Sorry fürs Zerpflücken ^^
Zitat Zitat von MeTaLeVel Beitrag anzeigen
Und das Auge braucht nicht mal geschult sein, um einen Unterschied zwischen CGI und Practical Effects erkennen zu können.
Sicher? Grob gesagt vielleicht, wenn es ums Gesamtbild geht, aber es gibt genug Momente im modernen Kino, in denen man das durch Photorealismus gar nicht mehr immer so leicht auseinanderhalten kann. Zumal selbst bei praktischer Grundlage heutzutage trotzdem meist noch massig digital nachbearbeitet wird, auch bei Mad Max. Da unterscheide ich schon gerne wenn möglich, ob und wie viel von einer besonders imposanten Einzelsequenz jetzt "echt" war oder nicht.
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Ich bewerte aber nicht Ursache, sondern Wirkung.
Wie ich zu erklären versucht habe, ist das für mich nicht automatisch immer scharf voneinander trennbar. Die Wirkung wird von der Ursache nachhaltig beeinflusst.
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Eine Darstellerin muss ihre Rolle überzeugend spielen - egal, was die Umstände sind.
Das mag als Zielsetzung stimmen. Doch wenn beispielsweise eine bestimmte Rolle einem bestimmten Schauspieler aufgrund seiner Eigenheiten besonders viel abverlangt und dieser das trotzdem - oder gerade deshalb - meistert, dann finde ich das anerkennenswert und unterm Strich positiv für den Film. Jedenfalls mehr als Business as usual, selbst wenn man von anderen eventuell ähnlich gute Leistungen hätte erwarten können. Ist damit auch eine Frage des Castings, ein oft unterschätzter Aspekt (auch in der Academy, imho).
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Ich sehe ein, dass bspw das Method Acting eines Christian Bale eine zusätzliche Erwähnung und Berücksichtigung verdient hat, aber davon reden wir hier ja nicht.
Ich sehe da jetzt keinen so gewaltigen Unterschied. Hat beides mit der Arbeitsweise der Darsteller zu tun, und was das für das fertige Werk bedeutet. Wenn ich mir gängige Definitionen von "Method Acting" anschaue, dann würden jene genau genommen auf das, was Ronan in Brooklyn gemacht hat, weitgehend ebenso zutreffen.
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Man muss nicht immer alles bewusst wahrnehmen, damit es eine Wirkung auf einen hat.
Hab ich ja auch nicht behauptet. Aber man kann versuchen, hinter die offensichtlichsten Oberflächlichkeiten zu blicken. Das ist deshalb noch lange kein totanalysieren. Ich hab auch nichts dagegen, einen Film einfach nur "auf mich wirken zu lassen", aber darauf alleine baue ich nun auch nicht meine Beurteilungen auf. Lege immer sehr viel Wert auf Soundtracks, aber im Film selbst geht der manchmal unter, weil man so sehr von der Handlung gefesselt ist oder weil der Sound zu leise ist - kommt ab und zu vor, dass ich erst nach dem Kinobesuch die musikalische Untermalung wirklich zu schätzen weiß, wenn ich sie mir in Ruhe zu Gemüte geführt habe. Trotzdem sehe ich keinen Grund, das nicht als Facette des Gesamtwerkes zu betrachten.
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Und wenn etwas im Film so gar nicht wahrnehmbar ist - auch nicht über Ecken -, dann war es wohl auch unnütz.
Bin nicht sicher, ob du diesbezüglich so ganz verstanden hast, worauf ich hinaus wollte. Um konkret beim vorliegenden Fall zu bleiben: Bei einem Film wie Brooklyn überzeugt mich die Hauptdarstellerin ganz besonders. Sie war auch davor schon klasse und talentiert, aber hier wird noch das entscheidende bisschen Mehr geliefert. Doch ich kann mir vielleicht gar nicht erklären, woran das lag, attribuiere das vielleicht nur zu einer besonders guten Tagesform oder sonstwas, und schenke dem auf Anhieb kaum mehr Beachtung. Wenn ich jedoch die Hintergründe kenne: Oha! Das Filmgeschehen spiegelt allzu menschlich die realen Emotionen und den Lebenswandel der jungen Hauptdarstellerin wider, sie identifiziert sich damit, sie schafft es, diese intensiven Gefühle in die Rolle zu kanalisieren und zeigt damit ein besonderes Ausmaß an schauspielerischer Qualität und Sensibilität, die eben nicht alltäglich, die noch etwas mehr ist als bloß eine "etwas bessere Leistung als gewohnt". Oha! Da haben sich ja auch die Produzenten und Casting-Leute oder die Regie wirklich was bei gedacht - Match made in Heaven. Ignoriere ich das ganze Drumherum, kann ich unter Umständen (wenn auch nicht immer) Gefahr laufen, dass mir ein Teil des Verständnisses fehlt, um die Leistung umfassend zu beurteilen oder wertzuschätzen.

Du hast natürlich Recht, dass das nichts an dem ändert, was man ganz direkt auf der Leinwand sieht. Aber die Änderung findet im Kopf statt. Vielleicht nicht für jeden, vielleicht nicht für dich, aber bei mir ist das so und das finde ich, wie gesagt, völlig okay und berechtigt. Wenn ich zwei hypothetisch exakt gleich gute Filme habe, von denen der eine jedoch eine sehr konventionelle Produktion ist, bei der die Schauspieler nicht auf Widerstände treffen, an denen sie wachsen, bei der technisch alles völlig reibungslos und kalkuliert verläuft, bei der die Beteiligten sicher nominell noch "ihr Bestes geben", aber es letztenendes nur ein weiterer Job unter vielen ist... und der andere ein Film, der hinter den Kulissen das exakte Gegenteil davon war, die Leute sich sprichwörtlich den Arsch mehr als jemals zuvor aufgerissen haben, denen diese spezielle Arbeit ggf. durch ganz persönliche Bindungen oder auch Schicksalsschläge richtig was bedeutet, und die Typen hinter der Kamera versuchen, die Grenzen zu pushen, bei dem eventuell sogar einiges daneben geht aber sie es trotzdem schaffen, sich wieder aufzuraffen (vgl. Mad Max) - ich würde jederzeit letzterem den Vorzug geben, auch wenn beide Filme super sind.
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1. Das Thema war Saoirse Ronan. Und das, was du zu ihr sagtest, war das komplette Gegenteil von 'Typecast goes atypisch'. So wie du es formuliertest, war es eher Typecast. Ich sage nicht, dass es Typecast war, aber da ist es jedenfalls näher dran.
Das war ein Beispiel für die äußeren Umstände unter vielen, meine Güte. Habe ich sicher nicht auf den vorliegenden Fall bezogen. Aber so, wie "Typecast goes atypisch" positiv sein kann, kann auch das vermeintliche Gegenteil von besonders ausgeprägter Identifikation mit einer Rolle positiv sein. Ich seh da überhaupt keinen Widerspruch.
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Aber hätte ich mich beim Film wirklich gefragt, ob da Saoirse oder ihr Charakter zu sehen ist, wäre das kein Plus-, sondern ein Negativpunkt.
Warum das? Unter anderen Umständen würde ich das ja verstehen, vonwegen aus der Rolle fallen usw.. Aber bei jemandem, der diese Profession ohne Zweifel beherrscht, und wenn nunmal Darsteller und Figur so viel gemeinsam haben - ist meiner Meinung nach durchweg faszinierend.
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Wenn jemand seinem Typecasting gegenüber atypisch spielt, ist das cool und wird vor allem deswegen besonders wahrgenommen, weil es eine Überraschung ist. Aber das dann in eine Rezension einfließen lassen? Das ist komplett unfair gegenüber den vielleicht besseren Darstellern, die sich in 'jedem' Film verwandeln.
Und komplett fair gegenüber den Massen an Schauspielern, die sich nicht in fast jedem Film verwandeln, sondern im Prinzip ständig die gleiche oder die gleichen zwei Rollen spielen (und von denen gibts eine Menge, ich würde sogar behaupten, es ist die Mehrheit), selbst wenn sie das noch so gut machen und dafür permanent in den Himmel gelobt werden. Würde so etwas auf jeden Fall einfließen lassen und hätte damit kein Problem. Das heißt natürlich nicht, dass es bloß durch den Überraschungsfaktor automatisch besser ist als alle anderen, da muss man wie immer aufpassen und abwägen. Liegt im Auge des Betrachters und hängt noch von diversen weiteren Faktoren ab. Doch positiv hervorhebbar fände ich das auf jeden Fall.
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Das ist doch eigentlich genau das, was wir den Oscars zu Recht immer vorwerfen: Konzessionsentscheidungen.
Die Ergebnisse sind doch eh meist so drüber, dass jeder was dran auszusetzen hat. Da sind mir Konzessionsentscheidungen lieber, als überhaupt keine Aufmerksamkeit. Besser ein Ehrenoscar für Morricone, als gar keiner. The Revenant war bestimmt nicht Leos beste Arbeit der vergangenen 20 Jahre, und trotzdem freuen sich fast alle, imho zu recht, dass er endlich seinen Oscar bekommen hat. Und sei es nur als "Entschädigung" für die vielen Male, in denen er leer ausging, so blöd das für die Konkurrenten auch sein mag. Wie die meisten anderen picke auch ich mir immer Favoriten raus, ohne alle Mitnominierten aus Mangel an Sichtungsmöglichkeiten oder Zeit/Geld beurteilen zu können. Oder sogar nur aufgrund von persönlichen Sympathiewerten ("gönnen"). Dass du dir damit so eine Mühe machst und fast alles guckst ist sicherlich löblich.
Wenn die Academy Awards selbst jemals ohne die erwähnten Zugeständnisse auskamen, dann liegt das garantiert schon laaaaange zurück. Wann die Entscheidungen jedoch solcher Natur sind und wann nicht, das wirkt nach Außen hin bestimmt häufig anders als es tatsächlich zugeht. Manches, was ich den Awards im Laufe der Jahre vorgeworfen habe, traf vielleicht gar nicht zu, während sie in anderen Punkten umso mehr Schelte verdient gehabt hätten. Aber insgesamt habe ich weniger ein Problem mit der Vorhandenheit von Konzessionen an sich, so lange es noch im Rahmen bleibt, als viel mehr mit der verknöcherten Starrheit und den offensichtlichen Präferenzen der Wähler (was auch mit dem Altersdurchschnitt zusammenhängt), mit der eine gewisse Vorhersehbarkeit einher geht (Dramen zu sozialen und/oder Tabuthemen, Disney/Pixar etc. >_>) und die popkulturrelevante Werke gerne außen vor lässt, wobei letzteres glücklicherweise sehr langsam aufzuweichen scheint.
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Wenn das Drumherum die Bewertung beeinflusst, finde ich das nichts anderes als ablenkend. Und bei einem Film sollten keine Ablenkungen stattfinden: Es nervt mich, wenn Inarritu, Di Caprio und Co. nicht müde werden, zu erwähnen, wie kalt es am Set war. Ich will im Film sehen können, dass es kalt war, denn das ist das, worauf es ankommt. Mir ist (für die Bewertung) auch egal, wie Saoirse zu Brooklyn steht. Das macht sie umso bewundernswerter und sympathischer, aber hat nichts mit ihrer Leistung zu tun (nur dann, wenn man ihr Engagement im Film sieht, was ja der Fall war, aber als Auswirkung einzeln beurteilt werden sollte).
Da sind wir wohl schlicht unterschiedlicher Ansicht. Ich finde so etwas hilfreich. Ob die Schilderungen von Inarritu, DiCaprio & Co übertrieben sind oder nicht, irgendwo zwischen den Berichten findet sich die Wahrheit. Da mache ich mir lieber mein eigenes Bild, aber zumindest überhaupt eines. Der Film kann mir viel indirekt vermitteln, aber ich fühle nicht selbst, wie kalt es tatsächlich war. Wenn man es mir hingegen anschaulich beschreibt, auch mit Infos, für die in Drehbüchern aus offensichtlichen Gründen kein Platz ist, dann sehe (und "fühle") ich in dem Gezeigten nur möglicherweise mehr als ohne dieses Wissen. Für mich zählt nicht nur das Ergebnis, sondern auch der Weg dorthin. All das absichtlich zu ignorieren, obwohl wir sowieso alle Bewertungen auf unserem eigenen Erfahrungsschatz basieren lassen und bestimmt auch unbewusst von Infofetzen beeinflusst werden, die wir nebenher aufschnappen... ich weiß nicht. Ich persönlich hätte das Gefühl, den großen Anstrengungen und Leistungen der Beteiligten nicht gerecht zu werden.