Damit argumentierst du völlig an meinem Punkt vorbei. Hier hast du wieder eine Bewertungsskala eingeführt - Geschmack. Es kann durchaus sein, dass man innerhalb dieser Skala genau einteilen kann, was besser oder schlechter ist. Aber du gehst davon aus, dass ein allgemeingültiges gut, also "gutes Essen" gleichzusetzen ist mit "gutschmeckendes Essen", und das ist eben nicht so. Es ist sicher eine mögliche Bewertungskategorie, aber es ist weder festgelegt noch Konsens, dass Geschmack das entscheidende Kriterium für Essen ist. Wie ich oben schon sagte: Man kann Essen auch als gut bezeichnen, wenn es sättigt, wenn es gesund ist, usw.
Falls dir Essen als Beispiel nicht gefällt, dann kannst du ein beliebiges anderes nehmen. Ein gutes Fussballspiel zum Beispiel. Heißt das, dass mein Team gewonnen hat, dass es viele Torschüsse gab, dass es ein taktischer Leckerbissen war, dass sich niemand verletzt hat? Ohne eine Bewertungskategorie bleibt "gut" eine sehr leere Aussage. Da es aber keine allgemeine Regel gibt, welche Kategorie jetzt für ein Fussballspiel entscheidend ist, können die Meinungen auseinandergehen, ob es ein gutes Spiel war oder nicht. Der Fan von taktischen Spielzügen freut sich an dem 0:0 und lobt das Spiel, der Gelegenheitsschauer mäkelt über das langweilige Spiel ohne Torraumszenen. Gerade die letzte Kategorie an sich bietet eine großartige Möglichkeit, das statistisch zu vergleichen - es lässt sich zählen, wie viele Schüsse es aufs Tor gab und welches Spiel mehr davon hatte. Ähnlich wie bei deinem Beispiel mit Geschmack lässt sich also für eine (oder auch mehrere) Kategorien problemlos eine Skala aufstellen. Aber die Festlegung an sich schon, dass genau diese Kategorie entscheidet, ob das Spiel in seiner Gesamtheit gut war oder nicht ist willkürlich.
Das hat nichts mit Radikaldemokratie zu tun, was natürlich als Schlagwort sehr gut klingt. Aber "gut" hat per se nun mal keine weitere Bedeutung als einen positiven Beiklang. Es ist nicht so, als würde ich eine bisherige Bedeutung eintauschen und die Bedeutung von "gut" grundsätzlich umdefinieren.Zitat
Ein Genre gibt dir immer noch keine fest definierte Kategorie, an der du die Qualität einer Geschichte festmachen kannst. Wenn wir bei deinem Beispiel an Horror-Geschichten bleiben, dann ist "Ich habe mich viel gefürchtet - es war eine gute Geschichte" absolut möglich. Genauso gut kann aber eine zweite Person herkommen und sagen "Die Geschichte war völlig unlogisch, die Personen handelten dumm wie Brot und durch die Logiklöcher hätte ein Raumschiff fliegen können!". Und die dritte Person ist begeistert von der Art und Weise, wie bekannte Wesensheiten wie Werwölfe und Vampire kreativ neu interpretiert wurden. Drei verschiedene Ansichten, wie man eine Geschichte sehen kann. Jeder beurteilt die Geschichte danach, was ihm am wichtigsten ist. Ob die Geschichte jetzt gut ist oder nicht, kann nicht gesagt werden. Sie ist vielleicht unglaublich gruslig, aber für Logiker nicht geeignet, weil nicht hundertprozentig durchdacht, dafür sehr innovativ. Nichts davon macht die Geschichte in ihrer Gesamtheit allgemeingültig gut oder schlecht.Zitat
Das sind alles drei handwerkliche Kriterien. Eine Geschichte kann auch als gut empfunden werden, wenn dies alles drei nicht zutrifft - wenn man auf diese handwerklichen Kriterien keinen Wert legt. Die Wahrscheinlichkeit dafür dürfte gering sein, aber das Nicht-Einhalten macht die Geschichte auch nur zu einer handwerklich schlechten Geschichte. Sie kann trotzdem unglaublich lustig sein. Oder voller interessante philosophischer Gedanken. Oder voller Action. Wenn mir das wichtiger ist, kann ich die Geschichte trotzdem als gut empfinden.Zitat







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