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Thema: Buchpreis - für eine Niere und ihr Erstgeborenes

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  1. #1
    Also bei gebrauchten Büchern muss man da nicht drüber reden. Ein hoher Preis heißt übrigens noch lange nicht hohe Nachfrage, sondern kann auch eine niedrige, aber sehr akute Nachfrage bei sehr niedrigem Angebot bedeuten. In diesem Fall profitiert außer den fünf Hanseln, die das Buch kaufen wollen, auch niemand von einem Nachdruck o.ä. Das hat man sehr oft bei Fachbüchern.
    Ich denke, hier ist die fortschreitende Digitalisierung ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, für Geld (Amazon etc) genau so sehr wie frei (Project Gutenberg etc). Die Akademik hängt nur wie so oft etwas hinterher, nicht zuletzt weil viele Alt-68er und Kumpanen immer noch den Untergang des Abendlandes wittern, wenn die Bibliotheken schrumpfen. Da muss man sich also nicht wundern; es gibt viel zu wenige Fachbücher als PDFs, geschweige denn als hochwertige PDFs.


    Interessanter und schwieriger wird es bei Neupreisen. Ich kann dir aus der Rollenspielbranche sagen, dass die Produktion von Büchern ein sehr, sehr variables Ding ist. Und die Branche ist mit ihren Verkaufszahlen übrigens gar kein so schlechter Vergleich für das Verlegen spezialisierter Fachliteratur. Es gibt da verfickt viele Variablen.
    • Der Verlag selbst. Ein großer Verlag kann viel billiger drucken als ein kleiner, wegen Rabatten, Erfahrung, etc. Dazu kommt: Ein großer Verlag muss von jedem Produkt mehr verkaufen als ein kleiner, sonst lohnt es sich nicht.
    • Die Auflage! (!!) Kann man gar nicht genug erwähnen. Wenn du 50.000 Bücher druckst, kannst du die ohne Übertreibung halb so teuer machen wie 500 Bücher, zumindest wenn du sie dann auch los wirst.
    • Die Professionalisierung. Wie wird der Autor entlohnt? (Wird er entlohnt?) Wird der Lektor bezahlt (bzw. gibt es überhaupt einen Lektor...? ) oder macht das irgendein studentischer Mitarbeiter in seiner Kaffeepause? Gibt es ein professionell gestaltetes Cover? Sowas kann bspw. gut und gern ein paarhundert Euro schlucken, und bei einer Paarhunderter-Auflage macht das dann schon mal 1€ pro Buch aus. Über Illustrationen oder Schaubilder reden wir mal gar nicht.
    • Die Kalkulation. Manche Bücher sind einfach darauf ausgelegt, pro Buch ne Menge Geld zu verdienen, bei anderen macht man den Gewinn eher über die Masse, und bei manchen ist der Gewinn tatsächlich zweitrangig/irrelevant. Da gibt es auch Sonderfälle: Das erste Buch einer Reihe bspw. kann eine "Gateway Drug" für die Reihe sein und negativ kalkuliert werden, solang die restlichen Bände das Geld wieder reinholen.

    Zitat Zitat
    Ich finde 40€ auch sehr teuer, aber der Umfang des Buchs entspricht ja dem von etwa 3-4 Durchschnittsbüchern, da kann ich das schon verstehen.
    Das ist zwar gefühlt viel wert (kenn ich auch ^^), macht in der Produktion aber tatsächlich nicht so viel aus. Ob du ein Hardcover mit 150 oder mit 250 Seiten machst, viel teurer wird das erst im Laden. Und der tatsächliche Inhalt ist natürlich nur dann interessant, wenn es um Lizenzfragen, Redaktion u.ä. geht, was bei Sammlungen aber oft wegfällt. Ähnliches gilt in einem gewissen Sinne auch für Hardcover, Farbe und so. In der Summe ist es dann natürlich doch alles relevant, aber das sind üblicherweise nicht die Kostenpunkte, die die generelle Richtung des Produktionspreises bestimmen.

  2. #2
    Ich bezahle aber tendenziell eher für den Inhalt, die Produktionskosten sind mir als Konsument recht egal. Das die Kindle-Version nur 15€ und nicht 40€ kostet, liegt ja auch nicht daran, dass sie 25€ günstiger in der Produktion ist, sondern dass der Verlag sich für einen unverhältnismäßig hohen Preisunterschied zwischen den beiden Versionen entschieden hat. Letztlich ist es aber doch sehr stark eine mentale Sache, dass man einen hohen Preis für ein Produkt als zu hoch empfindet, dasselbe Produkt aber in mehrere kleinere Produkte unterteilt für insgesamt den gleichen Preis kaufen würde, ohne da ein Problem zu sehen. Tolkien wollte Herr der Ringe ja auch ursprünglich in einem Band veröffentlichen – dass der Verlag das nicht wollte, ist nachvollziehbar. ^^

    Und ja, die Punkte, die du erwähnt hast, sind definitiv sehr wichtig.

    Geändert von Narcissu (15.11.2015 um 08:11 Uhr)

  3. #3
    Klar, ich kaufe ja tendenziell auch so. ^^

    Wobei es schon helfen kann, sich sowas vor Augen zu halten; wenn ich bspw. vor einer sehr interessanten Sache stehe, die noch nicht der große Bestseller ist, sehe ich auch gern mal über einen etwas höheren Preis hinweg, sofern ich ihn mir irgendwie erklären kann. Aber klar, da erzählt man ja jetzt auch kaum jemandem irgendwas Neues. ^^ Bei Büchern wird das nur gern mal unter den Tisch gekehrt, weil sie zumindest gefühlt "vergleichbarer" wirken als andere Medien (in Deutschland nicht zuletzt durch die Buchpreisbindung). Da kann das Gefühl dann trügen.

  4. #4
    Ich kaufe Bücher nicht, sondern leih sie mir aus. Sich vom Joch des (übermäßigen) Besitztriebes zu befreien war eine der besten Entscheidungen meines Lebens.

  5. #5
    Ich bekomme dank meiner Arbeit ständig die Preislisten der Fachliteraturverläge zu sehen, also 40€ sind da absolut Untergrenze. Letztens kamen die "Sommerangebote" (gültig bis Mitte Dezember...?) rein, da war mehr als ein Titel jenseits der 100€ dabei.
    Gerade bei Verlagen wie bspw. DeGruyter sind Preisen von 200€+ völlig normal. Irgendwo stellt sich da auch immer die Frage, wer Zielgruppe ist. Fachliteratur wird halt selten von Privatleuten angeschafft, die da in der Regel besser beraten sind, in die ansässige Bibliothek zu gehen. Wenn's an Subskriptionsoptionen geht, ist man auch fix bei 500€.

    Das ist einfach nochmal eine völlig anderes Metier verglichen mit der Belletristik, in jedweder Hinsicht. Gerade ältere Literatur, die dazu noch von wissenschaftlichem Interesse ist, rutscht da dann gerne mit rein. Da können ein neues Vorwort oder zusätzliche Randnotizen fix auch den Preis plötzlich verdoppeln.

  6. #6
    Zitat Zitat von BDraw Beitrag anzeigen
    Ich bekomme dank meiner Arbeit ständig die Preislisten der Fachliteraturverläge zu sehen, also 40€ sind da absolut Untergrenze. Letztens kamen die "Sommerangebote" (gültig bis Mitte Dezember...?) rein, da war mehr als ein Titel jenseits der 100€ dabei.
    Gerade bei Verlagen wie bspw. DeGruyter sind Preisen von 200€+ völlig normal. Irgendwo stellt sich da auch immer die Frage, wer Zielgruppe ist. Fachliteratur wird halt selten von Privatleuten angeschafft, die da in der Regel besser beraten sind, in die ansässige Bibliothek zu gehen. Wenn's an Subskriptionsoptionen geht, ist man auch fix bei 500€.

    Das ist einfach nochmal eine völlig anderes Metier verglichen mit der Belletristik, in jedweder Hinsicht. Gerade ältere Literatur, die dazu noch von wissenschaftlichem Interesse ist, rutscht da dann gerne mit rein. Da können ein neues Vorwort oder zusätzliche Randnotizen fix auch den Preis plötzlich verdoppeln.
    Ich rede auch nicht von aufwendig kommentierten wissenschaftlichen Editionen wie dieser 800 Seiten Wälzer zu Tieck, der mir kürzlich untergekommen ist @.@ sondern von der einfachen Edition von Originaltexten also so wie Reclam das eben anbietet mit verschiedenen Autoren. Da erschließt sich mir eben nicht, warum DAS einerseits so teuer sein muss bzw. dann auch solche Editionen nicht mehr neu aufgelegt werden, obwohl nach wie vor jede neue Studentengeneration immer auch wieder mit diesen Texten konfrontiert wird. Das ist so als würde man irgendwann aufhören Hobbes oder Marx nachzudrucken.

    @ Cipo
    Mit PDFs kann ich nichts anfangen. Ich schreibe digital und lese auch erstaunlich viel sonstiges Kram digital oder im Internet. Aber mit Texten (ob nun Literatur oder Fachtexten) in PDF-Form kann ich egal ob gescannt oder wirklich für das PDF aufbereitet, einfach nicht so wirklich was anfangen. Ich hab das GEfühl ich kann mich bei denen nicht wirklich konzentrieren und richtig scannen, wie ich das bei einem Papiertext kann. Außerdem lese ich das meiste Zeug ohnehin in der Bahn unterwegs, weshalb ich eigentlich immer versuche an einen gedruckten Text ranzukommen, der im besten fall keine Lose-Blatt.sammlung ist, was genauso behindert unhandlich ist. Kurz um: Ich brauche meine Bücher zum Arbeiten und habe die Autoren, die ich gut finde, gerne auch direkt gerne persönlich um mich rum.

  7. #7
    Zitat Zitat
    Ich denke, hier ist die fortschreitende Digitalisierung ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, für Geld (Amazon etc) genau so sehr wie frei (Project Gutenberg etc). Die Akademik hängt nur wie so oft etwas hinterher, nicht zuletzt weil viele Alt-68er und Kumpanen immer noch den Untergang des Abendlandes wittern, wenn die Bibliotheken schrumpfen. Da muss man sich also nicht wundern; es gibt viel zu wenige Fachbücher als PDFs, geschweige denn als hochwertige PDFs.
    Hierzu noch ein Nachtrag. Unsere UB hat sich auch dazu entschlossen einige Fachbücher nur noch digital anzuschaffen, damit mehr Studenten gleichzeitig darauf zugreifen können. Allerdings bezahlt die UB jetzt so absurd viel für die Lizenzen und das JÄHRLICH, dass das Budget für Neuanschaffungen enorm geschrumpft ist. Digitalisierung bedeutet in dem Zusammenhang auch die Kontrolle des Werkverbleibs beim Endkunden einschließlich der Möglichkeit sich das als Geschäftsmodell fürstlich bezahlen zu lassen, während man früher nur einmal die Anschaffungskosten hatte und dann war gut.

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