Das Turtles-Reboot von 2014 ist eventuell noch so halbwegs anschaubar, aber nach einhelliger Meinung von Kritikern und Publikum absolut kein guter Film und für Leute, die als Fans der ersten oder zweiten animierten Serie großgeworden und sich des deutlich weitreichenderen Potentials bewusst sind, erst recht eine herbe Enttäuschung. Imho wurde das Konzept mit einem ultra-oberflächlichen, kalten Stil umgesetzt, der einfach kein bisschen zu dieser Franchise passt, weshalb es sich für mich auch überhaupt nicht nach den Turtles anfühlte. Das Setting und die Charaktere dienten nur dazu, eine lose Abfolge von obligatorischen Plotpunkten und derbe übertriebenen, weitgehend mit CGI umgesetzten und daher (wie die Titelhelden selbst) künstlich aussehenden Action-Setpieces zusammenzuhalten.
In ein oder zwei Szenen spürt man vielleicht, dass es dem näherkommt, was hätte sein können und sollen, aber das ist anschließend schnell verflogen, wozu der brutal hirnrissige Plot mit einem der dümmsten Pläne eines Bösewichts seit Jahrzehnten beiträgt. Man spürt einfach in fast jeder Minute der Laufzeit, dass hier Leute am Werk waren, die Null Ahnung von der Geschichte, der Atmosphäre, dieser fiktiven Welt und den Charakteren darin hatten, und demnach auch keine Wertschätzung für das Erbe mitbrachten. Sie wollten einen generischen, hoffnungslos überproduzierten Actionfilm mit ein paar eingestreuten Fantasyelementen für Kinder drehen und zufällig fiel den Leuten anschließend diese IP in die Hände, anders kann ich mir das nicht erklären. Nicht umsonst gab es offensichtlich noch diverse Last Minute Skriptänderungen, um es nach negativem Feedback etwas mehr in Einklang mit der Vorlage zu bringen (ursprünglich fraglich waren Shredders wahre Identität, die vier Schildkrötenbrüder als Aliens anstelle von Mutationen usw.). Die Turtles brauchen eine gewisse Verspieltheit, Lockerheit und Heimeligkeit mit savvy Popkultur-Anspielungen. In diesem Film hab ich mich hingegen nicht zu Hause gefühlt und wenn auf die gerade erwähnten Punkte eingegangen wurde, dann war das so over-the-top, dass es zum Fremdschämen war. Ein bisschen so, als wenn die Eltern eines Teenagers versuchen, trotz Alter und ohne genauere Kenntnisse von bzw. nur Halbwissen über aktuell gängige Trends und Verhaltensweisen plötzlich "hip" und "cool" zu sein. Schlicht falsch.
Dieser oberflächliche Ansatz spiegelt sich auch in den Charakterisierungen wider. Sieht man natürlich an April, gespielt von Megan Fox: No personality und schlecht gespielt, aber dafür Tits & Ass bzw. das, was die Öffentlichkeit unter "Sexbombe" versteht (ich find sie nicht attraktiv, aber jedem das Seine). Massenmarkt-Appeal geht dort klar vor Integrität der Geschichte. Bei den Turtles selbst wurde etwa so dick aufgetragen, dass es weh tut. Nicht nur, dass sie hier drin überdimensional große Riesen sind (was deren Unauffälligkeit in der Gesellschaft noch unglaubwürdiger macht, Ninjas hin oder her), nein, ihre Persönlichkeiten mussten auch noch visuell superdeutlich durch ein Zukleistern mit entsprechenden Accessoires manifestiert werden, damit auch der letzte Zuschauer auf Anhieb die festgelegten und unnötig einseitigen Klischee-Typen versteht, weil diese Filmemacher offenkundig unfähig sind, so etwas vielschichtiger durch Dialoge und Verhalten rüberzubringen. Erneut könnte man hier unter anderem die dritte animierte Serie von 2012 als Referenz heranziehen, die neben anspruchsvollerer Charakterisierung nur subtile und doch sehr wirkungsvolle äußerliche Unterscheidungskriterien verwendet. Aber wenn wir schonmal dabei sind, reicht es eigentlich bereits zu sagen, dass das Charakterdesign der Kinofassung von 2014 auf ganzer Linie versagt und abstoßend hässlich ist.

Umso trauriger stimmt es mich, dass das Einspielergebnis des neuen Films trotz aller zweifelsfreien Unzulänglichkeiten als erfolgreich zu werten ist, wodurch das Sequel so schnell grünes Licht bekam. Auch hier sehe ich übrigens starke Parallelen zur Transformers Franchise, die ein paar der besten Resultate an den Kinokassen ever hervorbrachten und dabei inhaltlich zum Teil der niveauloseste, letzte Schrott waren, den man sich vorstellen kann. Hauptsache Explosionen und Zerstörung im großen Stil. Story egal und folglich zum Einschlafen.
Hier muss ich dazusagen, dass ich nichtmal irgendwie ein großer Turtles Hardcore-Fan bin oder jemals war (anders als manch einer in meinem Umfeld ^^). Aber wirklich gemocht habe ich sie eigentlich immer und auch von fast jeder Inkarnation irgendetwas, wenn nicht gar eine Menge mitbekommen und aufgesogen. Dem Hype in den 90ern konnte man ja ohnehin kaum entgehen. Dass mir die Turtles so sympathisch sind, hängt auch damit zusammen, dass sie allen Unkenrufen zum Trotz gezeigt haben, dass eine dermaßen verrückte Grundidee, die zur Hälfte als bewusst überzogene Parodie startete, ein Eigenleben entwickeln, sich in der Popkultur unauslöschlich festsetzen und funktionieren kann. Ich persönlich finde das unheimlich inspirierend. Der Mix aus Fantasy und Sci-Fi vor zeitgenössischem Hintergrund kann noch so wild sein - wenn die richtigen Künstler dahinterstehen, lässt sich was draus machen. Insofern verrät die von Michael Bay produzierte Version gewissermaßen das, was die Turtles für mich so faszinierend machte, was meine Abneigung über bloße Qualitätsmängel hinaus erklären würde. Wenn man nur mal liest, was die Mirage Studios vorhatten, bevor Viacom die Rechte kaufte, ists wirklich ein Jammer.
Zitat Zitat von Eisbaer Beitrag anzeigen
Wenn du Transformers gut findest, dann auch den. Ist bei Action und Humor quasi identisch. Es wird den Turtles allerdings nicht gerecht, was Michael Bay da gemacht hat.
Jopp, das kann man so unterschreiben.
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Bei Transformers fand ich den Stil von ihm noch irgendwo passend.
Beim ersten Transformers. In den allzu zahlreichen Fortsetzungen ging es so steil bergab, dass auch die Robots in Disguise weit Besseres verdient hätten.