Ergebnis 1 bis 20 von 31

Thema: Lehre mit 23/24

Hybrid-Darstellung

Vorheriger Beitrag Vorheriger Beitrag   Nächster Beitrag Nächster Beitrag
  1. #1
    Das ist exakt das Problem. Also, ich oute mich jetzt nun einfach mal als Toningenieur. Ich habe das studiert, weil ich ein Händchen dafür habe. Da aber der bereich Musikproduktion (und ja, das habe ich gewusst) alles andere als eine gute Auftragslage vermittelt, bin ich so flexibel um in jedem Medienbereich etwas zu suchen. Selbst in der Körperschallentwicklung für Flugzeug- oder Autoteile habe ich nach einem Job gesucht. In der Entwicklung von Soundsystemen für Autpomobile oder gar Bahnhofshallenbeschallung habe ich gesucht. Von Bang und Olufson bis Harmann habe ich mich beworben... Ich habe eine Kamera in die Hand genommen und versucht als Video-Journalist ein Volontariat (nicht viel Geld, aber zum Leben langt's) zu bekommen, aber außer einigen unbezahlten Praktika bei Produktionsfirmen und privaten Fernsehsendern nichts gefunden. Die haben mir dann das Volontariat vorenthalten einmal wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage, das andere Mal weil im Hintergrund jemand anders durch Beziehungen mehr "erwünscht" war und ein weiteres Mal, weil die Produktionen umgestellt worden sind. Die Videobeiträge waren allerdings - laut der komplertten Redaktion - immer ausgezeichnet. Ich werde sie hier dennoch nicht posten - zur Verschleierung meiner Identität versteht sich.
    Ich habe mich auch als Internetredakteur und sogar als Video-Redakteur für Online-Videospiel/ Computer/ Motorrad-Zeitschriften beworben. Ich habe mich als Pilot bei der Deutschen Lufthansa AG beworben, wurde aber aus körperlichen Gründen aber für eine Pilotenausbildung abgelehnt. Okay, das waren jetzt die krassen Berufe...
    Okay, ich habe auch nach "normalen" Berufen gesucht. Bei einer Firma habe ich mich als Übersetzer (Ich bin mittlerweile sehr englischfest) beworben, ich habe mich als Betreuer für Dokumentenmanagementsystemen in EDV-Abteilungen verschiedener Firmen beworben, habe mich als Event-Manager und sogar als Grafiker bei verschiedenen Werbeblättern beworben. Ich habe einen Nebenjob in einer IT-Abteilung gehabt, dennoch reichen meine Computerkenntnisse offenbar nicht aus.

    Meine aktuelle freiberufliche Tätigkeit besteht hingegen aus der Produktion von Musik. Zur Not könnte ich auch noch Filme schneiden. Ich habe mir selbst bei uns daheim eine kleine Regie eingerichtet. In dieser kann ich die Aufnahmen, die ich gemacht habe, bestmöglich schneiden, mischen und mastern. Ich kann auch Sprecher in meinem kleinen Aufnahmeraum aufnehmen - sei es für Podcasts, Hörspiele oder Hörbücher. Ich mach alles vom Werbespot für's Radio bis hin zur Metalplatte. Hauptsache Kohle. Für die Musikproduktion habe ich leider keinen Aufnahmeraum - aber da ich hauptsächlich im klassischen Metier unterwegs bin, finden die Aufnahmen sowieso in Konzerthäusern oder Kirchen statt. Deshalb kann ich mein "Tonstudio" auch überall mithinnehmen. Aktuell kann ich bis zu 30 Spuren gleichzeitig aufnehmen. Für größere Setups muss ich noch zusätzliches Aufnahme-Equipment mieten. Leider bekomme ich auch kaum größere Aufträge - meist beschränkt es sich auf ein Freundschaftsangebot, auch wenn ich das ein oder andere renommierte Kammermusikensemble schon mal zwischen meinen Mikros hatte. In dem Bereich ist definitiv nix zu holen. Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten benötigen grundsätzlich Vitamin B um erklommen werden zu können. Und sonst wird für klassische Musik nicht viel ausgegeben. "Der Fritz hat zwei Mikros und an Laptop! Der macht's für an Fufzger!" Der Cuzco hat ein mobiles Tonstudio mit Neumann-Mikrofonen (ja, teuer!) und RME-Technik (preiswert, aber teuer!), der kann es nicht für einen Fufzger machen! Ich habe den Mist schließlich studiert. Habe auch noch ein fundiertes Musikstudium. Ich bin mit einem Tagessatz von knapp 300 Euro brutto eh spottbillig. Der Kunde bekommt von mir auch eine Aufnahme die sich entsprechend meiner Mittel anhört. Der Fritz hingegen liefert eine - sicherlich nicht schlechte - aber doch sehr blasse Aufnahme. Ich hatte nämlich schon öfter mal das Master von so einem Fritz bekommen und ich sollte es neu "mastern". Das ist nämlich billiger, als wie wenn ich da 20 oder 30 Mikros aufstelle. Oder wenn ich die Aufnahmeleitung übernehme. Die Branche ist hin. Vor 20 Jahren konnte Fritz noch keine Aufnahmen mit dem Computer machen. Es blieb ihm nur der Kassettenrekorder. Der hat gerauscht, wie Sau. Der Computer, selbst mit billiger Soundkarte und zwei einfachen Mikros rauscht nicht mehr so stark - der Laie ist von der Qualität begeistert, da er den Unterschied zwischen meiner Aufnahme und Fritz seiner Aufnahme nicht kennt. Erst im direkten Vergleich fällt es auf: Cuzcos Aufnahme klingt viel lebendiger und direkter. Woran das wohl liegt?

    Was ich damit sagen will ist, dass ich im Nachhinein nicht das studiert hätte, was mir gefallen hat, sondern das, womit ich sicher einen Job bekommen hätte. Elektrotechnik wäre sicherlich nicht ganz falsch gewesen. Letztenendes möchte ich mich mit fast 30 Jahren nicht noch immer von meinen Eltern sponsern lassen und wenn das so weiter geht werde ich noch hauptberuflich an einer Tankstelle enden. Da ist mir ein langweiliger Bürojob doch etwas lieber - hier krieg ich wenigstens noch viel mehr Kohle. Und kann mir dann zum Ausgleich zumindest Extremsport oder andere teure Hobbies leisten.

    Cuzco

  2. #2
    Okay, dann sind wir wirklich in doch etwas anderen Branchen – denn im Ton-Technik-Bereich kenne ich mich reichlich wenig aus, was die Job-Lage betrifft. .

    Zitat Zitat
    Der Cuzco hat ein mobiles Tonstudio mit Neumann-Mikrofonen (ja, teuer!) und RME-Technik (preiswert, aber teuer!), der kann es nicht für einen Fufzger machen!
    Ich muss ehrlich sagen, dass das auch einer der Gründe war, warum ich aus dem Kreativbereich raus bin: Die gemachte Arbeit ist vielen (potenziellen) Kunden einfach nichts wert. Ich arbeite immer noch nebenher kreativ, weil ich durchaus Spaß dran habe, aber habe auch ständig damit zu kämpfen, dass ich meine Bezahlbarkeit (nicht einmal meine Preise, sondern dass ich überhaupt Geld dafür bekommen sollte) rechtfertigen muss. "Was, notfalls macht's doch auch der eine Student da, der illegal Photoshop runtergeladen hat. Wie, du hast das gekauft? XDD. Sei doch froh, dass du überhaupt eine Chance kriegst!" Man muss ein dickes Fell haben, wo ich auch ganz ehrlich bin: Ich hab's nicht mehr und bin ganz froh, dass ich es nicht mehr brauche und bedenkenlos "Nö, so nicht." sagen kann. Bei Freunden habe ich zwar die Erfahrung gemacht, dass sich Qualität und Erfahrung irgendwann durchsetzt, aber bis dahin ist es immer ein sehr steiniger Weg. Das alles wieder unter dem "Meine persönliche Meinung"-Banner in knallrot, ist natürlich sehr subjektiv.

    Wie ist das denn bei der Firma, bei der du dein Diplom gemacht hast? Gab es da keine Connections oder Anknüpfpunkte, wo man eventuell einsteigen könnte? . Oder gar Aufbaustudiengänge oder Weiterbildungen, die eben mehr in Richtung Elektrotechnik gehen? Wenn du in die EDV kommst und dir die Kenntnisse fehlen, gibt es keine Möglichkeiten diese auszubauen?

    Ich kann wirklich verstehen, dass du frustriert bist, du hast es ja offensichtlich wirklich versucht. Jedoch sind auch viele der benannten Berufe sehr mit Bewerbern überlaufen (Grafiker, Redakteur, Englisch-Übersetzer...), da ist es schwer ohne Vitamin B oder entsprechender Qualifikationen hinein zu kommen. Gibt es da keine Möglichkeit den bestehenden Beruf auszubauen? Oder irgendwie damit in Energie-Technik-Konzerne zu kommen (ABB z.B.)? Als Tontechniker solltest du ja durchaus in den technischen Grundlagen versiert sein.

    Ich wünsch dir aber echt alles erdenklich Gute und Glück bei der Jobsuche. Im Dunklen stochern ist nicht feierlich... .

  3. #3
    Das Problem betrifft aber nicht nur die "Kreativ-Branche". In allen Branchen wollen die Arbeitgeber jemanden mit mehrjähriger Berufserfahrung, aber wie soll man an Erfahrung kommen, wenn man grad frisch seine Ausbildung oder sein Studium beendet hat? Als ich meine Mechatroniker-Ausbildung beendet hatte, stand ich auch vor der Wahl: Entweder Zeitarbeit oder Arbeitslosigkeit. Ich habe mich für Zeitarbeit entschieden, aber so etwas ist moderne Sklavenarbeit, und kann ich niemanden Empfehlen. Es blieb nicht mal genug Geld über, um die Miete einer Wohnung zu bezahlen, und das in einem Vollzeitjob! Ich konnte von Glück sprechen, dass ich noch bei meinen Eltern gewohnt habe. Ein damaliger Arbeitskollege, der ebenfalls Zeitarbeiter war und seine Frau und zwei Kinder ernähren musste, hatte sich sogar durch die Zeitarbeit verschuldet!

    In Deutschland läuft auf dem Arbeitsmarkt extrem viel schief. Es hat einfach seine Gründe, warum die Hochschulen und Universitäten mittlerweile aus allen Nähten platzen, und die Ausbildungsplätze leer bleiben. Selbst jetzt, wo die Firmen rumheulen, dass sie keine Azubis finden, bekommen die Bewerber massig Absagen, weil die Firmen ihre Vorstellungen zu hoch ansetzen. Selbst die IT-Branche heult rum, aber wenn ich meine damaligen vergeblichen Versuche, um in der IT-Branche einen Ausbildungsplatz zu bekommen, anschaue, wundert mich das gar nicht. Wenn da so Fragen kommen, wie "Welche Programmiersprache können sie denn?" oder "Welche Sprache würden sie dann vor der Ausbildung noch lernen?", dann rollen sich bei mir die Fußnägel hoch. Wozu wollen sie dann überhaupt einen Azubi, wenn er schon alles wissen muss? Ich war damals 14 oder 15 Jahre alt, als ich mich um einen Ausbildungsplatz beworben habe und damals musste ich mir auch noch weitere Fragen anhören wie z.B. "Haben sie ein Führerschein?" oder "Waren sie schon bei der Bundeswehr?" ... Hallo? ... Mit 14 bzw. 15? ... Da fiel mir auch nichts mehr zu ein.

    Als ich dann vor zwei Jahren mein Studium als Medieninformatiker beendet habe, stand ich wieder vor dem Dilemma, dass die Firmen nur welche haben wollen, die Berufserfahrung vorweisen können. Den jetzigen Job habe ich auch nur durch einen Kommilitonen bekommen, der in der Firma ein Praktikum gemacht hat, und dann fest eingestellt wurde.

    Zitat Zitat von Cuzco Beitrag anzeigen
    Ich habe eine Kamera in die Hand genommen und versucht als Video-Journalist ein Volontariat (nicht viel Geld, aber zum Leben langt's) zu bekommen, aber außer einigen unbezahlten Praktika bei Produktionsfirmen und privaten Fernsehsendern nichts gefunden.
    Ein Volontariat ist auch extrem schwer zu bekommen. Eine Freundin von mir arbeitet seit mehreren Jahren als Pauschalist bei einer sehr bekannten regionalen Zeitung (die auch überregional verkauft wird), und selbst sie hat kaum Chancen auf ein Volontariat, weil sie einfach keine Vorausbildung vorweisen kann.

  4. #4

    Examinierter Senfautomat
    stars_mod
    Zitat Zitat von Whiz-zarD Beitrag anzeigen
    Ein Volontariat ist auch extrem schwer zu bekommen. Eine Freundin von mir arbeitet seit mehreren Jahren als Pauschalist bei einer sehr bekannten regionalen Zeitung (die auch überregional verkauft wird), und selbst sie hat kaum Chancen auf ein Volontariat, weil sie einfach keine Vorausbildung vorweisen kann.
    Wobei man da anmerken muss, dass sich der Beruf des Journalisten und die Anforderungen in dem Bereich in den letzten zehn Jahren ziemlich verändert haben. Konnte man da vor zehn Jahren noch mit etwas Glück ohne Studium reinrutschen, so ist heute ein Studium schon Grundeinstiegsvoraussetzung. Optimaler Weise liegt das dann im Bereich Germanistik oder Sprachen allgemein (Publizistik und Journalismus als Studiengänge selbst werden als zu verkopft angesehen) und man hat auch schon vorher als freier Mitarbeiter bei der Zeitung geschrieben.

    Dazu kommt dann noch, dass die gesamte Medienbranche im Bereich der Printmedien momentan extrem im Umbruch ist. Viele Großverlage (aktuell sogar der Springerverlag) sortieren ihr gesamtes Sortiment momentan neu und somit werden da keine Neueinstellungen mehr vorgenommen.

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •