Sehe die Sache bezüglich des World-Buildings ehrlich gesagt eher andersherum: FFX bleibt da relativ oberflächlich, da es, wie du schon sagtest, die meisten wichtigen Informationen in die Cutscenes packt. Da werden die Dinge dann ein oder zweimal erwähnt und meist auch schick oder spektakulär präsentiert, aber man spürt es nicht so richtig in der Spielwelt, auch einfach weil der Verlauf so linear und die Orte so eng und eingeschränkt sind. Da haben wir immerhin eine ganze Metropole, die größte Stadt der Welt, die nichtmal betreten werden darf.
Oder nimm die Ronso (hießen die so?). Eine ganze stolze Rasse, denen sie nichtmal eine vernünftige Heimstätte gegeben haben. Stattdessen versauern die auf einem kahlen Berg in Schnee und Eis inmitten von gar nix. Als wäre den Entwicklern an dem Punkt das Geld ausgegangen. Ich hätte zu gerne mehr über dieses Volk erfahren, über ihre Sitten und Gebräuche, nicht zuletzt da man einen von denen in der Party hat, der auch nicht gerade sehr gesprächig ist. In XII haben die Viera, und sogar die vergleichsweise weniger bedeutsamen Garif sehr viel mehr Aufmerksamkeit und einen festen Platz in der Spielwelt bekommen. Selbst Guadosalam in FFX, ein wichtiger und schöner Ort und Heimat der Guado, war nur winzig klein und man erfährt kaum etwas über den Schauplatz als Stadt. Vergleich das nur mal mit der Detailverliebtheit von Rabanastre, Bhujerba oder Archades. Da bekommst du zum Teil sogar gleich ein paar Brocken Stadtgeschichte mitgeliefert (und damit meine ich nicht bloß über das Nachschlagewerk im Menü, wobei dieses ebenfalls ein hilfreiches Tool zur Vertiefung und Immersion ist)! Oder erst recht mit den größeren Orten aus den Teilen VI bis IX, da waren diese Facetten nämlich oft noch zusätzlich intelligent in die Handlung verwoben.
Was ich damit sagen möchte ist, FFXII hat eine andere Art des World-Buildings, aber ist darin trotzdem wahnsinnig intensiv. Es wird einem nur nicht alles auf die Nase gebunden und auf dem Silbertablett serviert, sondern man muss oder besser gesagt kann selbst danach in der größeren und offeneren Spielwelt suchen. Die NPCs zum Beispiel haben eine Menge zu erzählen - auch in den Siedlungen mitten in der Wildnis, die eben nicht nur von Monstern bevölkert wird. An diversen Stellen trifft man außerdem einsame Wanderer. FFX dagegen ist vom Aufbau her grundsätzlich anders. Es ist eine Pilgerreise, die im Grunde gar nicht darauf ausgelegt ist, dass man die Orte mehrmals besucht oder sich lange dort aufhält. Man ist ständig nur auf der Durchreise. Das macht die Handlung dichter und da geb ich dir Recht, dafür ist das ist ein großer Vorteil. Aber Spira hat darunter für mich deutlich gelitten. Ich hatte nicht das Gefühl, dass Spielern, die gerne mehr wissen wollen, dort noch eine Menge abseits des Standard-Geschehens geboten wird, wie das in den Vorgängern bis jetzt immer der Fall gewesen ist. FFXII erreichte das zwar auch nicht in dem Maße, aber ging zumindest wieder stärker in diese Richtung.
Was das angeht stimme ich Kynero also absolut zu.
Uhm, genau diese Dinge hatte FFXII auch, und das nicht gerade in einem geringeren Ausmaß. Hast du all die Sidequests und Extras darin mitgenommen? Da entfalten sich fernab der Haupthandlung diverse kleine und charmante Fortsetzungsgeschichten, die teilweise mit den Ereignissen zu tun haben, die im großen Ganzen geschehen.Zitat
Nope. Wobei verständlich ist, dass man in weitläufigen Ebenen nicht alle paar Meter irgendetwas in der Richtung einbauen kann, während es unheimlich einfach ist, so etwas auf linearen Straßen zu implementieren, an denen man als Spieler auf jeden Fall vorbeikommen muss. Wenn Linearität wie in FFX der Preis für mehr solcher Details ist, dann verzichte ich liebend gerne darauf. In XIII gab es das auch, da wurde es auf die Spitze getrieben, und das hat jenem Spiel imho massiv geschadet. In XII stellen sich die Figuren auch auf das jeweilige Geschehen ein, sind aber eben nicht in dem Ausmaß mitten in der Wildnis zu finden. Sonst wäre es ja auch keine Wildnis mehr. Dafür gibt es entsprechende, bewohnte Lager wie in der Dalmasca-Wüste, den Giza-Plains, Mosphoran Highwaste oder in der Phon Küste. Die sind komplett umgeben von Wildnis und verschmelzen mit dieser, werden auch offiziell als Teil davon betrachtet und nicht als Dörfer. Diese also aus der Gleichung rauszurechnen ist irgendwie nicht fair.Zitat
Hinzu kommt, dass in XII die Grenzen zwischen Monster und NPC manchmal verschwimmen (ähnlich wie in XI und XIV). Siehe zum Beispiel die Baknamy oder die Urutan-Yensa, von denen man auch NPCs begegnen kann, die einen nicht gleich angreifen und die mitunter sogar nützlich sein können. Da es in XII keine Zufallskämpfe mehr gibt und die Orte voll mit Gegnern (aber nicht immer nur Monstern) sind, die sich auch wirklich darin bewegen und ihren Geschäften nachgehen, sich manchmal sogar gegenseitig angreifen, kamen sie für mich wesentlich lebendiger rüber. Die Straßen von FFX brauchten solche kleinen NPC-Events viel dringender, weil sie sonst komplett leer und leblos gewesen wären. Wenn ich in XII durch die Sandsee latsche, dann habe ich nicht das Gefühl, wirklich in einer Monster-infizierten Wildnis im engeren Sinne zu sein, sondern in einem feindlichen Gebiet, einst industriell geprägt, aber irgendwann überrannt und übernommen von Goblin-ähnlichen, räuberischen kleinen Wüsten-Menschen (bitte beachten, dass die Baknamy und Urutan-Yensa genauso zu den "Rassen" von Ivalice zählen wie Humes, Viera, Moogles, Bangaa und so weiter).
Als Ansatz wirkte das erfrischend auf mich. Muss ja nicht jedes RPG der Reihe gleich ablaufen. Zugegeben, hätte es auch gut gefunden, wenn es da mehr Berührungspunkte gegeben hätte. Aber FFXII verliert niemals die Bodenhaftung. In den anderen Spielen rennt man so oft so schnell mit Halbgöttern in der Gruppe durch die Gegend, die der Schlüssel zur Vergangenheit und Zukunft des gesamten Planeten sind, welche der Oberschurke mit persönlicher Vendetta vernichten möchte usw., bla bla bla. In XII dagegen konnte ich mich in die ganz normalen zivilen Bürger der Städte hineinversetzen, zum Beispiel auch, wie sich die Besatzung von Rabanastre für Vaan und Penelo und andere dort anfühlen muss, einfach weil man im Grunde ganz normale Leute spielt, die erstmal weit weg von den großen politischen Machenschaften sind, ja diese "von unten" beobachtet und erst im späteren Verlauf und mit Mühe wirklich beeinflussen kann. Auf die Art kam mir die Perspektive realistischer und nachvollziehbarer vor als viele andere Vertreter der Serie. Schließlich ist der Antagonist das Staatsoberhaupt eines aggressiven Imperiums. Dass einem dieses nicht alle paar Tage spontan über den Weg läuft leuchtet ein.Zitat
Ich mag gefühlvolle Geschichten, aber keinen Kitsch. Das ist ein Unterschied. FFX hatte von beidem was und FFXII von beidem weniger, vor allem durch den - leider - sparsameren Einsatz von Cutscenes. In beiden Spielen finde ich diese unterschiedlichen Ansätze nicht optimal und der Qualität früherer Teile unterlegen. Ein Mittelweg daraus wäre super. Was du jedoch als prüde bezeichnest, empfand ich tendenziell als angenehm sachlich und in gewisser Weise reifer als das regelmäßige Zurückfallen auf Anime-Tropes in FFX. In XII hat aber tatsächlich die Party-Interaktion gefehlt.Zitat
Mag sein, dass FFX unterm Strich mehr abgefahren-phantastische Elemente hatte, aber ob das gut oder schlecht ist, ist halt Geschmackssache. FFXII hatte mit der Frage nach Schicksal und freiem Willen, vermischt mit der Hintergrundgeschichte über Wesen, die die Geschichte lenken, einen wahnsinnig philosophischen Ansatz, wenn man sich denn die Mühe macht, darauf zu achten. Das wurde auch toll in phantastischer Weise verpackt. Ich studiere Geschichte und fand die strukturellen Parallelen, die man in der Handlung von XII in Bezug auf unsere reale Welt entdecken kann, überaus faszinierend. Das Spiel ist alles andere als oberflächlich. Die phantasievolleren Aspekte finden sich dort hingegen eher in der Gestaltung der Welt, vergleichbar mit dem noch märchenhafteren FFIX. Während es zwar auch in FFX ein paar nicht-menschliche, intelligente Kreaturen gibt, aber man eben doch die meiste Zeit nur mit Menschen zu tun hat, ist Ivalice von oben bis unten voll von bunten Vögeln, über die man auch einiges erfahren kann. Das trug für mich durchaus maßgeblich zur Atmosphäre bei.Zitat
Dito.
Jopp, meine Rede.Zitat