Zu Ambitionen:
Na gut, "maßlos überambitioniert" ist vielleicht übertrieben, aber gemessen an dem, was Square Enix in dieser Generation bewerkstelligen konnte, wirkte es auf mich so, als ob man für Versus den Überblick verloren hat. Zu FFXIII hieß es noch, Städte in HD seien zu aufwändig. Gut, war vielleicht wirklich nur eine billige Ausrede. Aber für Versus nahm man sich bereits vor, riesige, zusammenhängende Areale zu erstellen, Kämpfe übergangslos in den Spielablauf einzubinden, die Umgebung durch Trigger-Events mit zu integrieren (man erinnere sich an die Szene, wo der Behemoth eine Brücke zerstört) Vehikel über die Landschaft zu verstreuen, vielleicht waren auch Random Events geplant, und alles natürlich in bester Grafik ohne Kompromisse. Und das ist nur das, worüber man geredet hat. Unmöglich ist das bestimmt nicht, aber es ging schon etwas über das hinaus, was mit der XIII-er Reihe erreicht werden konnte.
Und dass man bis 2011 (offenbar) noch keinen Punkt erreicht hat, an das Spiel hätte in weniger als zwei Jahren veröffentlicht werden können, spricht auch dafür, dass man sich zu viel auf einmal vorgenommen hat. Ja, FFXIII hat dank Crystal Tools länger gebraucht als gedacht, dann kam noch das XIVer Fiasko, dann wurde noch XIII-2 dazwischengeklemmt weil man das schneller fertig bekommen konnte, zuletzt kam dann noch LR dazu... auf der anderen Seite hatte SE irgendwann um 2010 oder 2011 noch gesagt, dass man nun voll in die Entwicklung eingestiegen sei. Selbst wenn man bis dahin nur auf Stromsparmodus gearbeitet hat, für den eindrucksvollen Auftritt von dem Spiel auf der First Department Premier hatte es gereicht. Mit dem Voice Acting hatte man auch schon begonnen.
Außerdem: Wenn die ganzen Zwischenfälle (Crystal Tools, XIII-2, XIV), die auch selbst verschuldet waren, dazu führen, dass sich Versus/XV immer wieder verschoben hat, dann heißt das unterm Strich, dass sich SE übernommen hat. Vielleicht nicht alleine mit dem Spiel, aber mit ihrem Programm insgesamt. Direkt zugegeben wurde auch nie, dass das eine mit dem anderen was zu tun hat, also dass Versus etwa wegen XIII-2 oder XIV sich weiter verzögern würde. Vielleicht war es ja so, aber wäre es dann nicht immer noch ein Zeichen dafür, dass SE den Überblick verloren hat, an wie vielen Spielen man gleichzeitig arbeiten kann?
All das ändert ja nichts an der Tatsache, dass Versus 2006 für PS3 angekündigt wurde, und acht Jahre später für PS4. Und ein Stück weit hängt das, möchte ich zumindest annehmen, auch damit zusammen, dass man sich für Versus so viel vorgenommen hat, dass man es in diesen acht Jahren nicht fertig bekommen konnte oder wollte.
Es hing zwar auch damit zusammen, dass XII so spät erschien, aber irgendwer hatte in einem Interview auch gesagt, dass die Tech Demo mit ausschlaggebend war. FFXIII war für die PS2 zwar wirklich noch nicht weit vorangeschritten, soweit man es hatte durchblicken lassen, insofern ist es bestimmt auch nicht ganz unvernünftig gewesen, auf die nächste Generation zu wechseln, aber dass danach überhaupt nichts mehr rund lief, zeigt ja, dass man bei SE diesen Schritt auch etwas blauäugig machte.Zitat von Gamabunta
Bei XV aber ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass es ganz im Plan lag, auf die PS4 zu wechseln. Ich erinnere nochmal daran, dass das letzte Bildmaterial von Versus gezeigt wurde, bevor es dann ein halbes Jahr später hieß, man würde Teile von Luminous verwenden, weil es damit so viel besser aussieht. Seitdem kam nichts mehr außer dem üblichen "es dauert nicht mehr lange/ habt noch etwas Geduld/ freut euch lieber auf XIII-2". Wenn SE nicht den Eindruck erwecken wollte, dass das Spiel allein aus grafischen Gründen sich verzögert, hätten sie es kaum schlechter anstellen können.
Vielleicht lief es wirklich darauf hinaus, dass das Spiel erst sehr spät erschienen worden wäre und es daher naheliegender war, auf die nächste Generation zu wechseln. Da scheint folgende Lösung doch ganz sinnvoll: eine Version für die alte, eine Version etwas später für die neue Konsolengeneration. Wie etwa bei Watch Dogs, Dragon Age 3, Destiny, Gran Turismo 6, FFXIV (!) und noch ein paar anderen. Kann natürlich sein, dass das überhaupt nicht vergleichbar ist, aber leicht nachvollziehbar finde ich es im Moment auch nicht, dass SE an einem Spiel jahrelang für die alte Generation arbeitet, und dann komplett auf die neue umstellt. Wenn ihnen die alte Generation nicht leistungsfähig genug war, dann stellt sich die Frage, woran genau das liegt, also in welchen Bereichen die alte Hardware zu einschränkend war. Dann würde ich aber noch die Frage dranhängen, wieso man sich für ein Spiel mehr vornimmt, als die Zielplattform zu leisten imstande ist (eine andere Auslegung von "überambitioniert"). Wenn das Spiel eh noch lange gebraucht hätte bis zur Fertigstellung, dann stellt sich für mich die Frage, was eigentlich bis dahin die ganze Zeit gemacht wurde, und welchen Umständen es geschuldet ist, dass man nicht nicht bereits viel weiter war zu dem Zeitpunkt, als man umstellte.
Ich würde gerne besser nachvollziehen können, wieso SE schon so lange an Versus sitzt. Dann könnte ich auch von solchen Schlussfolgerungen Abstand nehmen, dass man sich bei Agni's Philosophy nass gemacht hat und nochmal ein paar Jahre Entwicklungszeit draufsetzen wollte, damit Versus genauso gut aussieht, oder dass man bei dem Projekt immer mehr und noch mehr verwirklichen wollte, ohne darauf zu achten, dass es auch nochmal irgendwann fertig werden muss.
So einfach ist es ganz bestimmt nicht. Natürlich können da etliche andere Sachen sich im Hintergrund abspielen und SE hatte vielleicht auch wirklich gute Gründe für den Plattformwechsel. Aber wenn mal jemand ein Interview gibt (bei der bissigen, investigativen japanischen Videospielpresse), dann kommen immer nur die gleichen, hinhaltenden Antworten. Bessere Erklärungsversuche als solche ganz platten lässt das Unternehmen in letzter Zeit einfach nicht zu.