Lost Sphear (Switch)


Nachdem der Vorgänger mich gegen Ende doch ganz gut unterhalten hat (und ich das Spiel hier sowieso schon gekauft hatte), ging ich mit mittelmäßigen Erwartungen an diesen Titel hier heran. Lost Sphear hat mir mehr Spaß gemacht, als ich dachte.

Handlung
Kanata und Lumina leben im Dorf Elgarthe, das eine besondere Eigenschaft hat: Es kann verschwinden. Nach dem Verschwinden des Dorfs stellt Kanata fest, dass er die Fähigkeit hat, verschwundene Dinge zurückzuholen.

Ich gehörte ja nicht zu den Leuten, die nach Setsuna ein wirklich gutes Spiel erwartet haben, denn im Vorgänger war vieles blass und farblos, man merkte, dass die Entwickler es noch nicht gepackt haben, eine gute Geschichte zu erzählen.
Hier ist einiges davon besser geworden, auch wenn der Vergleich mit alten PSX-RPGs immer noch hinkt. Die Charaktere haben in Lost Sphear deutlich mehr Charakter und zu manchen gibt es sogar eine kleine Nebenhandlung, vieles wird aber auch abgewürgt. Vor allem die Entwicklungen rund um Locke – anfangs interessant – fand ich sehr enttäuschend, weil nach der großen Enthüllung nichts, aber auch gar nicht mehr passiert ist. Charaktere wie Galdra oder Van werden da noch besser behandelt, aber generell ist hier erzählerisch sehr viel Luft nach oben. Kanata sprüht als Hauptcharakter auch nicht gerade vor Persönlichkeit, aber irgendwie mögen den trotzdem alle…



Die Handlung selbst ist in Ordnung und nicht direkt schlecht, aber auch hier wird vieles oberflächlich erzählt und die Ereignisse, die zum Kampf gegen den Endgegner führen, kamen mir viel zu plötzlich. Gestört hat mich der Epilog nach dem Abspann, der total ausgesetzt wirkt und so, als hätte man nachträglich unbedingt noch ein paar Stunden Spielzeit hinzufügen wollen. Die Gespräche werden hier auch immer dümmer und Worte wie „Hoffnung“ werden echt überbemüht. Die Handlung ist schon vorher klischeebehaftet (aber welches Ost-RPG kommt da ganz ohne aus?), aber hier ist es dann echt nicht mehr schön.

Außerdem sind auch die Dialoge sowieso noch immer verbesserungswürdig: Sie sind diesmal länger, was gut ist, und teilweise sogar zum Schmunzeln. Allerdings werden sie, nachdem das, was besprochen werden soll, abgehandelt wurde, immer noch abgewürgt (Charakter A: „Was machen wir jetzt?“, Charakter B: „Wir müssen ins Dorf xy gehen!“ -> Szene zuende).

Insgesamt wurde hier viel verbessert, aber wenn man eine gut erzählte Geschichte will, sollte man sich trotzdem besser nach etwas anderem umsehen – diese Entwickler haben noch viel zu lernen.


Gameplay usw.
Das Kampfsystem ist im Prinzip ähnlich wie im Vorgänger, spielte sich für mich aber doch anders, was daran gelegen haben mag, dass es z.B. eine Komboangriffe wie in Setsuna mehr gibt, auf die ich häufig zurückgegriffen habe. Kombos führt man hier mittels Vulcosuits aus, einer Art Kampfroboter, die man als zusätzliche Option in den Kämpfen nutzen kann. Ich muss aber sagen, dass ich gerade diese Neuerung nicht umwerfend fand, denn die Dinger wirkten unnötig und so, als hätte man unbedingt noch nach einem tollen Alleinstellungsmerkmal für das Spiel gesucht. Irgendwie sind sie unnütz und hätten auch weggelassen werden können, denn das normale KS reicht so aus (und hat mit den Momentum-Angriffen und den Spritnites eh schon ein Extra).
An Funktionen im Kampfsystem ist weniger auf jeden Fall manchmal mehr.

Ansonsten ist das Kampfsystem grundsolide und macht Spaß; ich mochte es auch, dass man seine Charaktere jederzeit frei auf dem Feld positionieren konnte. Und endlich leveln Charaktere, die man nicht nutzt, anständig macht, was nicht dazu führt, dass sie irgendwann nutzlos werden.

Ansonsten gibt es ein paar rudimentäre Rätsel in den Dungeons, die aber kaum erwähnenswert sind. Dazu kommt die Möglichkeit, auf der Weltkarte „Artefakte“ zu bauen, die Einfluss auf das Kampfgeschehen nehmen, was zum Ende hin ganz interessant wird (wobei man die Dinger die meiste Spielzeit über nicht bemerkt). Dass man im Epilog die Fähigkeiten der Artefakte nicht mehr nutzen konnte, fand ich dagegen irgendwie blöd (wenn man es nicht tun will, kann man die nämlich sonst abstellen).
Die Funktion, dass man verschwundene Orte auf der Weltkarte wiederherstellen konnte, fand ich dabei ganz nett, wenn auch nicht besonders; sie nutzt sich ab.

Was Ausrüstung, Levelaufstieg (ein großer Motivationsfaktor für mich) und mein generelles Gefühl angeht, kann ich nicht meckern. Lost Sphear spielt sich in vielen Belangen interessanter und angenehmer als Setsuna. Schon alleine, dass es deutlich mehr NPCs, Hotels und direkt erkennbar Ausrüstungsläden gibt, ist für mich ein großer Pluspunkt (das hatte Setsuna nämlich alles nicht).

Hier passen viele Spielelemente gut zusammen und haben mir Spaß gemacht ... zumindest die ersten ca. 17 Stunden über.

Ein Problem gibt es nämlich leider doch: Die letzten Stunden des Spiels sind sehr zäh: Die Handlung kommt mit den absurdesten und klischeehaftesten "Wendungen" um die Ecke und man kloppt sich nur noch von einem Endgegner zum anderen. Endgegner sind generell von der Schwierigkeit her nicht immer ausgewogen (manche sind zu leicht, manche frustrierend schwer) und das merkt man hier besonders.
Außerdem scheint es ein Fetisch der Entwickler zu sein, bereits besiegte Gegner explodieren zu lassen, damit man einen ätzenden Kampf im schlimmsten Fall noch einmal erledigen muss. Dazu gehen Angriffe oft daneben, was wohl die überholteste Spielmechanik aller Zeiten ist.
Irgendwie haben mich die letzten ca. 5 Stunden des Spiels sehr gefrustet, was schade ist, denn alles davor hat mir gefallen.

Außerdem läuft das Spiel nicht immer flüssig, sondern "hängt" in Kämpfen öfter mal für einen Moment.


Graphik und Musik
Lost Sphear sieht nicht so interessant aus wie Setsuna, macht aber insgesamt einen guten Eindruck: Es gibt viele unterschiedliche Gegenden und die Graphik ist ganz schick, vieles nicht mehr so eintönig. Nur die Dungeons sehen immer noch sehr monoton aus, auch wenn es auch hier immerhin eine kleine Verbesserung gab.

Musikalisch war ich nicht beeindruckt – viele Stücke sind relativ uninspiriertes Geklimper, von denen mir aber auch gar nichts im Ohr geblieben ist. Der Vorgänger hatte wenigstens noch ein paar (wenn auch wenige) Stücke mit Erinnerungswert. Die Titelmelodie ist ganz nett.


Fazit
Lost Sphear macht viel besser als Setsuna und macht auch mehr Spaß, vor allem in Hinblick auf die Handlung und etwas dynamischere Kämpfe. Ein wirklich rundes Spiel ist es dennoch noch nicht und die letzten Spielstunden haben einen ziemlich schlechten Nachgeschmack bei mir hinterlassen, da sich das Spiel während dieser ziemlich verschlechtert. Man darf abwarten, was (bzw. ob) da noch an Verbesserungen kommt. Wenn man nicht mit zu hohen Erwartungen herangeht und ein nettes, überschaubares Spiel für zwischendurch sucht, kann man sich Lost Sphear aber durchaus antun, darf es aber gerne nach dem ersten "Abspann" als beendet weglegen.

Obwohl es anfangs besser ist, als Setsuna, bleibt die Wertung dieselbe, denn das, was zuletzt kam, hat mich echt enttäuscht und einen bleibenden, letzten Eindruck hinterlassen.

Insgesamt: 6,5/10
Spielzeit: ca. 22,5 Stunden