Vader war fertig und besiegt. In den letzten Sekunden seines Lebens sehen wir gerne, dass die gute Seite in ihm am Ende gewonnen hat, aber das entschuldigt nicht, was er alles an Grausamkeiten tat. Stell dir vor, Anakin/Vader hätte überlebt, das hätte auch garantiert für massive zwischenmenschliche Probleme gesorgt

Der Punkt ist, wir mochten ihn als Bösewicht, und der war er für 99,9% seiner Zeit als Darth Vader. Die Kenntnisse der Prequels hatten wir am Anfang ja eigentlich auch noch gar nicht. Das mit Obi-Wan war zwar fies, aber andererseits hatten wir den im selben Film gerade erst kennengelernt, und in den Fortsetzungen wurde es auch noch dadurch relativiert, dass er als munterer Machtgeist zurückkehrt.
Vergleiche das mit der Ermordung von Han Solo! Einem Charakter, den wir über
vier Filme lang verehrten. Einer der Kronjuwelen dieser Saga. In der subjektiven Handlungswahrnehmung des Publikums ist das um einiges heftiger als wenn Vader die namenlosen Mini-Jedis umbringt, denn dafür bleibt er nicht in Erinnerung. Kylo Ren ist ein unfertiger Schurke, der seinen Job bis jetzt nicht sehr überzeugend (-> überlegen) durchgeführt hat. Diese Tat hat ihn aber dermaßen weit auf die dunkle Seite katapultiert, dass ich mir nur schwer vorstellen kann, dass er da so leicht und schnell wieder herauskommt, ohne dass es irgendwie unangebracht wirken würde.
Denkbar wäre so ein Szenario vielleicht, wenn er ganz am Boden ist (wo er erstmal hinkommen muss), in dem Zustand von Rey oder Finn gefunden, dann aus Mitleid nicht einfach plattgemacht oder zum Sterben zurückgelassen wird und diese Charaktere anschließend "durch die Wüste gehen" müssen, bildlich gesprochen, also in einer Extremsituation, in der es ums bloße Überleben geht, aufeinander angewiesen sind. Das könnte das bisherige Bild von Kylo Ren weit genug verschieben, würde aber so viel Zeit kosten, dass ich nicht glaube, die Autoren wollen so einen Weg gehen, wenn so viele andere und ggf. auch interessantere Handlungsstränge anstehen (Luke und Rey vor allem).
Sollte er hingegen mehr oder weniger auf die helle Seite wechseln, aber aus offensichtlichen Gründen der restlichen Gruppe für die meiste Zeit fern bleiben, wäre das auch nicht das Wahre, da die Geschichte doch von der Interaktion zwischen den Charakteren lebt. So erscheint es mir insgesamt naheliegender und einfacher, dass sie aus ihm längerfristig einen Bösewicht machen wollen. Ich befürchte, wenn wir Pech haben, wird sich da prinzipiell auch nicht mehr soo viel ändern: Er ist unsicher, unberechenbar, die Wutausbrüche usw. Vielleicht haben wir Kylo Ren schon bereits so gesehen, wie er in Episode VIII und vielleicht auch IX auftreten soll, ohne dass seine Persönlichkeit eine größere Entwicklung durchläuft. Das wäre sehr schade.
Ein Funke Wahrheit steckt bestimmt in deiner Theorie, aber dass er für eine signifikante Zeit in den kommenden beiden Filmen einer von "den Guten" wird und so richtig zur Gemeinschaft dazugehört, wie das zum Beispiel bei einem Zuko war, halte ich für praktisch ausgeschlossen.