Ich halte Klischee für einen unhandlichen Begriff, weil es keinen Konsens gibt, ab wann ein Stilmittel oder Archetyp "zu häufig benutzt" wird. Die Kritik am Klischee hat ja damit zu tun, dass man es irgendwann zu langweilig findet und dieser Eindruck ist wie das Meiste vollkommen subjektiv. Wenn jemand z. B. sagt er findet ein Happy End klischeehaft und deswegen bevorzugt er lieber ein schlechtes Ende, dann sollte er nicht vergessen, dass die schlechten Enden genauso "klischeehaft" sind. Die gibt es auch oft genug. Ich würde sogar sagen, dass Klischee ähnlich wie Kitsch einfach nur ein Wort ist, mit dem man sein Missfallen ausdrücken möchte, weil es einfacher ist, seine Meinung hinter einem vagen Wort zu verstecken, anstatt sie lang und breit zu beschreiben.
Ich sehe das Problem an einer anderen Stelle. Klischees fallen dann negativ auf, wenn dem Autor gar nicht bewusst ist, warum er sie eingebaut hat. Möchte jemand z. B. eine einfache Geschichte mit einfachen Helden erzählen, dann weiß der Autor für gewöhnlich, dass seine Figuren klischeehaft bzw. archetypisch sind. Genauso könnte ein Autor es darauf anlegen, dass seine Charaktere ständig pathetische Sprüche von sich geben, coole Posen machen und die Namen ihrer Attacken schreien. Das mögen einige als klischeehaft bezeichnen, doch der Autor hat es eben nicht aus Versehen oder wider besseren Wissens eingebaut, sondern weil er damit eine bestimmte Klientel ansprechen möchte.
Originalität gibt es denke ich schon. RageAgainstRobots hat es ja schon angesprochen, originell ist z. B. ein Spiel dann, wenn es, wie Owly immer zu sagen pflegt, ein Autorenspiel ist. Das funktioniert, weil ich unter dem Begriff nicht "absolut einzigartig" verstehe, genauso wie ich unter Objektivität nicht "absolut neutral" verstehe. Sonst wären die Wörter ja ziemlich sinnlos, weil es beides nicht gibt. Originell ist ein Werk immer dann, wenn ich nicht den Eindruck habe, dass jemand ein anderes einzelnes (gerade populäres) Werk als Vorbild genommen hat.