Oh, ich bin mir sicher, dass das eine bewusste Entscheidung war und absichtlich so gestaltet wurde, denn bei einem Budget von 200 Millionen Dollar (!) wird so etwas nicht der Laune von ein paar durchgeknallten Designern überlassen, aber wie schon im Uncanny Valley Thread geschrieben halte ich das trotzdem (oder gerade deshalb) für eine ganz schlechte Idee, die für mich absolut nicht funktioniert und den Film praktisch ungenießbar macht.
Das ist genau der Punkt. Ich begreife den Uncanny Valley Effekt als etwas, das auf einer Art Meta-Ebene unbewusst stattfindet und mit fundamentalen, menschlichen Urgefühlen zu tun hat. Im Horror-Bereich macht es ja noch Sinn, so etwas zu nutzen, aber es ruft nunmal grundsätzlich negative Gefühle hervor, wobei die Auswirkung natürlich je nach Betrachter unterschiedlich intensiv sein kann. Den Effekt für eine Figur zu nutzen, mit der wir sympathisieren sollen, ist in vielerlei Hinsicht völlig daneben. Wann immer man in Filmen von Uncanny Valley spricht, ist das als Kritik oder Beschwerde gemeint. Es ist ein Makel und Fehler. So einen Makel und Fehler nun also bewusst einzubauen und sogar in den Vordergrund zu stellen macht das ganze Werk meiner Meinung nach hässlich und abstoßend.
Viel mehr noch als das. Ein wesentliches Problem besteht darin, dass sie es mit CGI umgesetzt haben. Bekanntermaßen kommt oben genannter Effekt nicht nur dort vor. Hätten sie mit einer sehr menschenähnlichen aber real gefilmten Puppe gearbeitet, das hätte ich interessant und faszinierend gefunden. Die Kombination von CGI und bewusstem uncanny Valley durch eine menschliche animierte Figur neben richtigen Menschen sorgt dafür, dass die Künstlichkeit so krass hervorsticht. Aber nicht Künstlichkeit, wie einige hier geschrieben haben, im Kontext des Filmes, um die Rolle der Hauptfigur als Maschine zu unterstreichen (auch wenn das Teil der Intention gewesen sein mag), sondern, abermals, Künstlichkeit auf einer filmtechnischen Meta-Ebene, losgelöst von der Handlung. Damit meine ich, dass in dem Trailermaterial zumindest bei mir die ganze Zeit die Filmemacher aus dem Bildschirm schreien "Wir haben das mit dem Computer animiert und in diesen Realfilm versetzt! Es ist nicht echt!". Tötet jede Immersion klinisch ab, bevor sie überhaupt aufkommen kann.
Andere Werke sollen versuchen, den Effekt zu vermeiden, entweder indem die animierten /künstlichen Charaktere weit genug "entmenschlicht" werden, oder aber so extrem nah an der fotorealistischen Perfektion sind, dass wir den Unterschied vergessen können. Sie werden zu recht vom Publikum abgestraft, wenn sie dies nicht schaffen. Alita und andere Figuren nun absichtlich ins unheimliche Tal zu platzieren ist für mich, als würden sie einen offensichtlichen und schlimmen Filmfehler nehmen und damit herumwedeln, als wäre es eine tolle, neue, aufregende Innovation. Aber besagte tief menschliche Gefühle kann man nicht austricksen, zumindest nicht dauerhaft. Anders gesagt, was habe ich von einer "mutigen" Herangehensweise, wenn mich der Look zwei Stunden lang anwidert und anekelt? Da kann beim Zuschauen einfach keinerlei Freude aufkommen. Mir ist klar, dass das längst nicht jeder so sieht, aber die Reaktionen im Netz zeigen auch, dass es nicht wenige sind, die ähnlich darüber denken. Selbst wenn man dafür offener ist als ich und das Aussehen nur irritierend findet, glaube ich, dass das auf die Dauer nicht gut funktioniert. Wenn man nur mit 5% der Einstellungen mit der Hauptfigur Probleme haben sollte, beeinträchtigt das über die ganze Laufzeit des Films trotzdem massiv die Glaubwürdigkeit.
Ich für meinen Teil möchte jedenfalls nicht permanent mit dem Zaunpfahl daran erinnert werden, dass ich lediglich einen Film schaue, in dem wesentliche Elemente am Computer animiert wurden. Das beißt sich einfach zu sehr. Selbst die alternden Star Wars Prequels wirkten mehr wie aus einem Guss als das hier, weil sie eben keine so menschenähnlichen Charaktere per CGI eingebaut haben. Avatar war wesentlich cleverer und konnte das unheimliche Tal umschiffen, indem es die Unterschiede zwischen Menschen und Na'vi hervorgehoben hat. Alita hat nichts, was das Problem mindern würde, im Gegenteil, es wird gefeiert und die Aufmerksamkeit darauf gelenkt. Bezöge es sich lediglich auf ein paar Nebencharaktere, okay, doch die Protagonistin wird nunmal andauernd zu sehen sein. Ich lasse mir aber nicht einen heftigen Makel als Feature verkaufen.
Sie haben sich was dabei gedacht, aber das ganze bestimmt nicht konsequent zu Ende gedacht. Es war von vornherein klar, dass so ein Schritt mindestens auf ein geteiltes Echo stoßen würde. Und mal ehrlich... Ich lese zwar viele Meinungen, die sagen, dass sie kein großes Problem damit haben, aber die allerwenigsten halten die Gestaltung für eine bahnbrechend tolle Sache. Imho haftet dem trotz allem etwas Gimmick-artiges an - Künstlichkeit als Selbstzweck, ohne dabei einen Unterschied zu machen zwischen Künstlichkeit im Kontext der fiktiven Filmwelt und Künstlichkeit als Gesamtwirkung des Films nach außen. Es wird einem imho zu sehr ins Gesicht gerieben, ist zu offensichtlich und auffällig. Die Hauptfigur so krass in diese Richtung zu designen zeugt von einem Mangel an Subtilität.Zitat
Du kannst sicher nachvollziehen, dass Battle Angel Alita nach all den Jahren seit Ankündigung voller Erwartung und Vorfreude brutal vernichtend ist, wenn das Projekt sich nun, da es tatsächlich kommt, plötzlich als etwas entpuppt, das kaum weiter von dem entfernt sein könnte, was ich mir so lange davon erhofft hatte. Das Tragische daran - besagte Vorstellung wäre so viel einfacher und günstiger umsetzbar gewesen, dass es fast schon lächerlich ist. Ich wollte einfach nur einen Realfilm. Ein bisschen konventionell vielleicht, ja, aber dann hätte es wenigstens nichts gegeben, dass so heftig von der eigentlichen Geschichte und Welt ablenkt.Zitat
Was mich hier dran so aufregt ist: Macht doch bitte mal eine Google Bildersuche nach Rosa Salazar und sagt mir, dass sie nicht von Natur aus perfekt in das von euch beschriebene Schema passt, ohne durch CGI-Wahnsinn verunstaltet zu werden! Speziell was die puppenartigen Attribute angeht. Da hätte man auch noch ein wenig mit Make-up, Prothetik und weniger übertriebenen Details aus dem Computer in der Postproduktion Hand anlegen und nachhelfen können. Ich behaupte felsenfest, das hätte mit konventioneller Machart wunderbar funktioniert. So wie es ist kann Salazar, eine durchaus talentierte Schauspielerin, nichtmal wirklich zeigen was sie draufhat. Ich erkenne etwas von Zoe Saldana in Neytiri dank Performance Capture und Camerons vorsichtiger Expertise (denke mit ihm als Regisseur hätte Alita auch bei gleicher Herangehensweise wie jetzt zumindest weitaus besser funktioniert; Rodriguez ist einfach wesentlich schwächer und nicht so detailverliebt), aber wenn sich Alita so sehr auf den Fake-Faktor beruft, geht mir da viel zu viel in dem Prozess verloren.
Und spielte die Vorlage nicht gerade auch mit dem Kontrast dieser zierlich-verletzlichen, unschuldig-süßen Figur als superstarke Killermaschine? Soweit ich mich erinnere schon. Mit der realen Schauspielerin auf der Leinwand hätten sie genau das erreichen können. Mit der CGI-Abscheulichkeit, die sie stattdessen digital drübergemalt haben, beeinträchtigen sie genau diesen Aspekt, den ich bei Alita für essentiell halte. Denn wenn ich mir sie ansehe wie sie im Trailer präsentiert wird, dann kommen mir die genannten Adjektive gewiss nicht in den Sinn, nicht auf Anhieb und auch später nicht, sondern eher so etwas wie verstörend, seltsam, unglaubwürdig, irritierend. Dieses Gefühl ist so stark, dass es alle anderen möglichen Intentionen sofort und komplett überspielt. Die Konzentration auf die Augen macht es im Grunde noch schlimmer. Als hätte ein amerikanischer Mann um die 50, der nichts von Anime-Ästhetik versteht, 200 Millionen USD in die Hand gedrückt bekommen, um seine oberflächlichen Vorstellungen dazu auf die Leinwand zu bringen. Ich glaube, genau das ist passiert.
Wird auf jeden Fall interessant zu sehen, wie der Film abschneidet. Vielleicht wird es ein milder Erfolg, vielleicht ein Flop, aber ich gehe nicht davon aus, dass Alita ein großer Hit an den Kinokassen wird, der das hohe Budget rechtfertigt. Die erste durchwachsene Reaktion lässt sich da vermutlich schon in gewissem Maße als ein Indikator nehmen. Hätten sie wesentlich günstiger und mit einhellig positiveren Eindrücken haben können. Der gehässige Teil von mir hofft sogar, dass sie damit brutal auf die Schnauze fallen, damit in den kommenden Jahrzehnten nicht nochmal namhafte Filmemacher mit so viel Geld auf die Idee kommen, in dieser ekelhaften Weise mit uncanny Valley CGI zu experimentieren und dabei japanische Klassiker zu verschandeln.
This! Absolut. Dito. Mit mehr Bedacht, Vorsicht und Zurückhaltung hätte das vielleicht funktionieren können, aber Rodriguez wusste nichts besseres, als den dicken Holzhammer in die Hand zu nehmen. Der visuelle Kontrast in dem (größtenteils) realen Umfeld ist viel zu heftig geraten, um darüber auf die Dauer hinwegzusehen. Es passt einfach nicht zusammen als eine kohärente Einheit. Die animierten Teile stechen zu sehr hervor, da wir als Menschen selbst kleine Ungenauigkeiten deutlich bemerken, wenn es um menschliche Figuren in einem realistischen Zusammenhang geht. Weißt du, wenn es andersherum wäre... wenn ich mich zwischendurch im Film beim genauen Hingucken ab und zu daran erinnern würde, dass sie kein Mensch ist, aber es die meiste Zeit über glauben bzw. die Künstlichkeit akzeptieren und vergessen könnte, das wäre effektiv. Stattdessen ist es wie ein Unfall, bei dem man nicht wegsehen kann. Auch ein noch so hohes Maß an willentlicher Aussetzung der Ungläubigkeit sorgt nicht dafür, dass ich mich an diesen Stil gewöhne. Dazu wird man schon alleine durch die Augen von den Machern zu absichtlich auf die Unnatur hingewiesen.