Ich bin auch unglaublich enttäuscht von Episode VIII, weil ich nach Episode VII, die mir sehr zugesagt hat, einfach große Erwartungen an viele Dinge hatte. Insbesondere an die Charaktere bzw. den tollen Cast, der das letzte Abenteuer so groß gemacht hat und von dem ich mir einfach viel versprach. Episode VII war für mich ein absolut grandioses Kino-Erlebnis. Ich war nicht so fasziniert wie zuletzt von Blade Runner 2049, hatte aber unendlich viel Spaß, habe geweint, saß angespannt da und konnte in den richtigen Momenten lachen. Ich sehe ein, dass man The Force Awakens mangelnde Kreativität vorgeworfen hat, was mich aber nie störte, da ich selbst kein allzu großer Star Wars-Fan bin, neben Episode V zuvor nur mäßig Gefallen an der Serie gefunden hatte und die vermeintliche zu starke Nähe zur Originaltrilogie mir entsprechend nicht mal aufgefallen war. Selbst wenn man das Episode VII also ankreidet, kann man am Ende jedoch nicht behaupten, dass man Star Wars hier nicht treu gewesen wäre. JJ Abrams hat verstanden, was Star Wars ist und ein möglicherweise etwas uninspiriertes aber pompöses, teilweise pathetisches (denn auch das gehört zu der Reihe) Verbindungsstück zwischen alter Trilogie und dem, was noch kommen kann, geliefert. Die Rolle des ersten Teils in einer neuen Trilogie wurde gefunden, Gegebenheiten etabliert, alte Elemente angemessen eingebracht sowie umgesetzt und hier und da sogar der Mut bewiesen, geliebte Charaktere von damals umzubringen. Es wurden auch Fragen aufgeworfen, die natürlich nicht noch im selben Film beantwortet werden können - dafür sollten ja die Sequels sorgen. Fragen wie: - Wer ist Snoke? - Verkraftet die First Order, dass die Starkiller Base kaputt ist? - Woher stammt Rey? - Ist Kylo jetzt eher gut oder böse? - Warum ist Luke weg? - Was macht Chewy ohne Han? - Was wird aus Nazi-First Order-General Hux? - Wie geht das Knistern zwischen Finn und Rey weiter? und viele mehr. All diese Fragen waren Johnson dann einfach egal. Denn er hat im Wesentlichen nicht verstanden, dass er eine Fortsetzung zu The Force Awakens liefern soll, zwar dankbar die Charaktere übernommen, die von Abrams etabliert wurden, ihnen aber unrecht getan und auch geschichtlich so getan, als würde er den ersten Film einer Trilogie drehen (nur ohne das Erdenken und Etablieren der eigentlichen Charaktere). Snoke ist egal, denn er existiert ohnehin nur, damit Kylo Ren ihn töten kann. Vorher erfahren wir deswegen auch nichts über ihn, seinen Hintergrund oder sonstwas. Die First Order ist offenbar so stark wie eh und je, sie haben mächtige Dreadnoughts und die Zeit, ihre obersten Generäle einem kleinen Haufen an Rebellen entgegenzuwerfen. Reys Eltern sind Niemande. Hätte vielleicht im Star Wars-Universum ein cooler Kniff sein können, um das I Am Your Father-Trope geschickt zu unterwandern, ist in Zusammenhang mit all den anderen vernachlässigten Anfängen aus Ep. 7 aber ebenso enttäuschend wie der Rest. Kylo ist... ach, wir können uns da noch nicht so richtig entscheiden. Am Ende des Films stellen wir die Anfangssituation wieder her und haben quasi nichts geleistet. Warum Luke weg ist? Das erklären wir zwar durchaus nachvollziehbar, machen den eigentlich depressiven, von gewissen Schuldgefühlen geplagten Kerl, der sich der Macht vorübergehend entledigt hat, aber mehr oder weniger zu einem albernen Vollidioten, der nicht erkennt, dass Rey Schlüsselspielerin in einem Krieg ist, sondern stattdessen seine Slapstick-Späße und lustigen One-Liner hat, die nicht im geringsten zu ihm oder dem Universum passen. Chewy ist eigentlich nur im Film, weil es eben ein Star Wars-Film ist und Leute ihn vermissen würden, wenn er nicht da wäre. Aber hey: Es gibt alberne kleine Fellknäuel, mit denen er sich an Bord des Falcon rumärgern muss. Cool, oder? Hux? Der hitlerähnliche General der First Order, der das Potential hatte, ein Schlüsselspieler im Machtkampf gegen Kylo zu werden, weil er zwar nicht so mächtig, aber in einer Hierarchie ohne Snoke dennoch befehlshabend ist? Hmm... wir könnten einem tollen Schauspieler die Anweisung geben, fürchterlich zu overacten und ihn zum Comic Relief machen! Finn und Rey? Achso... eigentlich... wir haben hier diesen neuen asiatischen Charakter, der total süß und knuffig ist und vielleicht... ja, vielleicht wird das Finns neues Love Interest und wir schicken die beiden auf eine vorne und hinten komplett sinnlose Quest in eine Stadt mit bösen reichen Menschen. Und die Quest endet lediglich darin, dass Benicio del Toro ein bisschen acten darf und Captain Phasma am Ende lächerlich verbraten wird. Naja, und dann kann der Charakter noch eingesetzt werden, um als Ex Machina zu fungieren, damit Finn nicht stirbt. Aber ein wirkliches Opfer ist es auch nicht, denn wir zeigen noch, wie sie ins Krankenbett gelegt wird und suggerieren, dass sie bald wieder aufwacht. Neben diesen Punkten gibt es noch so viel, was mich stört, und ich könnte vermutlich lange damit weiter machen. Aber die Respektlosigkeit, mit der Johnsons Schmuddelfinger ein Universum anfassen, steht zu jeder Zeit im Kern fast aller Kritikpunkte, die ich anzubringen habe, womit ich mich also nur wiederholen würde. So viele unangebrachte, nicht in dieses Universum passende Sprüche, Witze und Spielereien zeigen mir, dass weder der Regisseur, noch die Charaktere selbst die Geschichte und ihre Situation ernst nehmen. Und das hat mir die Möglichkeit genommen, das zu tun. Ich konnte dann zwar noch beeindruckt von den paar Sekunden Stille sein, die mir beim Zerstören von Snokes Schiff durch Vice Admiral Holdo entgegen gehauen wurde und die wirklich toll inszeniert war, habe zu den einstmals tollen Charakteren, die auch dank gutem Acting und stellenweise nettem Writing immer noch ihre Momente hatten, aber keinen Bezug mehr herstellen können, wenn jeder - unabhängig von Persönlichkeit, Lebensumständen und sonstigem Kontext - die selben lustigen Sprüche bringt.
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