt für Zuschauer zu haben, die sich schwer damit tun, zwischen den ganzen Staatsmännern in den Plot zu finden. Etwas verwundert war ich über die gelegentlichen Kriegsdarstellungen, die mir doch mehr aussahen, wie wirklich von einer Miniatur-Aufbaute abgefilmt als von tatsächlichen Landschaften. Das hätte man sich sparen können, wenngleich ich den überleitenden Zweck hinter diesen Einstellungen erkenne.

    Auch Call Me By Your Name hat mir sehr gut gefallen, gerade im Vergleich zum auf ganzer Linie enttäuschenden Lady Bird, der für mich das uninspirierteste Coming of Age-Drama seit einiger Zeit darstellt. Call Me By Your Name ist wunderschön, in seinen Beobachtungen akkurat und unterhält zwar nicht durchgängig, verzaubert aber etwas und malt ein wirklich rundes Bild von der sich entwickelnden Liebe und der Stimmung, die der Sommer in Norditalien innehat. Lady Bird hat eine tolle Chemie zwischen Saoirse Ronan und Laurie Metcalf, die aber nicht reicht, um mich für die Geschicke eines fürchterlich uninteressanten Charakters zu interessieren.

    Ähnlich enttäuscht war ich von I, Tonya und Phantom Thread, wobei ich zumindest von Letzterem auch nicht erwartet hatte, dass er mir gefällt. Lediglich Vicky Krieps hat mich hier in ein paar Streitszenen mit DDL aus der Reserve gelockt, darüber hinaus war es aber eher ein Kampf, diesen Film hinter mich zu bringen. Ähnlich verhielt es sich mit der Auseinandersetzung mit Tonya Hardings seltsamer Biografie. Der Ansatz, die verschiedenen Erklärungen zum tatsächlichen Hergang des "Incidents" Rashomon-artig zu verarbeiten, hat mich überhaupt nicht gekriegt, da ich zu keinem Zeitpunkt Interesse daran hatte, mich nach der Wahrheit zu fragen. Ich fand es auch unglaublich ermüdend, immer wieder eine Szene häuslicher Gewalt zwischen Harding und ihrem Ehemann oder Harding und ihrer Mutter auf das Brot geschmiert zu bekommen, die mich jedes weitere Mal kälter lässt. Der einzig interessante Gedanke war das Aufzeigen medialer Ausschlachtung der ganzen Thematik. Natürlich haben auch die Darsteller weitestgehend starke Leistungen abgeliefert.

    Zu The Shape of Water, The Post und Get Out kann ich nicht so viel sagen. Alle drei haben meine Erwartungen weitestgehend erfüllt. Ein visuell bezaubernder, gut gespielter, origineller aber zu keinem Zeitpunkt so wirklich herausragender Film von del Toro, ein Spielberg-Drama mit Darstellern, von denen man weiß, dass sie gut sind und einer Thematik, die für einen Oscar nominiert werden musste, das im Gegensatz zum für mich tollen Bridge of Spies aber verpasst, den Rezipienten persönlich abzuholen. Und ein guter Horrorfilm mit einer besonders interessanten und tagesaktuellen Prämisse, der zwischen typischeren Nominees eben etwas seltsam anmutet. Aber es ist ja nichts Schlechtes, wenn das Klischee mal etwas aufgebrochen wird, wenngleich die Nominierung des Films in sich ja auch schon wieder ein anderes Oscarklischee bedient.

    Darüber hinaus war The Big Sick ein wirklich toller, liebevoll produzierter und gespielter Film, dem ich durchaus einen Preis gönnen würde. Allerdings steht das Drehbuch - welches für sich genommen doch eher eine recht beliebige Rom-Com darstellt - in keinem Vergleich zum straffen, genialen Three Billboards.

    Natürlich gönne ich auch Blade Runner jeden Oscar, den er kriegen kann, nachdem dieser tolle Film finanziell so ein Misserfolg war. In visuellen Kategorien sehe ich da auch gute Chancen (während man sich beim Audio wohl doch wieder für einen Kriegsfilm entscheiden wird), würde mich allerdings doch auch nicht wundern, wenn Villeneuve komplett leer ausgeht.

    Soviel fürs Erste. Ich freue mich sehr auf die Verleihung, habe aber auch große Angst davor, dass meine Herzenswünsche nicht erfüllt werden. Allein, dass meine Gebete erhört wurden und sowohl Martin McDonagh als auch Sam Rockwell Oscarbuzz bekommen, befriedigt mich aber schon so sehr, dass ich am Ende der Awardnacht über jedes noch so enttäuschende Ergebnis hinweg kommen werde.

    Geändert von MeTa (03.03.2018 um 18:40 Uhr)

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •