Quadrupel-Post!!
Kennt ihr das auch, wenn ihr was im Kino gesehen habt, das ihr eigentlich ganz gut fandet, und wenn ihr es dann später irgendwann nochmal zu Hause seht, seid ihr gar nicht mehr so begeistert davon (geht natürlich auch andersrum)? So ist es mir jetzt mal wieder mit Robocop von 2014 ergangen. An das Original kam er so oder so nicht heran, was ein Remake wie schon bei Total Recall ohnehin tendenziell überflüssig machte. Aber irgendwie fehlte dem Film etwas, wodurch verhindert wurde, dass man richtig in diese Welt hineingezogen wird und mitfiebert. Bei Remakes ist ja immer die Frage, ob und wenn ja was und wie viel man verändert. Manche Neuerungen bei Robocop hielt ich rein konzeptuell für gut, aber in der Umsetzung für eher mäßig. Zum Beispiel, dass seine Frau und Familie eine größere Rolle spielt, und dafür sein Partner männlich gemacht wurde und nicht mehr so wichtig war. Die kleinen Verweise auf das Original und die aktualisierten Themen (Drohnen, Sicherheit usw.) haben auch gut gepasst, aber waren nicht ganz zu Ende gedacht und spielten hinterher kaum noch eine Rolle.
Ich glaub, was mich am meisten gestört hat, waren einerseits die Darstellung der Welt und andererseits der Action-Aspekt. Bei ersterem Punkt muss ich sagen, dass ich schon noch tausendmal lieber in der Welt vom RRemake leben wollen würde, als in der Dystopie, die im Original gezeigt wurde. Das hatte viel mehr Verdorbenheit und Hoffnungslosigkeit und traute sich auch, das zu zeigen. Dadurch entwickelte sich eine ganz eigene Atmosphäre, die durch die bissig-ausufernden Werbespots mit ihrer social commentary noch gesteigert wurden. Im Vergleich dazu konnte die News-/Talkshow im Remake mit Samuel L. Jackson nicht mithalten und war nichts Halbes und nichts Ganzes. Habe sogar manche Reviews gelesen, deren dumme Verfasser nichtmal kapiert hatten, dass das nicht hundertprozentig ernst gemeint war (also innerhalb der Filmstory natürlich schon, aber eben dass es ganz und gar nicht die Meinung der Macher widerspiegelt und durch die Überzeichnung eher zum Nachdenken anregen sollte) und die das dann als "amerikanische Propaganda" verteufelten... Hier war die 80er-Version von Verhoeven zwar etwas simpler gestrickt, aber konnte sich dadurch auch nicht so leicht im selbst gesponnenen Netz verheddern. Das Remake war für eine Story wie diese irgendwie einen Tick zu realistisch, auch wenn ich ihnen die gelungene Modernisierung anrechne. Der alte Film hatte mehr was von diesem Larger-than-life Aspekt und erinnerte mehr an eine Art Comicverfilmung.
Die andere unschöne Sache bezüglich der Action erschien mir aber noch wesentlich greifbarer. Versteht mich nicht falsch - viele haben sich beschwert, dass das Remake nicht mehr so brutal sei, aber das ist es nicht. Eine gute Story braucht nicht unbedingt viel Gewalt, nein, nichtmal in Robocop. Wobei hier und da ein bisschen fieser sein gewiss auch nicht geschadet hätte - selbst The Dark Knight kam mir heftiger vor. Das Problem beim Remake sehe ich eher in der Verteilung und im visuellen Stil der Action-Szenen. Bis es die Hauptfigur überhaupt gibt und wir sie zu sehen bekommen, dauert es eine fucking halbe Stunde. Zu lang! Bei Verhoeven ging es nicht nur schneller, er hat uns in kürzerer Zeit auch intensiver emotional an Alex Murphy gebunden. Dann dauert es nochmal eine ganze Weile, bis die Hauptfigur mal richtig loszieht und Verbrechen bekämpft. Das Amputations-Thema hat einen zwar schon ziemlich mitgenommen und ein paar fiese kalte Schauer über den Rücken gejagt, kudos dafür, aber es nahm zu viel Zeit in Anspruch mit den ganzen Tests usw. Und als es dann endlich mal losging, bekamen wir halt auch nicht viel vom versprochenen Kuchen. Stattdessen: Standard-CGI-Gedöns mit wenig Einfallsreichtum, wenig Energie und wenig Story-Relevanz (der Bösewicht im Original war halt auch dank Kurtwood Smith um einiges einprägsamer und interessanter). Er fährt ja nur kurz mit dem Motorrad durch die Gegend. Besonders gestört hat mich hier außerdem die Szene, in der praktisch im Dunkeln gekämpft wird und wir als Zuschauer kaum noch was sehen können. Fühlte sich jedenfalls alles etwas zu "unecht" an. Fand es ferner doof, dass Murphy Robocop im Kampfmodus eigentlich nicht mehr selbst steuert, sondern wie eine der Drohnen automatisch läuft. Schon klar, nach und nach überschreibt Murphy irgendwie diese Beschränkungen, aber wie sehr, darauf wird nicht eingegangen und erst zum Schluss spielt das nochmal eine Rolle. Das heißt in den wenigen vorhandenen Actionszenen sehen wir eigentlich nur einen Roboter. In der 80er-Version waren diese Verhältnismäßigkeiten zwar auch meist unklar, aber man hatte trotzdem immer das Gefühl, dass Murphy noch irgendwo da drin steckt und das Geschehen beeinflusst, auch wenn es zur Sache ging. Bei der Neuauflage direkt zu sagen, dass er "nur als Passagier mitfährt", hat es irgendwie wesentlich uncooler gemacht.
Unterm Strich kann man denke ich schon sagen, dass der Film etwas weichgespült und zu sehr seines Bisses und seiner Tragik beraubt wurde. Wie gesagt nicht, weil ich unbedingt einen blutigen Film ab 16 oder sogar 18 gebraucht hätte, sondern mehr wegen der Feinheiten. Ich hätte gerne mehr Dystopie gesehen, mehr offene und over-the-top Gesellschaftskritik und Satire (mit Korruption, Gier, Autoritarismus, Privatisierung, Raubtierkapitalismus der Großkonzerne...) und vor allem mehr und physischere Action. Die Schauspieler waren alle durch die Bank solide bis sehr gut, insbesondere Joel Kinnaman in der Hauptrolle. Nett zwar, dass sie im Soundtrack Basil Poledouris legendäres Titelthema nochmal anklingen lassen, aber auch das war irgendwie half-assed, weil es nie zur richtigen Stelle oder in voller Lautstärke gespielt wird. Pedro Bromfman kennt zu recht keine Sau, denn eigene Akzente konnte er hier überhaupt nicht setzen und hat den Job wohl ohnehin nur bekommen, weil er immer mit dem Regisseur zusammenarbeitet, wenn ich das noch richtig im Kopf habe. Stattdessen hätten sie lieber mal eine andere Hollywood-Größe mit nem neuen, einprägsamen Marsch rangelassen (Ramin Djawadi hätt ich mir gut dazu vorstellen können), denn gute Musik hätte hier schon eine Menge ausgemacht.
Ich würd also behaupten, der Film krankt vor allem an seinem Drehbuch und an seinem jungen, viel zu unerfahrenen Regisseur. Nicht auszudenken, wie abgefahren das hätte werden können, wenn Darren Aronofsky wie ursprünglich mal geplant gewesen ist Regie geführt hätte. Das Remake ist keinesfalls schlecht, und hat mir auch besser gefallen als das von Total Recall, aber es bleibt eben zu weit hinter dem Klassiker zurück. Und das ist schade, denn die Story und Themen sind absolut zeitlos und sie hätten mit etwas mehr Mut zu drastischeren Darstellungen und Plotdevices so viel mehr aus diesen rausholen können. Viel verschenktes Potential. Ferner auch deshalb traurig, weil ich der Franchise einen gelungenen Neustart und einige Sequels wirklich gegönnt hätte. Denn die Fortsetzungen zum Original waren damals furchtbar. Jetzt wäre die Chance gewesen, eine funktionierende Reihe mit kontinuierlicher Steigerung aufzubauen, vielleicht eine Trilogie. Das Remake funktioniert zumindest als Origin-Story mit den ausführlichen Entstehungsszenen ja ausgezeichnet, sodass man in einem zweiten Teil dann richtig hätte die Sau rauslassen können. Aber Pustekuchen. Bei den gemischten Kritiken und dem mäßig-schwachen Einspielergebnis wird das gleich wieder eingemottet werden.
Habe lange überlegt, ob ich mir den Film, der lange auf meiner Liste stand, auf Blu-ray kaufen sollte, habe mich nach der zweiten Sichtung über Amazon Prime jetzt aber dann doch dagegen entschieden.