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Thema: Oscars 2016 - and the Leo goes to ...

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    Zitat Zitat von Enkidu Beitrag anzeigen
    Wenn man zum Beispiel nicht wüsste, was für einen Aufwand die Beteiligten in Mad Max betrieben haben, könnte man alleine vom Film ausgehend bei manchen Szenen vermuten, dass da bloß mit CGI gearbeitet wurde etc. Sicher merkt das geschulte Auge schon auf Anhieb einen Qualitätsunterschied, wenn die Macher einen Ansatz wie in Fury Road wählen, aber zu wissen, was die dort in der afrikanischen Wüste und mit echten Stunts und Fahrzeugen vollbracht haben, hievt es nochmal auf eine andere, höhere Ebene. Ich zumindest gewinne einen ganz anderen Respekt (oder ggf. auch im Gegenteil mal Verachtung, wobei das ziemlich selten ist) für ein Gesamtwerk, wenn ich auch was vom ganzen Bild, von den Hintergründen mitbekommen habe.
    Ja, es ist für das Auge sichtbar. Und das Auge braucht nicht mal geschult sein, um einen Unterschied zwischen CGI und Practical Effects erkennen zu können. Es wirkt sich also direkt auf den Film aus. Ich bewerte aber nicht Ursache, sondern Wirkung. Mal abgesehen davon ist das in anderen Kategorien noch eher relevant als beim Acting. Denn beispielsweise der Director hat dafür zu sorgen, dass es am Set funktioniert und am Ende alles ineinander greift. Eine Darstellerin muss ihre Rolle überzeugend spielen - egal, was die Umstände sind. Ich sehe ein, dass bspw das Method Acting eines Christian Bale eine zusätzliche Erwähnung und Berücksichtigung verdient hat, aber davon reden wir hier ja nicht.

    Zitat Zitat von Enkidu Beitrag anzeigen
    Das sind dann zum Teil Dinge, die zwar direkt im Film vorhanden sind, aber die man ohne zusätzliche Infos nicht automatisch wahrnehmen kann.
    Man muss nicht immer alles bewusst wahrnehmen, damit es eine Wirkung auf einen hat. Kaum jemand analysiert einen Film tot, erst Recht nicht, wenn wert darauf gelegt wird, dass der Film gefällt. Und wenn etwas im Film so gar nicht wahrnehmbar ist - auch nicht über Ecken -, dann war es wohl auch unnütz.

    Zitat Zitat von Enkidu Beitrag anzeigen
    Ein getypecasteter Darsteller, der in einer vollkommen atypischen Rolle brilliert, sammelt verdiente Pluspunkte, die über das bloße Geschehen auf der Leinwand gewissermaßen hinausgehen.
    Hier verlierst du mich. Zwei Dinge dazu:

    1. Das Thema war Saoirse Ronan. Und das, was du zu ihr sagtest, war das komplette Gegenteil von 'Typecast goes atypisch'. So wie du es formuliertest, war es eher Typecast. Ich sage nicht, dass es Typecast war, aber da ist es jedenfalls näher dran. Und auch das wären nicht meine Worte: Aber hätte ich mich beim Film wirklich gefragt, ob da Saoirse oder ihr Charakter zu sehen ist, wäre das kein Plus-, sondern ein Negativpunkt.

    2. Wenn jemand seinem Typecasting gegenüber atypisch spielt, ist das cool und wird vor allem deswegen besonders wahrgenommen, weil es eine Überraschung ist. Aber das dann in eine Rezension einfließen lassen? Das ist komplett unfair gegenüber den vielleicht besseren Darstellern, die sich in 'jedem' Film verwandeln. Das ist doch eigentlich genau das, was wir den Oscars zu Recht immer vorwerfen: Konzessionsentscheidungen. Es soll bewertet werden, was die Darsteller für die nominierte Kategorie in dem Film in dem Jahr geleistet haben, nicht inwiefern sich das von dem unterscheidet oder nicht unterscheidet, was sie sonst tun. Und ja - wie weit da der Spagat zwischen Persönlichkeit und verkörperter Rolle ist, kann relevant sein, weil die Rolle eben nicht wie eine Rolle, sondern wie der jeweilige Star wirkt, wenn es zu nah beieinander liegt.

    Oder nimm diese Filme, die scheinbar in einer einzigen Einstellung gedreht wurden. War es wirklich nur eine von Anfang bis Ende, oder hat man mit Schnitt- und Kameratricks doch mehrere aneinandergereiht? Obwohl das im Film selbst unsichtbar ist, würde das imho einen recht großen Unterschied für eine Rezension machen.

    Wenn das Drumherum die Bewertung beeinflusst, finde ich das nichts anderes als ablenkend. Und bei einem Film sollten keine Ablenkungen stattfinden: Es nervt mich, wenn Inarritu, Di Caprio und Co. nicht müde werden, zu erwähnen, wie kalt es am Set war. Ich will im Film sehen können, dass es kalt war, denn das ist das, worauf es ankommt. Mir ist (für die Bewertung) auch egal, wie Saoirse zu Brooklyn steht. Das macht sie umso bewundernswerter und sympathischer, aber hat nichts mit ihrer Leistung zu tun (nur dann, wenn man ihr Engagement im Film sieht, was ja der Fall war, aber als Auswirkung einzeln beurteilt werden sollte).

  2. #2
    Sorry fürs Zerpflücken ^^
    Zitat Zitat von MeTaLeVel Beitrag anzeigen
    Und das Auge braucht nicht mal geschult sein, um einen Unterschied zwischen CGI und Practical Effects erkennen zu können.
    Sicher? Grob gesagt vielleicht, wenn es ums Gesamtbild geht, aber es gibt genug Momente im modernen Kino, in denen man das durch Photorealismus gar nicht mehr immer so leicht auseinanderhalten kann. Zumal selbst bei praktischer Grundlage heutzutage trotzdem meist noch massig digital nachbearbeitet wird, auch bei Mad Max. Da unterscheide ich schon gerne wenn möglich, ob und wie viel von einer besonders imposanten Einzelsequenz jetzt "echt" war oder nicht.
    Zitat Zitat
    Ich bewerte aber nicht Ursache, sondern Wirkung.
    Wie ich zu erklären versucht habe, ist das für mich nicht automatisch immer scharf voneinander trennbar. Die Wirkung wird von der Ursache nachhaltig beeinflusst.
    Zitat Zitat
    Eine Darstellerin muss ihre Rolle überzeugend spielen - egal, was die Umstände sind.
    Das mag als Zielsetzung stimmen. Doch wenn beispielsweise eine bestimmte Rolle einem bestimmten Schauspieler aufgrund seiner Eigenheiten besonders viel abverlangt und dieser das trotzdem - oder gerade deshalb - meistert, dann finde ich das anerkennenswert und unterm Strich positiv für den Film. Jedenfalls mehr als Business as usual, selbst wenn man von anderen eventuell ähnlich gute Leistungen hätte erwarten können. Ist damit auch eine Frage des Castings, ein oft unterschätzter Aspekt (auch in der Academy, imho).
    Zitat Zitat
    Ich sehe ein, dass bspw das Method Acting eines Christian Bale eine zusätzliche Erwähnung und Berücksichtigung verdient hat, aber davon reden wir hier ja nicht.
    Ich sehe da jetzt keinen so gewaltigen Unterschied. Hat beides mit der Arbeitsweise der Darsteller zu tun, und was das für das fertige Werk bedeutet. Wenn ich mir gängige Definitionen von "Method Acting" anschaue, dann würden jene genau genommen auf das, was Ronan in Brooklyn gemacht hat, weitgehend ebenso zutreffen.
    Zitat Zitat
    Man muss nicht immer alles bewusst wahrnehmen, damit es eine Wirkung auf einen hat.
    Hab ich ja auch nicht behauptet. Aber man kann versuchen, hinter die offensichtlichsten Oberflächlichkeiten zu blicken. Das ist deshalb noch lange kein totanalysieren. Ich hab auch nichts dagegen, einen Film einfach nur "auf mich wirken zu lassen", aber darauf alleine baue ich nun auch nicht meine Beurteilungen auf. Lege immer sehr viel Wert auf Soundtracks, aber im Film selbst geht der manchmal unter, weil man so sehr von der Handlung gefesselt ist oder weil der Sound zu leise ist - kommt ab und zu vor, dass ich erst nach dem Kinobesuch die musikalische Untermalung wirklich zu schätzen weiß, wenn ich sie mir in Ruhe zu Gemüte geführt habe. Trotzdem sehe ich keinen Grund, das nicht als Facette des Gesamtwerkes zu betrachten.
    Zitat Zitat
    Und wenn etwas im Film so gar nicht wahrnehmbar ist - auch nicht über Ecken -, dann war es wohl auch unnütz.
    Bin nicht sicher, ob du diesbezüglich so ganz verstanden hast, worauf ich hinaus wollte. Um konkret beim vorliegenden Fall zu bleiben: Bei einem Film wie Brooklyn überzeugt mich die Hauptdarstellerin ganz besonders. Sie war auch davor schon klasse und talentiert, aber hier wird noch das entscheidende bisschen Mehr geliefert. Doch ich kann mir vielleicht gar nicht erklären, woran das lag, attribuiere das vielleicht nur zu einer besonders guten Tagesform oder sonstwas, und schenke dem auf Anhieb kaum mehr Beachtung. Wenn ich jedoch die Hintergründe kenne: Oha! Das Filmgeschehen spiegelt allzu menschlich die realen Emotionen und den Lebenswandel der jungen Hauptdarstellerin wider, sie identifiziert sich damit, sie schafft es, diese intensiven Gefühle in die Rolle zu kanalisieren und zeigt damit ein besonderes Ausmaß an schauspielerischer Qualität und Sensibilität, die eben nicht alltäglich, die noch etwas mehr ist als bloß eine "etwas bessere Leistung als gewohnt". Oha! Da haben sich ja auch die Produzenten und Casting-Leute oder die Regie wirklich was bei gedacht - Match made in Heaven. Ignoriere ich das ganze Drumherum, kann ich unter Umständen (wenn auch nicht immer) Gefahr laufen, dass mir ein Teil des Verständnisses fehlt, um die Leistung umfassend zu beurteilen oder wertzuschätzen.

    Du hast natürlich Recht, dass das nichts an dem ändert, was man ganz direkt auf der Leinwand sieht. Aber die Änderung findet im Kopf statt. Vielleicht nicht für jeden, vielleicht nicht für dich, aber bei mir ist das so und das finde ich, wie gesagt, völlig okay und berechtigt. Wenn ich zwei hypothetisch exakt gleich gute Filme habe, von denen der eine jedoch eine sehr konventionelle Produktion ist, bei der die Schauspieler nicht auf Widerstände treffen, an denen sie wachsen, bei der technisch alles völlig reibungslos und kalkuliert verläuft, bei der die Beteiligten sicher nominell noch "ihr Bestes geben", aber es letztenendes nur ein weiterer Job unter vielen ist... und der andere ein Film, der hinter den Kulissen das exakte Gegenteil davon war, die Leute sich sprichwörtlich den Arsch mehr als jemals zuvor aufgerissen haben, denen diese spezielle Arbeit ggf. durch ganz persönliche Bindungen oder auch Schicksalsschläge richtig was bedeutet, und die Typen hinter der Kamera versuchen, die Grenzen zu pushen, bei dem eventuell sogar einiges daneben geht aber sie es trotzdem schaffen, sich wieder aufzuraffen (vgl. Mad Max) - ich würde jederzeit letzterem den Vorzug geben, auch wenn beide Filme super sind.
    Zitat Zitat
    1. Das Thema war Saoirse Ronan. Und das, was du zu ihr sagtest, war das komplette Gegenteil von 'Typecast goes atypisch'. So wie du es formuliertest, war es eher Typecast. Ich sage nicht, dass es Typecast war, aber da ist es jedenfalls näher dran.
    Das war ein Beispiel für die äußeren Umstände unter vielen, meine Güte. Habe ich sicher nicht auf den vorliegenden Fall bezogen. Aber so, wie "Typecast goes atypisch" positiv sein kann, kann auch das vermeintliche Gegenteil von besonders ausgeprägter Identifikation mit einer Rolle positiv sein. Ich seh da überhaupt keinen Widerspruch.
    Zitat Zitat
    Aber hätte ich mich beim Film wirklich gefragt, ob da Saoirse oder ihr Charakter zu sehen ist, wäre das kein Plus-, sondern ein Negativpunkt.
    Warum das? Unter anderen Umständen würde ich das ja verstehen, vonwegen aus der Rolle fallen usw.. Aber bei jemandem, der diese Profession ohne Zweifel beherrscht, und wenn nunmal Darsteller und Figur so viel gemeinsam haben - ist meiner Meinung nach durchweg faszinierend.
    Zitat Zitat
    Wenn jemand seinem Typecasting gegenüber atypisch spielt, ist das cool und wird vor allem deswegen besonders wahrgenommen, weil es eine Überraschung ist. Aber das dann in eine Rezension einfließen lassen? Das ist komplett unfair gegenüber den vielleicht besseren Darstellern, die sich in 'jedem' Film verwandeln.
    Und komplett fair gegenüber den Massen an Schauspielern, die sich nicht in fast jedem Film verwandeln, sondern im Prinzip ständig die gleiche oder die gleichen zwei Rollen spielen (und von denen gibts eine Menge, ich würde sogar behaupten, es ist die Mehrheit), selbst wenn sie das noch so gut machen und dafür permanent in den Himmel gelobt werden. Würde so etwas auf jeden Fall einfließen lassen und hätte damit kein Problem. Das heißt natürlich nicht, dass es bloß durch den Überraschungsfaktor automatisch besser ist als alle anderen, da muss man wie immer aufpassen und abwägen. Liegt im Auge des Betrachters und hängt noch von diversen weiteren Faktoren ab. Doch positiv hervorhebbar fände ich das auf jeden Fall.
    Zitat Zitat
    Das ist doch eigentlich genau das, was wir den Oscars zu Recht immer vorwerfen: Konzessionsentscheidungen.
    Die Ergebnisse sind doch eh meist so drüber, dass jeder was dran auszusetzen hat. Da sind mir Konzessionsentscheidungen lieber, als überhaupt keine Aufmerksamkeit. Besser ein Ehrenoscar für Morricone, als gar keiner. The Revenant war bestimmt nicht Leos beste Arbeit der vergangenen 20 Jahre, und trotzdem freuen sich fast alle, imho zu recht, dass er endlich seinen Oscar bekommen hat. Und sei es nur als "Entschädigung" für die vielen Male, in denen er leer ausging, so blöd das für die Konkurrenten auch sein mag. Wie die meisten anderen picke auch ich mir immer Favoriten raus, ohne alle Mitnominierten aus Mangel an Sichtungsmöglichkeiten oder Zeit/Geld beurteilen zu können. Oder sogar nur aufgrund von persönlichen Sympathiewerten ("gönnen"). Dass du dir damit so eine Mühe machst und fast alles guckst ist sicherlich löblich.
    Wenn die Academy Awards selbst jemals ohne die erwähnten Zugeständnisse auskamen, dann liegt das garantiert schon laaaaange zurück. Wann die Entscheidungen jedoch solcher Natur sind und wann nicht, das wirkt nach Außen hin bestimmt häufig anders als es tatsächlich zugeht. Manches, was ich den Awards im Laufe der Jahre vorgeworfen habe, traf vielleicht gar nicht zu, während sie in anderen Punkten umso mehr Schelte verdient gehabt hätten. Aber insgesamt habe ich weniger ein Problem mit der Vorhandenheit von Konzessionen an sich, so lange es noch im Rahmen bleibt, als viel mehr mit der verknöcherten Starrheit und den offensichtlichen Präferenzen der Wähler (was auch mit dem Altersdurchschnitt zusammenhängt), mit der eine gewisse Vorhersehbarkeit einher geht (Dramen zu sozialen und/oder Tabuthemen, Disney/Pixar etc. >_>) und die popkulturrelevante Werke gerne außen vor lässt, wobei letzteres glücklicherweise sehr langsam aufzuweichen scheint.
    Zitat Zitat
    Wenn das Drumherum die Bewertung beeinflusst, finde ich das nichts anderes als ablenkend. Und bei einem Film sollten keine Ablenkungen stattfinden: Es nervt mich, wenn Inarritu, Di Caprio und Co. nicht müde werden, zu erwähnen, wie kalt es am Set war. Ich will im Film sehen können, dass es kalt war, denn das ist das, worauf es ankommt. Mir ist (für die Bewertung) auch egal, wie Saoirse zu Brooklyn steht. Das macht sie umso bewundernswerter und sympathischer, aber hat nichts mit ihrer Leistung zu tun (nur dann, wenn man ihr Engagement im Film sieht, was ja der Fall war, aber als Auswirkung einzeln beurteilt werden sollte).
    Da sind wir wohl schlicht unterschiedlicher Ansicht. Ich finde so etwas hilfreich. Ob die Schilderungen von Inarritu, DiCaprio & Co übertrieben sind oder nicht, irgendwo zwischen den Berichten findet sich die Wahrheit. Da mache ich mir lieber mein eigenes Bild, aber zumindest überhaupt eines. Der Film kann mir viel indirekt vermitteln, aber ich fühle nicht selbst, wie kalt es tatsächlich war. Wenn man es mir hingegen anschaulich beschreibt, auch mit Infos, für die in Drehbüchern aus offensichtlichen Gründen kein Platz ist, dann sehe (und "fühle") ich in dem Gezeigten nur möglicherweise mehr als ohne dieses Wissen. Für mich zählt nicht nur das Ergebnis, sondern auch der Weg dorthin. All das absichtlich zu ignorieren, obwohl wir sowieso alle Bewertungen auf unserem eigenen Erfahrungsschatz basieren lassen und bestimmt auch unbewusst von Infofetzen beeinflusst werden, die wir nebenher aufschnappen... ich weiß nicht. Ich persönlich hätte das Gefühl, den großen Anstrengungen und Leistungen der Beteiligten nicht gerecht zu werden.

  3. #3
    Zitat Zitat von Enkidu Beitrag anzeigen
    Wie ich zu erklären versucht habe, ist das für mich nicht automatisch immer scharf voneinander trennbar. Die Wirkung wird von der Ursache nachhaltig beeinflusst.
    Natürlich ist die Wirkung von der Ursache beeinflusst. Das ist die Kausalkette, mit der Wirkung und Ursache zusammen hängen. ^^ Wenn die Wirkung stimmt, war die Ursache oder waren die Ursachen offensichtlich zielführend und die Wirkung steht definitiv unter dem Einfluss der Ursachen. Aber das ist keine Rechtfertigung, die Ursachen als solche zu bewerten.

    Ich als Filmfan empfinde dieses Medium als Kunst. Ein Film ist das, was in ihm steckt. Die Kunst dabei ist, eine Geschichte in dieser beschränkten Zeit zu erzählen, bestimmte Emotionen in dieser Zeit zu wecken, etc. Das ist die Kunst, das ist der Film. In der Regel 90 bis 150 Minuten. Alles, was diese 90 bis 150 Minuten verlässt, ist nicht mehr Bestandteil der Kunst, weswegen ich es schade finde, wenn diese externen Faktoren zu Rate gezogen werden, um das Medium zu bewerten oder es zu prämieren. Saoirse Ronan war fantastisch in den 111 Minuten von Brooklyn - ob es nun ein persönlich wichtiger Film für sie war, oder nicht. Alles andere sind Infos, die ich auch selbst gerne einhole und als Trivia behalte oder verwerte, aber es macht ihre Leistung (für mich) nicht besser oder schlechter. Und ich finde es schade, wenn diese Ablenkungen eine zu große Rolle spielen.

  4. #4
    Zitat Zitat von MeTaLeVel Beitrag anzeigen
    Ich als Filmfan empfinde dieses Medium als Kunst. Ein Film ist das, was in ihm steckt. Die Kunst dabei ist, eine Geschichte in dieser beschränkten Zeit zu erzählen, bestimmte Emotionen in dieser Zeit zu wecken, etc. Das ist die Kunst, das ist der Film. In der Regel 90 bis 150 Minuten. Alles, was diese 90 bis 150 Minuten verlässt, ist nicht mehr Bestandteil der Kunst, weswegen ich es schade finde, wenn diese externen Faktoren zu Rate gezogen werden, um das Medium zu bewerten oder es zu prämieren.
    Für mich ist es auch Kunst. Allerdings ebensosehr das Handwerk und all das, was drinsteckt und dranhängt, der Werdegang. In Filmen kommt es oft vor, dass einiger Aufwand betrieben wird, der am Ende nicht oder nur noch peripherer Teil des Ergebnisses ist. Deshalb ist das für mich aber nicht unbedingt Trivia und wertlos oder fremd. Da haben begabte Leute viele Stunden investiert, um den Teil eines Sets zu bauen oder auszustatten, der nur für den Bruchteil einer Sekunde oder sogar gar nicht im fertigen Film zu sehen ist (und vielleicht noch als Bonusmaterial auf der DVD landet). Zu sagen, das wäre gar nicht ein zugehöriger Teil der Kunst, ist dann irgendwie fies. Diese Personen haben trotzdem ihren Beitrag geleistet, und der verfällt für mich nicht einfach, sondern gehört dazu, sofern wir davon wissen. Den Schaffensprozess selbst betrachte ich nicht minder als eine Kunstform, ich bin gewissermaßen bemüht, die Produktionsperspektive mit einzubeziehen (zumindest bei Werken, die mich interessieren). Manchmal sind die Geschichten, die dort geschrieben werden, gar spannender als das, worauf sie hinarbeiten ^^ Das habe ich noch nie als "extern" wahrgenommen, denn ohne geht es nicht. Das sind schließlich die Grundlagen, die die fertige Arbeit erst ermöglichen. Ein Film, der neue Techniken einführt und etabliert, mit denen die Arbeit nicht unbedingt besser, aber sehr viel schneller, kostengünstiger und effizienter vonstatten geht, würde in den entsprechenden Bereichen als revolutionär gefeiert werden, imho berechtigterweise, selbst wenn das Ergebnis sich nicht so sehr von anderen Filmen unterscheidet. Dass in der begrenzten Zeit eine Geschichte angemessen erzählt wird usw. usf. ist mir auch wichtig, und hat natürlich absoluten Vorrang, es ist die Hauptsache, aber eben nicht alles. Du betrachtest das sozusagen einfach mehr von einer puristischen Warte aus. Für mich beginnt der Film nicht, wenn im Kino das Licht angeht, sondern wenn ich zum ersten Mal von der Idee lese, und er hört auch nicht auf, wenn ich den Saal verlasse. Filme enden niiiiie -_^

    Btw., das sind komische Laufzeiten, die du da angibst ^^ Für einen Großteil haut das heute sicher hin, aber nicht als allgemeine Definition (ich weiß, dass das nicht deine Aussage war). 90 Minuten Minimum wäre ziemlich hoch angesetzt. Die AMPAS und andere Organisationen setzen für einen Spielfilm eine Länge von mindestens 40 Minuten voraus. Das ist zwar etwas arg knapp, aber ich würd tendenziell auch eher am unteren Ende anfangen, denn mir fallen viele Filme ein, die kürzer sind als 90 Minuten (insbesondere im Bereich Animation gehen viele kaum länger als eine Stunde). Oder länger als 150. Nach oben hin ist die Grenze vermutlich offen *g*

    Geändert von Enkidu (29.02.2016 um 20:59 Uhr)

  5. #5
    Ich habe nicht in einem Wort über die Wertigkeit von Set Designern gesprochen. Das war nicht mal ansatzweise auch nur ein Teil dessen, was ich gesagt habe. Jeder kleinste Produktionsbeitrag zum fertigen Film macht einen Unterschied. Aber mein Urteil bemisst sich auch da eben daran, was ich im Film sehe oder zumindest wahrnehme. Jeder der nominierten Filme für Production Design dieses Jahr hat es auch verdient - Worldbuilding (was primär durch das Set Design funktioniert und ein nicht unwesentlicher Teil jedes Films ist) ist eben nicht nur bei Mad Max hervorragend und wichtig. Auch, wenn es da am ehesten auffällt.

    Das, was die Set Designer machen, ist die Arbeit am Film. Wenn sich ein Set Designer jedoch in ein Interview setzt und mir sagt (fiktives Beispiel), dass er die Möbel, die auch ein Zimmer in The Danish Girl bekleiden, aus seinem eigenen Apartment genommen hat, finde ich das vielleicht cool und werde es bei Filmbesprechungen sicher mal als Fun Fact erwähnen, mache davon aber nicht meine Bewertung abhängig.

    Schwierigere Kategorien sind da Original und Adapted Screenplay. Wie willst du das Drehbuch bewerten, wenn du nur den Film kennst? Vielleicht war auch einfach nur verdammt guter Regisseur am Werk, der aus Schund Gold gemacht hat. Denn ein Screenplay ist ja mehr als der Plot, den es erzählt. Und ich bezweifle, dass mehr als ein paar wenige Mitglieder der Academy die nominierten Bücher gelesen haben. In der Hinsicht fand ich es aber cool, wie sie in den Screenplay-Nominee-Einspielern die Texte visualisiert haben, während die dazugehörige Filmeinstellung/-szene lief.

    Die groben Richtlinien an Laufzeiten waren anhand von 'typischen' Oscarfilmen gewählt. Und die sind selten kürzer als 90 Minuten (animiert mal ausgenommen), wenn auch häufig durchaus etwas länger als 150. (Oder gefühlt wesentlich länger - siehe Lincoln )

  6. #6
    Gute Drehbücher sind für mich welche, die a) ungewöhnliche Filme erzeugen und mit Konventionen brechen b) irgendwie sehr intelligernt und clever sind, z.B. mit unvorhersehbaren Twists c) einfach gute (am besten auch unkonventionelle) Dialoge haben.

    Nach diesen Kritierien finde ich z.B. Pulp Fiction, Eternal Sunshine of the Spotless Mind, Little Miss Sunshine, Pulp Fiction und besonders Her gerechtfertigt. Gewöhnlicher Kram aus dem "How to Write an Oscar Bait Script"-101 hingegen nicht (z.B. King's Speech, Milk oder Hurt Locker (wtf, bin grade noch einmal drüber gestolpert).

    Von der adaptives Drehbuch-Kategorie halte ich nicht so viel. Es geht hierbei ja gar nicht darum, ob sich der Autor z.B. wörtlich beim Original bedient, sondern einfach nur, ob der Film auf Charakteren/Geschichten aufbaut, die es bereits gegeben hat. Im Übrigen gilt ein adaptiertes Drehbuch auch für Fortsetzungen von Filmen, die NICHT auf literarischen Vorlagen basieren, z.B. Before Midnight. Wenn die Argumentation lautet, dass es unlauterer Wettbewerb wäre, ein Drehbuch das komplett selbstausgedacht wurde gegen eines, das zum Teil (und sei er noch so winzig) auf einem bekannten Stoff basiert, dann darf man gerne auch die "bester Film"-Kategorie in adaptierte und Alleinstehende Filme unterteilen.

  7. #7
    Zitat Zitat von MeTaLeVel Beitrag anzeigen
    Ich habe nicht in einem Wort über die Wertigkeit von Set Designern gesprochen. Das war nicht mal ansatzweise auch nur ein Teil dessen, was ich gesagt habe. Jeder kleinste Produktionsbeitrag zum fertigen Film macht einen Unterschied. Aber mein Urteil bemisst sich auch da eben daran, was ich im Film sehe oder zumindest wahrnehme.
    Du meintest, dass alles, was sich außerhalb der Laufzeit befindet, nicht mehr Teil des Films und der Kunstform an sich ist. So hatte ich das verstanden. Ich sprach nicht von Produktionsdesign generell, sondern von Fällen, in denen Arbeit in etwas fließt, das im Endprodukt nicht unmittelbar zu sehen oder sonstwie repräsentiert ist. Du hast es hier ja nochmal wiederholt: Jeder Produktionsbeitrag zum fertigen Film macht einen Unterschied. Für mich macht jeder Produktionsbeitrag zum Film einen Unterschied Selbst wenn er hinterher nicht mehr ohne Weiteres wahrnehmbar ist. War vielleicht kein optimales Beispiel.
    Zitat Zitat
    Wenn sich ein Set Designer jedoch in ein Interview setzt und mir sagt (fiktives Beispiel), dass er die Möbel, die auch ein Zimmer in The Danish Girl bekleiden, aus seinem eigenen Apartment genommen hat, finde ich das vielleicht cool und werde es bei Filmbesprechungen sicher mal als Fun Fact erwähnen, mache davon aber nicht meine Bewertung abhängig.
    Wenn du von "Bewertung abhängig machen von" sprichst, dann klingt das ein wenig so, als wäre das bei mir der Kern der Sache. Ich möchte nochmal unterstreichen, dass das nur einer von vielen Faktoren ist, die ich eventuell berücksichtige, und die meisten anderen Dinge enorm viel wichtiger sind. Bei dem Beispiel ist die Gegebenheit so geringfügig, dass ich es auch als kaum mehr als ein Fun Fact ansehen würde. Aber, um es mal zur Verdeutlichung etwas zu übertreiben, wenn es nicht ein Designer war, sondern eine ganze Gruppe von Fachleuten, die sich auf diese bestimmten Möbel aus dieser Zeit spezialisiert haben, ja sie das hauptberuflich machen und extra für den Film angeworben wurden, sie alle Möbelstücke im Film selbst entworfen und in jahrelanger Handarbeit hergestellt und nur bestes Material verwendet haben, darüber hinaus eine wissenschaftliche Abhandlung darüber als Tie-in veröffentlichten und intensive Gespräche mit der Regie führten, um die Vorstellungen exakt zu eruieren und umzusetzen... Joah, dann macht das zwar noch nicht aus einem schlechten Film einen guten, aber es verdient je nach Gusto imho eine kleine, lobende Erwähnung und einen knuffigen Mini-Bonusgummipunkt. Weil sie die Extra-Meile gegangen sind! Die haben sich was dabei gedacht. Mehr, als andere Projekte dem Bereich "filmspezifisch angepasste, originalgetreue Möbel" zugestanden haben. Ein Alleinstellungsmerkmal, etwas, das sonst niemand bietet. Ein kurios dämliches, okay, aber muss ja nicht immer so belanglose Bereiche betreffen. Vielleicht ist es nur ein Fall von verschrobenen Freaks, die ihre Leidenschaft in einem bestimmten Element der Produktion ausleben durften, aber darin wirklich aufblühten. Die meisten Zuschauer würden keinen Unterschied beim Gucken feststellen, aber jemand, der sich gut mit der Materie auskennt, schon. Vorhanden und dokumentiert ist es. Ggf. wird dem ein Featurette auf der Heimvideo-Veröffentlichung gewidmet. Die Arbeit war imho nicht "unnütz", nur weil unsereins darauf nicht achtet oder keine Kenntnis davon hat. Sie sind Teil des Gesamtkunstwerkes. Auch dein ursprüngliches Beispiel oder andere Trivia würde ich als solche ansehen, apokryph aber zugehörig, nur hätten die nicht automatisch irgendeinen Einfluss auf eine Beurteilung.

    Aus geschichtlichem Interesse geh ich den Dingen, die mich beschäftigen, gerne auf den Grund. Das ist hierbei nicht anders.
    Zitat Zitat
    Schwierigere Kategorien sind da Original und Adapted Screenplay. Wie willst du das Drehbuch bewerten, wenn du nur den Film kennst? Vielleicht war auch einfach nur verdammt guter Regisseur am Werk, der aus Schund Gold gemacht hat. Denn ein Screenplay ist ja mehr als der Plot, den es erzählt. Und ich bezweifle, dass mehr als ein paar wenige Mitglieder der Academy die nominierten Bücher gelesen haben. In der Hinsicht fand ich es aber cool, wie sie in den Screenplay-Nominee-Einspielern die Texte visualisiert haben, während die dazugehörige Filmeinstellung/-szene lief.
    Drehbücher kann man als Unbeteiligter schlecht einzeln bewerten, jo. Richte mich nur nach umgangssprachlich dem, was davon im Film normalerweise zu merken ist, nämlich einerseits die Dialoge, die ähnlich einem Theaterstück einen wesentlichen Teil der Scripte ausmacht, und andererseits vor allem der Handlungsverlauf mit allem, was dazu gehört. Sicher sein kann man sich nicht, wie viel davon spontan improvisiert wurde, aber die wenigsten Streifen beginnen ohne ein fertiges Buch mit dem Dreh. Ansonsten richte ich mich da nach eigenen Kriterien und Maßstäben ^^' Hmmm. Ja, das mit den visualisierten Texten in den Einspielern war cool, aber machen die das nicht schon seit einigen Jahren? War auf jeden Fall nicht die erste Oscarverleihung, bei der ich sowas gesehen habe.

    Zitat Zitat von Itaju Beitrag anzeigen
    Gute Drehbücher sind für mich welche, die a) ungewöhnliche Filme erzeugen und mit Konventionen brechen b) irgendwie sehr intelligernt und clever sind, z.B. mit unvorhersehbaren Twists c) einfach gute (am besten auch unkonventionelle) Dialoge haben.

    Nach diesen Kritierien finde ich z.B. Pulp Fiction, Eternal Sunshine of the Spotless Mind, Little Miss Sunshine, Pulp Fiction und besonders Her gerechtfertigt. Gewöhnlicher Kram aus dem "How to Write an Oscar Bait Script"-101 hingegen nicht (z.B. King's Speech, Milk oder Hurt Locker
    Seh ich ähnlich. Die Academy hat aber wohl andere Vorstellungen.
    Zitat Zitat
    Von der adaptives Drehbuch-Kategorie halte ich nicht so viel. Es geht hierbei ja gar nicht darum, ob sich der Autor z.B. wörtlich beim Original bedient, sondern einfach nur, ob der Film auf Charakteren/Geschichten aufbaut, die es bereits gegeben hat.
    Hmm. Wenn ich so drüber nachgrübel, ist das wirklich ein wenig problematisch, weil "adaptiert" vieles bedeuten kann. Dachte immer, es geht in erster Linie darum, wie gut das Drehbuch die Vorlage in Filmform umsetzt, also was die Story und Charaktere usw. angeht. Aber was diesbezüglich gut oder schlecht ist, wie viel Nähe zu oder Entfernung von der Vorlage ratsam, darüber kann man streiten.
    Zitat Zitat
    Im Übrigen gilt ein adaptiertes Drehbuch auch für Fortsetzungen von Filmen, die NICHT auf literarischen Vorlagen basieren, z.B. Before Midnight. Wenn die Argumentation lautet, dass es unlauterer Wettbewerb wäre, ein Drehbuch das komplett selbstausgedacht wurde gegen eines, das zum Teil (und sei er noch so winzig) auf einem bekannten Stoff basiert, dann darf man gerne auch die "bester Film"-Kategorie in adaptierte und Alleinstehende Filme unterteilen.
    WTF? Das war mir nicht klar. Voll bescheuerte Regelung. Entweder ganz oder gar nicht.

  8. #8
    Zitat Zitat
    The Academy Award for Best Adapted Screenplay is one of the Academy Awards, the most prominent film awards in the United States. It is awarded each year to the writer of a screenplay adapted from another source (usually a novel, play, short story, or TV show but sometimes another film). All sequels are automatically considered adaptations by this standard (since the sequel must be based on the original story).
    Aus der Wikipedia.

    In der Regel bezieht sich das fast ausschließlich auf die Umsetzung von Texten (Romanen, (Auto-)Biografien, Theaterstücken), nur in wenigen Fällen auf bekannte filmische Werke, wie z.B. bei Toy Story 3, In the Loop, Borat, Before Sunset&Midnight, zuletzt auch Whiplash, der ein Remake von äh seinem eigenen Kurzfilm ist.

    Interessant dabei auch O Brother, Where Art Thou?

    Zitat Zitat
    The idea of O Brother, Where Art Thou? arose spontaneously. Work on the script began long before the start of production in December 1997, and was at least half-written by May 1998. Despite the fact that Ethan described the Odyssey as "one of my favorite storyline schemes" neither of the brothers had read the epic and were only familiar with its content through adaptations and numerous references to the Odyssey in popular culture. According to the brothers, Nelson (who has a degree in classics from Brown University)[14][15] was the only person on the set who had read the Odyssey.

  9. #9
    Zitat Zitat von Enkidu Beitrag anzeigen
    Du meintest, dass alles, was sich außerhalb der Laufzeit befindet, nicht mehr Teil des Films und der Kunstform an sich ist. So hatte ich das verstanden. Ich sprach nicht von Produktionsdesign generell, sondern von Fällen, in denen Arbeit in etwas fließt, das im Endprodukt nicht unmittelbar zu sehen oder sonstwie repräsentiert ist. Du hast es hier ja nochmal wiederholt: Jeder Produktionsbeitrag zum fertigen Film macht einen Unterschied. Für mich macht jeder Produktionsbeitrag zum Film einen Unterschied Selbst wenn er hinterher nicht mehr ohne Weiteres wahrnehmbar ist. War vielleicht kein optimales Beispiel.
    Ich habe ja bereits des Öfteren erwähnt, dass man als Zuschauer nicht jeden Teil eines Films und was darin gut ist bewusst erkennen muss. Jeder Produktionsbeitrag zum Film (und der Film, den wir sehen, ist der 'fertige', also ist das Wortklauberei) ist wichtig, das sehe ich auch so. Aber noch mal: Ich bewerte nicht den Produktionsvorgang, sondern das Resultat (was in vielerlei Hinsicht offensichtlich UND weniger offensichtlich davon beeinträchtigt wurde).

    Generell verstehe ich, dass es meinungsalternierende Maßstäbe gibt. Hätte ich - was das reine Acting angeht - in der Kategorie Best Supporting Actor dieses Jahr keinen Favoriten gehabt, wäre meine Wahl wohl automatisch auf Tom Hardy gefallen, weil ich ihn sonst einfach toll finde. Ich kann mich ja auch nicht komplett davon frei machen, versuche es aber so gut es geht. Und das ist dann eben doch noch mal was anderes; persönlicher Geschmack. Und weil ich mich davon frei mache kam ich beispielsweise zu dem Schluss, dass Mark Rylance besser war als Hardy. Oder Larson besser als Ronan (auch wenn Erstere für mich zuvor ein unbeschriebenes Blatt war und ich Zweitere schon sehr mochte).

    Ein Problem, was ich da auch habe: Ich finde es zu vage, was man nun als 'Extra-Mile' ansieht und was nicht. Klar kannst du sagen, dass das persönliche Engagement von Brie Larson besonders ist und sie der Rolle so nah war, dass dieses Herzensprojekt als Extra-Meile zählt. Genau so gut kann man aber argumentieren, dass Brie Larson die Extra-Meile gegangen ist, weil sie glaubhaft eine Person spielte, die ein Schicksal hatte, in das man sich nur schwierig hineindenken kann.

    ***

    Ich finde die Begrifflichkeit 'Oscar Bait' inzwischen echt anstrengend. Es gibt kaum einen Film, dem nicht irgendwer dieses Attribut zusprechen will. Als würde man Leute diskreditieren, die eine bestimmte Art von Stilistik oder Stimmung in ihrem Film oder Skript unterbringen, weil das auch die Filme sind, die die Academy oft nominiert. Wenn die Academy jung wär und einen Faible für originelle, frische Ideen hätte, dann wären Eternal Sunshine und Her Oscar-Bait.

    Originalität wird mir dabei auch viel zu sehr auf die Goldwaage gelegt. Natürlich ist es wichtig, dass es Filme gibt, die das Kino vorantreiben, etwas neu machen und Akzente setzen, die zuvor noch nicht oder nur anders gesetzt wurden, aber es kann und soll nicht jeder Film die Windrichtung ändern. Und wenn es um die Prämierung geht, heißen die Kategorien idR nicht 'Most Influential', sondern 'Best'. Warum soll das Drehbuch von Little Miss Sunshine besser sein als das von The King's Speech? Weil es ein historisches Thema behandelt? Es gibt in den letzten zehn Jahren kaum Filme mit so herausragenden Dialogen. Ich finde ja auch, dass die Academy zu oft ähnliche Filme (bspw. dramatische Biopics) nominiert und damit in den Reihen der Nominees für zu wenig Abwechslung sorgt. Aber ich kann doch den einzelnen Film und die Beteiligten an diesem Film nicht für dieses Academy-Versäumnis verantwortlich machen und dem Film anhand dieser Entscheidungen seine Qualität absprechen.

    Ich denke, dass es beim Adaptieren einer Vorlage kaum darum geht, wie weit entfernt das Script vom Source Material ist, sondern schlicht und einfach, wie gut die Übersetzung eines Stoffs gelungen ist, der ursprünglich nicht für das Medium (Spiel)Film gemacht war. Das wird natürlich tatsächlich durch überdenkenswerte Regelungen zum Teil ad absurdum geführt, macht abseits davon aber Sinn.

  10. #10
    Wenn es bei dir nur auf das Endergebnis ankommt, wie hältst du es dann eigentlich mit unterschiedlichen Versionen /Schnittfassungen /Synchronisationen eines einzigen Filmes? Frage nur aus Interesse. Denn das komplette Variantenspektrum, das bei einigen Werken bekanntlich beträchtlich ausfällt, würde ich ebenfalls schon als Teil des großen und von dir als relevantes Kriterium abgelehnten "Drumherums" betrachten.
    In Captain America: The Winter Soldier gibt es eine Einstellung, in der man gut lesbar die Eintragungen in Steve Rogers Notizbuch sieht, in dem er festhält, was er an verpassten Dingen der vergangenen Jahrzehnte nachholen möchte. Der Inhalt dieser Seite ist für jede Lokalisation des Films individuell gestaltet worden, wozu im Vorfeld öffentliche Internetabstimmungen durchgeführt wurden. Es gibt so gesehen kein Original. Bei der deutschen Version stand dort dann was, mit dem heimische Leute mehr anfangen können, wie zum Beispiel Currywurst und Oktoberfest. Das fand ich wahnsinnig gut, lustig und originell, und zwar nicht nur was dabei herauskam, sondern die ganze Aktion. Es ist etwas, das zwar direkt im Film vorkam, aber das man ohne zusätzliche Infos nur bemerkte, wenn man aufmerksam war bzw. verschiedene Sprachfassungen geschaut und verglichen hat (wobei man wenn man das liest bereits auf die Idee kommen konnte, dass in anderen Ländern was anderes steht). Aber es illustriert die Mühe, die sich die Verantwortlichen mit solchen Details gemacht haben und trägt als quirlige, erwähnenswerte Kleinigkeit bei mir auch ein ganz kleines bisschen zu einem positiven Eindruck vom Film bei. Bin jetzt auch nicht der einzige, dem es in solchen Fällen so geht, weshalb es mir eher ein wenig befremdlich scheint, dass du das "schade" findest.
    Zitat Zitat von MeTaLeVel Beitrag anzeigen
    (und der Film, den wir sehen, ist der 'fertige', also ist das Wortklauberei)
    Ich spielte mit dem Weglassen des fertig-Attributs auf den Film als Projekt, als Idee und Gesamtwerk an, was zum Beispiel auch Deleted Scenes usw. mit einschließen kann und für dich dann konsequent nicht zählen würde.
    Zitat Zitat
    Ein Problem, was ich da auch habe: Ich finde es zu vage, was man nun als 'Extra-Mile' ansieht und was nicht.
    Aber ist das nicht immer und bei allem so? Niemand hat exakt die gleichen Maßstäbe, und jeder achtet auf andere Aspekte unterschiedlich stark. Man kann sich vielleicht darauf einigen, dass ex post facto eine schauspielerische Leistung gut war, aber irgendwie objektiv quantifizierbar ist das sowieso nicht. Wenn man einerseits die Beobachtungen einfach auf sich wirken lassen können sollte, ohne gleich kaputt zu analysieren, dann sollte man andererseits auch mal den persönlichen Geschmack in die Gleichung einbeziehen dürfen. Gäbe ich mich dem illusorischen Versuch hin, alles bewusst nüchtern und sachlich zu gewichten, würde mir persönlich die Beschäftigung mit dem Medium, das mir in erster Linie zur Unterhaltung dient, schnell zu kalt und leidenschaftslos werden.

    @Oscar-Bait: Wenn ich den Begriff benutze, dann beschreibt das zwar eine bestimmte Art von Film, die mich oft weniger interessiert als andere, aber diskreditiert diese dadurch nicht automatisch (was ich auch anderen nicht pauschal unterstellen würde). Von daher betrachte ich die Verwendung (und bloße Existenz des Ausdrucks) meist eher als Kritik an den Präferenzen der Academy, und nicht als eine die sich zwangsläufig gegen die Werke selbst richtet.
    Zitat Zitat
    Ich denke, dass es beim Adaptieren einer Vorlage kaum darum geht, wie weit entfernt das Script vom Source Material ist, sondern schlicht und einfach, wie gut die Übersetzung eines Stoffs gelungen ist, der ursprünglich nicht für das Medium (Spiel)Film gemacht war.
    Manchmal ist das beides dasselbe.

  11. #11
    Zitat Zitat
    In Captain America: The Winter Soldier gibt es eine Einstellung, in der man gut lesbar die Eintragungen in Steve Rogers Notizbuch sieht, in dem er festhält, was er an verpassten Dingen der vergangenen Jahrzehnte nachholen möchte. Der Inhalt dieser Seite ist für jede Lokalisation des Films individuell gestaltet worden, wozu im Vorfeld öffentliche Internetabstimmungen durchgeführt wurden. Es gibt so gesehen kein Original. Bei der deutschen Version stand dort dann was, mit dem heimische Leute mehr anfangen können, wie zum Beispiel Currywurst und Oktoberfest.
    Ich habe den Film noch nicht gesehen, aber das klingt einfach nur schrecklich.
    Oktoberfest ist ja wohl eines der dümmsten deutschen Klischees überhaupt! Und ganz sicher sind Oktoberfest und Currywurst nicht die Dinge, von denen ich denken würde, dass ein Amerikaner, der die letzten paar Jahrzehnte verschlafen hat, sich für sie interessieren würde.

  12. #12
    Zitat Zitat von Liferipper Beitrag anzeigen
    Ich habe den Film noch nicht gesehen, aber das klingt einfach nur schrecklich.
    Oktoberfest ist ja wohl eines der dümmsten deutschen Klischees überhaupt! Und ganz sicher sind Oktoberfest und Currywurst nicht die Dinge, von denen ich denken würde, dass ein Amerikaner, der die letzten paar Jahrzehnte verschlafen hat, sich für sie interessieren würde.
    Auf der einen Seite sind die deutschen Fans dann selbst Schuld, denn die haben es ausgewählt. Sicher wurde da schon eine Vorauswahl getroffen, aber hätte bestimmt genug Alternativen gegeben. Darüber hinaus zum Inhalt: Find ich gar nicht so abwegig. Der Steve Rogers Typ hatte in der Vergangenheit schließlich schon anderweitig einiges mit Deutschland zu tun Die Berliner Mauer (up and down) stand auch drin. Dass es ihn interessieren könnte, wie es dort jetzt so aussieht und wie sich das politisch und kulturell in seiner Abwesenheit entwickelt hat, ist nicht sehr weit hergeholt. Die Amerikaner hatten nach dem Krieg hier ja noch eine ganze Weile was zu tun ^^
    Zumal die Notizen allem Anschein nach auf Tipps von anderen Leuten basieren. Wenn mir jemand was Interessantes empfiehlt, egal ob Themen, Bands oder Filme, dann ist mir auch erstmal egal, aus welchem Land die stammen. Dass US-Bürger hingegen niemals über den Tellerrand ihrer eigenen Nation schauen, wäre dann doch auch ein ziemlich übles Klischee (wenn dich schon Oktoberfest = typisch Deutschland stört), das gerade auf eine Figur wie diese nicht zutreffen wird.

    Ist aber eh relativ, da ich mir grade nicht mehr sicher bin, ob sie das auch in der Heimvideoveröffentlichung beibehalten haben. Meine mich zu erinnern, dass sie es dort leider mit der englischen Fassung vereinheitlicht haben. Im Kino gabs das auf jeden Fall.

    Zitat Zitat von Schattenläufer Beitrag anzeigen
    Was mich aber bei den Oscars stört: sie sind weder noch. Die Motivation scheint mir viel häufiger eher "Hollywood-politisch" zu sein, die Filme werden danach ausgesucht, was das Medium des Films sowie seine Intentionen am positivsten darstellt. Das wäre, wie wenn man die Sängerin mit einem Award auszeichnet, weil sie mit ihrer beleibteren Figur zeigt, dass die Musikbranche über ihren Schlankheitswahn hinausgekommen ist. Das ist durchaus lobenswert, aber den Award soll sie doch bitte für das hohe E und die kraftvollen Songs kriegen. Nicht für ihre Persönlichkeit, nicht für ihre Figur, nicht für das, was sie repräsentiert.
    Jau, das ist mir auch schon aufgefallen. Sobald einer der nominierten Filme in dem jeweiligen Jahr das Medium an sich in irgendeiner Weise thematisiert, hat er beste Chancen, die Trophäen einzuheimsen. Vergleiche Argo oder Hugo Cabret. Speziell letzteren fand ich nur ganz okay und denke, dass der in den meisten Kategorien unverdient gegenüber stärkerer Konkurrenz gewonnen hat. Hat in solchen Fällen dann manchmal wirklich ein wenig den Beigeschmack von "Die Branche klopft sich selbst auf die Schulter".

    Geändert von Enkidu (02.03.2016 um 14:02 Uhr)

  13. #13
    Zitat Zitat von Enkidu Beitrag anzeigen
    Aber ist das nicht immer und bei allem so? Niemand hat exakt die gleichen Maßstäbe, und jeder achtet auf andere Aspekte unterschiedlich stark. Man kann sich vielleicht darauf einigen, dass ex post facto eine schauspielerische Leistung gut war, aber irgendwie objektiv quantifizierbar ist das sowieso nicht. Wenn man einerseits die Beobachtungen einfach auf sich wirken lassen können sollte, ohne gleich kaputt zu analysieren, dann sollte man andererseits auch mal den persönlichen Geschmack in die Gleichung einbeziehen dürfen. Gäbe ich mich dem illusorischen Versuch hin, alles bewusst nüchtern und sachlich zu gewichten, würde mir persönlich die Beschäftigung mit dem Medium, das mir in erster Linie zur Unterhaltung dient, schnell zu kalt und leidenschaftslos werden.
    Das ist ja alles richtig und anders tue ich es beim Einordnen eines Films für mich auch nicht. Aber wir sind hier im Oscar-Thread. Und es ging um die Academy Awards - darum, Filme, Darsteller und Co. nach Maßstäben einzuordnen und zu prämieren, die den persönlichen Eindruck, Sympathie und Engagement überstehen müssen. Deswegen ist/war Mel Gibson ein guter Darsteller, wenn er auch ein dummer Antisemit ist. Und deswegen ist es mir - in Bezug auf die Verleihung des Oscars(!) - egal, wie Saoirse Ronan zu Brooklyn steht, solange sie das tut, was sie getan hat; nämlich hervorragend spielen.

    Das beantwortet die Frage zu Schnittfassung und Co. auch von selbst. Natürlich geht es um das Original, um die Fassung, die in den Kinos lief. Das Drehbuch und die Leistung eines Darstellers kann man in Gänze nur im Originalton beurteilen und so ist es auch gedacht. Die Academy beurteilt eine bestimmte Fassung des Films. Ich habe immer mehr das Gefühl, dass wir hier auf zwei Ebenen diskutieren. Ich bin in sämtlichen Punkten bei dir - aber nicht, wenn es um die Prämierung eines Films geht. Ich selbst finde das Director's Cut Ending von The Butterfly Effect wesentlich besser und stimmiger als die Kino-Fassung. Und das ist nur eins von zahlreichen Beispielen. Stünde ich da aber in der Pflicht, den Film zu prämieren, hätte das 'alternative' Ende keine Relevanz, sofern es nicht die Fassung ist, die berücksichtigt werden soll.

    Das Ding mit dem Oktoberfest in Winter Soldier finde ich auch ganz fürchterlich. Ich meine damit gar nicht mal, dass es bescheuert ist, dass es ausgerechnet das Klischee-Oktoberfest geworden ist (obwohl es das ist ): Das ist ein viel zu großer Eingriff in den Charakter und damit den Film. Soll aus “I ate his liver with some fava beans and a nice chianti” in der deutschen Synchro ein. "Ich habe seine Leber mit dicken Bohnen und einem netten Weißbier genossen" werden? Nein - weil das nicht das ist, was wirklich zum Charakter gehört. Das ist die schlimmste Art von Fan Service, die ich mir vorstellen kann. Ich wusste bis eben auch nichts davon.

    Ich unterschreibe da also vollkommen, was Schattenläufer sagte. Auch, dass die Academy da keine wirklich gute Linie hat, hier mal nach Qualität auszeichnet und da mal nach Message. So gewinnt zwar die beste Darstellerin, aber nicht der beste Darsteller, sondern der, der seit Jahren auf den Sieg wartet und noch dazu am Set eine Menge gefroren hat.

    Es gilt dann so auch für die Maßstäbe. Ja - jeder hat unterschiedliche Maßstäbe und achtet auf unterschiedliche Aspekte nicht gleich stark, aber genau das ist der Punkt. Weil es aus der Fan-Perspektive eben willkürlich diverse Aspekte gewichtet, sollte man meiner Meinung nach bei der Award Consideration und generell der 'objektiven' Einordnung versuchen, diese Extra-Miles (die in eine oder die andere Richtung ausschlagen können) nicht zu berücksichtigen. Als Filmfan kann ich mich darüber ja immer noch freuen.

    @Oscar-Bait: Itaju hat ja explizit geschrieben, dass die Filme aus der Kategorie 'Oscar-Bait' für ihn schlechtere Drehbücher haben als die originellen Beispiele, die er nannte. Darauf bezog ich mich.

  14. #14
    Zitat Zitat von MeTaLeVel Beitrag anzeigen
    Das beantwortet die Frage zu Schnittfassung und Co. auch von selbst. Natürlich geht es um das Original, um die Fassung, die in den Kinos lief. Das Drehbuch und die Leistung eines Darstellers kann man in Gänze nur im Originalton beurteilen und so ist es auch gedacht.
    Das lässt sich auf viele Filme so anwenden, aber wie bereits angedeutet längst nicht auf alle, weshalb das Problem bestehen bleibt. Es existieren einfach welche, die haben keine Originalfassung. Nimm zum Beispiel zahlreiche Italowestern: Da gibt es Spanisch-Italienische Co-Produktionen, am Set wurde Englisch, Italienisch, Spanisch oder auch mal Deutsch gesprochen, entsprechend der Länder, aus denen die Schauspieler und die Crew kamen. Die Drehorte vielleicht genauso verstreut. Alle Stimmen wurden nachsynchronisiert, auch die italienischen Schauspieler nahmen ihre Zeilen dafür nachträglich nochmal neu auf (vgl. Vier Fäuste für ein Halleluja - Bud Spencer wies sogar mal explizit darauf hin, dass keiner der Western mit ihm und Terence Hill so etwas wie eine Originalsprache habe). Was ist dann die Fassung, nach der man sich richten soll? Die, die als erstes veröffentlicht wurde? Was ist, wenn die Premiere in Usbekistan war ^^ ? Ähnlich sieht es bei Animationsfilmen aus. Da gibt es nicht selten Gemeinschaftsproduktionen von zwei oder sogar drei Ländern (vgl. The Secret of Kells aus Frankreich, Belgien und Irland).
    Zitat Zitat
    Das Ding mit dem Oktoberfest in Winter Soldier finde ich auch ganz fürchterlich. Ich meine damit gar nicht mal, dass es bescheuert ist, dass es ausgerechnet das Klischee-Oktoberfest geworden ist (obwohl es das ist ): Das ist ein viel zu großer Eingriff in den Charakter und damit den Film. Soll aus “I ate his liver with some fava beans and a nice chianti” in der deutschen Synchro ein. "Ich habe seine Leber mit dicken Bohnen und einem netten Weißbier genossen" werden? Nein - weil das nicht das ist, was wirklich zum Charakter gehört. Das ist die schlimmste Art von Fan Service, die ich mir vorstellen kann.
    Das stand da noch mit diversen anderen Sachen durchmischt. Ein paar waren glaub ich immer gleich ("Star Wars /Trek"). Das wurde nur für wenige Sekunden eingeblendet, sodass viele das gar nicht auf Anhieb komplett gelesen haben werden können. Finde aus den zuvor erwähnten Gründen auch nicht, dass so ein kleines Easter-Egg einen nennenswerten Eingriff in den Charakter darstellt, da man sich die Zusammenhänge schon noch recht schnell zurechtdenken kann, wenn man denn Wert drauf legt. Daher haut dein Hannibal-Vergleich hier auch nicht hin, weil so etwas viel weiter ginge. Sei es aufgrund des fehlenden /anders gelagerten Bezuges bei Lecter (Captain America hat eine deutlichere Schland-Connection), wegen der viel prominenteren Platzierung (das Zitat ist nicht umsonst so bekannt, während man Caps Notizbucheinträge leicht übersieht) oder die Tatsache, dass man auch bei uns massenhaft Wein konsumiert (in Schland pro Kopf mehr als doppelt so viel wie in den USA, hehe). In der französischen Fassung steht unter anderem "The Fifth Element" drin. Warum sollte ihm nicht irgendjemand einen französischen Film empfohlen haben?

    Geändert von Enkidu (02.03.2016 um 22:33 Uhr)

  15. #15
    Zitat Zitat von Enkidu Beitrag anzeigen
    Was ist dann die Fassung, nach der man sich richten soll?
    Du stellst hier mit Absicht die absoluten Ausnahmen heraus. Und nach wie vor gibt es eine einfache Antwort. Die Fassung ist die, die die Academy nominiert hat. Das wird im Regelfall die englischsprachige Version sein. Wenn es um einen usbekischen Filmpreis geht, wird wohl die usbekische Version berücksichtigt. Im Foreign Language-Beispiel wird natürlich auch eine bestimmte Version berücksichtigt. Du hängst dich gerade sehr an seltsamen Haken fest, um irgendetwas zu beweisen, das nicht Bestandteil der Diskussion ist. ^^

    Zitat Zitat von Enkidu Beitrag anzeigen
    Das stand da noch mit diversen anderen Sachen durchmischt. Ein paar waren glaub ich immer gleich ("Star Wars /Trek"). Das wurde nur für wenige Sekunden eingeblendet, sodass viele das gar nicht auf Anhieb komplett gelesen haben werden können. Finde aus den zuvor erwähnten Gründen auch nicht, dass so ein kleines Easter-Egg einen nennenswerten Eingriff in den Charakter darstellt, da man sich die Zusammenhänge schon noch recht schnell zurechtdenken kann, wenn man denn Wert drauf legt. Daher haut dein Hannibal-Vergleich hier auch nicht hin, weil so etwas viel weiter ginge. Sei es aufgrund des fehlenden /anders gelagerten Bezuges bei Lecter (Captain America hat eine deutlichere Schland-Connection), wegen der viel prominenteren Platzierung (das Zitat ist nicht umsonst so bekannt, während man Caps Notizbucheinträge leicht übersieht) oder die Tatsache, dass man auch bei uns massenhaft Wein konsumiert (in Schland pro Kopf mehr als doppelt so viel wie in den USA, hehe). In der französischen Fassung steht unter anderem "The Fifth Element" drin. Warum sollte ihm nicht irgendjemand einen französischen Film empfohlen haben?
    Ihm kann jemand einen französischen Film empfohlen haben. Aber in dem Fall ist der Cap im französischen Kino ein anderer als im italienischen. Dem wurde The Fifth Element nämlich nicht empfohlen, sondern stattdessen Spaghetti Carbonara. Oder anders: Ihm wurde der Film auch empfohlen, aber er hat eine andere Empfehlung ernster genommen. Das macht es nicht besser. In jedem Fall ist der Charakter oder die Welt in der er lebt irgendwie anders. Und Cap hat vielleicht irgendwo eine Deutschland-Connection. Aber hat er wirklich zu jedem der Länder, bei denen das unternommen wurde, eine nicht erzwungene Verbindung? Ich weiß ja nicht. Da ist man dem Charakter gegenüber nicht treu. Klar sind das Details, aber auch sowas macht einen Charakter für mich stimmig und weniger stimmig. Es ist in diesem Fall vielleicht wirklich vernachlässigbar, weil man es kaum mitkriegt, aber das macht die Sache selbst doch nicht besser. Ich würde das aufgrund der Unscheinbarkeit auch nicht als Negativbeispiel anbringen, aber du hast das als wahnsinnig gut verkauft, was es für meine Begriffe nicht ist. Es ist schlechter Fan-Service, der - zum Glück - nicht zu sehr auffällt.

  16. #16
    Ich hätte erwartet, dass Anomalisa den Oscar im Bereich Animation erhält. Ich habe Inside Out nicht gesehen, aber Anomalisa war tiefgründig und sperrig, und hätte den Oscar meiner Meinung nach verdient gehabt. Inside Out ist aller Wahrscheinlichkeit nach ein sehr guter Film, aber ohne wahnsinnig viel Tiefgang, ausgefallener Erzählstruktur oder gewagten visuellen Effekten. (Würde mich zumindest wundern.)

    Ansonsten: Mad Max hat mir zu viel gewonnen, der Film sollte (meinen Wünschen nach) nur den Regie-Oscar kriegen. The Revenant sollte nur für Leo ausgezeichnet werden, und dann hätte man noch genug Kategorien gehabt, um ein paar anderen Filmcrews eine schöne Überraschung zu machen.

    Insgesamt bin ich aber recht zufrieden. Und werde mir demnächst wohl Spotlight ansehen müssen.

    Zitat Zitat von Enkidu Beitrag anzeigen
    [...] wenn es nicht ein Designer war, sondern eine ganze Gruppe von Fachleuten, die sich auf diese bestimmten Möbel aus dieser Zeit spezialisiert haben, ja sie das hauptberuflich machen und extra für den Film angeworben wurden, sie alle Möbelstücke im Film selbst entworfen und in jahrelanger Handarbeit hergestellt und nur bestes Material verwendet haben, [...] dann macht das zwar noch nicht aus einem schlechten Film einen guten, aber es verdient je nach Gusto imho eine kleine, lobende Erwähnung und einen knuffigen Mini-Bonusgummipunkt. Weil sie die Extra-Meile gegangen sind! Die haben sich was dabei gedacht. Mehr, als andere Projekte dem Bereich "filmspezifisch angepasste, originalgetreue Möbel" zugestanden haben. Ein Alleinstellungsmerkmal, etwas, das sonst niemand bietet. Ein kurios dämliches, okay, aber muss ja nicht immer so belanglose Bereiche betreffen.

    Ich musste hier an dieses Video denken. Every Frame A Painting, sehr schöner YouTube-Kanal.

    Ich finde in eurer Diskussion übrigens beide Sichtweisen valide, es sind eben die des "Fans" und die des "Kritikers". Das gilt bei jeder Form von Kunst oder Unterhaltung. Die einen loben die Sängerin wegen ihrer starken Persönlichkeit, die in ihre Songs einfließt. Die anderen loben die Sängerin wegen ihrer Stimme, mit der sie das hohe E erreicht.

    Für mich ist aber ganz klar: Wenn es um Awards und offizielle Auszeichnungen geht, dann sollte die Kritiker-Sichtweise diejenige sein, die berücksichtigt wird, nicht die der Fans. Zumindest bei so etwas wie den Academy Awards.*
    Was mich aber bei den Oscars stört: sie sind weder noch. Die Motivation scheint mir viel häufiger eher "Hollywood-politisch" zu sein, die Filme werden danach ausgesucht, was das Medium des Films sowie seine Intentionen am positivsten darstellt. Das wäre, wie wenn man die Sängerin mit einem Award auszeichnet, weil sie mit ihrer beleibteren Figur zeigt, dass die Musikbranche über ihren Schlankheitswahn hinausgekommen ist. Das ist durchaus lobenswert, aber den Award soll sie doch bitte für das hohe E und die kraftvollen Songs kriegen. Nicht für ihre Persönlichkeit, nicht für ihre Figur, nicht für das, was sie repräsentiert. Darüber können wir uns auch so freuen.

    *) Hierzu noch kurz ein persönliches Beispiel. Alex Garland ist mein Lieblingsdrehbuchautor. Ich steh auf den Typen und seine Ideen und wenn es nach mir ginge, hätte er den Drehbuch-Oscar für Ex Machina sofort bekommen, nicht nur weil Ex Machina ein großartiger Film ist, sondern auch weil er eben bereits mit so vielen anderen Genrefilmen gezeigt hat, was in ihm steckt, und das hier wahrscheinlich seine einzige Chance war, dafür irgendwie Oscar-Anerkennung zu erhalten.
    Das ist meine persönliche Einstellung. Ich hoffe aber wirklich, dass niemand mit tatsächlicher Entscheidungskraft so an die Sache herangeht. Ich hoffe, dass sie sich alle Filme angesehen haben und im Vergleich festgestellt haben, dass Spotlight das bessere Drehbuch hatte.
    Und ich hoffe, dass sie ihn nicht nur gewählt haben, weil sie ihn "wichtiger" fanden.

    Geändert von Schattenläufer (02.03.2016 um 13:43 Uhr)

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