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Thema: Typische Klischees und Features die keine Features sind

  1. #41

    Hier wird nicht geterrort
    stars5
    Zitat Zitat von caesa_andy Beitrag anzeigen
    Wenn ich keinen 15-Jährigen Haupthelden als Held haben will, darf ich kein Makergame für 15 Jährige machen, in welcher das Schicksaal der Welt auf dem Spiel steht.
    Wobei mich in dem Zusammenhang interessieren würde, ob hier jemand überhaupt von vornherein mit seinem Spiel eine spezielle Zielgruppe ansprechen will. Ich würde dann auch eher nicht von Altersgruppen sprechen, sondern von RPG-Freaks, VN-Fans, Actionbastler, Horror-Fanatiker...
    Das das durchschnittliche Maker-RPG eher durch Knallbunte Grafiken Jüngere Spieler anspricht, andererseits durch den Retrocharme evtl. der SNES-Generation in den Schoß fällt, ist etwas was ich für viel Wahrscheinlicher halte. Und das Storys mit 15-jährigen nur Spieler von 11-18 Jahren anspricht, scheint mir etwas weit hergeholt, verzeih (Mit 15 hab ich jedenfalls Stephen King gelesen, und dessen Hauptfiguren sind im Schnitt...ziemlich alt*nödnöd*)

  2. #42
    Die Maker Community hat nur sich selbst als Zielgruppe. Mehr kann man über sie nicht aussagen, außer dass es hier weitaus mehr Männer als Frauen gibt, wodurch Spiele, die speziell auf Frauen zugeschnitten sind, wohl keine so gute Wahl wären.

    Natürlich schließt eine jüngere Zielgruppe nie ältere Fans aus, das zeigt Harry Potter, das zeigen die Disney-Filme, doch trotzdem werden kommerzielle Werke immer auf eine bestimmte Zielgruppe ausgerichtet, von der man hofft, dass sie das Werk dann kauft. Wobei ich mir vorstellen kann, dass z. B. Rowling die Harry-Potter-Reihe auch daran angepasst hat, dass erstens die Leser vom 1. Band älter werden und zweitens auch viele Erwachsene die Reihe mögen. Es ist jedenfalls wichtig, dass man sich als Entwickler fragt, wen man mit seinem Spiel erreichen will. Selbst in der Indie-Szene ist man nicht vollkommen frei, solange man möchte, dass jemand das Spiel dann auch spielt. In der Maker Community bezieht sich das aber eher auf das Gameplay, denke ich. Die Handlung wird nicht so stark ausgerichtet, meistens nimmt man das, was man von anderen Maker-Spielen kennt.

  3. #43
    Zielgruppen zu bedienen ist überbewertet. Letztlich zählt nämlich der alte Grundsatz: Qualität setzt sich durch. Vorher fällt sie auf. Man tut also nicht unbedingt schlecht daran, erstmal nur auf sich selbst zu hören. Das eigene Anspruchsdenken sollte reichen.
    Ich kann Klischees nachwievor nichts abgewinnen. Nicht, weil sie vermeidbar sind, sondern weil die negativen Symptome immer nur damit zusammenhängen, sie beim Namen zu nennen. Klischees zu umgehen ist genauso wenig zielführend, wie sich bewusst für ein Klischee zu entscheiden, ohne dass dies einem tieferen Zweck dient. Ich jedenfalls schreibe meine Story nicht derart formell und zerhackstückelt, dass ich mir Versatzstücke aus der Literaturgeschichte herauspicken muss, um die Lücken zu schließen. Die Handlung entsteht, die Handlung ist da und mit ihr die Klischees. Menschliches Handeln, Ursache und Wirkung, sind nunmal beschränkt. Das, was kaum einer Beschränkung unterliegt, ist die Motivation und die Ausprägung einer Sache. Nach dem heiligen Gral zu suchen ist ebenso eine Fetch-Quest, wie das obligatorische Kräutersammeln am Spielanfang, oder der alte Mann, dessen Frau kürzlich gestorben ist, der jetzt daran zu zerbrechen droht, dass er seine Brille irgendwo im Haus verloren hat. Will heißen: Natürlich gibt es beim Erzählen Unvermeidlichkeiten, aber die sind keine Rede wert. Die sind auch nicht die Geschichte. Am Anfang steht ein Charakter mit seiner individuellen Persönlichkeit, der aufgrund derer und etwaiger Unabwägbarkeiten individuelle Ereignisse erlebt, die zu einer individuellen Entwicklung führen.

  4. #44
    Das sehe ich etwas anders. Zumindest gilt nicht der Grundsatz: Fehlende Qualität setzt sich nicht durch. Twilight ist hier das viel zitierte Beispiel. Die Autorin wusste ganz genau, was ihre Zielgruppe lesen wollte, schreiben kann sie aber nicht. Wer weiß wie viele qualitativ hochwertige Werke es gibt, die sich nicht verkauft haben, weil sie niemanden erreichen. Selbst in der Maker Community könnte das so sein. Ich sehe hier nur eine Zielgruppe, aber ich gehe davon aus, dass sie bestimmte Vorlieben hat. Die bekannten Spiele sind nicht nur wegen ihrer Qualität so beliebt, sondern auch, weil sie den Spielern das geben, was sie von einem Maker-Spiel erwarten.

    Zitat Zitat
    Man tut also nicht unbedingt schlecht daran, erstmal nur auf sich selbst zu hören. Das eigene Anspruchsdenken sollte reichen.
    Ja und nein. Man sollte sich immer vor Augen halten, woher das was man mag eigentlich kommt, wen man damit erreicht und auf welchem Wege. Die eigenen Ideen wurden nicht aus einem Nichts geboren. Außerdem sollte man nicht vergessen, dass die Maker Community Ansprüche stellt. Viele davon sind nicht alleine von den Entwicklern erschaffen worden, sondern genauso von der Community selbst (s. Lichteffekte oder die hohe Priorität der Grafik).

    Um aber zum Thema zurückzukommen. Ich denke, dass viele Klischees letztendlich daher rühren, dass man seiner Zielgruppe gerecht werden will. Nicht unbedingt, weil man sonst einen Misserfolg befürchtet, sondern weil man glaubt, dass es dazu gehört. Manchmal kann man es natürlich auch gar nicht besser bzw. anders.

  5. #45
    Nicht, dass du mich missverstehst: Den Grundsatz bezog ich ausnahmsweise mal nur auf die Szene und ja, Ausnahmen gibt es auch hier. Dass es sich allgemein anders verhält (bzw. reine Unterhaltung viel eher den Vorzug erhält), ist mir natürlich klar. Ich behaupte aber mal, dass beliebte und bekannte, außergewöhnliche Spiele wie Yume Nikki und Kan Gaos Kram sicher in erster Linie dem eigenen Anspruchsdenken entsprungen sind.

    Zitat Zitat
    ...wen man damit erreicht und auf welchem Wege
    Warum? Welche Konsequenz müsste ich daraus ziehen, es nicht zu wissen? Ich sehe jedenfalls nicht einen vernünftigen Grund, an andere Menschen zu denken - ich bin schließlich selbst einer. Was den ersten Teil angeht, dass man sich den Ursprüngen seiner eigenen Vorlieben bewusst sein sollte: Zustimmung.
    Zitat Zitat
    Die eigenen Ideen wurden nicht aus einem Nichts geboren.
    Jein. Es schadet nicht, sich stärker mit dem Unterbewusstsein zu befassen, denn da stecken die ungefilterten, kreativen Energien. Natürlich kann man nichts schaffen, ohne Beeinflussung. Aber es hilft nicht, alles einer logischen Bewertung zu unterziehen.

    Zitat Zitat
    ...weil man glaubt, dass es dazu gehört. Manchmal kann man es natürlich auch gar nicht besser...
    Das ist für mich fast dasselbe

  6. #46
    Wobei man sich natürlich fragen muss, ob Yume Nikki oder die Spiele von Kan Gao hier bei uns in der deutschen Community wirklich beliebt sind.

    Zitat Zitat
    Ich sehe jedenfalls nicht einen vernünftigen Grund, an andere Menschen zu denken - ich bin schließlich selbst einer.
    Du Misanthrop! Wer nicht an die Spieler denkt, verliert vielleicht den Weg aus den Augen. Es geht immer darum, dass die anderen vom Spiel unterhalten werden. Egal auf welche Weise, unterhalten werden will jeder, auch bei Art Games. Man muss aufpassen, dass man nichts unreflektiert einbaut, man sollte nie vergessen, sich immer zu fragen, ob das Spielelement sich gut spielt, ob es Spaß macht oder vielleicht doch Frust bedeuten kann, ob es dem Spiel etwas gibt oder nur Wichtigtuerei ist.

    Zitat Zitat
    Aber es hilft nicht, alles einer logischen Bewertung zu unterziehen.
    Keine logische, es ist eine eine gefühlsbezogene.

  7. #47
    Zitat Zitat
    Wer nicht an die Spieler denkt, verliert vielleicht den Weg aus den Augen.
    Ich gehe davon aus, dass jeder Entwickler Spieler ist oder war. Unter der Prämisse gibt es eine gemeinsame Basis und die inhärente Unmöglichkeit, nicht an den Spieler zu denken. Das wollte ich damit ausdrücken - mickriges Menschding!
    Zitat Zitat
    Man muss aufpassen, dass man nichts unreflektiert einbaut, man sollte nie vergessen, sich immer zu fragen, ob das Spielelement sich gut spielt, ob es Spaß macht oder vielleicht doch Frust bedeuten kann, ob es dem Spiel etwas gibt oder nur Wichtigtuerei ist.
    Das auf jeden Fall und da sind wir mal wieder beim Handwerk. Es macht schon Sinn, sich mit einschlägigen Fachseiten auseinanderzusetzen oder mal ein Buch zum Thema Game Design zu wälzen (Dave Perry on Game Design ist klasse). Genauso wie es Sinn macht, sich mit kreativem Schreiben auseinanderzusetzen, viel zu lesen, um zu verstehen, wie eine Geschichte aufgebaut ist und nicht, wie darin Klischees vermieden werden (was eben effektiv nicht der Fall ist). Inhalt muss immer aus einem Selbst kommen. Handwerk ist das Anwenden von Wissenschaft oder das Erforschen neuer Gebiete.
    Zitat Zitat
    Keine logische, es ist eine eine gefühlsbezogene.
    Eindeutig, aber es ist ungemein schwierig nach Gefühlen zu urteilen, denn die existieren nie in einem neutralen Raum. Will heißen: Gefühle sind unter Umständen zu sehr von der Situation abhängig. Was mir heute angemessen erscheint, kann morgen schon völlig überzogen wirken.

    Ich würde das Thema auch gar nicht auf Klischees beschränken, sondern allgemein auf Plot devices lenken. Im Englischen Wikipedia gibt es einen schönen Satz dazu: "A contrived or arbitrary plot device may annoy or confuse the reader, causing a loss of the suspension of disbelief. However a well-crafted plot device, or one that emerges naturally from the setting or characters of the story, may be entirely accepted, or may even be unnoticed by the audience."
    Das trifft finde ich absolut den Kern.

  8. #48
    Zitat Zitat von Sabaku Beitrag anzeigen
    Wobei mich in dem Zusammenhang interessieren würde, ob hier jemand überhaupt von vornherein mit seinem Spiel eine spezielle Zielgruppe ansprechen will. Ich würde dann auch eher nicht von Altersgruppen sprechen, sondern von RPG-Freaks, VN-Fans, Actionbastler, Horror-Fanatiker...
    Der Punkt ist, ich beziehe in meine Ausfürung nicht nur die maker Szene ein, die Klischees nutzt, sondern auch den Professionellen Bereich, wo sie entstehen. Das 99% der "Alex rettet die Welt" Inkarnationen nicht deshalb so kindlich-naiv sind, weil sie vom Schöpfer für Kinder gemacht wurden, sondern deshalb, weil der Schöpfer keine Ahnung hatte, was er tut, ist auch mir nicht unbekannt
    Beziehen wir aber z.B. Klassiker wie Secret of Mana in die Geichung mit ein, wirst du mir sicherlich zustimmen, dass dieser keineswegs deshalb so naiv gestaltetet wurde, weil die designer von Squaresoft nicht anders gekonnt hätten. SoM hatte einfach eine bestimmte, jugendliche Zielgruppe, die angesprochen werden sollte, und auch wurde.

    Das Problem an dem Kind-held Klischee ist NICHT das es existiert. Sondern dass die Maker-Community dieses Klischee verwendet, ohne darüber nach zu denken, warum eigentlich. Wer Makert verwendet viele Klischees automatisch und intuitiv, ohne sich darüber im Klaren zu sein, welche bedeutung ursprünglich hinter dem Klischee steht. Dadurch wirkt das ganze albern und bekommt einen negativen beigeschmack. Und plötzlich fühlen wir alle uns dazu berufen, Klischees zu vermeiden.

    Zitat Zitat
    Das das durchschnittliche Maker-RPG eher durch Knallbunte Grafiken Jüngere Spieler anspricht, andererseits durch den Retrocharme evtl. der SNES-Generation in den Schoß fällt, ist etwas was ich für viel Wahrscheinlicher halte. Und das Storys mit 15-jährigen nur Spieler von 11-18 Jahren anspricht, scheint mir etwas weit hergeholt, verzeih (Mit 15 hab ich jedenfalls Stephen King gelesen, und dessen Hauptfiguren sind im Schnitt...ziemlich alt*nödnöd*)
    Nimm es mir nicht übel, aber was DU im speziellen denkst oder tust, interessiert niemanden. Du hast vielleicht mit 15 Stephen King gelesen, aber frag Stephen King mal, ob 15 Jährige seine Zielgruppe sind ...
    Ich kenne auch 15 Jährige, die sich schonmal einen hardcore-porno angesehen haben. Trotzdem sind 15 Jährige kaum die Zielgruppe für solche Machwerke. Genau so kenne ich 13 jährige mädchen, die sich nicht für Pferde interessieren. Das sind aber trotzdem alles ausnahmen. Die Zielgruppe betrachtet NUR den Mainstream. Und im Mainstream sind die klassischen Kind-Rettet-Welt-Manga-Epen nunmal Kinder und Jugend-Unterhaltung. Demgegenüber stehen zum beispiel Bücher wie Eragon. Ich kenne dutzende Jugendliche, die auf die Dinger fliegen. Aber praktisch niemand, der älter als 18 ist, mag sie. Da ist das Zielgruppendenken ziemlich stark ausgeprägt.

    Zitat Zitat von Owly Beitrag anzeigen
    Zielgruppen zu bedienen ist überbewertet. Letztlich zählt nämlich der alte Grundsatz: Qualität setzt sich durch. Vorher fällt sie auf. Man tut also nicht unbedingt schlecht daran, erstmal nur auf sich selbst zu hören. Das eigene Anspruchsdenken sollte reichen.
    Grade die Maker-Szene sollte zeigen, das es ebend grade NICHT so ist. Wer ist dass denn, der hier in der makerszene unbedacht Klischee-Storys wie Alex-rettet-Welt ohne auch nur einen hauch von Hintergeganken in das Board knallt? Das sind überwiegend junge Menschen die ebend aus genau der Altersgruppe kommen, in der die Leute so denken.
    Aber dadurch, das die maker-Community nicht nach Zielgruppe differenziert, sagen sich dann alle, die über 20 sind, "Nicht schon wieder diese olle kamelle" und fangen an, an Klischees rum zu doktorn, die in der Altersgruppe des Autoren niemanden stören würden. Wie viele Makergames von "Gestandenen Männern" (Oder Frauen) kennst du denn, in denen 13 jährige Girlys mit riesen schwertern Untote umbringen?
    Die Makergames, die eine gewisse professionalität besitzen, spaaren solche Klischees meistens von Anfang an aus, da ist also gar kein problem vorhanden. Ich wette mit dir, wenn in diesem Board nicht 12 Jährige und 32 Jährige zusammengepfercht wären, würden wir diese Diskussion gar nicht führen. Die meisten Klischees, die hier kritisiert worden sind, sind einfach Klischees aus der Jugendkultur. Und da stören sie niemanden, weil sie den Bedürfnissen der Zielgruppe entsprechen.

    Zitat Zitat
    Ich kann Klischees nachwievor nichts abgewinnen. Nicht, weil sie vermeidbar sind, sondern weil die negativen Symptome immer nur damit zusammenhängen, sie beim Namen zu nennen. Klischees zu umgehen ist genauso wenig zielführend, wie sich bewusst für ein Klischee zu entscheiden, ohne dass dies einem tieferen Zweck dient. Ich jedenfalls schreibe meine Story nicht derart formell und zerhackstückelt, dass ich mir Versatzstücke aus der Literaturgeschichte herauspicken muss, um die Lücken zu schließen. Die Handlung entsteht, die Handlung ist da und mit ihr die Klischees. Menschliches Handeln, Ursache und Wirkung, sind nunmal beschränkt.
    Das ist exakt das, was ich gesagt habe. Der Fett markierte Teil entspricht meiner ursprünglichen Aussage, das Lösungen nur begrenzt verfügbar sind, und darauf aufbauend jeder Lösungsweg irgendwann schonmal von jemandem verwendet wurde.

    Zitat Zitat von Kelven Beitrag anzeigen
    Du Misanthrop! Wer nicht an die Spieler denkt, verliert vielleicht den Weg aus den Augen. Es geht immer darum, dass die anderen vom Spiel unterhalten werden. Egal auf welche Weise, unterhalten werden will jeder, auch bei Art Games. Man muss aufpassen, dass man nichts unreflektiert einbaut, man sollte nie vergessen, sich immer zu fragen, ob das Spielelement sich gut spielt, ob es Spaß macht oder vielleicht doch Frust bedeuten kann, ob es dem Spiel etwas gibt oder nur Wichtigtuerei ist.
    Dem stimme ich absolut zu! Denn ich muss hier ehrlich sagen, dass ich in dieser Hexenjagd auf Klischees bisweilen genau das wieder finde ... einen Autoren, der sich dadurch hervorheben will, dass er Klischees um jeden Preis meidet - so, als wäre der Verzicht auf Klischees ein Qualitätsmerkmal. Dadurch aber die Bedürfnisse seiner Spieler aus den Augen verliert.
    Als Beispiel hier nochmal das klischees mit den 8 Dungeon-Typen, die sich in jedem Game wiederfinden. Klar kann man 7 davon weglassen, um das klischee zu vermeiden. Aber ob der Spieler das auch so toll findet, wenn alle Dungeons im Spiel dafür dann geleich aussehen und gleich aufgebaut sind, ist ein ganz anderes Thema.

  9. #49
    Zitat Zitat von Sabaku Beitrag anzeigen
    Wobei mich in dem Zusammenhang interessieren würde, ob hier jemand überhaupt von vornherein mit seinem Spiel eine spezielle Zielgruppe ansprechen will.
    Ja, ich. Wenn ich mir im Voraus Gedanken über meinen möglichen Spieler mache, schwindet im Anschluss zwar das Ausredenpotenzial, denn ich kann mich dann nicht mehr auf die feine Insel, auf der doch alles nur eine Frage des Geschmacks sei, zurückziehen. Aber indem ich mich verbindlicher mache, mir beim Basteln vor Augen halte, welche Vorlieben es eigentlich sind, die ich bedienen möchte, kann ich dem Spiel auch einen spezifischen Charakter geben, der mehr behinhaltet als nur die lose Anbindung an ein Genre. Wer jemals ein Rätsel in sein Spiel eingebaut hat, wird vermutlich eh nicht auf den Gedanken verfallen, er bastele nur für sich allein und verschwende keinen Gedanken an den zukünftigen Spieler.

    Und wenn ich mir gegenüber meine anfänglichen Absichten offen einräume, helfen mir auch die späteren Rückmeldungen der Spieler deutlich weiter, da ich so eine ganz gute Basis habe, von der ich beurteilen kann, wie groß diesmal die Lücke zwischen gestalterischer Absicht und während des Spielens erfahrener Wirkung war. Solchen Lerneffekten möchte ich nicht ohne Not aus dem Weg gehen. Manchmal ist das Resultat nicht so befriedigend, es hilft aber (spätestens beim nächsten Projekt).

  10. #50

    Hier wird nicht geterrort
    stars5
    Zitat Zitat von caesa_andy Beitrag anzeigen
    Nimm es mir nicht übel, aber was DU im speziellen denkst oder tust, interessiert niemanden.
    Aber was du denkst, schon ? Deine Beispiele mit dem Ponyhof waren auch nicht gerade das Non-Plus-Ultra, also vergreif dich nicht in einen Aggresiven Unterton, das macht Diskussionen unnötig schwierig.
    Und das (achung, ein Zitat von dir) "Die Zielgruppe NUR den Mainstream betrachtet" verstehe ich nicht ganz. Es gibt doch genug Gruppen neben dem Mainstream...? Zichtausende. Wird auch Sparte genannt und sollte, schon dem Individualismus wegen, nicht vergessen werden!

    @real Troll Ich muss eigentlich dazu sagen, dass ich den Spieler mit den Sachen die ich makern möchte, auch nicht nur rohes Fleisch vorlegen möchte, das wahrscheinlich keinem schmeckt. Aber wenn hier von Zielgruppe gesprochen wird, klingt das fast so als würde sich hier jemand auf eine ganz festgelegte Gruppe versteifen, die ganz besondere Ansprüche hat und alles andere permament ablehnt, weil der Held nicht Alex heißt und nicht 15 ist.

    Geändert von Sabaku (07.08.2012 um 21:59 Uhr)

  11. #51
    Zitat Zitat von caesa_andy
    in dieser Hexenjagd auf Klischees
    Wo siehst du die in diesem Thread? Ich habe ihn nur quergelesen, doch man scheint sich einigermaßen einig zu sein, dass Klischees nicht die Übeltäter sind.

    Zitat Zitat
    Das eigene Anspruchsdenken sollte reichen.
    Das hätte ich ausführen sollen. Anspruchsdenken muss entwickelt werden indem Handwerk erlernt und gefördert wird. Das Problem der Kritik ist, dass sie meistens ebenso wenig vom Handwerk versteht und sich deshalb auf das floskelhafte Abkanzeln von Klischees versteift. Klischees sind der offensichtlichste Auswuchs von Inhaltslosigkeit.
    Mal als Beispiel ein grober Handlungsfaden, der hier definitiv abgefeiert werden würde:
    Zitat Zitat
    Ein russischer Tanzbär wird als Junges von seinem Dompteur seinen Eltern entrissen. Die Jahre vergehen, der Bär wird älter. Er tanzt ganz ausgezeichnet, doch seine tierischen Instinkte gehen verloren. Als sein Dompteur stirbt, der ihn sein Leben lang gequält hat, aber auch seine einzige Bezugsperson war, fasst der Bär einen Plan: Ab in die Wildnis, zurück zu den Eltern. Ein Abenteuer voller Freundschaft, Liebe und Intrigen nimmt seinen Lauf!
    Das ist die ganz typische Disney-Schule, bedient deren Zielgruppe. Alle Klischees werden bedient, aber niemanden würde es interessieren/niemandem würde es auffallen.

    Die gleiche Story in der Version, die hier (vermutlich) nicht so gut wegkommen würde:
    Zitat Zitat
    Ein Wunderknabe mit Zauberkräften wird vom Militär einer großen Nation seinen Eltern entrissen. Die Jahre vergehen, der Junge wird älter. Er ist ein ganz ausgezeichneter Kampfmagier, doch seine menschliche Seite ist verkümmert. Als sein Stützpunkt angegriffen wird und er als einziger überlebt, fasst der nun junge Mann, der gleichermaßen Pflichtgefühl wie Zorn auf seine Entführer spürt, einen Plan: Ab in die Zivilisation, zurück zu den Eltern/den Wurzeln. Ein Abenteuer voller Freundschaft, Liebe und Intrigen nimmt seinen Lauf!
    So wird die Story für männliche Teenager interessanter sein, aber das ist schwer vermittelbar, wenn der Autor nicht den Eindruck macht, als könne er schreiben. Die Vorwürfe kommen in der Regel nur bei Leuten, die wirklich keinen geraden Satz herausbringen oder vielleicht zu faul dafür sind. Da werden inhaltliche Kriterien mit handwerklichen zusammengeschmissen. Es fehlt also die nötige Differenzierung seitens der Kritik.

    Zitat Zitat
    Wie viele Makergames von "Gestandenen Männern" (Oder Frauen) kennst du denn, in denen 13 jährige Girlys mit riesen schwertern Untote umbringen?
    Das einzig gute seiner Art, das mir auf Anhieb einfällt, ist von einem gestandenen Mann (Starlancer Six, einen Download-Link finde ich nicht mehr). Eine Aussage lässt sich dazu nicht treffen, weil die demographische Lage in der Szene unklar ist.

    Zitat Zitat
    Das ist exakt das, was ich gesagt habe.
    Ist mir bewusst, aber irgendwie musste ich ja meine Kernaussage einleiten (die im nächsten Satz folgte).


    Zitat Zitat von real Troll
    denn ich kann mich dann nicht mehr auf die feine Insel, auf der doch alles nur eine Frage des Geschmacks sei, zurückziehen.
    Mir scheint, dass zumindest ich unter dem "nicht ansprechen einer Zielgruppe" etwas anderes verstehe, als du. Wenn ich etwas mache, dann hoffe ich, dass es seine Freunde findet. Ich kalkuliere das nicht ein (natürlich tue ich das - nach 72 Stunden Schlafentzug sähe das vielleicht anders aus). Vorwürfe mache ich mir nur bei handwerklichen Mängeln und dahingehend nehme ich Ratschläge dankend an.
    Als ob jeder sein hohes Ross im Rücken stehen hätte, auf dass er springt, wenn es brenzlig wird.

    Geändert von Owly (07.08.2012 um 22:18 Uhr) Grund: Rechtschreibfehler

  12. #52
    @ Sabaku
    Versteifen wäre natürlich schlecht, denn wie du schon schreibst, ginge damit ja die Ablehnung aller anderen einher. Ich verstehe "Zielgruppe" ganz schlicht im Wortsinn, also als die spezifische Art von Geschmack, auf die ich abziele. Sprängen unverhofft noch andere Geschmäcker ins Boot, die ich gar nicht vorrangig bedachte, wäre mir das natürlich auch Recht.

    Ich meine es beispielsweise so: Ein Spielprinzip, das auf Versuch und Irrtum aufbaut, ist nicht jedermanns Sache. Trotzdem muss mich das nicht davon abhalten, genau so ein Spiel zu erstellen. Kommt anschließend jemand und sagt, das Spiel sei schlecht, weil man andauernd genötigt ist, zu probieren, muss mich das nicht bekümmern. Er war nie als Adressat geplant. Kommt aber einer und sagt, das Spiel sei langweilig, weil das Probieren keinen Spaß mache, gibt es gute Gründe, deretwegen ich darüber nachdenken sollte. Bestenfalls hätte ich schon während des Bastelns darüber nachgedacht und das Problem vorauseilend aus der Welt gemakert. Mit einer Zielgruppe vor Augen sehe ich manche Klippen deutlicher.

    @ Owly
    Ich weiß nicht, ob wir etwas komplett Gegensätzliches darunter verstehen. Falls dir "Zielgruppe" zu kalkulierend, zu technisch, zu ökonomisch und zu berechnend aufstößt, ersetze es einfach durch ein weicheres Wort. Solange es nur eine Idee mitschwingen lässt, die dann im Bewusstsein, dass am Ende ein Spieler das Ding in den Händen halten wird, gezielt umgesetzt wird, wird es schon passen. Nur wenn du auch da nicht mitgehen magst, meinen wir beide tatsächlich etwas anderes.

  13. #53
    Zitat Zitat von Sabaku Beitrag anzeigen
    Aber was du denkst, schon ? Deine Beispiele mit dem Ponyhof waren auch nicht gerade das Non-Plus-Ultra, also vergreif dich nicht in einen Aggresiven Unterton, das macht Diskussionen unnötig schwierig.
    Meine Aussage sollte nicht agressiv klingen. Es ist einfach nur eine Tatsache, dass doch letztlich jeder von uns irgendwo eine "Ausnahme" von der Regel ist, oder? Und nein, meine Meinung - bzw. meine Interessen - interessieren auch niemanden. Ich interessiere mich z.B. einen Dreck für Fussball. Das ändert aber nichts daran, dass vor allem Männer meines Alters die Primäre Zielgruppe für Vereins-Merchandising sind. Demgegenüber steht dann, dass ich mich wahnsinnig leicht für Sci-Fi begeistern lasse und damit voll in der "Zielgruppe" von Sci-Fi-Serien und deren Werbeblöcken liege.
    Ich bin ein Individuum, genau wie du eines bist. Und wir beide können denken und tun, was wir für angebracht haklten, so lange wir kein gesetz brechen. Aber wenn man das große und ganze betrachtet, wird sich aus allen Individuuen immer eine Strömung formen, in der Gedanken weitgehend konform sind. Und was wir beide denken, wird letztlich niemals was daran ändern, das wir in bestimmte Zielgruppen einsortiert werden, zu denen wir nicht gehören.

    Zitat Zitat
    Und das (achung, ein Zitat von dir) "Die Zielgruppe NUR den Mainstream betrachtet" verstehe ich nicht ganz. Es gibt doch genug Gruppen neben dem Mainstream...? Zichtausende. Wird auch Sparte genannt und sollte, schon dem Individualismus wegen, nicht vergessen werden!
    Die Aussage war ein wenig unglücklich formuliert. Genau genommen gibt es "den Mainstream" gar nicht. Der Begriff ist variabel, abhängig davon, worauf ich ihn anwende. Wenn ich alle 13-Jährigen-Mädchen zusammen betrachte, werde ich einen anderen Mainstream finden, als wenn ich alle "Emos" betrachte, oder alle Versicherungskaufleute. Um eine Zielgruppe zu bilden, muss ich mir zuerst überlegen: "Wenn will ich erreichen?" in diesem Fall also die (männliche) Jugend zwischen 12 und 18. Anschließend betrachte ich diese leute und reduziere sie auf die Gemeinsamkeiten, die DIE MEISTEN von ihnen miteinander verbindet. Und die zwei Abweichler die es daneben gibt, werden einfach ignoriert. Mann kann es schließlich nicht jedem recht machen

    Zitat Zitat
    @real Troll Ich muss eigentlich dazu sagen, dass ich den Spieler mit den Sachen die ich makern möchte, auch nicht nur rohes Fleisch vorlegen möchte, das wahrscheinlich keinem schmeckt. Aber wenn hier von Zielgruppe gesprochen wird, klingt das fast so als würde sich hier jemand auf eine ganz festgelegte Gruppe versteifen, die ganz besondere Ansprüche hat und alles andere permament ablehnt, weil der Held nicht Alex heißt und nicht 15 ist.
    Ich bin zwar nicht Realtroll, aber ich kann dir trotzdem versichern, dass der Denkfehler in diesem Punkt bei dir liegt ZIELGRUPPE sagt mitnichten aus, aus der angesprochene Personenkreis alles Ablehnt, was neben her noch existiert. Zielgruppe sagt lediglich aus, das der anvisierte Personenkreis ein möglichst großes Volumen an sich überschneidenden interessen aufweist, und dass ich mein Produkt für diesen Personenkreis besonders interessant machen kann, indem ich möglichst viele dieser gemeinsamen interessen anspreche.
    Auch 12 Jährige können Final-Fantasy 7 spielen. Trotzdem habe ich als Hersteller immer gewisse mittel und Wege, ein Produkt durch bedienung von Klischees für einen bestimmten Personenkreis besonders attraktiv zu machen. Beispielsweise in dem ich den Protagonisten in die selbe altersgruppe wie mein Clientel stecke und ihn so anlege, dass er genau die Probleme hat (Erwachsen werden, erste Liebe, Schule etc.) die auch das Alltagsleben der Zielgruppe dominieren.
    Demgegenüber ist es eher unwahrscheinlich (wenn auch keineswegs unmöglich) dass 12 jährige Spiele spielen, in denen es um Rente, Vereinsamung im Alter und Seniorenheime geht. Einfach weil "der Mainstream" der 12-Jährigen sich für diese Dinge nicht interessiert.

    Zitat Zitat von Owly Beitrag anzeigen
    Wo siehst du die in diesem Thread? Ich habe ihn nur quergelesen, doch man scheint sich einigermaßen einig zu sein, dass Klischees nicht die Übeltäter sind.
    Hexenjagd war vielleicht tatsächlich etwas hochgegriffen. Ich beziehe mich z.B. auf Aussagen wie die von Blacky89, er wolle die von mir gepostete Liste dazu nutzen, um Plotwendungen, die als Klischees betrachtet werden, zu vermeiden. Ich finde diese Aussage viel zu kurzssichtig. Denn nur weil ein bestimmter Plot-Twist als "Klischee" verschrien ist, bedeutet das nicht automatisch, dass ein Plottwist, der kein Klischee ist, besser funktioniert. Tatsächlich denke ich viel eher, das das gegenteil der Fall ist, sonst wäre der weniger verwendete Plottwist auch ein Klischee.
    Ich denke, das Bewustsein dafür, WIE Klischees funktionieren und warum es sie überhaupt gibt, ist sehr wichtig, wenn man darüber reden will. Dein beispiel mit dem tanzbären zeigt das ganz gut. Die Geschichte ist ähnlich, die Zielgruppe aufgrund des verwendeten Settings eine vollkommen andere. Jeweils die Zielgruppe der einen version fühlt ihre Bedürfnisse durch "ihre Version" befriedigt", während sie in der anderen Version 1.000 Klischees ausmacht und sich daran stört, ohne zu beachten, dass auch ihre eigene Version sehr Klischeehaft ist.
    Ich bin mir sicher, dass auch in den Spielen / Filmen / Büchern die von älteren Konsumiert werden ... auch und grade im Maker Bereich ... genau so viele Klischees stecken, wie in allen anderen Spielen. Nur in diesem Fall fall fällt es niemandem auf. Eines der klassischsten beispiele ist sicher das "Love interest". Genau genommen ist das ein irres Klischee. In praktisch jeder fiktionalen geschichte hat der protagonist ein "Love Interest". Und TROTZDEM fiebern immer alle leute mit, ob sie "sich nun kriegen", und sind enttäuscht, wenn es anders ist. Ich bin mir sicher, so mancher 12 Jähriger hat bei dem "Rumgeturtel" zwischen Han und laia in StarWars angewiedert weggeschaut, weil er es nicht verstehet, warum es IMMER um liebe geht. Aber so machem erwachsenen wäre es ebend tierisch negativ aufgefallen, wenn man diesem Handlungsstrang rausgelassen hätte.

  14. #54
    Glaub nicht, dass man die Liste selber benutzen kann um Klischeeprobleme zu umschiffen. Die dort genannten Elemente stehen jeweils für sich als Fakten, ob sie damit stören ist allerdings lediglich davon abhängig wie man sie einbaut, siehe Textzeile "Plot Devices" von Owlypedia. Deren Wirkung entfaltet sich erst in Kombination wenn man bekannte Elemente auf bekannte Art verwendet. K.a. wie es anderen ging, aber ich hab mich zB beim Film "Avatar" unglaublich gelangweilt weil es einfach so vorhersehbar warn. Es waren keine Helden mit Schwertern sondern noch nie dagewesene Spaceschlümpfe, aber trotz anderer Farbe war das Zusammenwirken der Elemente sowas von abgedroschen, dass es mir die Freude an dem Film verdorben hat. Das Spiel mit den Klischees kann Vorahnung bedienen, so oder so~ positiv und negativ~ vielleicht will ich ja durch die Verwendung bekannter Elemente in bekannter Kombination den Eindruck einer bestimmten Richtung schaffen...die Wirkung kann man beurteilen wie man will, verhindern kann man sie nicht, aber bedenken kann man sie.

    Ich designe für eine Zielgruppe!
    Ich empfinde es für mich als Teil der Herausforderung des Spieldesigns etwas zu erschaffen, dass Menschen spielen möchten. Ich könnte jetzt sagen "Ich bin Individualist, ich bin Künstler, ich kann ALLES machen weil ich es kreativ, innovativ, frei - so will!" und damit jeden Design-Dreck rechtfertigen, aber das würde mich langweilen. Stattdessen reizt es mich Systeme zugänglich zu machen, Spielmechaniken nicht nur ausdenken und in den Raum stellen (Hab isch doll gemacht!) sondern auch für eine möglichst breite Menge an Spielern zu optimieren, ausgehend vom einem groben Durchschnittstypen der irgendwie Videospiel-RPGs mag. Ich möchte Systeme benutz- bedien- und handlebar machen für (Achtung: Stereotypen ahoi!) Mädchen, die die Story erleben möchten und dabei auch auf das Kampfsystem verzichten würden und ich möchte Systemen genug Tiefe geben, damit Gamertypen sich ein wenig reinsteigern können. Das sind zwei beispielhafte Extremwerte in meiner Spielerzielgruppenkurve.

    In Sachen Ergonomie gibt es keine Zielgruppe, so einfach wie möglich, nur so kompliziert wie absolut nötig.

  15. #55
    Wahrscheinlich werden Klischees wirklich hauptsächlich wegen ihrer Voraussehbarkeit kritisiert. Man kann ja auch nicht von der Hand weisen, dass sich alles abnutzt. Das kennt man z. B. besonders von Witzen, die irgendwann nicht mehr lustig sind, wenn man sie zu oft gehört hat. Die Lösung vom Problem wird von der Feststellung gleich mitgeliefert, man darf eben nicht zu oft den gleichen Witz hintereinander erzählen. Geschichten sind natürlich ungemein vielschichtiger als ein einfacher Witz. Selbst wenn man sie aus bekannten Bausteinen aufbaut, reichen einige Variationen manchmal schon aus, damit sie "frisch" klingen. Ein Problem gibt es also objektiv gesehen nur dann, wenn die Geschichte schon fast das Plagiat einer anderen ist. Natürlich sind wir Menschen alles andere als neutral, zuweilen auch ziemlich launisch, und deswegen stören uns manchmal schon kleine Ähnlichkeiten oder bestimmte Stilmittel.

    Nochmal zurück zur Voraussehbarkeit. Es ist mehr voraussehbar als man denkt. Manchmal sagt uns ja das Genre schon wie eine Geschichte ausgehen wird (Tragödie vs. Komödie). Suspension of Disbelief heißt auch, dass man sich auf die Geschichte einlässt. Das funktioniert, wenn man nicht sowieso schon von ihr gelangweilt wird. Ich sehe jedenfalls eher den kausalen Zusammenhang

    Geschichte und/oder Charaktere finde ich nicht so toll => ich achte auf so was wie Voraussehbarkeit, Klischees und Glaubwürdigkeit

    und nicht diesen hier

    Mich nerven die Voraussehbarkeit, die Klischees und die Unglaubwürdigkeit => Ich mag Geschichte und/oder Charaktere nicht

    Viele Filme würden ohne Suspension of Disbelief nicht funktionieren. Wie könnte James Bond sonst spannend sein, obwohl man ganz genau weiß, dass der Held niemals sterben kann (um genau zu sein geht es oft halt auch darum wie der Held dem Tod entgeht und nicht darum, ob er es schafft). Bei Rollenspielen ist es nicht anders. Selbst wenn es mal kleinere überraschende Wendungen gibt, weiß man grob gesehen oft wie die Geschichte verlaufen wird. Dafür sind meistens die "abgenutzten Stilmittel", eben die Klischees, verantwortlich. Oder eben die Zielgruppe, die man erreichen will. Wie ich schon sagte, sind bestimmte Stilmittel und Handlungswendungen mehr als ein Klischee. Eine Liebesgeschichte an sich oder ein Happy End als Klischee zu bezeichnen, wäre so, als würde man das tragische Ende einer Tragödie als Klischee bezeichnen. Man sollte den Begriff auch nicht überstrapazieren.

    Das ist eigentlich ein interessantes Thema, ganz unabhängig von Klischees. Warum baut man ein bestimmtes Handlungselement in die Geschichte ein? Exemplarisch greife ich hier mal die Liebesgeschichte heraus. Der kleine Hans wird vielleicht sofort schreien: "It's for the ladies!" (er spricht Englisch, weil er denkt er wäre dann cool). Doch das ist natürlich viel zu undifferenziert. Einerseits kann man zwar schon sagen, dass eine Liebesgeschichte eine bestimmte Zielgruppe bedienen soll, andererseits sind Liebe und Sexualität auch ein elementarer Bestandteil des menschlichen Lebens. Die Liebesgeschichten können ja auch nichts dafür, dass sie oft nur halbherzig oder beschissen umgesetzt werden. Wenn man sich mal folgende Konstellation anschaut:

    - wir haben einen Haufen Singles
    - sie sind meistens miteinander befreundet
    - sie sind auf einer langen Reise unterwegs
    - sie haben viel miteinander zu tun

    Wie hoch ist dann die Chance, dass irgendjemand sich in irgendjemand anderen verliebt? Ich schätze mal sie liegt mindestens bei 75%, wenn die Leute nicht gerade alle asexuell sind. Die Chance, dass die Leute miteinander pimpern, liegt wahrscheinlich sogar bei mindestens 100%. Worauf will ich hinaus? Eine Liebesgeschichte ist geradezu unausweichlich, sobald sich das ganze Abenteuer über Wochen und Monate hinzieht.

  16. #56
    Ich möchte nochmal auf das AVATAR-Problem zurückkommen, grade mit dem "Suspension of Disbelief", das Kelven ansprach,

    Ich fand AVATAR toll. Klar waren dei Klischees der Handlung unübersehbar, aber mich hat der Film auf der Stilistischen und Emotionalen Ebene, insbesondere betreffend des Schicksaals der Na'vi, derart mitgerissen, dass mir dieser Umstand absolut egal war. Die Szene, in der die Menschen den Heimatbaum der Na'vi zerstört haben, ist bis heute die einzige Szene, wo mir im Kino jemals die Tränen kamen. Und das das Ende des Films von Anfang an vorhersehbar war, kann daran nichts ändern.
    AVATAR ist bestimmt kein spannender Film ... aber er ist hochgradig emotional. Wenn man sich davon ansprechen lässt.

    Umgekehrt konnte sich bis heute niemand, mit dem ich gesprochen habe, der den Film schlecht fand, für das Schicksaal der Na'vi öffnen. Im Endeffekt lässt sich die komplette Diskussion immer auf den selben Grundstein runterbrechen. Diejenigen, die AVATAR als Pathos gegen die Industrialisierung und moderne Aufbereitung der amerikanischen Geschichte verstehen wollten, mochten den Film. Diejenigen, die ihn ihm einfach nur die X-te Aufarbeitung des Pocahontas-Mythos sahen, lehnten ihn ab.

    Und auch da zeigt sich wieder: Nicht das Klischee ist das problem, sondern der Wille des Konsumenten, es zu akzeptieren. Ganz im Geegenteil, können Klischees mit der zeit sogar zu einem Konstrukt werden, das fest mit der Marke verbunden ist. Ich erinnere mich da an einige Fälle aus der Final-Fantasy-Geschichte. Als Square mit FF10 das ATB kippte, waren die Fans entsetzt ... obgleich das ATB zu dem zeitpunkt längst zu einem Klischee von Squressoft Spielen geworden war. Andere Klischees findet man z.B. bei Namen ... Shiva, Ifrit, Tombery ... alles sind genau genommen Klischees. Aber als Squaresoft mit FF12 die ganzen Standard-Bestia abschaffte, gab's einen riesen Auftstand, weil diese Klischees für die Fans so wichtig waren, dass sie sie nicht abgeben wollten.

    Geändert von caesa_andy (08.08.2012 um 11:52 Uhr)

  17. #57
    Das sehe ich genauso. Alles auf der handwerklichen Ebene interessiert einen erst dann, wenn es auf der emotionalen Ebene nicht funktioniert. Findet man die Charaktere sympathisch oder wird man von einer Geschichte mitgerissen, dann ist man zufrieden. Bei Avatar war das bei mir z. B. genau andersherum, ich kann mit diesem Öko- und Esoterik-Kram nichts anfangen, deswegen hat mich die Geschichte auch nicht sonderlich interessiert. Obwohl ich es natürlich schon geil fand, wenn den "Bösen" in den Arsch getreten wurde. Ich hab den Film jedenfalls schnell nur noch wegen der Szenerie und der Action angeschaut.

    Die Final-Fantasy-Reihe ist ein Thema, über das man ganze Abhandlungen schreiben könnte. Auch in Bezug auf die Klischees? Vielleicht, aber über immer wiederkehrende Stilmittel auf jeden Fall. Ich meine nicht mal die Markenzeichen. Das sind für mich keine Klischees, sondern eben Markenzeichen. Das ATB-KS würde ich auch nicht Klischee nennen (Klischees beziehen sich mMn nur auf die Handlung), sondern es ist ein wiederverwendetes Gameplay-Element. Die können sich natürlich auch abnutzen, obwohl die Spieler oft sogar verlangen, dass das Gameplay sich nicht so stark vom Vorgänger unterscheidet, bis irgendwann ein Sättigungspunkt erreicht wird.

  18. #58
    Zustimmen kann ich der Aussage: "Gehen mir die Charaktere am Arsch vorbei ergeht es der Story genau so"
    Zitat Zitat von Kelven
    Findet man die Charaktere sympathisch oder wird man von einer Geschichte mitgerissen, dann ist man zufrieden
    Ich finde "sympathisch" beschreibts zumindest für mich nicht ausreichend. Das Gegenteil ist einfacher formuliert: langweilig

    Ob ich nun eine Geschichte vorhersehen kann oder ein "sympathischer" Held so dem Abziehbild entspricht, dass seine Handlungen, Reaktionen, Werdegang ebenso vorhersehbar werden macht da imo wenig Unterschied. Der Protagonist aus Avatar war imo kein Unsympath sondern einfach profillos und wurde nur in die Situationen gesetzt, die er entsprechend seines Abziehbildvorbildes zu kommen hat, vielleicht wäre mir irgendwas wesentlich in Erinnerung wenn er in der Geschichte mal in Situationen gekommen wäre die nicht so "üblich" sind.

    Ich hab btw. Pocahontas nie gesehen/gelesen oder sonst was.

  19. #59
    Naja, "sympathisch" ist das Optimum. Ich würde auch sagen, dass es normalerweise reicht, dass man die Figuren nicht unsympathisch oder langweilig findet. Aber wenn ich die Charaktere in einer Geschichte richtig sympathisch finde, dann ist mir der Rest egal. Selbst wenn die Geschichte der größte Müll ist. Sympathie steht für mich über allem. Ansonsten muss die Geschichte etwas an sich haben, das mich fesselt. Das geht dann aber wie gesagt nur mit Charakteren, gegenüber denen ich mindestens neutral eingestellt bin. Um zum Thema zurückzukommen: Ich denke schon, dass man erst dann auf Handwerk schaut, wenn es auf der emotionalen Ebene nicht funktioniert, es sei denn man legt auf die keinen Wert (weil man sie gar nicht wahrnimmt, solche Menschen gibt es ja auch).

  20. #60
    Zitat Zitat von Kelven Beitrag anzeigen
    Die Final-Fantasy-Reihe ist ein Thema, über das man ganze Abhandlungen schreiben könnte. Auch in Bezug auf die Klischees? Vielleicht, aber über immer wiederkehrende Stilmittel auf jeden Fall. Ich meine nicht mal die Markenzeichen. Das sind für mich keine Klischees, sondern eben Markenzeichen.
    Interessanter Punkt. Wenn ein bestimmter name, oder eine person in 6 verschiedenen Spielen von ein und dem selben hersteller auftaucht, ist es ein Markenzeichen, wenn es in 6 Verschiedenen Spielen von verschiedenen herstellern auftaucht, ist es ein Klischee? Sehe ich persönlich nicht ganz so. Das die mächtige Eiskönigin immer Shiva heißt, und der Protagonist aus FF immer Schwerter oder dolche Verwendet, ist für mich genau so ein Klischee, wie "Alex"

    Zitat Zitat
    Das ATB-KS würde ich auch nicht Klischee nennen (Klischees beziehen sich mMn nur auf die Handlung), sondern es ist ein wiederverwendetes Gameplay-Element.
    Zumindest die Liste, die ich gepostet hatte, zählte auch Gameplay-Elemente - zum Beispiel Eisdungeons oder Drachen als Gegner - zu den Klischees.

    Zitat Zitat von Corti Beitrag anzeigen
    Ob ich nun eine Geschichte vorhersehen kann oder ein "sympathischer" Held so dem Abziehbild entspricht, dass seine Handlungen, Reaktionen, Werdegang ebenso vorhersehbar werden macht da imo wenig Unterschied. Der Protagonist aus Avatar war imo kein Unsympath sondern einfach profillos und wurde nur in die Situationen gesetzt, die er entsprechend seines Abziehbildvorbildes zu kommen hat, vielleicht wäre mir irgendwas wesentlich in Erinnerung wenn er in der Geschichte mal in Situationen gekommen wäre die nicht so "üblich" sind.
    Dem stimme ich sogar zu. Allerdings war AVATAR nun - zumindest in meinen Augen - auch keine Charakterstory. Das wesentliche an dem Film waren die Na'vi, und wie die Menschen mit ihnen umgesprungen sind. Alleine die "Begrüßungsrede" auf Pandora gewinnt einen fürchterlich zynischen Unterton, wenn man den Film mehrmals gesehen hat. Der "Held" der ganzen Geschichte war sicher austauschbar ... und wenn er ganz gefehlt hätte, wäre es wohl auch nicht aufgefallen. Der Rest des Ensembles fand ich ihren Rollen entsprechend dafür sogar ziemlich gut und passend besetzt. Insbesondere das frühe ausscheiden von Grace bedauere ich, denn sie war wirklich mal eine interessante Interpretation des Öko-Heinis.

    Pocahontas musst du übrigens gar nicht gesehen haben, um die Story zu kenne, denn die wurde wirklich schon oft benutzt...beispielsweise in "Der mit dem Wolf tanz" oder "Last Samurai".

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