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Deus
Das Video ist komplett korrekt, sagt jetzt aber auch nichts Neues aus oder irgendetwas, das wir nicht sowieso schon seit Jahren predigen. CGI ist ein nützliches, wundervolles Werkzeug, wenn es richtig eingesetzt wird. Manche Sachen lassen sich im Computer viel besser umsetzen, und digitale Anpassungen oder Set Extensions gehören sowieso aus gutem Grund zum Standard. Zu fordern, dass Effekt-intensive Genrefilme komplett ohne Computer auskommen sollen wäre heutzutage Wahnsinn (ebenso bereits aufgrund digitaler Nachbearbeitung wie Farbkorrektur usw.). Aber es gibt Bereiche, die mit praktischen Effekten viel besser funktionieren, viel glaubwürdiger rüberkommen, in mehrfacher Hinsicht (oft genug ist das Zusammenspiel aus Computerfiguren mit den echten Darstellern irgendwie off, weil letztere ja bloß mit Luft oder Platzhaltern interagieren... immerhin ändert sich auch das langsam durch neue Performance Capture Methoden). Das heißt nicht, dass alles in einer Einstellung echt sein muss, aber es ist schon viel wert, wenn einzelne zentrale Elemente real gefilmt wurden und dann in der Szene zusammengestellt werden wie bei einer Komposition. Die Umgebung vom finalen Lichtschwert-Kampf zwischen Anakin und Obi-Wan in Episode III war für mich zum Beispiel relativ überzeugend, weil vor allem reale Aufnahmen von Vulkanausbrüchen und Lava zum Einsatz kamen, obwohl diese zig Puzzlestücke erst am Computer zusammengesetzt wurden.
Hier im Thread ist eben die schlechte Art von CGI das Thema. Leider übertreiben es viele Filmemacher, oder gehen den einfachen Weg gleich komplette wesentliche Teile des Films digital zu erstellen. So lange die Illusion, von der im Video die Rede war, erhalten bleibt, ist alles in Ordnung. Aber das kann selbst bei gut gemachten Computereffekten schnell mal daneben gehen, weil man so sehr daran gewöhnt ist und die Unterschiede sofort erkennt. Die beiden neueren Planet der Affen Filme wurden für die Motion Capture Arbeit hoch gelobt, aber ich würde noch immer jederzeit die aufwändigen Masken aus dem Tim Burton Reboot bevorzugen. Und selbst wenn etwas auf einen Blick überzeugend wirkt, ist immer noch die Frage, ob es so auch in Bewegung und Verhalten rübergebracht werden kann. Hier würde ich dem oben geposteten Clip dann doch entschieden widersprechen, Michael Bay auch nur in irgendeiner Weise positiv zu erwähnen - was die Physik angeht, sind alle Transformers Filme eine einzige Katastrophe mit null Verständnis für Trägheit, Gewicht und Größe. Dass auch bei ihm die Basics stimmen, von denen der Otto-Normal-Kinogänger nicht so viel wahrnimmt, tut nicht viel zur Sache, wenn die wichtigsten Figuren und Szenen so daneben sind.
Unterm Strich würde ich sagen, dass man vor allem als eine Art "Make-up" viel mit dem Computer in Realfilmen machen kann, gerade was die Sets angeht. Aber handelnde und erst recht biologische Figuren (also keine Statisten im Hintergrund, das geht besser) werden schnell zum extrem falsch und unnatürlich wirkenden Problem, das im schlimmsten Fall massiv die Immersion stören kann, erst recht wenn der Uncanny Valley Faktor zum Tragen kommt, wofür hier bereits einige Beispiele genannt wurden. Selbst Maschinen wirken überzeugender, wenn sie wenigstens zum Teil handwerklich gebastelt wurden. Die eckigen Roboter aus Interstellar waren der Wahnsinn imho, und total überzeugend. Waren wirklich da und wurden aber bis auf ein oder zwei Einstellungen ganz simpel von Puppenspielern bedient.
Insofern kann ich die viele Kritik an CGI schon sehr gut verstehen und in gewisser Weise auch teilen. Klar, manche Zuschauer wissen es nicht besser und übertreiben durch Pauschalisierung, an die wendet sich wohl auch das Video. Der Computer ist aus Hollywood nicht mehr wegzudenken, und das mit Recht. Doch die Filmemacher sollten es besser wissen - den Wunsch nach mehr praktischen Effekten als die bevorzugte Wahl des Publikums halte ich für absolut nachvollziehbar und positiv. Die Regisseure und Produzenten sollten sich zuerst überlegen, wie viel sie mit den zur Verfügung stehenden Mitteln real bauen können an Sets und Modellen und Puppen, und erst wenn es da tatsächlich keinen anderen Ausweg mehr gibt, groß mit unfreiwillig auffälligem CGI ranklotzen. Oft hab ich allerdings das Gefühl, dass stattdessen von Anfang an mit CGI als Grundlage an die Projekte herangegangen wird, was ich für einen großen Fehler halte. Das alles bezieht sich nicht auf die vielen kleinen Verbesserungen, die man kaum sehen kann.
Wenn ich heute im Vorfeld was von einem Fantasy- oder Sci-Fi-Film sehe, für den der entsprechende Aufwand betrieben und riesige Sets gebaut werden, dann weckt das in mir aufrichtige Vorfreude. Wenn man schon beim ersten Material sofort sieht, dass ein Großteil davon aus dem Computer kommt, vergeht mir inzwischen bereits die Lust. Selbst die großen Schlachten wie in Avengers 2 und ähnlichem wirken auf mich längst ermüdend. Dazu kommt auch der Zeitfaktor. Die digitale Technik unterliegt starken Schwankungen und entwickelt sich ständig weiter. Was ich 1999 in Star Wars Episode I noch unglaublich beeindruckend fand, sieht heutzutage stellenweise richtig billig und veraltet aus. Dagegen sind selbst uralte Filme mit gebauten Sets zeitlos.
Ja, CGI ist weder gut noch schlecht, es ist ein Mittel und kommt darauf an, wie die Filme das einsetzen. Leider wird damit nur selten durchgängig feinfühlig und sparsam umgegangen, obwohl das nicht selten die bessere (doch oft leider auch teurere) Alternative wäre. Dass CGI in diesem oder jenem Film sucked, ist jedoch eine legitime Aussage, man sollte nur nicht alle über einen Kamm scheren.
Neulich habe ich Jack the Giant Slayer /Jack the Giant Killer /Jack and the Giants von 2013 gesehen und das war abseits von anderen inhaltlichen Problemen noch so ein Musterbeispiel für diesen Thread. Besonders die titelgebenden, menschenähnlichen Giganten sahen soo schlecht und falsch und unecht aus, da sie komplett animiert wurden. Hier hätte man mit den ganz simplen optischen Methoden für Größenunterschiede in Kombination mit Makeup, die bereits vor über 60 Jahren bekannt waren, unendlich viel bessere Ergebnisse erzielt. Kaum zu glauben, dass das an die 200 Mio USD gekostet haben soll. Über weite Teile wirkten die Production Values eher wie besseres Fernseh-Niveau!
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