Über Immersion, also das Abtauchen in die Spielwelt, wurde in der Vergangenheit schon ein bisschen gesprochen. Dieser Thread behandelt folgende Frage: Wie lässt sich Immersion wiederherstellen, nachdem ein Spiel längere Zeit nicht angerührt wurde?
Ich habe mich mittlerweile zum Gelegenheitszocker entwickelt. Obwohl ich weiterhin komplexere Spiele bevorzuge - RPGs, (Action) Adventures, FPS - widme ich ihnen kaum eine Stunde pro Tag. Das hat zur Folge, dass ich zwar etliche Spiele anfange, aber kaum eines beende. Hier eine kleine(!) Auswahl aus dem letzten Jahr:
- Final Fantasy 12 (mal wieder).
- Fallout 3 (mal wieder).
- Skyrim.
- Fragile Dreams: Farewell Ruins to the Moon.
- Legacy of Kain 2.
- Whispered World.
- Overclocked.
Alles klasse Spiele, die ich gerne durchgespielt hätte, aber nicht konnte. Denn: Lag bei einem davon mal mindestens eine Woche zwischen zwei Spielsessions, bin ich nicht mehr reingekommen. Weder in die Story, noch in das Gameplay, bzw. die aktuelle Spielsituation. Bei einigen Spielen auf der Liste war das schlimmer als bei anderen, wobei die ersten drei sicher die Spitze des Eisberges darstellen.
Wie nun kann man Spielern wie mir die Reimmersion erleichtern, ohne ein Spiel zu simplifizieren?
Leuchtende Exempel gibt es keine, erprobte Hilfsmittelchen hingegen schon:
1 Reimmersion für die Story
1.1 Das Questlog
Typisch für westliche Rollenspiele sind sortierte und kategorisierte Listen mit allen offenen, wie abgeschlossenen Haupt- und Nebenquests. Skyrim hat ein System mit Vorbildcharakter (auch wenn die scheiß Schrift auf der Xbox unmöglich zu lesen ist):
Vorteile: Grundsätzlich übersichtlich; logisch mit der Spielwelt vereinbar; intuitiv.
Nachteile: Zeigt nicht (eindeutig), wo man zuletzt herkommt; die Listen wachsen und wachsen und wachsen...
1.2 Frag den NPC
In einigen JRPGs gibt es sie: NPCs, die den Spieler auf Stand bringen. In Guardian's Crusade ist es die kleine Fee Nehani, die mit frechen Sprüchen erklärt, wo der Weg hingeht, und in Dragon Quest 8 fragt man gleich die ganze Party. Dragon Quest 8 ist wahrscheinlich auch das beste Beispiel für dieses System, denn die Party erklärt nicht nur das Ziel, sondern auch wo man herkommt, was zuletzt passiert ist. Das macht es nach einer längeren Spielpause wesentlich leichter wieder in die Story reinzukommen.
Vorteile: Die Spielwelt erklärt sich quasi selbst, das IST Immersion und Charaktere bekommen zusätzliche Gelegenheit sich zu profilieren.
Nachteile: Zu viele Informationen können nicht geliefert werden, ohne dass sich der Spieler langweilt.
1.3 Das Tagebuch
Ideal um nachzulesen, was ich drei Quests vorher getrieben habe. Allerdings ist mir kein derartiges System bei richtig offenen Spielwelten bekannt, die noch tonnenweise Nebenquests haben.
Vorteile: Logisch mit der Spielwelt vereinbar; Möglichkeit beliebig viele Informationen unterzubringen.
Nachteile: Too much read and no play makes Jack a dull boy.
1.4 Der informationstragende Ladebildschirm
Die kenne ich auch nur aus einigen westlichen RPGs, nämlich Ladebildschirme, die im Grunde die Funktion des Tagebuches einnehmen, Informationen allerdings wesentlich kompakter bereitstellen.
Vorteile: Da es außerhalb des eigentlichen Spiels stattfindet, fühlt sich die Zeit nicht vergeudet an.
Nachteile: Ist selbst der Immersion nicht zuträglich.
Bis auf den Ladebildschirm, haben all diese Systeme einen gemeinsamen Nachteil: Da sie innerhalb des Spiels stattfinden, nehmen sie mir Zeit mit dem eigentlichen Gameplay fortzufahren. Wer wenig Zeit hat, will sofort wieder im Spiel sein - auf allen Ebenen.
2 Reimmersion für das Gameplay
Spiele mit intuitiver, simpler Steuerung und begrenztem Entwicklungspotenzial haben damit in der Regel kein Problem, diverse RPGs jedoch schon. Die unzähligen Ausrüstungsgegenstände, Skills und Dungeons sind pure Freude, wenn ich richtig drin bin. Wenn nicht, erschlagen sie mich. Skyrim ist in der Hinsicht dermaßen einschüchternd, dass ich es heute schlicht sinnlos finde mit dem Spiel zu beginnen, wenn ich weiß, dass ich es unmöglich regelmäßig spielen kann.
2.1 Schriftliche Tutorials
Die hat fast jedes Spiel und sind zu Spielbeginn eine praktische Sache. Mit wachsender Spielzeit kommen meist noch neue Stichworte hinzu.
Der Sinn solcher Tutorials ist weniger, den Wiedereinstieg zu erleichtern, denn häufig befindet man sich dann schon in Spielsituationen, die den meisterlichen Umgang mit dem Spielsystem voraussetzen.
Vorteile: Beliebig komplex.
Nachteile: Langweilig wie nichts Gutes.
2.2 Schwierigkeitsgrad wechseln
Mittlerweile kann man den Schwierigkeitsgrad im laufenden Spiel wechseln und nicht mehr nur zu Beginn. Das macht alles, sehr, sehr viel einfacher.
Vorteile: Wunderbare Kontrollmöglichkeit.
Nachteile: -.
2.3 Demos
Demos sind besonders üblich in Beat'em Ups und Plattformern. Das sind die Videos, die abgespielt werden, wenn der Controller z.B. im Hauptmenü einige Zeit lang ruht. Darin werden Kämpfe gezeigt, oder wie einigermaßen effektiv durch ein Level gehüpft wird.
Vorteile: Videos sind lehrreicher, als Text.
Nachteile: Siehe 1.4.
2.4 Replays
Die Replay- Funktion in Super Meat Boy ist super nützlich, um Spielweisen zu analysieren. Fehler, die man sich vor Augen halten kann, sind leichter abzustellen. Gleichsam dürfte es leichter sein sich mit eigenen Replays nach einer Pause wieder reinzufuchsen. Auf Rennspiele trifft das jedenfalls zu.
Vorteile: Siehe 2.3.
Nachteile: Siehe 1.4; zu aufwändig.
Tutorial- Videos
Tutorial- Videos gibt es in einigen Rennspielen, Driver, Stuntman und Gran Turismo. Sie zeigen, wie eine Aufgabe gelöst werden kann. Vielleicht nicht auf dem besten Wege, aber immerhin.
Vorteile: Siehe 2.3.
Nachteile: Siehe 1.4.
2.4 Spielhilfen
Das System ist ziemlich neu und wurde, wenn mich nicht alles täuscht, von Shigeru Miyamoto als New Super Mario Bros Wii gehypt. Dabei übernimmt die CPU das Ruder und der Spieler schaut schön zu, wie sie das Spiel durchspielt. Oder einen kleinen Teil davon.
Vorteile: Beugt Frustration vor; siehe 2.3.
Nachteile: Entzieht dem Spieler die Kontrolle und damit automatisch die Immersion; das gelernte lässt sich nicht in derselben Spielsituation anwenden; zu aufwändig.
Wie eingangs geschrieben, sind das alles kleine Stützen, aber den Wiedereinstieg effektiv zu schaffen, dabei helfen sie einzeln nicht. Eine Kombination einiger dieser Systeme ist sicher erfolgsversprechender, doch auch die würde der Komplexität eines westlichen RPGs nicht gerecht werden können. Zuvor sauer erspieltes Wissen bleibt zwangsläufig auf der Strecke. Ich bezweifle, dass ein Allheilmittel existiert oder wenigstens eines, dass auf die meisten Spiele anwendbar ist. Vielleicht kommt man ja mit gemeinschaftlicher Grübelei auf ein paar gute Ansätze.![]()