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Thema: Ist selbstgemachte Grafik über jede Kritik erhaben?

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  1. #23
    Zitat Zitat von Kiwinuptuô Beitrag anzeigen
    Allerdings kann ich mir unter dem unteren Teil nicht viel vorstellen. Kannst du mal ein Beispiel dieser "dramaturgischen respektive" in Verbindung mit Lichteffekten nennen?
    Ich höre das so zum ersten Mal. Vor allem klingt das auf mich seltsam, wenn das gesamte Spiel keine Lichteffekte hat, aber in Szenen plötzlich welche sein sollen. Das ist doch eher seltsam als realistisch.
    Kurze Nachforschung: Nimmst du Tageslicht aktiv wahr, also kannst du spontan den Gedanken fassen: "Ich sehe all das hier nur, weil es eine Lichtquelle gibt"? Wie ist das in Filmen, fällt dir da die Ausleuchtung als subtiles Moment auf? Wie sieht das aus, wenn du dich in einem abgedunkelten Raum befindest oder wenn du dir Schwarz-Weiß-Fotographien oder Renaissancemalereien anschaust?

    Ganz klar, Licht ist in der visuellen Umsetzung von so ziemlich allem der entscheidende Faktor - Dinge auf dem Papier werden grobgesagt nur durch gezielte Anwendung von Schatten und Lichtpunkten plastisch. Ähnlich ist das mit der (abstrakt zu verstehenden) Plästizität des dramaturgischen Aufbaus, die durch Akzente erwirkt wird. Vor allem aber muss man zwischen 3 Faktoren unterscheiden können: 1. Die physikalischen Eigenschaften von Licht. (wenn man sich die Screenthreads der letzten Jahre durchschaut, wird man vielleicht verstehen, was ich meine) 2. Die Art und Weise, wie das menschliche Auge sie wahrnimmt und sie im Denken umgesetzt werden. 3. Die Konsequenz daraus für den Einsatz von Lichtmalerei und die Entscheidung, wie sinn- und sinnesgerecht sie an jeweiliger Stelle ist.

    Lichteffekte sind kurz beschrieben nur dann Eye Candy, wenn sie wirklich aufzuwerten wissen, was vor allem durch den seicht übergehenden Licht-Schatteneffekt und die Kontrastsetzung erreicht wird, welche beide den doch sehr beschränkten Tile-Aufbau der Maps komplementieren. Noch eine Stufe wichtiger ist aber ihre Inszenierung; und spätestens da muss man sich fragen, wie man darauf kommt, irgendein semi-transparenter Lichtbulbus könnte irgendwas zum Flair beitragen, weil er faktisch keine Szene schafft.

    Die Frage nach der Inszenierung stellt sich nach eben jenen drei Punkten: Tatsache, Wahrnehmung und Umsetzung. In extrem vielen Fällen lässt sich beispielsweise Flair auf einer Map schon durch ein farblich umgearbeitetes Tile-/Chipset oder einen Screentone umsetzen, denn wie vielleicht festzustellen ist, schauen wir nicht aus dem Fenster (ich bitte zwecks der Untermalung darum, dies jetzt einmal zu tun) und sehen die Welt verschimmert durch eine Lichtwolke, sondern klar und deutlich, weil diffuses Licht so viele Male subtiler ist als so ein Picturesmog.

    Und dabei geht es nicht einmal um Realismus, sondern rein um Ästhetik, denn wenn wir jetzt den Standort wechseln und an einen Raum ohne Fenster oder Lichtquelle denken und in dem auf einmal die Tür aufgeht und Licht hineinflutet, dann müsste sich in dem Raum eigentlich mehr erhellen, als nur die Lichtzeichnung auf dem Boden. Aber das realistisch darzustellen, wäre dermaßen zwanghaft undramatisch, dass es nur wenigen in den Sinn käme. Denn: Für die denkende und abstrahierende Wahrnehmung zählt in dem Moment nur der Fokus auf Licht und Tür und genau das ist es doch - in der Regel - auch, worauf der Blick gerichtet werden soll. Dramaturgisch entsprechend inszeniert.

    Ich beschreib das jetzt so ausschweifend und hochtrabend, aber im Grunde muss ich zugeben, dass man darüber meiner Meinung nach nur mal einen Augenblick nachdenken muss, um sich von diesem "Lichteffekte!!!"-Hype zu lösen und Lichtmalerei wirklich - ich wiederhole mich - sinn- und sinnesgerecht anzubringen. Wie das wiederum geht, braucht sicher etwas mehr Beschäftigung mit der Materie, aber wer das nicht will oder es nicht umsetzen kann (ich persönlich finde, dass es gerade für den RM 2k/3 nicht wirklich lohnenswert ist, sich hier groß Mühe zu geben), der soll es doch auch einfach lassen, es gibt immerhin wichtigere Elemente, auch in grafischer Hinsicht, und auf die kann man sich dann konzentrieren. Und ma foi, die meisten wirklich erfolgreichen Spiele sind das nicht aufgrund ihrer Lichteffekte, sondern wegen den wirklich essentiellen Sachen, Grafik (welche stimmig, nicht perfektionistisch sein muss), Story und Gameplay. Das ist jetzt auch keine Zuckerpusterrei, wenn ich sage, dass Kelvens spiele gerade durch jene Konzentration ausgezeichnet werden und neben anderen die ansehnlichste Grafik hat, die ich persönlich mir bei Spielen dieser Kategorie nur wünschen kann.


    Was das Erzeugen der Stimmung durch Lichteffekte angeht: Fairytale macht das beispielsweise sehr eindrucksvoll und dient hier als recht gutes Beispiel, weil eben genau dort erster nur Lichtakzente gesetzt und zweiter nur Maps oder Szenen, die akzentuiert werden wollen, mit Lichtmalerei ausgestattet sind. Wie viel Lightmaps ein Spiel verträgt, hängt übrigens auch von Thematik, grafischen Belangen, Anliegen des Erstellers und Qualität der Lichteffekte ab. In Sarcia machen durchgehende Lichteffekte sehr viel Sinn, weil der Grafikstil es erlaubt und auch ein bisschen benötigt; gleichzeitig sind sie von sehr ansprechender Qualität, weil sie wie gesagt Akzente setzen, nicht irgendeinen diffusen Lichtkegel draufsetzen, der aussieht wie ein verpatzter Weißabgleich.


    What it comes down to: Man muss begreifen, dass diffuses Licht vom Auge in der Regel nicht aktiv wahrgenommen wird. Das macht es schwer, bestimmte Arten von vermeintlich passenden Lichteffekten als schön oder angenehm zu befinden. Was das Auge sieht und was es will, wodurch es angesprochen wird, sind Akzente, Kontraste. Wer sich mal ein bisschen mit Chiaroscuro oder mit Lichtmalerei im Allgemeinen auseinandergesetzt hat (und damit meine ich nicht, dass man Bücher drüber gelesen haben muss, mir beispielsweise reicht es, die Begriffe und ihre Bedeutung zu kennen, um die Konsequenz ihrer Umsetzung zu begreifen), wird mir da vielleicht zustimmen.

    Zitat Zitat von Kiwinuptuô Beitrag anzeigen
    Mir ging es auch nicht um Realismus und dem Sinne. Es klang einfach so, als würden Lichteffekte überall weggelassen und nur in Szenen verwendet, um die Szene zu verstärken. Aber wenn man bei Nacht in einer Stadt ist, haben die Laternen schon an zu sein und nicht nur in irgendeiner Szene. Und Laternen bei Nacht finde ich als Spieler ziemlich neutral.
    Was genau existiert denn für dich zwischen Szenen? ^^ Das was du meinst sind nicht Szenen sondern Zwischensequenzen; so oder so meinte ich 'szenisch' wie in "Inszenierung".

    Geändert von Mordechaj (13.07.2010 um 20:59 Uhr)

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