Bin nun fertig und habe somit die (5/5) erreicht, wenn auch ich ein Buch aus der ursprünglichen Liste ausgelassen habe.
Zum Buch: Gegen Ende wurde es dann doch noch ganz schön düster. Die großen japanbezogenen Weltkriegsthemen sind neben den Dingen, die außerhalb des Landes geschehen sind (China, Pearl Harbour, Nanqing), natürlich in erster Linie die Atombombenabwürfe. In dem Buch sind die aber kein Thema, da geografisch zu weit weg, um für ein Kind abgesehen von einer kurzen Erwähnung einer Radiodurchsage relevant zu sein. Stattdessen ging es mehr um die Bombardierung Tokyos, speziell um den Einsatz von Brandbomben, durch die so gut wie die ganze Stadt zerstört wurde. Da das eigentliche Geschehen der Handlung aber in einem ländlichen Gebiet abseits spielt, bekommt man das alles aber auch nur indirekt mit.
Eine der schönsten Ideen des Buchs: Die Protagonistin, Iko, zieht mit ihrer Stiefmutter und ihrem sehr kleinen Bruder in ein heruntergekommenes Häuschen auf dem Land, um aus der Gefahrenzone Tokyo zu entkommen, wo ihr Vater allerdings immer noch arbeiten muss. Das aus ist ziemlich abgelegen und bis zur Schule sind es eine Stunde Fußweg, die durch einen sehr dichten, düsteren "Tunnelwald" führen, vor dem Iko große Angst hat. Ihr Vater sagt ihr, wenn sie sich mit dem Wald anfreundet, ist er nicht mehr gruselig. Das versucht sie dann auch mit verschiedenen Mitteln, z.B. indem sie jedes Mal ihre Präsenz ankündigt, wenn sie durch den "Tunnel" geht. Eine Weile nach ihrer Ankunft hört sie in der Schule eine Geschichte, dass ein Deserteur eine Weile vor ihrer Ankunft in dem Haus Zuflucht gesucht hat. Alle sagen, der Mann müsse aber mittlerweile gefasst oder tot sein, doch eines Nachts hört Iko jemandem im Wald Mundharmonika spielen. Das wiederholt sich öfter, manchmal sieht sie auch den Schatten eines Soldaten. Einmal findet sie sogar am Wegesrand ihren Schuh wieder, den sie am Vortag im Moor in der Nähe verloren hatte. Bis zum Ende gibt es aber keine klare Bestätigung, ob in dem Wald wirklich ein desertierter Soldat haust, oder ob das auf Ikos Fantasie zurückzuführen ist.
Kurz vor Ende des Buches kam mir der Gedanke: Was, wenn Ikos Vater in echt der Deserteur ist? Es gab einige Punkte, die diese Theorie unterstützten, doch noch viel mehr, die dagegensprachen. Als dann aber die Meldung eingeht, dass ihr Vater mit schweren Brandwunden und Amnesie in einem Krankenhaus liegt (aber sonst wohlauf ist), wurde relativ klar, dass das doch nicht der Fall sein kann.
Unterm Strich hat mir das Buch ziemlich gut gefallen. Es ist realistisch aus der Perspektive eines Kindes geschrieben, ist grundlegend unpolitisch und trotz der teils sehr tragischen Ereignisse im späteren Verlauf der Handlung fängt es eher ein allgemeines Stimmungsbild der Zeit ein, anstatt einzelne Ereignisse besonders emotional mitreißend darzustellen. Es ist keineswegs eine nüchterne Betrachtungsweise der Dinge, das lässt die kindliche Perspektive ja gar nicht zu, aber das Buch verweilt nicht lange und intensiv genug auf den tragischen Ereignissen, um den Leser (zumindest mich) wirklich emotional zu stimmen, was ich persönlich für eine gute Entscheidung halte, da das Buch in erster Linie auch kein schwer verdauliches Kriegsdrama sein will. Es endet auch mit den Worten ihres Vaters (der zum ersten Mal seit seiner Amnesie wieder spricht): „Iko, der Krieg ist vorbei.“ (「イコ、戦争は終わったよ」).







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