Ich würde Wild Hunt jetzt aber nun wirklich keinen Strick daraus drehen, dass man mit den ersten, wirklichen kleinen Nebenaufgaben des Prologs nicht klarkommt. Ist gerade bei der Größenordnung des Spiels arg verfrüht, speziell, wenn hinter Nebenaufgaben weit mehr stecken wird, als die bloße Suche nach dem passenden Schildträger. Alleine die frühe „Ein Turm voller Ratten“-Quest oder eigentlich der ganze optionale Blutiger Baron Questzweig hieven den Begriff Nebenaufgabe auf ein wunderbares Level, von denen sich mancher einer echt eine Scheibe abschneiden kann. Dass es dennoch die ein oder andere wirklich kleine Quest gibt, in der man bspw. nach Perlen tauchen darf lässt sich wohl nicht vermeiden, wenn man eine derart hübsche Welt mit Leben füllen will. Fairerweise muss ich aber sagen, dass sogar diese kleinen Geschichten storytechnisch stärker sein können, als manche Hauptquest von Konkurrenzspiel X. Alleine die Schlusspointe von der Perlentaucherquest ist dafür ein extrem gutes Beispiel. Ich hatte zumindest einen Kloss im Hals. Desweiteren werden weitere Quests sehr wohl während längerer Gespräche eingeleitet, Gespräche in denen dein Gegenüber die Gunst der Stunde nutzt und den Hexer um weitere Unterstützung bittet. Es kommt nicht selten vor, dass parallel zu einer gespielten Handlung sich weitere Quests ergeben, denen man folgen kann, aber nicht muss. Soviel zum organischen

Wie dem auch sei: Nach ein paar Stunden und bei deinen erwähnten Beispielen dürftest du dich noch im Prolog befinden, genaugenommen in Weissgarten (und nicht auf Skellige, wie du geschrieben hast). Wenn dir da schon nicht gefällt, wie die Leute auf dich zugehen, dich herbeirufen oder Quests mit dem Anschlagbrett eingeleitet werden ist das ganze Spiel wohl nichts für dich, da alles Kommende zwar „größer“, „weitreichender“ und für die Welt „wichtiger“ aufgezogen wird, sich an den gängigen Mechaniken und Auftragsarten nicht viel ändern wird. Du wirst eher durch den Fortschritt der Handlung überrascht und ans Spiel gebunden, durch die organisch extrem hübsch strukturierte Welt ans Pad gefesselt und durch die (Haupt)Figuren zum weiterspielen bewegt, als durch extrem anspruchsvolle Spielmechaniken. Ich würde mir da wirklich überlegen, wo deine Spieleschwerpunkte liegen und nicht, ob das populäre Spiel auch wirklich zu deinen Vorlieben passt.

Es ist zumindest nicht verwunderlich, wenn man ein Spiel kritisiert, dass in einer extrem großen Bandbreite extrem gut angenommen wurde und sogar bei DLC-Support und kostenpflichtiger Addons beweißt, wie man derlei Post-Release-Support richtig angeht und dann etwas zurückkommt. Gegenwind ist da immer zu erwarten, da es nahezu unverständlich ist, wie man versucht, hier und da etwas Kritisches zu finden, und das dann noch über die ganzen Vorzüge stellt („arrangieren“ klingt trotz vorangestellter guter Absichten doch eher negativ). Zumindest kommt es so rüber. Klar, The Witcher hat auch den ein oder anderen Makel (z.B. könnte das Kampf-Gameplay etwas variantenreicher sein), aber insgesamt ist es wohl eher unter den Vorzeigebeispielen seines Genres zu verbuchen. Alleine weil es CDPR geschafft hat im Rahmen einer Open World richtig gute teils optionale Geschichten zu erzählen.

Und ich würde dir raten, die ein oder andere GPS-Funktion wirklich an zu lassen. Klar, wenn man es pur spielen will, ist man schneller auf verlorenem Posten, als man eine elfische Sage rezitieren kann, aber gerade bei den Entfernungen und der wild und organisch (!) aufgebauten Welt (Enviromental Storytelling ist auch ein gutes Stichwort) dürfte es sich als schwierig erweisen, mal den richtigen Anfang einer Quest zu finden, wenn zwischen Start und Gespräch ein extrem langer Ritt liegt. Denn, wie gesagt, du dürftest noch in Weissgarten sein. Velen, Novigrad und Skellige sind ganz andere Kaliber und dort ist man sicherlich froh, dass man nicht „immer“ den Weg über die Menü-interne Map gehen muss - kommt dennoch vor und das trotz eingestellter Hilfen. Der jederzeit einstellbare Kompass, samt Minimap und ausgestellter Routenfindung bei eingestelltem Questmarker tut es aber auch, um die durchweg ereignisreichen Nebenquests zu erleben.