Die Frage ist mir in letzter Zeit öfters über den Weg gelaufen. Ich hab kommerzielle Rollenspiele gespielt, die keine JRPGs waren, mit jemanden über die Schwächen der JRPGs gesprochen und dann wieder ein paar Maker-Spiele mit JRPG-Gameplay gespielt. Früher bin ich ein eisenharter Verfechter der JRPGs gewesen, aber meine Einstellung hat sich im Laufe der Zeit geändert. Hauptsächlich aus der Perspektive eines Spielers, aber die beeinflusst ja auch die des Entwicklers.

Ich bin mit dem JRPG-Gameplay unzufrieden, wobei ich das gleich wieder relativieren muss, denn ich meine nicht jede Art JRPG-Gameplay, sondern hauptsächlich das Retro-Gameplay. Die letzten kommerziellen JRPGs, die ich gespielt hab, haben mir gefallen.

Am meisten stören mich wohl die Retro-Kampfsysteme. Die Community hat häufig darüber diskutiert, wie man diese Systeme taktischer machen könnten, doch das eigentliche Problem wurde dabei mMn selten angesprochen. Der Hauptgrund, warum diese Systeme nie wirklich taktisch sein können ist, dass sie statisch sind. Bewegliche Figuren erhöhen die Zugmöglichkeiten gleich gewaltig. Wenn ich viel kämpfen muss, werden die Retro-Kampfsysteme ziemlich schnell fade. Meine Formel gegen Langeweile heißt daher: Je mehr Gegner, desto mehr Hack'n Slay.

In letzter Zeit hab ich auch den Selbstbau-Charakter liebgewonnen. Die Spielfigur fühlt sich stärker wie die eigene Spielfigur an, wenn man Geschlecht, Klasse und Aussehen bestimmen kann und es freut mich mehr, wenn ich mir selbst aussuchen kann, mit wem die Spielfigur am Ende zusammenkommt. Konsequenterweise muss man den Spieler dann natürlich jede Entscheidung selbst treffen lassen und die Spielfigur dürfte nicht mehr reden, was sich auf die Geschichte auswirkt. Trotzdem könnte man mit so einer Figur immer noch eine Filmhandlung erzählen oder sie mit einer Gruppe durch die Welt ziehen lassen. Ich will jetzt nicht sagen, dass ich das für notwendig halte, nur, dass ich die Vorzüge von Selbstbau-Charakteren erkenne, was ich früher nicht getan hab.

Ich mag die lineare Filmhandlung immer noch, aber ich frage mich, ob man unbedingt das JRPG-Gameplay braucht, um eine zu erzählen. Wenn die Filmhandlung für mich den Reiz ausmacht, das JRPG-Gameplay aber eher ermüdet, wäre es ja nur konsequent, das Gameplay auszutauschen.

Das Thema ist auch aus der Sicht des Entwicklers interessant, denn ich muss ja schauen, womit ich mehr Spieler erreiche. Mir kommt es so vor, als ob sich die JRPGs immer mehr in eine Nische verkrümmeln und die Retro-JRPGs sind eine Nische in der Nische. Ich denke, dass in Deutschland Open-World-Rollenspiele weitaus beliebter sind.