Ah, dann versuche ich auch mal meine Gedanken zu dem Spiel zusammenzutragen.
Vorweg: ich finde es alles in allem großartig. Ich kann jeden verstehen, der von den Enden enttäuscht ist, ich bin es persönlich aber nicht. Von der Art wie die Geschichte erzählt wird, wie die Charaktere gezeichnet sind und natürlich auch von der allgemeinen Atmosphäre her, trifft das spiel einfach einen Nerv bei mir. Es hat sicherlich seine Fehler und Macken, aber im Gesamtbild verblassen diese Dinge ein bisschen, wenn ein Spiel es schafft mich auf emotionaler Ebene so tief zu berühren.
So, ab jetzt:
Ich kann zwar irgendwo nachvollziehen, warum viele Menschen Chloe unsympathisch finden, ich hatte das Problem aber irgendwie nicht. Sicher verhält sie sich manchmal wie der letzte Arsch und auch wenn das keine Rechtfertigung fpr arschiges Verhalten ist wird im Kontext des Spiels imo gut genug gezeigt oder zumindest angedeutet warum die Chloe in dieser Timeline so ist, wie sie ist. Für mich hat sich auch nie die Frage gestellt, warum sich Max überhaupt mit Chloe abgibt. Es ist ja klar, dass Menschen sich in 5 Jahren Zeit verändern und wenn man sich dann wieder sieht ist nicht alles wie vorher, aber wenn man so lange Zeit vorher so gut mit jemandem befreundet ist, wie es bei Chloe und Max der Fall war, dann sieht man eben auch mal über diese Ticks und Macken hinweg und nimmt den Menschen eben so wie er ist, als Freund. In den meisten Fällen, wenn Chloe sich grob daneben benommen hat, hat sie ja später auch Reue gezeigt (bei Kate's Anruf, in Episode 5 wenn man zu Warrens Photo zurückkehrt und ganz am Ende sowieso). Sie ist nur eben als sehr impulsiver Mensch dargestellt, und in sofern finde ich auch in sich schlüssig und auf ihre Art sympathisch.
Dazu muss ich sagen, dass ich nicht finde, dass Life is Strange eine Geschichte ist, wo man sich gut in den Hauptcharakter hineinversetzen kann bzw. sollte. Max ist dazu viel zu stark vorgezeichnet, was Charaktereigenschaften und all das angeht, ich habe also in meinem privaten Playthrough versucht, meine entscheidungen mehr an den Charakter anzupassen, dem ich Max zuschreiben würde. Geht zwar nicht komplett, klar, als Spieler ist man ja immer irgendwo eingebunden und indentifiziert sich mit dem Charakter, den man spielt, vor allem in solchen spielen, aber ich finde dass am Schluss beide Endings eine Daseinsberechtigung haben, eben weil MAX sich für Chloe interessiert und weil sie ihr wichtig ist, da ist es völlig egal, wie wichtig das dem Spieler dann ist.
Ich habe mich beim ersten Durchspielen auch dafür entschieden, Arcadia Bay zu opfern, und obwohl, wie Cipo schon schreibt, das andere Ende deutlich besser ausgebaut und "kanonischer" wirkt, war ich mit dem Ending schon sehr zufrieden. Ich konnte mich dann da doch irgendwie gut reinfühlen: Was wäre, wenn ich die Wahl hätte einen der mir wichtigsten Menschen auf immer zu retten, was würde ich dafür in Kauf nehmen? Finde es dann auch nicht schlimm, dass das Ende so kurz und offen gehalten ist. Wenn man von den vorherigen Ereignissen ausgeht, ist ja zu erwarten, das Chloe im nächstbesten Moment wieder in Lebensgefahr gerät, aber das ist dann halt egal, es der Moment der dann zählt.
Das andere Ende habe ich mir dann später auch noch angesehen und ja, wirkt halt irgendwie "offizieller", und ist vor allem vom Visuellen und auch mit der Musik und allem wirklich wunderschön. Ich finde es persönlich weniger spannend, als das andere Ende, weil es wie schon angesprochen sehr vorhersehbar war, aber wie es dann gemacht und dargestellt war, war schon große klasse.