Als der Dieb Slade in einer stürmischen Nacht in einen alten Turm eindringt, ahnt er nicht, dass sein Handeln großes Unheil über die Welt bringen wird. Denn die zwei Juwelen, die er kurz darauf aus einer steinernen Tür bricht, dienten in erster Linie als Siegel, um den König der Teufel Zeon zu bannen. Dank Slade wird das Siegel gebrochen und Zeons vollständige Auferstehung scheint nur eine Frage der Zeit…


Shining Force hat mich eigentlich schon seit einer ganzen Weile gereizt, obwohl ich mich offen gestanden mit SRPGs ziemlich schwer tue. Am meisten stört mich bei diesen Spielen der immense Zeitaufwand, den man häufig für einen einzigen Kampf benötigt. Kommen dann noch – wie z. B. in Fire Emblem oder teilweise in Suikoden Tactics – permanente Charaktertode hinzu, die den Spieler zwingen die Schlacht erneut zu starten (und das möglicherweise mehrmals hintereinander), löst sich meine Geduld recht schnell in Luft auf. Klingt vielleicht komisch, aber ich hab dann immer das Gefühl, ich würde in ’ner Teerpfütze festhängen und (mit der Handlung) partout nicht vom Fleck kommen.

Nichtsdestotrotz versuchte ich mein Glück mit Shining Force und zumindest in Sachen Story und Graphik konnte ich absolut nicht meckern. Dummerweise wurde der Spielspaß hauptsächlich durch die ungleiche Verteilung der EXP getrübt: Während die Kämpfer zügig Level nahmen und bald in zweistellige Bereiche vordrangen, dümpelten die Magier (Heiler und Angreifer) immer noch auf den niedrigsten Stufen herum. Sie waren schlicht viel zu langsam und viel zu schwach, um sich den Gegnern stellen zu können. Kamen sie doch mal zum Zuge, verbrauchten sie ihre MP zu schnell und erhielten dafür oft deutlich weniger EXP als die Krieger. Dass sie zudem beinahe in jeder Schlacht früher oder später das Zeitliche segneten, muss nicht extra erwähnt werden. Zu allem Überfluss konnte ich auch nicht wirklich trainieren, es sei denn ich hätte diverse Kämpfe zig Male angefangen – womit wir wieder bei der Teerpfütze wären.
Und so zog ich irgendwann nach dem zwölften oder dreizehnten Kampf die Reißleine und brach das Spiel schweren Herzens ab…

Stattdessen versuchte ich mich am Nachfolger, der mich ebenfalls innerhalb kürzester Zeit in seinen Bann zog. Und obwohl ich die ersten Kämpfe im Vergleich zum Vorgänger als schwerer empfand, erschien mir die Balance zwischen den einzelnen Charakteren (speziell die Häufigkeit der Stufenaufstiege und die damit verbundenen Statusboni) deutlich ausgewogener. Im Idealfall reichte es nämlich die schwächeren Charaktere zwei bis drei Mal den letzten Schlag bei den Gegnern führen zu lassen und sie erreichten das nächsthöhere Level. Das wiederum brachte mich dazu länger am Ball zu bleiben. (Kurioserweise schwankte die EXP-Verteilung in den späteren Kämpfen, denn es kam öfter vor, dass selbst die starken Angreifer gerade mal 1 EXP für ihre Leistung erhielten. Warum auch immer…)

Das Kampfsystem selbst gestaltete sich recht eingängig, da es grob gesagt immer darum ging, sich mit bis zu 12 Recken pro Schlacht zum jeweiligen Hauptgegner durchzuwurschteln und / oder sämtliche Kontrahenten, die im Weg stehen, in Grund und Boden zu stampfen. Dabei wurde in schöner Regelmäßigkeit jedem Kampfteilnehmer – egal ob Freund oder Feind – die Chance für einen Zug gegeben, wodurch das passierte, was ich bereits in meiner Einleitung bemängelt habe: die einzelnen Gefechte zogen sich gnadenlos in die Länge. Irgendwann ab der Hälfte des Spiels brauchte ich gut und gerne eine volle Stunde pro Auseinandersetzung und mit dem Wissen im Hinterkopf, dass alles für die Katz wäre, wenn ich scheitern würde, war das Ganze nicht gerade förderlich für mein Nervenkostüm.



Darüber hinaus bin ich nicht gerade ein glühender Verfechter von unzähligen Charakteren, zwischen denen man sich entscheiden muss – speziell wenn ich kaum Gelegenheit habe sie zu trainieren und Gefahr laufe mir den Abschluss des Spiels zu verbauen, weil ich mich für die falschen Leute entschieden habe.

Dankenswerterweise verzichtete Shining Force II auf dauerhafte Charaktertode (mit Ausnahme des Helden), so dass es durchaus möglich war weiterzumachen, wenn es einen der Recken erwischt hatte, ohne den Kampf zwingend abbrechen zu müssen. Solange der Hauptcharakter nicht ins Gras biss, konnte man als Spieler immer noch siegreich aus dem Getümmel hervorgehen und die gefallenen Partymitglieder in einer Kirche gegen Gebühr wiederbeleben lassen. (Mein haarigstes Erlebnis war die Schlacht mit den ‚Prism Flowers’, die ich mit ZWEI (!) lebenden Charakteren gewann!)

In Sachen Graphik gab es für mich keinen Grund mich zu beschweren, obwohl ich den ‚Cartoon-Stil’ des ersten Teils (Porträts und schlaksige Gestalten in der Nahansicht der Kämpfe) ebenfalls sehr sympathisch fand.




Musikalisch blieb mir leider nichts positiv im Gedächtnis. Im Gegenteil: Irgendwie schien der ganze OST nur aus einer Handvoll Lieder zu bestehen und dass die Weltkarte und die Kämpfe sich ein Theme teilten, das man quasi in Dauerschleife hörte, war nicht wirklich berauschend.

Die Handlung mochte ich dagegen. Sie erzählte nichts weltbewegend Neues und diverse Story-Twists (Stichwort Odd Eye) waren so was von vorhersehbar, aber dennoch wusste sie gut zu unterhalten. Was mir besonders gefallen hat, war die Einleitung mit der Waldhexe, die dem Spieler so gesehen erst einen triftigen Grund geben musste, um das Spiel in Angriff zu nehmen. (Auch wenn die Spielstand-Abfrage dadurch ungewollt komisch ausfiel: „Ich hab dich hierher geholt und du kommst hier nicht eher weg, bis du mir nicht geholfen hast. … Äh, wer warst du noch gleich? )



Was im Vergleich zum ersten Shining Force definitiv eine Verbesserung darstellte, war die Art und Weise wie die Itemverwaltung gehandhabt wurde.
Zwar konnte jeder Charakter nur vier Dinge auf einmal tragen (darunter auch die aktuelle Waffe), aber beim Öffnen von Kisten sprang der Inhalt einfach auf den nächsten Recken über, der über freie Kapazitäten verfügte. (Anders als im Vorgänger, wo nur der Held die Kisten öffnen konnte und man jedes Mal seinen Fundus auf die anderen Partymitglieder umverteilen musste. )
Trugen Gegner Ausrüstung mit sich, die man beim Besiegen erhalten konnte und war das Inventar desjenigen, der den letzte Schlag geführt hatte, voll, verschwand der Gegenstand nicht im Nirvana, sondern konnte im nächsten Laden als besonderes Schmankerl gekauft werden.
Die beste Neuerung war jedoch das mobile Lager, das man ab einem bestimmten Zeitpunkt mit sich herumschleppte und indem man wichtige Sachen, die man erst später brauchte (Mithril, starke Heilitems…) deponieren konnte.

Weitere Dinge, die - so oder so - einen Eindruck bei mir hinterlassen haben:

- Das Wechseln der Charaktere in eine höhere und stärkere Klasse machte sich bei allen mehr als bezahlt und ließ z. T. Sorgenkinder zu persönlichen Favoriten aufsteigen (Nur ein Wort: Slade).

- Die Schrumpf-Episode war genial, auch wenn der Schachbrett-Kampf nicht von schlechten Eltern war.

- Statusveränderungen wie Gift mussten nach einem Kampf vom Priester geheilt werden, sonst hatte man sie bei der nächsten Schlacht weiterhin an der Backe.

- Manchmal kam es vor, dass man ein Gefecht siegreich beendet hatte, drei Schritte weiterging und prompt im nächsten Kampf landete. Absolut nicht nett!

- Die finale Schlacht legte gemeinerweise mehrere Schippen auf den Schwierigkeitsgrad oben drauf. Nicht nur, dass man sich wie gehabt erst mal durch Gegnerhorden zum Endboss hinmetzeln musste, wobei schon diverse Charaktere über’n Jordan gingen. Nein, trotz dass er bewegungslos in der Wand festhing, war er mehrmals hintereinander am Zug und plättete mit Wonne meine Leute, bevor sie ihn überhaupt erreichen konnten! Und wenn sie es doch noch schafften ihm vor ihrem Ableben einen Schlag zu verpassen, tat sich auf der HP-Leiste rein gar nichts. Im Grunde genommen konnten ihm nur drei, vier Partymitglieder etwas anhaben, was ich in Anbetracht dessen, dass selbst die stärksten von ihnen seine Angriffe nicht mal eben so wegsteckten, reichlich happig fand.


Ich habe mit voller Absicht keine ‚Spiele ein SRPG durch’-Kategorie in meine Challenge aufgenommen, da – wie bereits erwähnt – diese Spiele und ich nicht unbedingt die besten Freunde sind und das Ganze vermutlich mit einer Menge Frust von meiner Seite geendet hätte. Umso stolzer bin ich auf mich, dass ich Shining Force II in Angriff genommen und es geknackt habe. Es war auf jeden Fall eine gute und befriedigende Erfahrung, aber wiederholen muss ich sie (so schnell) nicht unbedingt, dafür hänge ich zu sehr an meinen Nerven.




Das Beste kommt zum Schluss:

Im Epilog kann man noch einmal durch das heimatliche Örtchen laufen und die Kommentare der Bewohner zum Thema, wer denn nun die Prinzessin wachküsst, genießen. Muss Liebe schön sein…




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Stand:

Like hours on a clock 4/12
Half a dozen RPGs 3/6
Paid my dues 1/1
Get the party started 0/1
Time to say goodbye 1/1
Sweet 16 (Bit) 0/1
One big happy family 1/2
One (screen) is not enough 1/1
Stand Alone Complex 1/1
Try your strength! 0/1
Which path should I take? 0/1
Anything could happen 1/1

Abseits der Challenge 1/???