-
Moderator
Das Problem bei Sexszenen sind für mich vor allem die peinlichen Beschreibungen. Ich meine sowas wie "ihr Busen bebte" und so weiter, diese furchtbaren Groschenroman-Formulierungen.
Aber das gleiche Problem habe ich auch mit Kampfszenen in billigen Fantasyromanen. Eigentlich immer, wenn der Autor eine "Filmszene" ohne die Geschichte vorantreibende Dialoge im Kopf hat und diese detailliert beschreiben möchte, aber nicht gut genug dafür ist. Warum klappt es aber anscheinend häufiger bei Kämpfen als bei Sex? Naja, bei Kampfszenen gibt es zwei Vorteile: erstens kann ein Autor auf Dinge zurückgreifen, die in anderen Werken funktioniert haben. Der Autor hat fast garantiert eine Vielzahl von Kampfszenen in anderen (guten) Büchern gelesen und dabei indirekt seinen eigenen Stil verfeinert - das ist bei Sexszenen oft so nicht gegeben. Zweitens gibt es eben den klaren Konflikt von Leben oder Tod, der Interesse bei den Lesern hervorruft. Und ich denke, dass man so etwas auch bei einer Sexszene braucht - irgendeinen Konflikt, irgendeinen Grund, warum das gerade interessant sein soll.
Ich glaube, dass Jugendliteratur deswegen tendenziell gute Beschreibungen von Sex beinhaltet. Weil es da häufig um den Konflikt des Erwachsenwerdens und des Entdeckens der eigenen Sexualität geht, und die Szenen oft eine gewisse Angst und eine gewisse Ehrlichkeit haben. Es ist einfacher, die Szene etwas bedeuten zu lassen bzw. der Leser ist eher dafür empfänglich.
Oder sage ich es mal so: Es gibt Genres, in denen Sexszenen eher "zuhause" sind als in anderen Genres. Ich glaube niemand hier wird sagen, dass Sexszenen in Liebesromanen ganz prinzipiell problematisch wären. Es hängt klar immer von der Umsetzung ab aber in einem Liebesroman oder einem Roman über eine Affäre ist das ja ein ganz zentrales Thema und das Problem liegt allein in der Qualität, nicht in der Frage warum die Sexszene überhaupt existiert. In Fantasy-, Kriminal- oder Sci-Fi-Romanen hingegen muss erst der entsprechende Rahmen geschaffen werden - die Frage "warum ist das hier gerade wichtig?" muss beantwortet werden, sonst kann die Szene nicht funktionieren. (Der erste Abschnitt meines Posts bezieht sich dementsprechend auf Sexszenen in solchen Genres.)
Und ja... generell glaube ich: Damit ich eine Sexszene gerne lese, muss sie extrem persönlich sein (wenn wir mal annehmen, dass sie tatsächlich romantisch/erotisch sein soll). Ich habe viele solche Szenen gelesen, die sehr bildlich beschrieben wurden, aber den Leser wie eine Kamera in einem Film als voyeuristischen Beobachter teilhaben lassen. "Sie nahmen die Missionarsstellung ein. Er drang in sie ein. Ihr Busen bebte. Sie stöhnte leicht." Das funktioniert nicht. Ich kann aber auch nicht genau sagen, wie es besser gehen würde. "Sexszene" impliziert ja, dass man schon eine Weile lang dabei ist und das Ganze nicht einfach mit "sie liebten sich auf dem Sofa" abhandelt und dann zum Pillow Talk übergeht (was ja die "elegante" Art wäre, wie ich sie aus einigen Literaturklassikern kenne).
Alles was mir einfällt, ist irgendwo humorvoll-distanziert. Weil Sex eine lustige Sache ist, gerade wenn es persönlich wird. Wenn man meine persönlichen Gedanken, während ich Sex habe, niederschreiben würde, wäre das zum Schreien komisch. "Er liebkoste sie, so gut er konnte, doch er war sehr abgelenkt von dem Schamhaar, das ihn unangenehm im Gaumen kitzelte."
Das würde mich übrigens interessieren, fällt hier jemandem eine längere Sexszene aus einem Literaturklassiker ein, der nicht aus dem Genre der erotischen Literatur ist? (Mir fällt gerade "Ulysses" ein aber da wird Sex, wie auch alles andere, eben sehr humorvoll-distanziert beschrieben.)
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
-
Foren-Regeln