Als ein namenloser Jugendlicher ein altes Schwert aus einem Stein zieht, um sich damit einen Weg zurück in sein Heimatdorf zu bahnen, hat das nicht nur für ihn schwerwiegende Konsequenzen. Denn bei der Klinge handelt es sich um das Mana-Schwert, das dort versiegelt war, um Monster in Schacht zu halten. Nach einem plötzlichen Angriff, für den der Junge verantwortlich gemacht wird, wird er aus dem Dorf verbannt. Während seiner ungewollten Reise stellt sich heraus, dass er der einzige ist, der die auf der ganzen Welt verstreuten Mana-Samen neu versiegeln kann, woran ihn finstere Mächte naturgemäß hindern wollen. Doch glücklicherweise ist er nicht auf sich allein gestellt…
Secret of Mana fristete schon länger ein Dasein in meinem Backlog. Immerhin ist es eines DER Spiele, die bezeichnend sind für die (deutsche) SNES-Ära und da diese mangels damaligem Interesse an RPGs quasi komplett an mir vorbeigerauscht ist, wollte ich es definitiv noch nachholen.
Der erste Versuch vor einigen Jahren scheiterte kläglich an dem ersten Wandboss, den meine Schwester und ich nicht einmal mit vereinten Kräften besiegen konnten. Irgendwie hatten wir dann auch keine Zeit und Lust mehr für einen Neuanfang, woraufhin SoM in der Versenkung verschwand.
Im Rahmen meiner diesjährigen JRPG-Challenge wollte ich es jedoch noch einmal wissen und siehe da: Wir bewiesen auf alle Fälle bedeutend mehr Ausdauer als früher, so dass wir schlussendlich den Abspann zu Gesicht bekamen. Was wir leider mit einem kollektiven Stoßseufzer und einem erleichterten ‚Endlich!’ kommentierten...
Seinen größten Trumpf spielt SoM – meiner Meinung nach – bei der Graphik aus. Seien es die Charaktere und ihre verschiedenen Posen, die Hintergründe oder die vielen Gegner, bei denen speziell die Trefferanimationen für den ein oder anderen Lacher gut sind. In diesem Zusammenhang finde ich es auch charmant, dass die Welt nicht nur von Menschen und diversem Gesocks bevölkert ist, sondern dass es auch Völker wie die Zwerge, die Pilze und die Walrösser gibt. (Und natürlich überteuerte Katzenhändler.)
Und damit erschöpft sich schon beinahe das, was man an Positivem über das Spiel sagen kann. Denn auch wenn man dankenswerterweise beim ersten Boss nicht wirklich draufgehen kann, nimmt das Elend von da an seinen Lauf. Ich bin vielleicht nicht tausend, aber gut zwanzig Tode gestorben, denn bereits hier zeigt sich, dass das Kampfsystem an allen Ecken und Enden gehörig krankt:
- Nennenswerter Schaden lässt sich nur verursachen, wenn die Angriffsleiste 100% erreicht hat (oder darüber hinaus), was Gegnern wunderbar Gelegenheit gibt, ihrerseits anzugreifen. (Irgendwie hatte ich in Legend und Sword of Mana nicht so ’ne Probleme.)
- Die Zielgenauigkeit ist unter aller Kanone. Es ist völlig egal, wo man steht, denn ob man sein Ziel trifft oder nicht, scheint ein reines Glücksspiel zu sein. Dabei ist es irrelevant, ob es sich um laufende, fliegende, kleine oder große Monster handelt – jedes Mal, wenn man denkt, man hat jetzt endlich den perfekten Angriffswinkel gefunden, macht man zwei Sekunden später plötzlich keinen Schaden mehr.
- Wie der Schaden berechnet wird, entzieht sich ebenfalls meiner Kenntnis. Von ein- bis dreistelligen Beträgen bei ein- und demselben Kontrahenten ohne Waffenwechsel oder magische Unterstützung ist alles drin (trotz besagter 100%).
- Dann wiederum kommt es vor, dass den Gegnern HP abgezogen werden, ohne dass sie einen Treffer – gleich welcher Art - kassiert haben.
- Einblendungen, dass Gegner oder Charakter XYZ erledigt wäre, obwohl er noch steht, sind ebenfalls nicht sehr hilfreich.
Zudem ist die Steuerung mitunter ziemlich hakelig, was sich besonders darin äußert, dass die Charaktere, die von der KI gesteuert werden, überall hängen bleiben – sei es nun an Ecken, Leuten oder Gegnern. In dem Zusammenhang hatten wir im letzten Dungeon einen fiesen Bug, der den Kobold (= 3. Chara) an einer Kante festnagelte, von der er sich partout nicht lösen wollte. Glücklicherweise gab es im (eingeschränkten) Bewegungsradius der Figuren zwei ‚Peitschenpfeiler’ und als ich dem Helden die Peitsche gab und mich zu einem hinüberhangelte, folgte der Rest der Gruppe anstandslos.
Aufgrund der dusseligen KI ist es daher schon sehr angenehm, wenn man die Kämpfe zu zweit oder sogar zu dritt meistern kann.
Nervtötend gestaltet sich auch das ständige Trainieren der Waffen und Mana-Geister. Sicher, irgendwie ist es nicht so viel anders als das Leveln in anderen Spielen, aber hier hatte ich stellenweise echt das Gefühl, dass auf jede Session ein Dungeon folgte und danach der ganze ‚Spaß’ wieder von vorne losging. Und das immer wieder in schöner Regelmäßigkeit! Wobei ich nicht mal genau sagen kann, was aufwendiger war: die Waffen oder die Zauber.
Wenigstens hatte ich durch das blöde Gegrinde das ganze Spiel über keinerlei Geldprobleme (Die wahnsinnig teure letzte Ausrüstung von Neko hätte ich mir dreimal kaufen können – für jeden!).
Die deutsche Übersetzung spottet jeder Beschreibung. Nicht nur, dass man sämtlichen relevanten Figuren andere Namen verpasst hat, man baute auch noch diverse deutsche ‚Erzeugnisse’ ein, um fade Witze daraus zu basteln (Lindenstraße, Heino…). Zusätzlich dazu wurden zum Teil überaus schwammige Umschreibungen verwendet, die den geneigten Spieler mehr als ratlos zurücklassen (‚Sea Hare Tail’ → ‚Dingelchen’) bzw. wichtige Informationen unterschlagen (der hinweisgebende Reim im Jahreszeitenwald).
Und wie schon bei Wild Arms frage ich mich, ob durch die (schlampige) Übersetzung möglicherweise Storylücken entstanden sind. Vieles wird Schlag auf Schlag präsentiert, Handlungen bestimmter Charaktere ergeben wenig Sinn und eigentlich dramatische Szenen zünden überhaupt nicht.
Ansonsten:
- Auch wenn wir uns öfter ein wenig mit der Richtung vertan haben, klappte das Waffenwechseln, das Benutzen von Items und das Zaubern dank des Ring-Menüs ziemlich gut.
- Das sogenannte ‚Chain-Casting’ ist Gold wert, weil man die meisten Bosse innerhalb von wenigen Minuten abfrühstücken kann.
- Die HP-Heilung nach Boss-Kämpfen ist ebenfalls ’ne feine Sache.
- Dass die Monster in den Dungeons nach dem Besiegen des Bosses verschwinden, kommt dagegen einem zweischneidigen Schwert gleich: Einerseits muss man sich nicht mehr mit ihnen rumeseln, andererseits geht damit eine Möglichkeit zum Trainieren den Bach runter und man muss sich einen anderen Ort suchen.
- Warum hat nur der Kobold die Fähigkeit feindliche MP zu absorbieren, wenn doch das Mädchen als Heilerin und Licht-Mana-Nutzerin manchmal noch dringender darauf angewiesen ist?
Nach allem, was ich so im Vorfeld aufgeschnappt habe, bin ich leider gezwungen zu sagen, dass meine Erwartungen an Secret of Mana im Großen und Ganzen nicht erfüllt wurden. Obwohl ich den Anfang bereits kannte, hatte ich angenommen, dass sich das Spiel im Laufe der Zeit sowohl in Sachen Handlung als auch vom Kampfsystem her noch ‚flüssiger’ gestalten würde, aber das hat sich dummerweise nicht bewahrheitet.
Und trotz dass die beiden Spiele - abgesehen von der Konsole, auf der sie erschienen sind – kaum Gemeinsamkeiten haben, finde ich es bezeichnend, dass Chou-Mahou Tairiku Wozz derzeit mein Favorit des Jahres darstellt, während Secret of Mana sich genau am anderen Ende der Messlatte wiederfindet: als größte Enttäuschung 2019.
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Stand:
Like hours on a clock 8/12 Half a dozen RPGs 7/6 Paid my dues 1/1 Get the party started 1/1 Time to say goodbye 1/1 Sweet 16 (Bit) 2/1 One big happy family 2/2 One (screen) is not enough 2/1 Stand Alone Complex 2/1 Try your strength! 2/1 Which path should I take? 1/1 Anything could happen 1/1
(Luigi’s Mansion, Endzeit: Episode 3)
Abseits der Challenge 2/???