In einer Welt, die beinahe komplett aus Wüste besteht, lebt der - wahlweise männliche oder weibliche - Sprössling Thethu bzw. Thethi in der Oase seines Bruders. Als jedoch auch diese - wie so viele vor ihr - vom alles verschlingenden Chaos zerstört wird, opfert sich der Häuptling, um mit letzter Kraft seinen einzigen Verwandten mittels Windmagie in Sicherheit zu bringen.
Weit entfernt spürt der feminine Wassergeist Esna das Verlöschen der Oase, was sie gleichzeitig zu der Erkenntnis bringt, dass sie nun die letzte ihrer Art ist. Just als sie sich damit abfinden will, dass nie jemand bei ihr auftauchen wird, mit dem sie eine Bastion gegen das Chaos schaffen kann, verschlägt es Thethu / Thethi zu ihrem Teich - ein Sprössling, in dem ebenfalls latente Windkräfte schlummern. Dies ermöglicht ihnen Esnas Wunsch wahr werden zu lassen und gemeinsam mit den durch die Wüste irrenden Reisenden, die sich nach und nach bei ihnen ansiedeln, setzen sie alles daran, das Chaos ein für alle Mal zu besiegen…
Ever Oasis für den 3DS ist ein Action-RPG aus dem Jahre 2017 mit Dungeon Crawl-, Rekrutierungs-, Aufbau- und rudimentären Farming-Elementen. Kombiniert mit einem pseudo-ägyptischen Setting, das sich besonders in der Darstellung und den Namen der Figuren niederschlägt, und einer kurios anmutenden Verbindung aus zuckersüßer Optik und ernster Handlung bietet das Spiel eine unterhaltsame Mischung mit gehörigem Suchtpotenzial.
Dreh- und Angelpunkt ist die titelgebende Oase, die als Ausgangspunkt und Lebensader für sämtliche Erkundungen dient und dementsprechend kontinuierlich ausgebaut werden muss. Zu diesem Zweck gilt es Reisende anzulocken, die bei ihren Besuchen verschiedene Wünsche äußern, die erfüllt werden wollen. Kommt man ihren Bedürfnissen nach, lassen sie sich dauerhaft in der Oase nieder und vergrößern sie auf diese Weise, wodurch wiederum weitere Nomaden auf den sicheren Hafen inmitten des Sandes aufmerksam werden.
Grundsätzlich wird die Wüste von fünf sehr individuell gestalteten Völkern durchstreift: den menschenähnlichen Sprösslingen, den Uaret genannten Echsenkriegerinnen, den einäugigen Serqa, den hasenähnlichen Wenet und den friedliebenden Pinguhus.
Die Sprösslinge sind essentiell wichtig für den Ausbau der Oase, da die Erfüllung ihrer Herzenswünsche einen besonderen Samen hervorbringt, der - benetzt vom Wasser der Oase - zu ihrem ganz speziellen Laden wird. Diese Läden bieten entweder Essen (Getränke, Suppen, Gemüse, Eis, Brot, Zuckertüten…), Gewandung (Decken, Schals, Gürtel, Schärpen, Umhänge, Schleier…) oder Handwerk (Windräder, Puppen, Flöten, Spieluhren, Bälle, Schirme…) an, müssen zwecks Angebotsnachfrage mit Materialien beliefert und können mehrmals erweitert werden. Sämtliche Verkaufserlöse kommen in Form von ‚Taujuwelen‘ der Oase zugute und tragen ihren Teil dazu bei sie vor der Versandung zu schützen.
Maximal drei Sprösslinge lassen sich zur Gartenarbeit abkommandieren, um Kräuter, Gemüse, Obst und ähnliche Ernteerzeugnisse zu erhalten. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Gärtner nicht gleichzeitig ihren Laden betreiben oder zwecks Dungeonerkundung in die aktuelle Party aufgenommen werden können.
Hauptabnehmer für die dargebotenen Waren der Läden sind die nicht sesshaften Pinguhus: kleine, moppelige Federbälle, die den lieben, langen Tag durch die Oase stromern, nach Herzenslust shoppen, Punkt Mitternacht verschwinden, nur um dann mit den ersten Sonnenstrahlen wieder ihrem einzigen Daseinszweck zu frönen.
Die übrigen drei Stämme werden zusammengefasst als Biestlinge bezeichnet und können als einzige Bewohner auf Expeditionen geschickt werden. Das heißt, dass immer drei von ihnen für ein bis zwei Tage selbstständig in bereits bekannte Gebiete reisen und sich auf die Beschaffung von Materialien konzentrieren - entweder durch das Besiegen von Gegnern oder durch das Sammeln von Bodenschätzen, Früchten oder ähnlichem. Je ‚aktueller‘ die entdeckten Areale sind, desto mehr EXP ergattern die dorthin entsandten Expeditionsteilnehmer, was für die Biestlinge eine wunderbare Gelegenheit zum Leveln darstellt.
Sprösslinge sind für Stufenaufstiege explizit auf die klassische Partyaufstellung angewiesen, wobei neben dem Protagonisten immer nur zwei zusätzliche Kämpfer eingeteilt werden können. Diese lassen sich relativ frei aus den verfügbaren Oasenbewohnern auswählen, doch oftmals richtet sich die Notwendigkeit nach Extrawünschen, die von den Ladenbesitzern geäußert werden (wobei der Auftraggeber Teil der Mission sein möchte) oder nach Rätseln, die in den Dungeons gelöst werden müssen.
Für letztere spielen die Ausrüstung oder Spezialfähigkeiten der einzelnen Charaktere eine signifikante Rolle. Die speziellen Techniken der Biestlinge sind an ihre Waffen gekoppelt: Mit den Speeren der Uaret lassen sich bestimmte Schalter auslösen, die Hämmer der Serqa zertrümmern große Steine und die Dolche der Wenet zerschneiden hartnäckige Spinnweben. Ausgehend von ihrer Persönlichkeit können Sprösslinge Schwerter, Stäbe, Bolas oder Armbrüste tragen - ein Wechsel zwischen diesen Waffen ist jedoch leider nur in der Oase möglich, was durchaus ein häufiges Hin- und Herreisen zur Folge hat.
Während Thethu / Thethi mit steigendem Spielfortschritt Sandbarrieren entfernen oder zu Treppen formen kann, sind andere Sprösslinge in der Lage sich aus besonderen Blumen herauszukatapultieren und zu entfernten Plattformen zu segeln (Deku-Link in Majoras Mask anyone?), sich zu Kugeln zusammenzuballen und durch die Gegend zu kullern, sich zu einem Laubwall zu transformieren und rollende Dinge umzulenken oder mittels Stäben in bestimmten Abschnitten für Licht bzw. Dunkelheit zu sorgen und dadurch Wege zu öffnen oder zu schließen.
Darüberhinaus gibt es sowohl unter den Biestlingen als auch unter den Sprösslingen ein paar Leute, die durch graben oder schürfen Materialien an gekennzeichneten Stellen zutage fördern können.
Ob die auf einer Dungeontour ergatterten EXP für ein höheres Level gereicht haben, wird erst beim Betreten der Oase ersichtlich. Grund zur Freude bietet ein Stufenanstieg allerdings kaum, da es insgesamt betrachtet nur zu geringen Wertsteigerungen kommt.
Gleiches gilt dummerweise für die Ausrüstung: Kleidung offeriert keinerlei Statusboni oder -mali und kann nur zu modischen Zwecken getragen werden - was ihren Nutzen in meinen Augen komplett auf Null setzt. Wirklich relevant sind im Grunde genommen nur die Waffen und die Accessoires, die man (in schwacher Ausführung) kaufen, finden oder aus verschiedenen Materialien zusammenbasteln kann. Auch hier zeigt sich ein Unterschied zwischen den Stämmen, da Biestlinge ihre Ausstattung eigenständig ändern und nicht manuell ausstaffiert werden können. Allerdings sind sie definitiv robuster und halten in den Kämpfen deutlich mehr aus als die eher schwächeren Sprösslinge.
Bedauerlicherweise fällt die Kameraführung speziell in den Kämpfen des Öfteren eher suboptimal aus, was sich besonders auf das Anvisieren der Gegner bzw. das Wechseln zwischen ihnen auswirkt und damit einhergehend das Ausweichen ein ums andere Mal erschwert.
In der Welt von Ever Oasis herrscht ein konstanter Tag- und Nachtwechsel, der in der Dunkelheit mit stärkeren Monstern aufwartet und der Oase einen geregelten Rhythmus verleiht, bei dem man als Spieler sein eigenes Tempo bestimmen kann.
Die einzige Ausnahme von der Regel ist stets der Besuch eines ‚Hauptdungeons‘, da dies mit einem Angriff des Chaos einhergeht, bei dem finstere Ranken und mehr Sandverwehungen in der Oase auftauchen, alle Läden geschlossen werden und somit keine Taujuwelen verdient werden können und ganz allgemein die Zufriedenheit der Bewohner und damit quasi die ‚Lebenskraft‘ der Oase schwindet. In diesen Passagen muss man sich ein wenig sputen, um den Dungeon abzuschließen und das Chaos wieder zurückzudrängen, aber aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass dies durchaus ohne all zu viel Stress machbar ist.
Das Spiel gleitet leider irgendwann in eine gewisse Repetition ab, denn besonders die Materialiensuche vor Ort erfordert des Öfteren ein neuerliches Betreten diverser Areale. Auf die Spitze getrieben wird dies mit den nach und nach zugänglichen Katakomben: drei zufallsgenerierte Dungeons, die je nach Grundtyp (Düne, Wald und Schlucht) sowie abhängig von speziellen Kacheln, die man vor dem Betreten in beliebigen Kombinationen in den Öffnungsmechanismus setzt, unterschiedliche Gegner und Materialien beherbergen. Rein von der Sache sind diese Katakomben komplett optional, doch gerade die finalen Aufträge der Ladenbesitzer verlangen, dass man für ein bestimmtes Item oder Monster dorthin aufbricht. Dabei wird einem das Gewünschte nur gutgeschrieben, wenn man den Dungeon erfolgreich durchquert - was je nach Typ und gewähltem Schwierigkeitsgrad eine ganze Weile dauern kann.
Auch die letzten Bewohner, die leider erst im Postgame zur Oase kommen, äußern bereits früh den Wunsch nach Katakombenfunden, was in meinem Fall dazu führte, dass ich schweren Herzens einen Schlussstrich gezogen habe. An und für sich hätte ich gerne sämtliche Leute und Läden kennengelernt - schon weil viele von ihnen kleine Handlungsbögen in petto haben, die sich peu a peu entspinnen -, aber die wiederholte fruchtlose Suche nach einem bestimmten Monster und die Tatsache, dass das Spiel offiziell bereits beendet war, ließen mich die Segel streichen.
Die Musik plätscherte in meiner Wahrnehmung vor sich hin ohne groß im Gedächtnis zu bleiben. Das einzige Stück, das ich erfrischend mitreißend fand, war das Theme der Ruinen der Prüfung .
Dafür musste ich bei einigen Geräuschen schmunzeln, weil sie mir doch sehr bekannt vorkamen. Beispielsweise erinnerte mich das ‚Klingeln‘, wenn man aus den Blüten springt, an irgendeinen Sound Effect aus Zelda (Minish Cap?), während das Aufstehen zu Beginn eines neuen Morgens mich stets an Final Fantasy XII denken ließ.
Und dann war da noch:
- Ich finde es ja ehrlich gesagt total unfair und schockierend, dass mit dem Chaos ‚infizierte‘ Monster nach dem Besiegen wieder sie selbst werden, verfluchte Sprösslinge und Biestlinge dagegen dem Tod geweiht sind .
- Es ist ein wenig nervtötend, dass man keine zwei Aufträge zur gleichen Zeit erfüllen kann, auch wenn es sich manchmal - z. B. durch den Besuch eines Dungeons - quasi anbieten würde zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Dafür kann man problemlos Anfragen abbrechen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder in Angriff nehmen - dies funktioniert glücklicherweise sogar mit noch nicht ansässigen Charakteren, die im ersten Anlauf die Oase verlassen und erst nach ein paar Tagen zurückkehren.
- Die Murmelbahn in den Ruinen der Prüfung war der Knaller! So was hätte ich gerne noch öfter und in größerer Ausführung gehabt!
Ever Oasis ist ein überraschend süchtig machendes Spiel, das ganz klar nach dem „Einer geht noch!“-Prinzip funktioniert: Je mehr Wünsche man erfüllt, desto mehr Leute siedeln sich an und desto mehr wird die Oase ausgebaut, was wiederum die eigene Neugier auf Veränderungen ungemein anstachelt.
Ich persönlich hatte in den Kämpfen so manches Mal Koordinationsprobleme und habe mich stellenweise regelrecht durchgeschmuggelt, weshalb ich definitiv keinen Bock auf die Katakomben mit höherem Schwierigkeitsgrad hatte. Davon abgesehen war ich ziemlich angetan von dem ‚ägyptischem‘ Setting und den verschiedenen Dungeonrätseln, die zwar ein ständiges Austauschen der Partymitglieder zur Folge hatten, aber im Großen und Ganzen sehr unterhaltsam ausfielen. Hat Spaß gemacht!
Kuriosität am Rande:
Die drei Siedlungen der Uaret, Serqa und Wenet gelten nicht als Oasen und haben schienbar auch keinerlei Wasseranbindung. Wie zum Kuckuck überleben die da?!![]()