Bescheid, ich bin durch. Ich habe zwar bereits nach meiner kursorischen Schau ein Danke gesagt, möchte das aber gerne nach dem Genuss des Komplettvideos wiederholen: Danke. Von meiner Seite aus finde ich den Intensitätsgrad deiner Detailwut gewinnbringend. Du guckst auf das Spiel und gibst ungefiltert Eindrücke, spontane Einordnungsversuche und Verbesserungsvorschläge aller dir begegnenden Auffälligkeiten zum Besten, ohne darauf zu dringen, es habe genau so und nicht anders zu sein. Ich finde das nicht kleinlich, sondern freundlich und bin mir sicher, in deine fast dreistündige Vorschlagssammlung gewiss ein weiteres Mal zu gucken.

Nur in einem Punkt möchte ich generell widersprechen. Du sagst – und schreibst auch hier - , positive Punkte müssten in der Analyse nicht ausgearbeitet werden, da sie ja bereits erkenntlich klappen. Nö. Ich halte das begründend argumentierende Lob vielmehr für die Königsdisziplin der Kritik. Ob die Suppe versalzen ist, kann auch der Kochlaie erkennen, wohingegen es kulinarischer Expertise bedarf, um zu erklären, warum sie schmeckt.
Glückt dem Entwickler lediglich ein Bestandteil oder wählt er in souveräner Kenntnis der ihm verfügbaren Gestaltungsmittel die dem angestrebten Spielzuschnitt zuträglichsten Instrumente? Gerade wenn das Spiel in einem Aspekt gelingt, ist die zergliedernde Betrachtung umso lehrreicher, da sie am konkreten Beispiel den Effekt analysieren kann. Auch ein Entwickler kann von seinen Erfolgen lernen, weil ihm im in Gestalt des argumentierenden Lobs die Fülle der möglichen Betrachtungsmaßstäbe artikuliert werden. Ich schreibe das nicht, weil ich bloße Schmeichelreden vermisste, sondern weil du hier in meinen Augen analytisches Potenzial liegenlässt.


Werkzeug an den Mann bringen
Aus dem Video habe ich mir zahlreiche Punkte deiner Kritik notiert. Ich würde ein paar davon gerne besprechen, indes nicht alle auf einmal, sondern lieber nacheinander konkret am Gegenstand. Darum nenne ich jetzt erst einmal nur einen (in späteren Beiträgen gerne mehr):
Dein Vorschlag, bei der Menügestaltung einfach mal die notwendigen Tastendrücke zu zählen, um ein klares Kriterium für die Ergonomie zu erhalten, finde ich unmittelbar einleuchtend. Um ein Werkzeug auszurüsten, muss man bei mir das Menü aufrufen (1. Tastendruck), die Ausrüstung anwählen (2x runter, Bestätigen, also nun schon vier Eingaben), Held auswählen (mindestens eine 5. Taste) und dann noch das Zubehör anwählen und auswählen.
Könnte man nicht direkt das Zubehör anspringen? In handelsüblichen Rollenspielen drücke ich nur eine Taste, wenn ich ein oft genutztes Spielmenü erreichen möchte; meist "i" für Inventar, "m" für Map/Karte und dergleichen. Das kommt ja nicht von ungefähr und liegt ganz in der Logik deines Vorschlags. Wie ich den im Zweifel umsetzen müsste, sei hier mal allein mein Bier.
Dass ich an der Stelle dennoch an meinem bisherigen System festhalte, liegt an zwei Abwägungen.

Die pragmatische:
Um ein neues, fehlergeprüftes System zu bauen, obgleich eine bereits funktionierende Lösung bereitsteht, bedarf ich eines sehr guten Grundes. Das mag faul klingen, ist aber ein Arbeitsgedanke, der mich in den vergangenen Jahren dazu befähigte, nicht nur interessante Ideen in den Himmel zu malen, sondern auch Vollversionen fertigzustellen. In diesem öffentlichen Austausch möchte ich meinen aus der Werkstattperspektive gewonnenen Gedanken keinesfalls verhehlen, denn süßliche Schmonzetten ("Du schaffst alles, wenn du nur fest an dich glaubst!"), überlasse ich lieber dem Kino. Und der Satz richtet sich gar nicht an dich, sondern an eventuelle stille Mitleser.

Die konzeptionelle:
Jedes System muss vom Spieler gelernt werden. Wenn er Spielfunktionen aufrufen möchte, muss er natürlich wissen, wie das geht. In meinem Spiel habe ich mehrere sehr ähnlich gelagerte Spielmöglichkeiten, die alle demselben Grundgedanken anhängen: Ein Wechsel der Ausrüstung ändert die Einwirkungsmöglichkeiten der Spielfiguren auf ihre Umwelt. Hulkers andere Waffe eröffnet ihm neue Angriffsoptionen. Mit einer anderen Schutzmaske kann die Strahlungsbarriere eines Gebietes überwunden werden. Ein anderer Schutzpanzer verändert die Fehlertoleranz zugunsten einer Kampfpartei. Ein Wechsel der Kopfbedeckung kann mit veränderter Zustandsanfälligkeit einhergehen. Ein Werkzeugwechsel verändert die beutewerte Ausschlachtmenge. Die Effekte sind verschieden und erstrecken sich über so unterschiedliche Aspekte wie Spielweltexploration, Kampfoptionen und Kulisseninteraktivität. Aber für all die anhängenden Wechselbezüge muss der Spieler nur ein System lernen: Das Ausrüstungsmenü. Was ist besser, wenn man sich entscheiden müsste: Vier maßgeschneiderte Spezialsysteme oder ein vielseitiges System mit längeren Auswahlwegen? Ergonomie oder Systemschlankheit?
Die Frage ist offen gemeint. An Anschlussgedanken bin ich sehr interessiert.


Ein bisschen abseits davon möchte ich noch schnell drei Verbesserungsvorschläge für dein Format äußern, mit denen es zumindest mir noch ersprießlicher gewesen wäre: