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Thema: [Sky] Rollenspielthread #1 (Signatur aus)

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  1. #11

    Himmelsrand

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    Leise platschend schwappten die kühlen, kleinen Wellen gegen ihre nackten Knöchel. Das dunkle Wasser des Sees lag ruhig in der Abenddämmerung vor ihr und leichte, frische Frühlingsbrisen spielten mit Vesas offenen Haaren, während sie ihr einen Schauer nach dem anderen über die unbedeckten Arme jagten. Widerspenstig stellten sich die Härchen dort auf und ließen ihre Haut wie die eines gerupften Huhns erscheinen. Sie hatte sie vor der Brust verschränkt und hielt sich nahe den Ellbogen an den Oberarmen fest. Die leichte, helle Tunika, die sie trug, wärmte nicht wirklich, und auch wenn es ein erstaunlich milder Frühling war, der das Jahr 4Ä 201 kennzeichnete, so schien die Sonne in den Abendstunden der Tage der Zweiten Saat schnell an Kraft zu verlieren.
    Leichtes Zittern hielt den Körper der Jägerin gefangen, aber nicht nur die kalten Füße unter der ruhigen Wasseroberfläche oder die kühlen Windstöße riefen es hervor. Eine innere Unruhe und Kälte hielt sie in festem Griff. Weder verspürte sie Hunger oder Appetit, noch schaffte sie es, sich vom Anblick des Ilinalta-Sees im Schein der wolkenlosen, glutroten Abenddämmerung und seiner hypnotisierenden Wirkung loszureißen. Ihre Gedanken drehten sich seit Stunden im Kreis wie die Tänzer auf Volksfesten, nur nicht so unterhaltsam, und die Eingeweide verdrehten sich ähnlich wirbelnd ineinander. Es war Sorge, die sie plagte. Sorge, und Furcht.
    Verhaltenes Rauschen drang von hinten an ihre Ohren, als ob jemand durch das flache Uferwasser watete. Eine größere Welle brach sich an ihren Waden und schon im nächsten Moment spürte sie einen kräftigen Arm um ihre Taille liegen, der sie gegen die Seite eines kräftigen Körpers und seine Schulter drückte. „An was denkst Du?“ Darius‘ gedämpfte, dunkle Stimme unterbrach ihre Abwesenheit.
    „An meinen Vater.“
    „An was genau?“ Sie spürte, wie er mit dem Daumen der Hand an ihrer Seite sanft und langsam hin und her strich, als wollte er sie beruhigen. Es half nicht viel, das Zittern ihres Leibes hielt an und es kam ihr auch nicht in den Sinn sich zu ihm umzudrehen, die Arme auszubreiten und ihn festzuhalten.
    „Wie er meine Mutter getötet, Emilia vertrieben und unsere Familie zerstört hat.“ Die Bitterkeit in ihren Worten schnitt durch die Abendluft wie ein Messer durch Streichfett. Der Kaiserliche an ihrer Seite wusste es besser, als sie zu korrigieren. Natürlich hatte ihr Vater seine Gattin und ihre Mutter nicht direkt ermordet, das hatten andere wegen ihm getan. Auch Emilia, ihre Schwester, hatte er nicht direkt fortgejagt, sie war einfach weggelaufen. Aber am Ende kam es auf dasselbe hinaus und es blieb seine Schuld. Vesa fühlte sich jetzt in diesem Moment genauso einsam und verlassen wie in den Wochen und Monaten nachdem auch sie ihrem Vater den Rücken zugekehrt hatte – und das obwohl Darius direkt neben ihr stand.
    „Warum denkst Du an ihn?“ Ihr Geliebter tastete sich vorsichtig weiter in diesem Themenfeld voll Fallstricke. Es stand außer Frage, dass er wenigstens im Ansatz wusste, wie sie sich fühlte, aber wie so oft versuchte er sie zum Reden zu bringen. Ihr die Last, die ihre Schulten nach unten zog, zu nehmen und mit ihm zu Teilen.
    „Weil …“ Ihr blieben die Worte im Hals stecken.
    „Weil?“ Er flüsterte in zwischen, ganz nahe an ihrem Ohr und küsste sie seitlich auf den Hinterkopf. Die sonst immer beruhigend wirkende Geste sorgte in diesem Moment nur für ein verstärktes Gefühl, als rührte ihr eine eiskalte Hand im Bauch herum. Vesana senkte den bis dahin starr auf die ebenholzfarbene Wasseroberfläche gehaltenen Blick. Heiße Tränen brannten ihr in den Augen und lösten sich mit dem nächsten Blinzeln, als ihr Kinn auf dem Brustbein ruhte. Vergeblich versuchte sie so das Zittern des Kiefers und der Lippen zu unterdrücken.
    „Weil Du mich genauso allein lassen willst“, fand sie schließlich den Mut, es auszusprechen und legte gleich darauf den Kopf in den Nacken. Das salzige Wasser ließ ihre Sicht verschwimmen, aber der feuerrote Himmel strahlte noch immer über ihnen – ein schöner Anblick, für den sie im Moment nichts übrig hatte.
    „Vesa …“ Darius klang hilflos, ein wenig verzweifelt vielleicht, als würde ihm ein Ansatz fehlen, mit ihr umzugehen und sie zu beruhigen. Sie merkte aber auch, dass ihn ihre Worte sehr trafen und sich eine Note des Schmerzes in seine Stimme hineingeschlichen hatte. Er trat vorsichtig um sie herum und stellte sich vor sie, doch sie wand das Gesicht ab, schaute an ihm vorbei auf das Wasser und auch als er sie an sich drückte, lösten sich ihre Arme nicht aus ihrer Umklammerung umeinander. Jede Veränderung ihrer Haltung musste er mit sanfter Gewalt herbeiführen. Erst trennte er ihre Arme, dass sie kraftlos an ihren Seiten hingen, dann legte er ihren Kopf gegen seine Schulter und hielt sie mit der einen Hand fest, während die andere durch ihr Haar zu streichen begann. „Das ist nicht … gerecht“, erwehrte er sich ihres Vorwurfs. Natürlich sprach er die Wahrheit und dieser Umstand ließ sie sich noch weiter in sich zurückziehen. Lediglich ein heftiges Zucken, als der erste Schluchzer ihrer Kehle entschwand, verriet dem Kaiserlichen ihren Gefühlszustand. Die Augen fest zusammengekniffen rollten ihr dennoch dicke Tränen aus den Winkeln und über die Wangen hinab. Sie schlugen zweifelsohne schwer auf seiner nur von dünnem Stoff bedeckten Schulter auf.
    Ihr Geliebter drückte sie fester an sich und erst in diesem Moment brach Vesas Widerstand. Ihre schlanken Finger krallten sich an Darius‘ Seiten fest wie die Füße eines Adlers in seine Beute. Sie krampften regelrecht, als weiteres Zucken durch ihren Leib fuhr und sie die immer häufiger werdenden Schluchzer kaum noch zu unterdrücken vermochte. Dazu kam das heftigere Zittern, als sich die Kälte des Wassers langsam an ihren Beinen emporarbeitete und die Sonne, den Nachthimmel freigebend, weiter hinter den Bergen und Wäldern verschwand. „Heh.“ Er versuchte, sich etwas von ihr zu lösen und das Gesicht in seine großen Hände zu nehmen, doch sie schlang die Arme fester um ihn und drückte sich an ihn.
    Heftiges Pochen in ihrer Brust ließ die Rippen schmerzen und das Luftholen fiel ihr schwerer. Es war, als würde ihr Körper in Ohnmacht fallen und ihr die Kontrolle entziehen, nur dass sie das Bewusstsein behielt. Anstatt zu versuchen, sie anzuschauen, schob ihr Darius nun die kraftvollen Arme unter das Gesäß und hob sie hoch. „Lass uns wenigstens aus dem Wasser gehen. Du erfrierst sonst noch“, erklärte er sich. „Dann reden wir, einverstanden?“ Vesana antwortete nicht, ließ ihn aber auch widerstandslos gewähren.
    Wenig später setzte er sich ins Gras am ebenen Ufer und schob seine Beine an ihr vorbei. Wie ein Strauß geknickter Blumen lehnte sie gegen ihn. „Vesa … Ich kann nicht einfach hierbleiben und die Möglichkeit verstreichen lassen, Marius zu befreien“, setzte er schließlich an, als er durch zartes Streicheln ihres Rückens und Kopfes wenigstens das Schluchzen etwas eingedämmt hatte.
    „Ich weiß …“ Sie zog den Rotz hoch, als sie merkte wie schwer es ihr fiel zu sprechen.
    „Dann weißt Du auch, dass ich Dich nie im Stich lassen würde, wie Dein Vater“, flüsterte er weiter. „Ich lüge Dich nicht an und meine Verpflichtung gilt einzig und allein den Menschen, die mir am nächsten stehen: Meiner Familie – Dir, und meinem Bruder.“ Seine Worte wirkten niederschmetternd. Nicht, weil es die Jägerin nicht berührte, sondern weil es ihr bewusst werden ließ, wie weh sie ihm getan hatte, als sie ihm in ihrem Schmerz vorgeworfen hatte, wie ihr Vater zu sein.
    Vesa löste sich vorübergehend aus seiner Umklammerung, drehte sich seitlich und zog die Beine ein. Ihre Schulter unter seinen Arm klemmend, legte er diesen um sie, während sie ihren Kopf an seinem Hals vergrub. „Ich will nicht, dass Du gehst“, entrang es sich ihrer Kehle, rau und fragil wie ein Kartenhaus.
    „Ich weiß. Mir bleibt nichts anderes übrig. Ich kann meinen Bruder nicht einfach in den Fängen der Silbernen Hand lassen.“ Sie schwieg. „Das verstehst Du doch. Für Emilia würdest Du doch dasselbe machen.“
    „Ich will mitkommen.“
    „Nein.“ Seine sonst weiche, einfühlsame Stimme gewann plötzlich an bestimmender Festigkeit, die sie erschrecken und ihr Herz einige unangenehme Sprünge mit langen Pausen dazwischen vollführen ließ. „Versprich mir, dass Du mir nicht folgen und auch nicht später nachkommen wirst.“
    „Warum?“
    „Weil ich mich sonst auch noch um Dich sorgen müsste und das würde eher dazu führen, dass keiner von uns zurückkehrt. Wenn Marius noch lebt, muss ich mich auf ihn konzentrieren, um ihn lebend herauszuholen. Bist Du dabei, kann ich das nicht.“ Wieder antwortete die Kaiserliche nicht, spürte aber wie der Griff ihres Freundes sich verfestigte. „Versprich es mir, Vesa. Bitte versprich es mir.“ Sie atmete tief durch, oder versuchte es zumindest. Viel mehr als ein klägliches Rasseln bekam sie nicht zustande. Schwindelgefühle hielten sie gefangen und es fühlte sich so an, als würde Darius unter ihr davonschwimmen wie Treibgut unter einem Ertrinkenden.
    „Hm“, bekam sie schließlich heraus.
    „Bitte sage mir, dass Du es versprichst.“
    „Ich … verspreche es.“ Er küsste sie lange auf den Kopf und strich ihr durchs Haar. Ein nur teilweise angenehmer Schauer rann ihr den Rücken hinab.
    „Danke“, flüsterte er nun wieder.
    „Es ist Selbstmord.“
    „Nicht mit den Resten meines alten Rudels. Wir können das schaffen.“
    „Es stinkt nach einer Falle. Nach all der Zeit kommen sie plötzlich wieder und wollen Deine Hilfe. Und erst als Du ablehnst, sagen sie, dass Dein Bruder gefangen gehalten wird …“
    „Welchen Grund hätte auch nur irgendein Werwolf einen anderen der Silbernen Hand zu übergeben?“, konterte Darius. „Die Hand geht keinen Handel mit Wandelwesen ein.“ Wieder hatte er Recht, aber das beruhigte Vesana nicht. Sie wollte ihm sagen, dass er ihre Hilfe gebrauchen könnte, dass er nicht auf sie aufpassen musste, sondern das gut selbst konnte. Doch biss sie sich auf die Zunge. Es war zu spät dafür, seine Entscheidung gefällt und ihr Versprechen gegeben.
    Zum ersten Mal, seit er ihr von seinem Vorhaben erzählt hatte, schaute die Kaiserliche ihren Geliebten wieder an. Auf wenige Handbreiten Abstand gegangen, blickte sie ihm ins von dunklem Haar eingerahmte Gesicht. Die Sterne und die kurz vor Halbmond stehenden, zunehmenden Monde warfen silbernes Licht auf sein Antlitz. Die lange, dünne Narbe in der linken Gesichtshälfte zeichnete sich als etwas dunklerer Strich ab. Zaghaft und gequält versuchte er ihr ein Lächeln zu schenken. Mit den kraftvollen Händen strich er ihr einige Strähnen hinter die Ohren und wischte mit den Daumen die Tränen unter ihren Augen von den Wangen. „Lass uns einen Moment nicht mehr daran denken. Du weißt, dass ich Dich nicht hier zurücklassen würde, wenn ich es nicht für absolut notwendig befinden würde. Und ich würde mich freuen, wenn Du mir auch dieses Mal das Vertrauen schenkst, das Du auch sonst in mich hast.“ Sein schmales Lächeln gewann an Kraft und Aufrichtigkeit, als würde er sich all ihrer gemeinsamen Momente erinnern während er sprach.
    Die Jägerin legte ihre Linke auf seine Rechte, die noch immer an ihrem Gesicht ruhte und schob sie näher an ihren Mund heran. Ohne die Augen von seinen zu nehmen, küsste sie ihn auf den Handballen und legte seine Hand von ihrer Umklammert in ihren Schoß. „Danke“, wisperte er. Unfähig zu sprechen, mit einem dicken Kloß im Hals, und zahllosen Tränen, die ihr über die Haut perlten, schaute sie ihn an. Im zuliebe versuchte sie sich an einem Lächeln, scheiterte aber vorerst. „Noch bin ich hier und ich werde nicht lange fort bleiben“, versuchte er sie aufzumuntern und legte seine Hand auf ihre Hüfte. Kurz warf er einen Blick hinauf zum Himmel und zu den beiden Monden. „Lass uns die Nacht noch ein bisschen genießen und Dich auf andere Gedanken bringen, ja?“ Er schaute sie wieder ein und trug ein schmales Grinsen auf den Lippen, das seinen festen Zügen etwas Raubtierhaftes, Herausforderndes verlieh. Seine Augen durchbrachen dieses Bild jedoch wie Risse ein altes Gemälde. In ihnen spiegelte sich etwas, dass nichts mit der verlangenden Selbstsicherheit seiner Mimik gemeinsam hatte. Sie glitzerten feucht und wirkten auch für die silberne Dunkelheit der Nacht unnatürlich geweitet. Angst schimmerte in ihnen, wie in den Augen eines erlegten Tieres kurz bevor es starb.
    „Ich weiß nicht …“ Eigentlich wollte sie lieber noch eine Weile ruhig in seiner Nähe verbringen, seinen Duft, seine Wärme und das Gefühl der Geborgenheit in sich aufsaugen, bevor er aufbrach. Vesana wollte das Gefühl verdrängen, dass sie ihn so schnell nicht wiedersehen würde. Andererseits hatte Darius wieder einmal Recht, dass es verschwendete Zeit war und sie sie lieber noch etwas genießen sollten. Zumal auch er wohl noch etwas Ablenkung gebrauchen mochte.
    Ohne ein Wort zu sagen, beugte er sich vor, küsste sie auf den Mund und drängte sie verlangend zu Boden. Während sich ein überraschtes Quieken ihrer Kehle entwand fixierte er ihre Hände an den Handgelenken im kühlen, feuchten Gras neben ihrem Haupt. Er löste sich nicht von ihren Lippen während er sich gänzlich über sie schob und verhinderte, dass sie sich befreien konnte. Jeden der immer schneller werdenden Herzschläge, den die beiden so verbrachten, trockneten die Tränen der Kaiserlichen weiter aus und sie begann die wilde Zärtlichkeit zu erwidern. Die Augen geschlossen spürte sie, wie es ein breites Lächeln auf die groben Lippen ihres Liebsten zauberte und wie es sie mitriss.
    In einer schnellen, eleganten Bewegung zog Vesa die Beine an, drückte sie von unten gegen Darius‘ Oberkörper und schob ihn von sich. Überrumpelt keuchend fiel er zur Seite von ihr hinunter. Schnell rollte sie sich hinüber und kniete nun direkt über ihm, auf seinem Bauch sitzend und seine Hände fixierte sie, indem sie ihre Finger mit den seinen verschränkter. „Darius Gallean, Ihr habt gelegentlich höchst kuriose Anwandlungen“, tadelte sie ihn und blickte auf ihn hinab. Noch im selben Augenblick begann er jedoch zu lachen und sie entblößte die Zähne in einem breiten Grinsen.
    „Mag sein, Fräulein Calvianus.“ Unvermittelt zog er ihre eine Hand so zurecht, dass er mit den Fingern der anderen Hand trotz deren Verschränkung mit ihren eigenen ihr Handgelenk zu fassen bekam. So fixiert befreite er sich schließlich teilweise und nutzte die nun freie Linke, um hier in den Bauch zu kneifen. Sofort zuckte Vesana und wand sich, um seinen kraftvollen Fingern und ihrer kitzelnden Gefahr zu entgehen.
    „Lass das!“, forderte sie, doch anstatt zu gehorchen setzte er sich auf und warf sie auf den Rücken. Zwar befreite die Jäger währenddessen ihre Hände, aber gegen seine viel kräftigeren Arme konnte sie sich nicht erwehren und so rollte sie an den Beinen auf den Boden gepresst von der Hüfte aufwärts hin und her, quiekend und kichernd wie irgendein Kind, das von seinem Bruder ausgekitzelt wurde. „Hör … auf!“, forderte sie in den Momenten, in denen sie einmal kurz Luft holen konnte.
    „Nein“, lachte er. „Niemals!“ Während sie sich durch das Gras wälzte, begann irgendwann ihr Bauch zu schmerzen und die Lungen brannten, aber nicht unangenehm. Wäre es nicht Nacht gewesen und hätte Darius ihre Tunika hochgeschoben, ihre Haut hätte wohl feuerrot geschimmert. Aber zum Glück kitzelte er sie noch durch den Stoff, was den Effekt wenigstens geringfügig abmilderte.
    Das änderte sich jedoch im nächsten Moment. „Darius, nein!“ Allerdings war es schon zu spät. Seine Hände schob er unter ihre Tunika und zwickte sie auf Höhe des Nabels quer über den Bauch. Durch den Stoff geschützt bekam sie seine Arme nun noch weniger zu fassen und ihre Gegenwehr erstarb zunehmend, während sie immer weniger Luft bekam und sich krümmte und wand wie ein kleiner Regenwurm an der Erdoberfläche. Während ihr Geliebter lachend seine teuflische Folter fortsetzte, glitt Vesanas Blick über den nächtlichen Himmel und blieb an den kaum noch sichelförmigen Monden hängen. Ein tiefes Knurren rollte ihren Hals hinauf und Darius brach für einen Moment ab, bevor er lachend nach hinten umfiel und sich im Gras krümmte.
    Unteressen hievte sich die Jägerin auf die Füße und hielt sich den Bauch, während sie in Richtung See flüchtete. „He! Nicht weglaufen! Ich bin noch nicht fertig!“, rief ihr der kräftigere Kaiserliche hinterher, doch sie hörte nicht. Im Laufen zerrte sie sich ihre Tunika über das Haupt vom Leib und eilte platschend in die schwarzen Fluten des Ilinalta-Sees. Als ihr das Wasser bis über die Knie reichte, tauchte Vesa in einem flachen Kopfsprung in die Fluten ab. Die Kälte des Wassers kroch ihr schnell unter die Haut und begann bereits zu zwicken, noch bevor sie überhaupt wieder aufgetaucht war. Sie zögerte dies aber ohnehin noch etwas hinaus und gab sich stattdessen dem silbernen Schein hin, der sich an der Wasseroberfläche über ihr in den zahlreichen kleinen Wellen brach.
    Das Knacken der sich verschiebenden, ausdehnenden Knochen klang von den Fluten gedämpft nur wie etwas lauteres Rauschen der Wassermassen. Dafür verschwand die Kälte, als ihre Haut sich verfestigte und dunkles Fell hervorwuchs. Außerdem klarte sich ihre Umgebung allmählich auf und ihr Herzschlag hallte mit einem Mal laut und aufgeregt in ihren Ohren wider, als schließlich auch ihre Sinne an Sensitivität gewannen.
    Die Wölfin tauchte einen Moment länger unter der Oberfläche zurück in Richtung Ufer, allerdings etwas abseits der Stelle, wo sie zuvor in den Fluten verschwunden war. Langsam und leise schälte sie sich aus dem Wasser, bis sie Darius entdeckte der ratlos in der Nacht stand. „Vesa?“, rief er. Ein wenig sorgenvoll schien er ihr schon zu sein, was sie dazu veranlasste die Lefzen in einem animalischen Grinsen zurückzuziehen. Leise knurrte sie und verließ das Wasser lautlos. Mit trockenem, festem Boden unter den Füßen beschleunigte die Kaiserliche drastisch. „Vesa, wo bi-“, Darius brach ab, als sie ihn ansprang und zu Boden riss. Es mochte für einen Außenstehenden sicherlich gefährlich und aggressiv wirken, doch es handelte sich vielmehr um eine Geste der Zuneigung, denn kaum lag er im Gras schleckte sie ihm quer über das Gesicht. „So ist das also!“, stieß er aus und versenkte seine Finger im Fell hinter ihren Ohren.
    Mit kreisenden Bewegungen massierte er sie dort. Die Augen geschlossen hielt sie regungslos über ihrem Liebsten inne, tropfte ihn nur von Kopf bis Fuß voll, genoss ansonsten aber seine Zärtlichkeit. Ihr Herz raste und sämtliche Kälte schien wie weggeblasen. Stattdessen wurde ihr regelrecht heiß. Doch sehr lange hielt sie nicht aus. Ruckartig sprang sie von ihm hinunter und rollte sich in einigen Schritten Entfernung ab. Dort wandte sie sich Darius zu und wedelte auf allen Vieren mit dem buschigen Schwanz hin und her wie ein Hund der darauf wartete, dass sein Herrchen den Stock ein weiteres Mal warf. Der Kaiserliche lachte, als er sich aufrichtete und sie anschaute. Provozierend knurrte die Wölfin ihn an, ruckte kurz näher an ihn heran, schnappte mit den Kiefern und sprang dann wieder zurück. „Schon gut, ich habe begriffen!“, lachte der ziemlich nass gewordene Mann und begann damit den Gürtel um seine Tunika zu lösen.
    Sie beobachtete ihn dabei, wie er sich vollständig entkleidete. Seinen kraftvollen, muskulösen Körper in all seinen hellen Graustufen musternd, glitten ihre wachen Augen von dem bärtigen Gesicht über seine breiten Schultern und die Brust mit der langen Narbe vom rechten Schlüsselbein bis quer hinab zum Herzen. Es schloss sich der stramme Bauch an und bevor ihre Augen mit verlangendem Forscherdrang, begleitet von rolligem Knurren, weiter an ihm hinabgleiten konnten, begann er mit seiner Transformation. Fasziniert blieb ihr Blick auf ihm haften, während sich Darius krümmte und sich seine Proportionen verschoben. Seine Haut dunkelte ab, dunkler noch als ihre eigene, das Fell kohlrabenschwarz und die Augen leuchtendgelb mit einem Schimmer von Nussbraun an den Rändern. Er überragte sie wie auch als Mensch etwa um einen halben Kopf und als die Muskelspasmen schließlich abklangen, kam er langsam zu ihr hinüber.
    Vesana überwand ihre Starre im Anblick seiner imposanten Wolfsform und sprang ihn an. Knurrend und sich durchs Fell schleckend rollten die beiden Werwölfe über die Wiese wie ein einziges Knäul als Armen und Beinen. Erst als sie im Wasser des Sees landeten lösten sie sich. Kurz voreinander stehend war es Darius, der sich zuerst wieder in Bewegung setzte und auf den nahen Wald am Rand der freien Wiesenfläche am Ufer zu spurtete. Die Kaiserliche folgte ihm und holte schnell auf.
    Kopf an Kopf hasteten sie durch den dichten Wald, sprangen auf größere Felsen, nutzten Bäume um sich weiter vorwärts zu katapultieren und ignorierten niedrige Zweige und kleinere Tiere, die in ihrer Nachtruhe gestört erschrocken das Weite suchten. Erst ein großer Hirsch zog ihre Aufmerksamkeit auf sich, nachdem sie bereits einige Rehe links liegen gelassen hatten. Darius und Vesana kreisten ihn im Unterholz als lautloser Tod ein und ohne, dass es eines Signals bedurfte, sprangen sie das prächtige Tier gleichzeitig an. Während einer von ihnen ausgereicht hätte, um ihn umzuwerfen, hörte sie wie unter dem doppelten Druck die Rippen des Hirsches nachgaben, als er nicht einfach umfallen konnte.
    Ihm fehlte die Kraft zum Heulen oder Schreien, während die Wölfe mit langen, ausgefahrenen Klauen in seinen Flanken hingen wie Zecken. Vesa ließ sich etwas nach unten rutschen, zog dabei tiefe Schnitte hinter sich her, und schnappte gleich darauf nach der Kehle ihrer Beute. Ihr Liebster versuchte diese stattdessen im Genick zu erwischen. Der Kampf dauerte nicht lange. Durch Blutverlust, Schmerz und das zusätzliche Gewicht geschwächt ging ihr Opfer in die Knie und schon im nächsten Moment versanken die scharfen Reißzähne der Wölfe in seinem Hals. Schnell machten sie sich über den noch warmen Kadaver her.
    Ab und an schubsten sie sich gegenseitig zur Seite und knurrten sich an, nur um sich gleich darauf durch das Fell zu lecken oder an den spitzen Ohren zu knabbern. Ihre buschigen Schwänze rangen miteinander während sie nebeneinander auf allen Vieren stehend die Haut des Hirsches zerlegten, das Fleisch der Flanken unter sich aufteilen und gemeinsam die Rippen aus dem Weg zerrten. Darius wühlte sich als erster durch die Eingeweide und zog irgendetwas mit seiner blutverschmierten Schnauze aus dem entstellten Körper. Vesa erkannte es als das große, kraftvolle Herz ihrer Beute. Der Kaiserliche ließ es fallen und zog sich einen Schritt zurück, während sie ihn beobachtete. Kurz stupste er den noch zuckenden Muskel mit der Nase an und hielt das Haupt dann gesenkt. Eine regelrecht unterwürfige Geste. Aufgeregt knurrend und sich ihm direkt gegenüber mit einem schnellen Satz in Stellung bringend, schlug die Wölfin dann ihre Fänge in die Lebenspumpe und schlang sie hinab.
    Gleich darauf sprang sie Darius an, riss ihn zu Boden und kugelte mit ihm durch das Unterholz, heulend und sich gegeneinander reibend. Sie lösten sich aber bald wieder voneinander und rannten abermals los. Die Nacht war jung, ihr Appetit groß und die Zeit knapp.

    Leises Rascheln veranlasste Vesana dazu, die Augen zu öffnen. Von einer molligen Wolldecke bedeckt und die Haare wild über Gesicht und Nachtlager aus zahlreichen neben- und übereinanderliegenden Tierfellen verteilt, holte sie in einem langgezogenen Seufzen Luft. „Entschuldige, ich wollte Dich nicht wecken.“ Darius dämpfte seine Stimme, als wolle er das komfortable Halbdunkel ihres Schlafraumes nicht vertreiben.
    Die Kaiserliche ordnete ihr Haar mit einigen Handstrichen soweit, dass es ihr wenigstens nicht mehr ins Gesicht fiel und setzte sich auf. Die Decke legte sie sich um die nackten Schultern und wickelte sie um die angezogenen Beine. „Wie spät ist es?“, fragte Vesa und rieb sich den Schlafsand aus den Augen.
    „Früher Morgen. Die Sonne ist noch nicht aufgegangen, braucht aber sicher nicht mehr lange.“ Ihre Augen wanderten über den Leib ihres Geliebten, mit dem die Jägerin in der letzten Nacht noch einmal eine intensive und befreiende Zeit verbracht hatte, stellten aber mit stillem Bedauern fest, dass er bereits Hose, Stiefel, Tunika und leichte Lederrüstung trug. Sofort verkrampften sich ihre Eingeweide und es fühlte sich an, als wich ihr sämtliche Farbe aus der Haut.
    Darius verstaute gerade noch ein Paar Handschuhe in einem Felleisen, bevor er erneut zu ihr aufschaute und mit gesenkten Augenbrauen ihren wohl entglittenen Gesichtsausdruck bemerkte. Langsam setzte er sich vor sie auf die vielen Lagen Felle, mit denen sie die hintere Hälfte einer Kammer in ihrem beschlagnahmten Blockhaus wadenhoch ausgelegt und so eine echte Spielwiese geschaffen hatten. Im spärlichen Morgenlicht, das durch ein winziges Fenster oberhalb der Nachtstatt ins Innere fiel, wirkte Darius ausgesprochen trübsinnig, seine dunklen Augen nahezu unergründlich. Falten zeichneten seine Stirn, die Kiefermuskulatur wirkte angespannt und die Nasenflügel waren geweitet. Es war unverkennbar, dass ihm der Abschied nicht gefiel, er sich aber gleichzeitig verpflichtet fühlte aufzubrechen und sie hier zu lassen. Die Pflicht seinem Bruder gegenüber trieb ihn an, während jene Vesa gegenüber ihn zum Bleiben zu bewegen suchte.
    Er strich ihr eine Strähne hinters Ohr und beugte sich vor sie zu küssen. Zwar erwiderte sie die Geste, doch es fiel ihr schwer, dem nachzugeben. Mit den freien Händen versuchte sie ihn festzuhalten, als er sich von ihr löste und ihr ein trauriges Lächeln schenkte, doch fehlte ihren Fingern die Kraft. Seine Augen wirkten schmerzerfüllt, während sein Mund Zuversicht zu signalisieren versuchte. Im nächsten Moment griff sich der Kaiserliche in den Nacken und streifte eine glitzernde Halskette von sich, an der ein Amulett in der Form eines Hirschkopfes baumelte. In einer fließenden Bewegung beugte er sich abermals vor, seine Lippen streiften ihre Stirn, und legte ihr den Talisman um. Vesanas Lippen bebten unkontrolliert und sie spürte abermals das salzige Brennen von Tränen in ihren Augen. „Den will ich wiederhaben“, flüsterte Darius und schaffte es diesmal ein Lächeln voll Hingabe und Zuneigung zustande zu bringen. Zwar vermochte es nicht seine eigene Sorge und das Bedauern gänzlich zu vertuschen, aber er schien nun wieder gefasster. Die Befürchtung, dass er ihr sein Familienamulett womöglich nur deswegen gab, damit es im Ernstfall nicht in einer Schatztruhe der Hand verstaubte, und nicht als Versprechen wiederzukehren, versuchte sie möglichst tief in eine dunkle Ecke ihres Verstandes zu drängen. Aber die Eiseskälte, die sie mit diesem Gedanken verband, sandte dennoch unangenehme Stiche durch ihren Bauch.
    „Geh‘ nicht!“, flehte Vesana mit so stark zitternder Stimme, dass es schien als würde sie jeden Augenblick zerspringen wie Glas.
    „Ich muss. Aber ich verspreche Dir, dass sie mich nicht kriegen werden und wir uns bald wiedersehen.“ Damit erhob er sich und schulterte den Tornister, an dem außen je ein Bogen, Köcher und Schwert hingen. Die Züge des Kaiserlichen mit den schwarzen Haaren im Linksscheitel und dem gepflegten Kantenbart verschwammen vor ihren Augen, als die ersten Perlen ihre Wangen hinabrannen.
    „Nein, bleib!“, rief sie ihm nach, als er durch die Tür verschwand und sie im Halbdunkel wie eingefroren allein zurückblieb. Er hörte nicht, schloss die Eingangstür des kleinen Hauses und war fort.



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    Geändert von Bahaar (19.04.2014 um 15:47 Uhr)

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