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Thema: A movie for every year: Der Vintage-Thread

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  1. #33
    Lone Wolf and Cub Six-Pack



    Okami - Das Schwert der Rache /Kozure Ōkami: Kowokashi udekashi tsukamatsuru (1972)



    Japan in der Edo-Zeit: Ein besonders privilegierter Scharfrichter namens Ittō Ogami, der den Willen des Shōgunats gegenüber den Daimyō durchsetzt, wird durch eine Intrige vom fiesen Yagyū-Klan verraten, der scharf auf den mächtigen Posten ist und dem ein ganzes Netzwerk von Assassinen zur Verfügung steht. Dabei kommt auch Ittōs Frau ums Leben. Mit seinem kleinen, dreijährigen Sohn Daigoro, den er in einem hölzernen Kinderwagen vor sich herschiebt, reist er fortan als stoischer Auftragsmörder und auf der Schwelle zwischen Leben und Tod durchs frühmoderne Japan, stets auf eine Gelegenheit wartend, Rache zu nehmen.

    Denke diese sechsteilige Saga und Manga-Adaption sollte manch einem hier auch ohne Japan-Affinität ein Begriff sein. Ist stilistisch ziemlich einflussreich gewesen, in die Popkultur eingegangen und gilt als Klassiker des Genres. Neben den Filmen gab es übrigens auch noch zwei japanische TV-Serien. In diesem ersten Teil erfährt man jedenfalls durch mehrere Rückblenden viel von der Hintergrundgeschichte. Ittō (Wakayama Tomisaburō in seiner berühmtesten Rolle) sagt nicht viel, aber ist einfach ein saucooler Charakter. Oft knallhart, wenn er einmal einen Auftrag angenommen hat, zieht er manche Entscheidung durch, die uns fragwürdig erscheinen mag, aber im historischen Kontext durchaus Sinn ergibt. Von seinen Erziehungsmethoden mal ganz zu schweigen xD

    Dennoch verteidigt er immer wieder auch die Unschuldigen, zumindest wenn es ihm gerade in den Kram passt. Für jede Mission verlangt er 500 Goldstücke und fordert, vorher alles darüber zu erfahren. Generell dreht sich hier vieles um Ehre; die Reihe stellt ein klasse Porträt des Landes zu jener Zeit dar. Und hey, alles proppenvoll mit Ninja, Samurai, Schwertkampftechniken, heißen Quellen, Duellen bis zum Tod und ja, auch jede Menge Blutfontänen und abgehackte Körperteile. Die Gewaltdarstellung ist aus heutiger Sicht eher ein bisschen amüsant (das Blut sieht zum Beispiel immerzu künstlich aus). Zwar heftig, aber erfreulicherweise nie zum Selbstzweck da. Sie erweitert und bereichert meist viel mehr die Handlung. Allerdings Trigger-Warning: Gibt in den Filmen mehrere Stellen mit Vergewaltigungen.

    Diese erste Teil gefällt mir mit am besten, vor allem wegen der non-linearen Erzählweise mit den Rückblenden. Ittō sieht zum Beispiel einen Ball auf der Straße und erinnert sich dadurch an ein wichtiges Ereignis in seiner Vergangenheit, das uns hilft zu verstehen, wie er in diese Situation gekommen ist bzw. warum er sich so entschieden hat. Außerdem fand ich das Setting sehr angenehm. Das ist in den meisten Teilen ausgesprochen gut gelungen und manchmal überraschend abwechslungsreich. Hier fand ich die abgelegenen heißen Quellen und die dorthin führende Hängebrücke einfach schick. Ach ja, und bevor ichs vergesse: Der Kinderwagen bietet so manche tückische Überraschung für Ittōs Feinde Ist das reinste Waffenarsenal. Im Laufe der Zeit kommen immer mehr abgefahrene Funktionen hinzu. 8/10




    Okami - Am Totenfluss /Kozure Ōkami: Sanzu no kawa no ubaguruma (1972)



    Diesmal etwas linearer, was aber auch seine Vorzüge hat, da ein schönes Reisefeeling mit kontrastreicheren Umgebungen aufkommt Der Yagyū-Klan macht gemeinsame Sache mit einer Gruppe weiblicher Ninja, die sich Ittō Ogami in den Weg stellen. Haha, Trinkspielidee: Jedes Mal einen heben, wenn in den Filmen jemand stirbt. Ernsthaft, der Bodycount ist gewaltig hoch. Das fällt in der ersten Fortsetzung noch deutlicher auf als zuvor, die fallen wie die Fliegen. Dabei wurde der Protagonist doch eigentlich bezahlt, um den Verräter eines wirtschaftlich starken Lehnsgutes unschädlich zu machen. Bei diesem handelt es sich nämlich um einen Indigo-Stoff-Experten, der die geheime Formel weitergeben möchte, wodurch die ansässige Familie ihr Monopol verlieren würde. Dummerweise wird der Flüchtige von drei berüchtigten Killern mit modischen Hüten und exotischer Waffenwahl eskortiert... Immer noch super. Besonders das Finale in den Dünen ist sehenswert und stylish. Außerdem war mit Sayaka eine interessante weibliche Nebenrolle dabei - die Anführerin der oben erwähnten Kunoichi spuckt erst große, überhebliche Töne, aber muss nach mehreren Begegnungen einsehen, dass sie dem Meisterkämpfer Ittō hoffnungslos unterlegen ist. Gilt bei vielen als bester Film der sechs. 8/10

    Übrigens: Für den amerikanischen Markt wurde 1980 ursprünglich ein Zusammenschnitt der ersten beiden Teile unter dem Titel Shogun Assassin veröffentlicht. Der bestand hauptsächlich aus diesem Sequel, mit ungefähr zwölf Minuten Material aus dem Vorgänger. Dabei wurde die Geschichte radikal umgeschrieben und mit einer englischen Synchronisation versehen. Finde es fast immer furchtbar, wenn so etwas getan wird. Die eigentlichen Intentionen der japanischen Filmemacher und die Story-Hintergründe bleiben dabei weitgehend auf der Strecke, was die Wirkung der tollen Kampfszenen nur schmälert. Selbst diese frankensteinige Fassung hat zahlreiche Fans, wohl aus nostalgischen Gründen oder aus Ignoranz gegenüber den überlegenen Originalen.




    Okami - Der Wind des Todes /Kozure Ōkami: Shinikazeni mukau ubaguruma (1972)



    Im dritten Teil hilft Ittō einem Mädchen, das in die Prostitution verkauft werden soll, indem er die für sie bestimmte Folter erträgt, und bekommt es mit einem ehrenhaften aber in Ungnade gefallenen Samurai zu tun, der von ihm wissen möchte, was der wahre Weg eines Kriegers ist. Über Umwege gelangt er an einen neuen Auftrag: Ittō soll einen korrupten Beamten umbringen, der für den Niedergang des Miura-Klans und den Tod vieler anderer Bediensteter verantwortlich ist. Dieser ist inzwischen zum Gouverneur aufgestiegen. Dafür erledigt unser Protagonist erstmal die im Weg stehenden Bodyguards nacheinander.

    Der Film startet etwas langsamer, aber hat diverse gute Momente und das Finale ist dann abermals ein Highlight: Ittō nimmt es alleine mit der ganzen Armee des Gouverneurs auf - vermutlich an die 200 Mann! xD Hier wird auch zum ersten Mal die geballte Feuerkraft des Kinderwagens enthüllt. Das mag konzeptuell alles sehr übertrieben scheinen, aber ist nicht nur saumäßig abgefahren und cool, sondern irgendwie schaffen es die Filmemacher sogar, das Geschehen noch halbwegs glaubwürdig herüberzubringen. Als seine Auftraggeberin nach der Schlacht zu ihm gehen will, halten ihre Untergebenen sie zurück und sagen, Ittō sei nicht menschlich, sondern ein Monster ^^ So langsam müsste sich in Japan doch mal rumgesprochen haben, dass man sich mit ihm besser nicht anlegt. 8/10




    Okami - Die tätowierte Killerin /Kozure Ōkami: Oya no kokoro ko no kokoro (1972)



    Kenji Misumi, der auch bei vielen Filmen der bekannten, 26-teiligen Zatoichi-Filmreihe verantwortlich war, führte bei den ersten drei Folgen von Lone Wolf and Cub Regie. Für diesen vierten Teil jedoch übernahm Buichi Saito den Job. Ich fand, dass sich das beim Stil ein wenig bemerkbar gemacht hat. Der Film ist immer noch klasse gelungen, doch wirkt ein bisschen weniger rund und stylish und manche Handlungsorte sind nicht mehr so inspirierend und visuell überzeugend wie zuvor.

    Ittō soll eine tätowierte Messerkämpferin namens Oyuki zur Strecke bringen, die ihren persönlichen Rachefeldzug führt und schon zahllose Kerle zersäbelt hat, die gegen sie ausgeschickt wurden. Dazu stellt er Nachforschungen unter anderem bei einer Theatertruppe an. Der kleine Daigoro wird indes von seinem Vater getrennt aber weiß bereits in seinem jungen Alter, wie er eine Notsituation - eingeschlossen in einem brennenden Feld - überlebt. Er trifft auf Gunbei Yagyū, den verstoßenen Sohn von Ittōs Erzfeind Retsudo, der seinerseits die Möglichkeit sieht, eine alte Rechnung zu begleichen...

    Klingt alles sehr fein, aber mich hat ein wenig gestört, wie Retsudo später selbst auf die Bildfläche tritt und den lokalen Daimyō gegen Ittō aufwiegelt, was in einer weiteren over-the-top Finalschlacht gipfelt, diesmal gegen den Yagyū-Klan selbst. Ist ja schön und gut, dass der Held und seine Nemesis endlich mal, wenn auch nur kurz, direkt aufeinander losgehen dürfen (ich sag nur so viel: Retsudo trägt nicht ohne Grund in den beiden verbleibenden Filmen eine Augenklappe ), doch wirkt das Gemetzel weniger plausibel als noch im Vorgänger und der Handlungsverlauf fühlte sich durch diese Entwicklung so an, als sei die weit interessantere Hauptgeschichte mit der tätowierten Oyuki zu früh abgehakt und stattdessen etwas Neues begonnen worden, das mit dem Rest nur wenig zu tun hat. Die tragische, schöne Schurkin und ihr Abgang sind das Glanzlicht des Streifens und reißen vieles heraus, über diese Hintergründe hätte ich stattdessen gerne noch mehr erfahren. 7/10




    Okami - Der weiße Pfad der Hölle /Kozure Ōkami: Meifumado (1973)



    Misumi kehrt auf den Regie-Posten zurück und das ist positiv erkennbar. Es gibt nicht nur sagenhaft schöne Einstellungen und Orte, auch das Tempo funktioniert wieder besser. Auf seinen Reisen wird Ittō mit einer Reihe von vermummten Kurieren konfrontiert, die alle lediglich einen Teil des Auftragsgeldes sowie einen Teil der für die Mission notwendigen Informationen für den einsamen Wolf haben und gleichzeitig dessen Fertigkeiten testen wollen. Diese Idee alleine ist schon ein wunderbarer Aufhänger für die weitere Handlung und besser als die meisten vorherigen Storygrundlagen.

    Danach ist unser schweigsamer Held entsprechend einer Verschwörung auf der Spur, welche die illegitime junge Tochter eines senilen, alten Daimyōs und seiner Lieblings-Konkubine als Prinz ausgeben soll, während der kleine Sohn des Anführers und eigentlicher Erbe versteckt gehalten wird. Ein Brief, der diese Machenschaften aufdeckt, wird von einem buddhistischen Mönch an den Shōgun gesandt. Sollte die Nachricht ankommen, würde das die Auflösung des Klans bedeuten und all die Bediensteten, Samurai und Vasallen ins Chaos stürzen oder mittellos machen. Ittō soll den Mönch abfangen, um jenes Desaster zu verhindern, doch der Geistliche wird unterwegs ausgerechnet von Yagyū Retsudo beschützt! Später erhält der Protagonist den Auftrag, den entehrten Daimyō, seine Konkubine und die Tochter direkt zu töten.

    Eine Nebenhandlung während eines Zwischenstopps auf einem Stadtfest beschäftigt sich eine Weile mit Daigoro, der erneut von seinem Vater getrennt wird und in die Machenschaften einer berüchtigten Taschendiebin hineingerät, die von den Ordnungshütern gejagt wird. Manche Rezensenten schien dieser Part eher zu stören, aber ich fand ihn angenehm. Trug viel zur Abwechslung bei, war mit den vielen Statisten vom Setting her mal was anderes, und Daigoro bekam dadurch auch wieder ein bisschen Aufmerksamkeit. So lange es sich nur um ein Intermezzo innerhalb einer größeren Geschichte handelt, das gut gemacht ist und die Charaktere weiterentwickelt, hab ich damit kein Problem. Ist etwas ganz anderes als die oben angesprochene Sache aus dem vierten Teil. 8/10




    Okami - Blutiger Schnee /Kozure Ōkami: Jigoku e ikuzo! Daigoro (1974)



    Jetzt solls ans Eingemachte gehen. Ittō gerät mit einem geheimnisvollen Zweig des Yagyū-Klans aneinander, der schwarze Magie praktiziert und sich blitzschnell durch das Erdreich graben kann. Hyouei, ein weiterer aber illegitimer Sohn Retsudos, möchte jeden ermorden, der mit Ittō und Daigoro in Kontakt kommt. Außerdem steht die Gefahr im Raum, dass Ittō vom Shōgunat zu einem offiziellen Staatsfeind erklärt werden könnte, wodurch das ganze Land hinter ihm her wäre. Die Handlung kulminiert in einer Schlacht zwischen dem wortkargen Wolf und dem kombinierten Aufgebot der fiesen Yagyū-Meute auf einem schneebedeckten Berg im hohen Norden, wo der Kinderwagen kurzerhand zum Kampfschlitten umfunktioniert wird. Ittō Ogami schnetzelt sich durch massenhaft Angreifer, aber der einäugige Retsudo entkommt mal wieder.

    Autsch, auf einmal ging es steil bergab :-/ Der Film war offensichtlich nicht als letzter Teil gedacht. Die Tatsache, dass am Ende so vieles offen bleibt und kein richtiger Schluss geboten wird, trägt viel zu der Enttäuschung bei, zumal das Finale in der Comic-Version nicht nur bewusst endgültig, sondern auch ungeheuer episch war. Die Handlung und die neuen Figuren sind im sechsten und letzten Streifen nicht interessant, die Einführung von Magie passt nicht mit den einigermaßen realistisch bleibenden Vorgängern zusammen und das einzige, was hiervon in Erinnerung bleibt, ist der eisige Kampf am Ende, doch selbst der kann nicht mit früheren Auseinandersetzungen mithalten.

    Wenn es wenigstens einen befriedigenden Abschluss gäbe, wenn wenigstens auch Retsudo endlich draufginge, dann könnte ich über viele der Mängel vielleicht hinwegsehen, die ich übrigens weitgehend auf den neuen Regisseur Kuroda Yoshiyuki sowie auf die Tatsache schiebe, dass anders als in allen Vorgängern nicht mehr der Original-Autor der Manga-Vorlage, Koike Kazuo, die Drehbücher geschrieben hat (oder wie im fünften Film zumindest noch maßgeblich daran beteiligt war). Darüber hinaus fehlt es an gestalterischer Abwechslung. Winterliches Setting kann gewiss eine gute Sache sein, aber nicht wenn wie hier alle Orte ähnlich einseitig und farblich einfallslos wirken, ja später gar zu einem belanglosen B-Movie-Einheitsbrei verschmelzen. Mit dem durchdachten, vorsichtigen Stil der anderen Filme hat das leider nicht mehr viel zu tun. 5/10

    Haha, der 74er-Fluch hat mal wieder zugeschlagen. Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn das mal geklappt hätte. In dem Jahr ist sonst echt fast nur Mist rausgekommen, oder Kram, der mich nicht die Bohne kümmert. Wäre natürlich geil, wenn sich Toho eines fernen Tages überlegt, die Reihe mit einem neuen Film in der selben Story-Kontinuität (dann aber natürlich mit anderen Schauspielern) doch noch vernünftig abzuschließen. Auch wenn die Lücke von über 40 Jahren extrem wäre, so etwas ähnliches hat es alles schon gegeben und Koike Kazuo weilt auch noch unter den Lebenden, könnte das also theoretisch kreativ überwachen. Wird wohl ein Wunschtraum bleiben. Ein Hollywood-Remake war auch mal angedacht, hat sich bis jetzt aber nie was ergeben. Immerhin ist ein Gütesiegel für fünf von sechs Teilen gar kein schlechter Schnitt und alle Filme sind sogar in einer Box bei Rapid Eye in Deutschland erschienen (ab 18, OmU).




    Geändert von Enkidu (08.09.2018 um 21:58 Uhr)

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