Zitat Zitat von MeTaLeVel Beitrag anzeigen
Auch hier würde ich wieder sagen: Ich finde es gut, dass es viele Leute - und damit eine überschaubare Anzahl - sind. Das hält die Meinung breit. Dadurch, dass die Kritiker nicht ganz akut bestimmt werden, kann außerdem nicht behauptet werden, dass sie beeinflusst wurden und so ihren Platz in der Jury fanden. Unabhängig davon, dass wir zwei uns da einfach Unterschiedliches wünschen würden, steht fest: Die Academy kann es da niemandem Recht machen. Es gibt kein optimales Konzept und an jedem würde man etwas zu meckern finden.
Bei dem Punkt redeten wir aber doch nicht von der Academy, sondern von einer eigenständigen Kritiker-Preisverleihung ^^ Und die müsste imho nicht unabhängig sein, denn dass da alles gut repräsentiert ist, das wird man eh nicht erreichen. Aber eine Reihe von bekannten professionellen Kritikern, offensichtlich mit unterschiedlichen Geschmäckern, die so etwas zusammen ins Leben rufen, das fänd ich stimmig und wäre mal ein anderer Ansatz. Wenn einer aussteigt, kann er einen Nachfolger bestimmen. Nur wäre diese Gruppe (zum Beispiel über Internet-Auftritt) der Öffentlichkeit genau bekannt und als hauptberufliche Filmbewerter hinge auch deren Karriere daran, dort solide Entscheidungen zu treffen, die sie auch mit Argumenten stützen können. Wäre sogar richtig klasse, wenn die die Nominierten dann in einer Art Vlog-Serie im Vorfeld diskutieren oder Ähnliches.
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Welche wären denn das, rein Interesse halber? Ist natürlich auch eine schwierige Sache. Jeder Filmfan will irgendwo die und die Kategorie, zu der er oder sie eine besondere Beziehung hat.
Puh, da gibt es soo viele Ideen. Von sehr ausgefallenen Sachen, die die Natur der Oscars ziemlich verändern würden bis hin zu solchen Kategorien, die die schon selbst diskutiert haben und die auch viele namhafte Filmschaffende befürworten würden (wie die erwähnten Preise fürs Casting, sofern nicht alles alleine vom Regisseur gemacht wird - und das wird es selten). Realitätsferner aber ein faszinierendes Gedankenspiel ist meiner Meinung nach, wenn man es grob nach Genres ordnen würde (das gilt auch für potentiell andere Verleihungen). "Oscar-Bait-Movie" ist ja selbst schon so etwas wie ein Genre geworden, und manche sehen auch Animationsfilme als ein solches an (wo ich jetzt nicht zustimmen würde, aber okay), außerdem gibt es einen gesondert für Dokumentarfilme (was ich durchaus als Genre verstehe) - warum das dann nicht direkt durchziehen? Von mir aus könnten sie in dem Zuge auch gleich "Bester Film" abschaffen, da die eh oft nur in ihrem eigenen Kontext funktionieren und je nach Präferenzen kaum objektiv zu ermitteln sind, aber vermutlich braucht die Show einfach einen Höhepunkt. Sicher, Genregrenzen sind fließend, aber das gleiche kann man auch von aktuell existierenden Kategorien behaupten (wo offenkundige Hauptdarsteller einen Oscar für die beste Nebenrolle kriegen, nur weil sie nicht den klassischen Protagonisten verkörpert haben usw. - was ist überhaupt ein Hauptdarsteller und was nicht?).
Ich fänd zum Beispiel auch mehr Special Awards neben den üblichen Merit Oscars gut. Die Ehrenpreise werden zu Unrecht oft belächelt, aber so kann man den Leuten wenigstens noch eine Anerkennung bieten, die die Academy in der eigentlichen Laufbahn der Künstler sträflich verschlafen hat. Und solche Fälle sind leider zahlreich. Ein anderer (oft gemachter und abgelehnter) Vorschlag wären die Stuntmen und -women. Das ist ein ganz eigener Bereich im modernen Film, und das zu den "Special Effects" hinzuzurechnen, wird dem gewiss nicht gerecht. Die machen keine Computerkunst, sondern riskieren oft genug ihr Leben, um ein Projekt zum Erfolg zu führen. Oder wie wäre es mit einem Oscar für die besten Schauspiel-Newcomer? Oder, wenn schon Leute wie Andy Serkis (oder Zoe Saldana uvm.) es trotz ihrer großen Leistungen nicht in die "normalen" Nominierungen schaffen, warum nicht einen Preis für Best digital Performance? Motion Capture ist inzwischen so weit, dass nicht bloß grobe Körperbewegungen übertragen werden, sondern das gesamte Schauspiel mitsamt Gesichtsausdrücken. Performance Capture eben. Zumal man den Leuten, die sich das antun, irgendwie zusätzlich anrechnen muss, dass sie neben dem Schauspiel-Aspekt auch in Spandex mit komischen Geräten auf dem Kopf und Bällen am Körper den ganzen Tag vor einer blauen Leinwand durch die Gegend rennen. Das erfordert darüber hinaus sehr viel mehr Vorstellungskraft, Flexibilität und Improvisationstalent als Darsteller üblicherweise leisten müssen.
Dem gegenüber stehen dann so bekloppte Sachen wie "Best Original Musical", die noch immer in den Statuten zu finden, aber in der aktuellen Form noch nie vergeben worden sind und das letzte Mal von der Vorgängervariante ist auch schon über 30 Jahre her. Rauslöschen! Und ich mag nicht das technische Hintergrundwissen haben, aber wenn man bedenkt, wie viele sinnvolle aber missachtete Ideen es für die Preise gibt, dann kommt es mir zumindest als Laie doch ziemlich lächerlich vor, dass einzelne Oscars für Sound Editing einerseits und Sound Mixing andererseits vergeben werden. Bin mir auch sicher, dass das in nicht wenigen Fällen deckungsgleich ist. Das dürften sie gerne als "Best Sound" zusammenfassen, und zur Not kommen dann halt mehr als zwei, drei Personen auf die Bühne.
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Jemand, der seit 20 Jahren keinen Film mehr gedreht hat, muss trotzdem nicht verlernt haben, wie es geht. Die Art und Weise, Filme zu drehen, ist sicher eine andere geworden, aber das disqualifiziert doch nicht? Ich finde es gut, wenn auch Aspekte vertreten werden, die dem Kino vielleicht verloren gegangen sind.
Ich glaub schon, zumindest oft, aber kommt auch auf die Kategorie an. Denke nicht, dass sich in den vergangenen 50 Jahren viel am Drehbuchschreiben oder -adaptieren geändert hat, ebensowenig für den Soundtrack usw. Aber nimm nur mal die Special Effects! Heute eine völlig andere Welt, die jemand, der sich damit nicht eingehend beschäftigt hat, gar nicht richtig bewerten könnte. Und selbst bei so grundsätzlichen Dingen wie Regie müssen zum Teil andere und mehr Sachen beachtet oder im Auge behalten werden. Ich finde es ja auch gut, wenn man noch einen konservativ-traditionellen Blickwinkel behält, aber ich frage mich, ob dieser nicht überrepräsentiert ist. Können wir ohne Kenntnis des Personenkreises aber nichtmal sagen, und genau das stört mich.
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Cinema Score funktioniert doch nicht. Kein Kinobesucher verpflichtet sich dazu, das auszufüllen - wäre ja auch albern. Die Eindrücke sind sehr direkt, man kann sie nicht verarbeiten. Und die Mittelwerte gehen verloren. Ich fülle so einen Kram dann aus, wenn ich meiner Freude oder meinem Ärger besonders Ausdruck verleihen möchte - und selbst dann nicht immer. Vielleicht will ich auch einfach nur mit anderen darüber reden. Grumpyness bringt sich auf jeden Fall immer leichter zu Papier als ein gemäßigtes Urteil, natürlich auch abhängig von diversen Faktoren.
Ich hab wirklich keine Ahnung davon, aber ging eigentlich immer davon aus, dass zumindest die Buchstabenwertung (Schulnoten) ohne Blatt zum Ausfüllen direkt nach den Vorstellungen erfragt wird, sodass es ein breiteres Bild gibt. Aber kann sein, dass ich mich irre. Finde es allerdings gut, dass die ersten Eindrücke damit aufgenommen werden. Ist zwar eine andere Form der Wertung, aber manchmal vermittelt das eine bessere Vorstellung davon, wie ein Film ankam, wenn man erstmal nur so ein vages Gefühl hat. Denn nicht selten "zerdenkt" man Filme hinterher auch. Ich kenne das selbst nur zu gut: Mir fallen im Nachhinein tausend Nitpicking-Kleinigkeiten ein und auf einmal erscheint mir der Film viel weniger gut als direkt nach Verlassen des Saales. Ich könnte aber nicht mit Sicherheit sagen, welcher Eindruck unverfälschter oder ehrlicher wäre.
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Letzteres stimmt ja nicht. In den letzten Jahren waren immer wieder Filme nominiert, deren hauptsächlicher oder primärer Reiz die Optik ist. GBH gehört schließlich auch dazu. Darüber hinaus muss man sich eben durchaus mal fragen, ob es einfach eine schöne Optik ist, die sich in den Dienst des Films stellt oder - zwar mit Arbeit verbundende, aber - repetetive, sich selbst nicht ernst nehmender, fremdreferentieller Kram, der Leute in Kinos locken soll.
Ich meinte damit nicht in erster Linie so etwas wie GBH, sondern die Art von Film, die sich die Optik zig Millionen und eine ganze Armee von beteiligten Künstlern leistet (und die zum Teil erst dadurch so populär werden). Ich glaub wenn du das als "repetitiven, sich selbst nicht ernst nehmenden, fremdreferentiellen Kram" bezeichnest, tust du vielen dieser Werke Unrecht. Ja, sie sollen die Leute unter anderem ins Kino locken, aber das schließt ja noch lange nicht aus, dass so ein Look sich auch in den Dienst des Filmes und der Story stellen kann.
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Ich wiederum - um wieder zur Meinungssache zu kommen - bin tierisch froh, dass so diverse Superhelden-Comic-Adaptionen nicht nominiert sind (auch, wenn ich American Sniper zum Beispiel gerne gegen Captain America getauscht hätte^^).
Ich find das schade. Zugegeben, den meisten Marvel Sachen würde ich jetzt auch keinen "Bester Film" Oscar in die Hand drücken, wobei die sogenannten Technik-Kategorien da häufig schon verdient sind. Wobei... Denke doch, dass für so jemanden wie Joss Whedon mit seinem witty Writing für die Avengers eine Nominierung fürs beste Drehbuch nicht außer Reichweite sein sollte. Was die Dialoge und das Zwischenmenschliche angeht, macht dem keiner was vor und davon könnten sich so manche Autoren unrealistischer artsy Melodramen eine Scheibe abschneiden.
Aber wenn dann so etwas wie The Dark Knight daherkommt, der selbst für einen Superheldenfilm ganz neue filmische Wege findet und viel weniger abgehoben ist und in vielerlei Hinsicht ein höheres Niveau ansetzt als in der Zeit davor - dann dürfte das auch wenigstens mit einer Best Picture Nominierung belohnt werden. Ich habe die meisten aus der Kategorie von 2008 gesehen, und finde ehrlich nicht, dass der Gewinner Slumdog Millionaire (der in Indien übrigens gehasst wird) oder auch nur Benjamin Button bessere Filme sind, Geschmack hin oder her.
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Wollte im Übrigen mal dalassen, dass ich die Diskussion hier sehr angenehm finde. ^^

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Ist doch schon lange klar, dass die Oscars eigentlich nur ein Super Bowl ohne Sport aber mit bedeutungslosen Preisen sind, verliehen von Leuten die sich mit Filmen großteils nicht wirklich auskennen und politische Aspekte vor künstlerische stellen.
Schon. Nur das heißt ja nicht, dass man es mit ein paar gezielten Änderungen in die richtige Richtung nicht viel besser oder bedeutender machen könnte. Wir haben halt leider keine Alternative in dieser Größenordnung. Aber mich stört es auch sehr, wie die Vorgänge im Hintergrund da ablaufen. Alleine der ganze Kampagnen-Themenkomplex ist ein riesiges Problem. Niemand sollte Filme für die Oscars erst einreichen und dann dafür werben müssen, wo jede Menge Geld fließt, das die kleineren Filme/Studios nicht haben und deshalb nie die gleichen Chancen kriegen wie die, wo mächtige Medienkonzerne dahinter stehen.