Weil das Thema ja gerade wieder aufgekommen ist, möchte ich nochmal in aller Ausführlichkeit schildern, warum ich ein bestimmtes von mir bevorzugtes Gameplay-Konzept für besser als andere halte. Ich muss aber gleich sagen, dass ich das Konzept so wie ich es gleich beschreibe noch nicht umgesetzt hab (was vor allem daran liegt, dass es von mir schon seit Ewigkeiten kein klassisches RPG mehr gab).

Bevor ich zum eigentlichen Thema komme, möchte ich erst mal etwas über Glaubwürdigkeit erzählen. Glaubwürdigkeit muss sich immer dem Spielspaß unterordnen. Natürlich ist es absurd, dass Leon bei Resident Evil 4 mit einem Koffer herumläuft, in dem sich unzählige Schmuckstücke aus Gold, Berge von Munition, Maschinenpistolen und Raketenwerfern befinden. Wahrscheinlich schleppt er mehrere hundert Kilogramm mit sich herum. Trotzdem wäre es Bullshit³ den Helden nur eine einzige Waffe und ein paar Schuss Munition tragen zu lassen, denn das Spiel ist ein Shooter. Nächstes Beispiel: Kämpfe im typischen High-Fantasy-RPG. Die Helden lassen einen riesigen Meteor auf die Feinde fallen und kein einziger Grashalm wird umgeknickt, geschweige denn die Helden auch nur angekratzt. Das ist aber gut so, denn glaubwürdige Zaubersprüche wären langweilig, solche Kampfsysteme leben vom Spektakel. Außerdem wäre es ziemlich ungünstig, wenn die Helden mit ihren Sprüchen die Städte zerstören, die sie eigentlich retten wollen. Man sollte das Gameplay also als eine Abstraktion von Handlung und Spielwelt verstehen.

Andererseits gibt es aber auch Fälle, bei denen etwas mehr Glaubwürdigkeit dem Spielspaß zuträglich ist, oder anders ausgedrückt, die Unglaubwürdigkeit den Spielspaß beeinträchtigt bzw. der Immersion im Weg steht. Mir fällt sofort ein Klassiker ein: Der Held klaut irgendwelche (eigentlich ziemlich unwichtigen) Gegenstände aus einem Schrank, während der Besitzer zwei Felder neben ihm steht und dabei zuschaut. Man sollte das mal so machen, dass der Bestohlene, nachdem der Held draußen ist, hinterher läuft und ihn hinterrücks erschlägt. Das arme Opfer könnte auch so wie der Ladenbesitzer von Zelda beim nächsten Besuch schon auf den Helden lauern. Eigentlich geht's mir aber um ein anderes Problem; etwas, das Owly schon mal ansprach. Mal angenommen die Gruppe erfährt gerade, dass eine Stadt in großer Gefahr schwebt. Sie muss so schnell wie möglich dorthin, um Schlimmeres zu verhindern. Doch was macht der Spieler? Er geht erst mal in einen Dungeon und grindet zwei Stunden, danach kommt noch eine längere Sidequest, bei der die Helden kein Wort über die Stadt verlieren. So viel zum Thema Immersion. Eigentlich müsste man es so machen, dass die Gruppe nur noch Ruinen vorfindet, wenn sie sich schließlich mal erbarmt, zur Rettung zu eilen. Ein anderes Beispiel: Gerade ist ein wichtiges Gruppenmitglied tragisch gestorben. Der Spieler geht danach gleich in einen Zirkus, um Sidequests zu machen, und die Helden reißen einen Witz nach dem anderen.

Worauf ich hinaus will: Ich halte es für wichtig, dass der Entwickler die Handlung so steuert, dass solche Fälle vermieden werden. Bei manchen Spielkonzepten (sprich westlichen Rollenspielen) ist eine offene Spielwelt durchaus angebracht, aber wenn man ein "typisches" Konsolenrollenspiel machen möchte, bei dem der Schwerpunkt auf der Handlung liegt, sind offene Spiele nicht so gut.

Stattdessen sollte man das Episodenkonzept benutzen. Ich muss gleich vorweg sagen , dass es sich dabei um nichts Neues handelt. Die kommerziellen Spiele benutzen dieses Konzept schon seit Ewigkeiten und einige Makerentwickler auch. Worum geht es nun? Um es kurz zu machen: Das Spiel besteht aus mehreren in sich geschlossenen Episoden, die innerhalb der Episode aber beliebig offen sein können. Man kann sich das bildlich so vorstellen, dass es einen Haupthandlungsstrang gibt, der sich in der Episode teilen kann wie er will, aber am Ende der Episode wieder zusammenläuft. Wichtige Handlungsereignisse gehören ans Ende der Episode. Man könnte sogar jede Episode mit einem Cliffhanger enden lassen.

Ein gutes Beispiel für dieses Konzept ist UiD. Die Ostmarken sind eine Episode, Düsterburg ist eine Episode usw. Innerhalb der Abschnitte hat man viele Freiheiten, aber man muss sie immer abschließen, um weiterzukommen.

Das Konzept kann man leicht um andere Ideen ergänzen, über die wir schon mal gesprochen haben:
- Ein auf die Episode begrenztes interactive storytelling (dadurch lässt es sich leichter steuern).
- Unterschiedliche Lösungswege für die Aufgaben.
- Vielleicht auch unterschiedliche Arten von Gameplay, je nach Vorliebe des Spielers (man kann sich entscheiden, ob man Probleme lieber mit der Faust oder dem Kopf löst).

Mehr Offenheit als das kann ich mir bei einem handlungsintensiven Spiel nicht vorstellen.