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Deus
One last SILENT night...
Shooting Stars (1928)

Das verheiratete Schauspielerpaar Mae und Julian wird entzwei gerissen, als er herausfindet, dass sie eine Affäre mit dem Comedian Andy hat. Mae, deren Karriere auf dem Spiel steht, überlegt sich einen Plan, ihren Ehemann umzubringen, indem sie eine echte Kugel in eine Waffen-Requisite einsetzt, die in einer Szene ihres neuesten Filmes auf ihn abgefeuert werden soll. Hm, hatte so meine Schwierigkeiten mit Shooting Stars. Da sind echt ein paar übel holprige Stellen in der Handlung. Zum Beispiel die dümmliche Plot-Device mit der Kugel - nachdem die Waffe doch nicht abgefeuert wurde, und Mae den Fehler eingesehen hat, macht sie keine Anstalten, das präparierte Gewehr sicherzustellen und die Gefahr zu bannen, und sei es nur unter einem Vorwand. Sie hätte gewiss kurz vom Set weg gekonnt! Stattdessen stirbt doch noch jemand, und zwar ihr Lover. War ja irgendwie klar.
Erst nachdem der Mann die Affäre herausfindet, dreht sie am Rad und will ihn umbringen. So gesehen entfällt der eigentliche Inhalt des Films lediglich auf die letzte halbe Stunde. Das empfand ich als sehr unbefriedigend. Hinzu kommt, dass es ein Film übers Filmemachen ist. Vermute, dass Shooting Stars bei vielen nur deshalb so hoch im Kurs steht, ähnlich wie das Thema bei den Academy Awards immer gefragt ist. Zugegeben, diese äußere Perspektive und der Blick hinter die Kulissen ist eigentlich ein Setting mit viel Potential, das man in den 20ern bestimmt auch noch nicht oft gesehen hatte. Vor allem kann das originell sein, wenn dann nach einer Weile der Lack abblättert und der Schöne Schein Hollywoods sich eben auch auf die dort arbeitenden Darsteller-Sternchen bezieht. Aber dieser Film braucht wie gesagt ewig, bis mal was von Bedeutung passiert, und plätschert die meiste Zeit nur so vor sich hin. Wenig erinnerungswürdige Figuren, und für so eine simple Handlung hält sich der Film zu lange mit diversen belanglosen Details auf. Auch als pures Drama funktioniert die Geschichte nicht so richtig und der Epilog dauert viel zu lange. Der neue jazzige und total entspannt-lässige Soundtrack hat auch nicht gerade zum Enthusiasmus beigetragen, sondern die Story noch einschläfernder wirken lassen. Mit manchen Szenen passte die Musik der restaurierten Fassung null zusammen! Sorry, wirklich nicht mein Ding. 5/10
Die zehn Gebote /The Ten Commandments (1923)

Boah, hier muss ich weiter ausholen. Der Film hat mich echt angepisst! Aber immer der Reihe nach. Es fing alles so vielversprechend an. Die Geschichte von Moses und dem Auszug aus Ägypten ist ja bestimmt hinlänglich bekannt. Die Ausstattung ist erstmal super, wie üblich bei Regisseur Cecil B. DeMille. Es ist zunächst ein Schauwerte-Film, neben dem ganzen Bombast auch mit tollen Spezialeffekten (das Teilen des Meeres), klasse. Das Ägypten-Set hatte gigantische Ausmaße und wurde real gebaut. Um den Verbleib der Konstruktion ranken sich bereits eigene Legenden, über die man Filme drehen könnte ^^ Und das goldene Kalb sieht mal voll creepy aus
Trotzdem wirkt alles ein bisschen zu dick aufgetragen, denn das Drehbuch ist dünn. Einige der interessantesten Aspekte der Geschichte werden einfach weggelassen - die berühmten Plagen beispielsweise werden off-screen in den ersten paar Minuten abgehandelt. Die Charaktere werden irgendwie kaum entwickelt... hmmm, woran das bloß liegen mag? Es gibt viele Zwischentitel mit Bibelzitaten, die die Geschichte erzählen. Quasi das komplette Gegenteil von Murnau, der immer mit wenig auskam und seine Bilder sprechen ließ. Auch in Die zehn Gebote wäre das mit weniger Text und mehr Schauspiel gegangen. Wo bleibt das visual Storytelling? Wozu überhaupt noch ein Film, wenn man erst vor jeder Szene eine Texttafel einblendet, die erklärt was passiert? Trotz dieser Mängel fand ich den Film aber soweit ganz angenehm.
Und dann. Alter! What the fuck? Nachdem Moses vom Berg runter ist, nach nur gut einem Drittel (!) der Gesamtspielzeit, bricht der Film komplett mit dem Setting und seiner Geschichte. Danach bekommen wir nämlich etwas völlig anderes vorgesetzt, was total zum Kotzen ist. Von den Israeliten und dem goldenen Kalb werden wir plötzlich in die moderne damalige Gegenwart von 1923 transportiert, wo eine Frau aus der Bibel vorliest. Sie ist bestimmt keine Sünderin, gell? Einer ihrer jungen erwachsenen Söhne sitzt daneben, er sieht sehr nobel und zufrieden aus. Der kann es auch nicht sein. Uh, dann ist da aber noch der andere Sohn, er schaut gelangweilt und ungläubig drein. Wir haben einen Gewinner! Und was für ein Sünder er ist O_O' Der Rest des Films ist ein ungeheuerlich oberflächliches, bis zum Erbrechen predigendes Moralitätenspiel zwischen den beiden Söhnen (und einem diebischen Love Interest). Die Mutter, die die ganze Zeit eine klobige Riesenbibel mit sich rumschleppt, ist tief religiös. Der "gute" Sohn im Grunde auch, aber der "böse" ist ein Nichtgläubiger. Kann ja nicht angehn. Und weil er nicht an Gott glaubt, nimmt er sich vor, alle zehn Gebote zu brechen. What the frickin' fucking de Fuck?! Als würde so eine bescheuerte Idee irgendwie damit zusammenpassen *kopfschüttel* Außerdem sind ab dem Beginn dieser eigentlichen Geschichte alle Schauspieler hart am overacten. Wenn das selbst für Stummfilm-Verhältnisse so deutlich wird, dass es auffällt, dann will das schon was heißen.
Der "Prolog", wie es viele Reviewer nennen, wie ich inzwischen festgestellt habe, dauert nur eine gute Dreiviertelstunde. Der Rest der 136 Minuten ist völlig lahm und extremst schlecht gealtert. Wobei ich glaube, dass das auch schon bei der Uraufführung einige gut gemeinte aber hundertprozentig fehlgeleitete, veraltete Aussagen und Elemente hatte. Auch noch mit einer so plumpen, ungeschickten, umständlichen und schwerfälligen Moralpredigt, die durch das langgezogene Ende noch verschlimmert wird. Kann sich ja jeder denken, wie übel das für den bösen Sohn ausgeht. Werte vermitteln schön und gut, aber dann bitte ohne die eigenen Zuschauer für dumm zu halten. Die Art der Umsetzung ist entscheidend. Doch wer außer christlichen Fundamentalisten guckt sich einen solchen Dreck an? Es wirkt forciert und konstruiert, um der vorangegangenen Bibelgeschichte thematisch ein wenig zu ähneln, aber das läuft so nicht. Das habe ich mir nicht darunter vorgestellt, und so geht es offenbar auch vielen anderen, die diesen Film gesehen haben, der trotzdem noch unverdienterweise erstaunlich gute Kritiken bekommt. Was zählt, ist praktisch nur der Anfang, alles andere kommt dagegen nicht an und kümmert auch überhaupt nicht. Krass, da kam ich mir ernsthaft verarscht vor. Kann mich nicht an einen anderen Fall erinnern, in dem ein Film mittendrin aufhört und unerwarteterweise mit hartem Schnitt zu etwas gänzlich anderem mutiert, das erzählerisch so unter aller Kanone ist. Fast, als wäre man in den 20ern gerickrollt worden >_<
Sie hätten lieber mal den Part um Moses etwas ausbauen und die Figuren entwickeln sollen, dann hätte das alleine schon für einen sehr viel besseren 80-Minuten-Film gereicht, aber nöö. Oder macht meinetwegen aus dem Gegenwarts-Segment eine knappe Rahmenhandlung, mit einem Konflikt der nach der Bibelgeschichte aufgelöst wird. Aber so wie es ist? Das geht gar nicht. Absolut unausgegorene Mogelpackung. Schade um die schönen Kulissen und Effekte im ersten Teil. Hätte so toll werden können. 3/10
Ben Hur /Ben-Hur: A Tale of the Christ (1925)

Am Anfang ne Viertelstunde lang Weihnachtsgeschichte-Recap. Entspricht dadurch zwar näher dem Original-Untertitel ("A Tale of the Christ"), da Jesus sonst ja nur einmal zwischendurch und dann nochmal am Ende vorkommt, und nie direkt gezeigt wird, aber hätte dennoch nicht unbedingt sein müssen. Ansonsten aber sehr große, epische Geschichte. Dem bekannteren Remake aus den 50ern erstaunlich ähnlich, ist alles drin. Die Attacke auf den Galeeren war für mich etwas zu chaotisch, aber das Wagenrennen auch hier ein beeindruckendes Highlight! Sogar mit bewegter Kamera
So eine Mega-Action muss das Publikum seinerzeit echt geflasht haben.
Überzeugende Schauspieler. Wieder einmal gigantische, Respekt einflößende Kulissenbauten, wie ich sie heutzutage liebend gerne mal wieder sehen würde. Gibt ein paar kleinere Längen /Hänger beim Erzähltempo, aber nichts Schlimmes. Nach dem eher gemächlichen Anfang wird es später immer besser, und das Finale ist wirklich ergreifend! Rundum gelungen, braucht sich vor dem berühmten späteren Werk nicht verstecken. Schade dass den hier heutzutage kaum mehr jemand gesehen hat. Hätte ich gerne in guter Qualität auf Blu-ray. Gibt es leider nicht. 7/10
Die Nibelungen: Siegfrieds Tod (1924)

So, hab ich mir den jetzt doch mal in voller Länge angetan. Nachdem ich nun so viele Stummfilme gesehen habe, funktionierte das im zweiten Anlauf in der Tat etwas besser. Ist wohl wirklich ein acquired Taste *schulterzuck* Das soll aber nicht heißen, dass ich meine frühere Kritik daran revidiere: Auch für einen Stummfilm ist der erste Nibelungen-Teil stellenweise unglaublich langatmig, besonders im späteren Verlauf, denn der Anfang flutscht noch ganz gut. Ehrlich, irgendwann bekam ich das Gefühl, man könnte jede zweite Einstellung um zwei bis fünf Sekunden kürzen, und hätte am Ende inhaltlich absolut nichts verloren, aber einen wesentlich zugänglicheren und flüssigeren Film.
Ansonsten möcht ich aber nicht zu harsch klingen, denn es wird dennoch eine Menge geboten. Vor allem die ausgefallenen Set-Bauten überzeugen, wie auch die phantastischeren Elemente. Ein ausgewachsener Drache in Bewegung (eine Puppe, gebaut in voller Größe!), dann der Zwerg Alberich mit dem Nibelungenschatz tief unter der Erde, eine Tarnkappe die einen unsichtbar macht und die einen jede beliebige Gestalt annehmen lässt, oder ein Meer aus Feuer mit einer Burg, bewohnt von amazonenhaften, stolzen Kriegerinnen... das hat schon was, selbst für heutige Fantasy-Fans. Vergleiche mit der Herr der Ringe Trilogie kommen nicht von ungefähr, dieser Zweiteiler war so etwas wie die Entsprechung seiner eigenen Zeit. Der Soundtrack von Huppertz ist klasse. Handelt sich um die Originalmusik zum Film, wurde aber neu mit professionellem Orchester eingespielt, so wie es sein sollte. Tolle Restauration der Murnau-Stiftung. Wenn er doch nur nicht so lang laufen würde
Für die Sammlung kann ich darauf verzichten. Bisweilen anstrengend, aber sehenswert. 7/10
Die Nibelungen: Kriemhilds Rache (1924)

Nach dem Tod von Siegfried ist Kriemhild mächtig angefressen! Um sich an Hagen zu rächen, lässt sie sich auf eine Heirat mit Etzel ein, dem König der barbarisch-kriegerischen Hunnen. Sie lebt nun an seinem Hofe und schenkt ihm ein Kind. Sie versucht Etzel zu überreden, Hagen zu ermorden, den sie mit dem Rest der Sippe zu einer hübschen Party eingeladen hat. Aber die Brüder schützen Hagen, weil sie an ihren Schwur gebunden sind. Eine erbitterte Schlacht entbrennt, kaum jemand wird das überleben...
Beide Teile können im Prinzip als ein einziger Fünf-Stunden-Film angesehen werden. Die zweite Hälfte erschien nur ein paar Wochen nach der ersten und wurde zusammen mit dieser produziert. Wow, Kriemhilds Rache ist tatsächlich noch zäher, der Inbegriff der Langatmigkeit. Das Finale gestaltet sich in der Tat verdammt düster und hat was, aber trotzdem quält man sich irgendwann nur noch durch. Es mutiert zu einem einzigen, riesigen Gemetzel. Kostüme und Kulissen wie zuvor top, doch dadurch, dass die Geschichte nicht mehr so viele magische Fantasy-Aspekte hat, verliert sie eine Menge vom Reiz des Vorgängers. Das Tragische ist, ich kann mir lebhaft vorstellen wie eine entsprechend stark gekürzte Kombination aus beiden Filmen ein Genre-Highlight und vielleicht einer meiner absoluten Lieblings-Stummfilme geworden wäre
Aber doch nicht auf diese Weise! Für den eigentlichen Handlungsinhalt des vorliegenden Teils hätte weniger als die Hälfte der Spielzeit (!) völlig ausgereicht. Das ist ja fast so, als würde man aus der Schlacht der fünf Heere im Hobbit einen ganzen Fil... Moment. 6/10
Nosferatu, eine Symphonie des Grauens (1922)

Hat mir wie oben schon angedeutet beim zweiten Schauen besser gefallen, und zwar so sehr, dass ich meine frühere Meinung darüber ein Stück weit korrigieren möchte. Wirklich gruselig finde ich es immer noch nicht, aber manche Szenen sind ungemein atmosphärisch. Dazu gibt Schreck mit seinem markanten Aussehen einen hervorragend grotesken Graf Orlok /Nosferatu ab. Außerdem: Gutes Pacing, was - wie mir die beiden Nibelungenfilme von Fritz Lang, der seinem Namen manchmal leider alle Ehre macht, nochmal gezeigt haben - ein nicht zu unterschätzender Faktor ist! Nosferatu geht anderthalb Stunden, bleibt dabei angenehm überschaubar und ist auch für Zwischendurch geeignet. Ist ferner der bekannten Universal-Tonfassung des Stoffes klar überlegen. In der deutschen Version von 1922 bekommen wir viele unterschiedliche Handlungsorte zu Gesicht, es fühlt sich wirklich wie ein Film an, die Welt wird greifbar und glaubwürdig. Dem amerikanischen 1931er Dracula mit Bela Lugosi hingegen sieht man an, dass er auf einem Theaterstück basiert, und entsprechend begrenzt und künstlich wirkt die Geschichte, wenn ein wesentlicher Teil davon bloß in einem Wohnzimmer stattfindet. 7/10
Geändert von Enkidu (29.07.2017 um 23:45 Uhr)
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