Zitat Zitat von Liferipper Beitrag anzeigen
Erkenne nicht, wo das Problem liegt. Ob jetzt die Indiana Jones Reihe "rebootet" (ich hasse dieses Wort inzwischen) wird, und das dann ist, als hätte es die alten Filme nie gegeben, oder ob es irgenwann eine neue Filmreihe mit einem abenteuernden Archäologen - nennen wir ihn meinetwegen Indio James - gibt, macht doch keinen Unterschied. Außer natürlich auf den Kontostand bei Disney, der für mich als Zuschauer aber eher uninteressant ist...
Mal davon abgesehen, dass ich Reboots nicht ausstehen kann, wenn sie nicht unbedingt nötig sind und noch mehr als genug Saft in einer Franchise steckt, finde ich die Einstellung von Spielberg hier sehr rückwärtsgewandt, kurzsichtig und ignorant. Wenn man die Aussage mal beim Wort nimmt und sich vorstellt, Spielberg hätte die Rechte an Indiana Jones, was afaik glücklicherweise nicht der Fall ist, dann würde das bedeuten, dass noch ein einziger Film (oder maximal zwei) mit Opa Jones kommt und dann für immer Schluss wäre, bloß weil die Vorstellungskraft eines voreingenommenen Regisseurs nicht ausreicht, um andere in der ikonischen Rolle zu sehen. Zumal das von demjenigen kommt, der den vierten Teil massiv verhunzt hat, weil er keine Ahnung hatte, was das Publikum wollte. Imho sollte die Reihe stattdessen in die Zukunft getragen und für eine aktuelle Zuschauerschaft durch neue Filme relevant gehalten werden.

Ich habe nichts gegen einen fünften, letzten Film mit Ford als Indiana Jones, sozusagen als Swan Song, und um den faden Nachgeschmack von Kingdom of the Crystal Skull endlich aus dem Mund gespült zu bekommen. Aber das sollte nicht das Ende der Figur sein, die ein bedeutender Teil der Popkultur geworden ist. Es ist fast schon egoistisch, wie Spielberg die Sache eindämmen und von anderen talentierten Leuten - und letztenendes dem potentiellen Kinopublikum - fernhalten will. Wie schön, dass der Markt anders funktioniert, erst recht bei Disney. Was mich sonst so oft stört, sorgt hier für Erleichterung. Denn sie werden nicht ewig an Ford festhalten können, und der Konzern wird eine so zugkräftige Marke nicht verkommen lassen. Also kommt ein Reboot unter dem selben Namen früher oder später garantiert. Ich würde es bevorzugen, wenn es in der bestehenden Kontinuität bliebe und sich irgendwo in jener Timeline einordnen ließe, aber zur Not klappts auch ohne.

Muss dazu sagen, dass ich generell diesen gesellschaftliche Hang zur totalen Identifikation eines Schauspielers mit einer Rolle, die so weit geht, dass jeder Wechsel ausgeschlossen wird, nie ganz begriffen habe. Klar sollte man bei jemandem bleiben und Recasts erstmal vermeiden, so lange es funktioniert. Irgendwann wird es jedoch lächerlich, gerade wenn die Darsteller bereits ein hohes Alter erreicht haben. Da kann man im Drehbuch zwar drum herum schreiben, aber zugeschnitten sind die Figuren oft auf jüngere Leute, so wie sie eben anfingen. Wenn man Indiana Jones als Beispiel nimmt - da fehlt mir nunmal die Suspension of Disbelief, wenn jemand, der stark auf die 80 zugeht, noch mit ner Peitsche über Abgründe schwingt usw.
Fand da auch immer die Zuschauermassen blöde, wenn sie überhaupt gar nicht offen für neue Gesichter waren, selbst wenn diese den Figuren etwas geben können, was beim "Original" noch nicht da war. Natürlich müssen es die Verantwortlichen gut machen und die richtigen Vibes finden. Nicht immer ganz leicht bei erhöhtem Druck und Erwartungshaltung, wobei das als Ansporn verstanden werden darf, mit Bedacht vorzugehen. Doch für mich ist es nicht ausgeschlossen, dass der Terminator von jemand anderem gespielt wird als Schwarzenegger. Im Gegenteil, das Konzept der Figur bietet sich förmlich dafür an, physiologische Änderungen könnte man logisch sogar innerhalb der Geschichte erklären! Noch lächerlicher war das bei Conan, denn der wurde nicht erst für einen Film erfunden, sondern ist ein literarischer Klassiker, dessen Interpretation im Film auch noch ein gutes Stück von der Vorlage abwich. Sich hier gegenüber anderen Schauspielern zu verschließen, bloß weil einer in dem Part berühmt geworden ist und/oder es besonders gut gemacht hat, ist kaum fair gegenüber dem zugrundeliegenden Material, anderen Künstlern, die es vielleicht sogar besser machen könnten, oder dem Publikum, das gerne mehr sehen würde.

Eines der wenigen aber perfekt funktionierenden positiven Beispiele ist natürlich James Bond. Wandelbar und immer wieder aktuell gehalten, weil die Figur nicht auf einen Schauspieler festgeschrieben ist. Wenn man eine Interpretation des Charakters nicht mögen sollte, egal, in ein paar Jahren bekommt der nächste eine Chance und die Karten werden neu gemischt. Ähnliches könnte man von Doctor Who sagen (again, wo das in-universe sogar erklärt wird, Sci-Fi sei dank). Sowas ist heute noch relevant und erfolgreich, die Leute haben ihre Freude daran und die Unternehmen verdienen massig Geld.
Mir fällt echt kein dringender Grund ein, warum so etwas nicht auch für Indiana Jones gehen sollte. Erst recht, wenn so vielversprechende Namen (wie etwa Chris Pratt) bereits im Raum standen, mit denen viele mehr als zufrieden wären. Im Gegenteil, Indiana Jones wurde soweit ich informiert bin ursprünglich sogar mit dem obenstehenden Kniff im Hinterkopf erdacht - dass man die Schauspieler falls nötig im Stile von James Bond würde wechseln können, um der Franchise ein langes Leben zu bescheren. Es waren schließlich erst vier Filme (Connery war fünf mal als Bond zu sehen, bevor er die Rolle das erste Mal abgab ^^). Dieser Ansatz mag nicht bei jeder Reihe optimal funktionieren, aber wenn es eine gibt, die prädestiniert dafür ist, dann wäre das Indiana Jones.

Was ich nun etwas heuchlerisch von Leuten wie Spielberg und anderen Verantwortlichen finde ist die Tatsache, dass man mit voranschreitender Zeit so brutal herumeiert. Nachdem sie die Idee einer langlebigen Franchise mit vielen Folgen aufgegeben und ein schönes Ende mit Last Crusade gefunden hatten, sollte es nach offiziellen Aussagen eine Trilogie bleiben. Stattdessen überlegen sie es sich inkonsequenterweise knapp 20 Jahre später anders und machen eine miserable Fortsetzung, die in eine völlig andere Richtung driftet. Wenn sie es sowieso früher oder später weiterführen würden, dann hätten sie uns auch in den 20 Jahren dazwischen den einen oder anderen Indiana Jones Film gönnen können, Ideen gabs und gibt es bekanntlich mehr als genug. Das ist aber nichtmal das eigentliche Problem. Denn jetzt heißt es, niemand außer Harrison Ford dürfe den Charakter spielen (was irgendwie auch etwas amüsant ist, weil andere die Rolle bereits übernommen haben, um einen jüngeren Indy darzustellen)?! Da kommt man sich doch ein bisschen verarscht vor. Sie hatten die Gelegenheiten und haben sie verstreichen lassen, die Geschichte war abgeschlossen. Wenn das nun dank dem unsäglichen vierten Teil bereits revidiert und die Franchise zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt wiederbelebt wurde, dann sollte er nicht kategorisch auf dieser Personalie beharren und eine langfristigere Zukunft für die IP ausschließen. Entweder man startet wieder komplett durch, oder man lässt es. Aber den Motor wieder anzuwerfen und im gleichen Atemzug zu sagen, dass es mit dem Hauptdarsteller steht und fällt und andere Optionen (seiner persönlichen Meinung nach) nicht infrage kommen... Keine Ahnung, von einem Spielberg hätte ich mehr erwartet. Das hat sowas von "Ich weiß besser, was das Richtige ist! Ich persönlich will es nicht anders.", entgegen den Wünschen der Fans, und wohlgemerkt nachdem er es einmal derbe vergeigt hat. Uns ein bis zwei miese Revivals entgegenzuwerfen und dann den Laden endgültig dicht zu machen ist nicht gerade die feine Art.

Schon alleine weil diese IP für mich so etwas wie den Idealtypus des Abenteuerfilms darstellt und vergleichbare Produktionen so gut wie gar nicht mehr ins Kino kommen, hab ich ganz allgemein total Bock auf neue Abenteuer mit Indy. Aber mit jedem verstreichenden Jahr, das hinter den Kulissen gewartet wird, weniger Bock auf Harrison Ford in der Rolle. Die Franchise könnte zeitlos sein, wenn sie es nur wollte. Das selbe gilt leider definitiv nicht für Schauspieler.