Name: Nivicola
Geschlecht: weiblich
Alter: 4 Jahre
Es war einmal, vor geraumer Zeit, als Nivicola noch ein kleines Lämmchen war, da erzählte das Mutterschaf ihr und den anderen kleinen Lämmchen Geschichten. Am liebsten las das Mutterschaf aus den in noch nicht ganz hart gewordenem Kot geschriebenen Legenden vom dicken Patrick vor, und wenn es gerade nicht daraus vorlas, so erzählte es die Geschichte vom kleinen Lämmchen, welches grundlos „Wolf!“ blökte und so das Vertrauen der Schafsherde verlor, so dass ihm kein Schaf mehr Glauben schenkte. Nivicola zog aus dieser Geschichte die Lehre: 'Glaube nie, was Du nicht mit eigenen Augen gesehen hast!' – sie hätte wohl besser einmal die Geschichte zu Ende gehört.
Seit jenen Tagen wuchs in Nivicola die Überzeugung, dass es so etwas wie Wölfe, jene heulenden Schrecken der Nacht, düsteren Verderben aus der Finsternis, gar nicht geben könne. Im Laufe ihres bisherigen Lebens hatte sie an jeder Stelle der Düsterheide einmal gegrast und nie war ihr ein Wolf oder etwas vergleichbar Grausames begegnet. Und so fasste sie den Entschluss, dass Wölfe eine Erfindung der Alten sein mussten, um den kleinen naiven Lämmchen das Fürchten und den Gehorsam zu lehren. Möglicherweise gab es sie ja einmal, vor langer Zeit, eventuell gäbe es sie sogar noch heute, irgendwo in weiter Ferne – aber doch nicht hier und jetzt, auf der Düsterheide!
Entsprechend dieser Gesinnung lehnt Nivicola alle Vorstellungen an Unnatürliches und Fremdartiges ab, schließlich 'gibt es immer für alles eine absolut rationale Erklärung'. Sollte sie auf Derartiges angesprochen werden, wird sie nicht mit offensiver Ablehnung regieren – denn darin sieht sie aus rationaler Sicht keinen Sinn – sondern wird sich so dezent wie möglich zu distanzieren versuchen.
Wenn sie sich nicht gerade im Geheimen über Schafe ärgert, die im Schaf-Sein mehr sehen als Essen, Mähen und Ver-mäh-ren, sucht sie nach dem absoluten Mittelpunkt der Düsterheide, denn – rational betrachtet – ist das Gras selbstverständlich umso besser, je entfernter von der Außenwelt es wächst. Wie esder Zufalldie Wissenschaft / Vernunft / Rationali...wasauchimmer so will, wächst auch ausgerechnet hier der Spitzwegerich, Nivicolas Leibspeise. Hingegen verabscheut sie Klee, sowohl kulinarisch als auch aufgrund seiner Symbolträchtigkeit.
Dem Leithammel bringt Nivicola großen Respekt entgegen – 'weil sich das nunmal so gehört!' Die jungen Schafe bedauert sie ob deren Einbildungskraft, die doch zu nichts gut sein kann. Allen anderen Schafen gegenüber verhält sie sich 'angemessen' – was auch immer das bedeuten mag…