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Thema: Literarische Arbeitsproben (Textfluten‼ - diesmal wirklich)

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    Entschuldigung postum:
    Die mittlere Strophe gefällt mir überhaupt nicht. Es ist zu allgemein und objektiv gehalten. Ist vielleicht Geschmacksache, aber ich find's generell besser, wenn man vom Besonderen auf das Allgemeine schließen kann. Du müsstest ein bestimmtes Buch nennen, einen bestimmten Unwürdigen aus einer bestimmten Generation, und dabei müsste alles auf den Konflikt hinweisen, den du in diesem Gedicht ansprichst.

    Die anderen Strophen aber gefallen mir, auch wenn das Gedicht an sich wie eine Ansammlung von in Versform gebrachten Stichpunkten aussieht. =)

    Reinheit:
    Finde ich irgendwie zu undeutlich. Mag vielleicht daran liegen, dass ich mir das Gedicht nicht oft genug durchgelesen bzw. nicht intensiv genug gelesen habe. Die Standortwechsel im Gedicht sind mir zu rapide, zu undeutlich. Es kann sich kein Bild im Kopf entwickeln. E.A. Poe hat gesagt, auf die Einheit komme es vor allem an. Im Gedicht auf die Einheit des Eindrucks, den der Dichter hervorrufen möchte, und auf die der Schönheit. Es ist nicht das schönste Gedicht, das ich von dir gelesen habe, und es ist eines derer, die – zumindest bei mir – keinen dauerhaften Eindruck hinterlassen haben. Ich kann mir das nur so erklären, dass es zu uneinheitlich ist.

    Alltagsmelancholie #1:
    Gefällt. Allerdings ist es mir ein wenig zu sentimental.

    Wenn ich bloß fliegen könnte:
    Trotz einiger Schwächen (Vög[e]lein,)

    Zitat Zitat
    Und in des Sommers Abendröte,
    Brach mein Schatz unter Schluchzen und Schrei'n.
    In den vorherigen beiden vierzeiligen Strophen wuchs etwas, hier bricht etwas in des Sommers Abendröte. Ich fänd's besser und einheitlicher, wenn hier ebenfalls etwas "wachsen" würde. Aber der Bruch ist anscheinend bewusst gesetzt, immerhin geht es hier um etwas wertvolleres als um Flügel und Schnabel/Mund.

    Die letzten drei Strophen sind genial! Die vorher aufgebaute Spannung entlädt sich quasi in einem Höhepunkt der Gegensätze, was die Relativität der Zeit angeht. Und der dabei entstehende Eindruck ist deutlich und von längerer Dauer. Es wirkt zudem nicht zu sentimental, eher sehr schön melancholisch. Gefällt sehr gut.

    Metonymie der Stille:
    Wieder zu undeutlich, weil zu allgemein, und die Wechsel finde ich zu jäh. Bei mir konnte sich kein Eindruck entfalten. Ich war hin und her gerissen, aber nicht auf eine positive Weise, eher unglücklich.

    Entgleisung:
    Ähnlich wie bei Metonymie der Stille

    Echt:
    Gefällt. Ja.

    Zwang:
    Gefällt ebenfalls. Es wirkt einheitlich. Es passt zusammen. Und es ist nicht zu sentimental. =)

    Käfig:
    Wenn das Leben im Kopf "gestorben" wäre, fände ich es schöner, auch wenn "verdorben" anscheinend besser passt. Mit letzterem kann ich mich irgendwie nicht anfreunden. Wirkt auf mich unpassend.

    Alltagsmelancholie #3 (wo ist 2?):
    Genial!

    Vom Staatengründen:
    Okay. Der Schluss gefällt mir sehr gut.


    Zu den Gedichten allgemein:
    So wirklich vom Hocker hauen sie mich nicht. Aber einige gefallen mir sehr gut. =)

  2. #2
    Als allererstes vielen Dank, dass du dir so viel Zeit genommen hast, die das durchzulesen und ein Feedback abzugeben. =)


    Zitat Zitat von Gonzo Beitrag anzeigen
    Entschuldigung postum:
    Die mittlere Strophe gefällt mir überhaupt nicht. Es ist zu allgemein und objektiv gehalten. Ist vielleicht Geschmacksache, aber ich find's generell besser, wenn man vom Besonderen auf das Allgemeine schließen kann. Du müsstest ein bestimmtes Buch nennen, einen bestimmten Unwürdigen aus einer bestimmten Generation, und dabei müsste alles auf den Konflikt hinweisen, den du in diesem Gedicht ansprichst.

    Die anderen Strophen aber gefallen mir, auch wenn das Gedicht an sich wie eine Ansammlung von in Versform gebrachten Stichpunkten aussieht. =)
    Das war auch eines der Gedichte, die in einer sehr frühen Phase entstanden sind und deshalb unheimlich formlos sind. Eigentlich überlege ich schon die ganze Zeit, das zu ersetzen, weil es tatsächlich nicht viel hermacht, aber mir von der Bedeutungsebene her sehr wichtig war. Vielleicht werde ichs aber auch einfach nochmal umarbeiten, die Holzhammer-Anspielungen auf Märchen gefallen mir nämlich dann doch irgendwo.


    Zitat Zitat
    Reinheit:
    Finde ich irgendwie zu undeutlich. ... Ich kann mir das nur so erklären, dass es zu uneinheitlich ist.
    Auch das werde ich vermutlich doch rausnehmen, mir fehlte es bisher einfach an Konsequenz, allerdings bestärkt mich dein Urteil nun doch sehr. =)
    Letztendlich habe ich mir glaube ich sogar in etwa das gleiche gedacht wie du, nur ist mal als der, der es geschrieben hat, doch dazu verleitet, genug hineindeuten zu können, als dass man sich davon trennen mag - für den Leser tut das natürlich nix zur Sache.


    Zitat Zitat
    Alltagsmelancholie #1:
    Gefällt. Allerdings ist es mir ein wenig zu sentimental.
    Sentimental muss es sein, deshalb ja auch der Titel (es hat mich einfach angestunken, dass es so wenig Möglichkeiten gibt, im schriftstellerischen die winzigen Feinheiten, die man tagtäglich dann doch irgendwo erlebt, zu erfassen - sentimental³ ).


    Zitat Zitat
    Wenn ich bloß fliegen könnte:
    Trotz einiger Schwächen (Vög[e]lein,)
    Tatsächlich ist "Vögelein" korrekteres Deutsch, die Synkope klingt bloß in den meisten Fällen einfach toller. Hier brauchte ich es aber auch, um dem Metrum gerecht zu werden.

    Zitat Zitat
    In den vorherigen beiden vierzeiligen Strophen wuchs etwas, hier bricht etwas in des Sommers Abendröte. Ich fänd's besser und einheitlicher, wenn hier ebenfalls etwas "wachsen" würde. Aber der Bruch ist anscheinend bewusst gesetzt, immerhin geht es hier um etwas wertvolleres als um Flügel und Schnabel/Mund.
    Das war halt ein gespreiztes Mittel, das ich mir ausgesucht hatte, um diesen ganzen Verwandlungsakt zu unterstützen und letztendlich den gewünschten Ausdruck etwas zu verstärken - es ist übrigens toll, dass dir die Stelle aufgefallen ist -; allgemein versucht das Gedicht die Metamorphes von Ovid wieder aufzugreifen und zu erneuern (deshalb der Bruch, der dann in etwas gutes umschlägt; in der antiken Dichtung ist es in der Regel andersherum) ... das aber nur am Rande. =)


    Zitat Zitat
    Die letzten drei Strophen sind genial! Die vorher aufgebaute Spannung entlädt sich quasi in einem Höhepunkt der Gegensätze, was die Relativität der Zeit angeht. Und der dabei entstehende Eindruck ist deutlich und von längerer Dauer. Es wirkt zudem nicht zu sentimental, eher sehr schön melancholisch. Gefällt sehr gut.
    Das war übrigens ein eigenes Gedicht, das war nur verrutscht. =/
    Aber toll, dass es dir gefällt. !_! Ich glaube auch, das war das erste Gedicht überhaupt, das mal etwas Ausdrucksstärke hatte, anscheinend wirkt es doch sehr gut, ich hatte nämlich Bedenken, dass es etwas ins Banale abgleitet.


    Zitat Zitat
    Metonymie der Stille:
    Wieder zu undeutlich, weil zu allgemein, und die Wechsel finde ich zu jäh. Bei mir konnte sich kein Eindruck entfalten. Ich war hin und her gerissen, aber nicht auf eine positive Weise, eher unglücklich.
    Der Text ist an Hermetik auch nicht zu übertreffen, das muss ich zugeben. Hier ist das jähe Umschlagen aber durchaus beabsichtigt und es soll auch ein bisschen pisacken.


    Zitat Zitat
    Entgleisung:
    Ähnlich wie bei Metonymie der Stille
    ...das wiederum ist erstaunlich, weil thematisch, stilistisch und überhaupt vom Gefühl dahinter eigentlich keinerlei Verbindung beabsichtigt war. Hm... wahrscheinlich sind hier die Anspielungen doch zu undeutlich (in der Bildebene selbst wechselt der Schauplatz nur am Ende, allerdings sprengt wohl die fehlende Fokussierung in den einzelnen Dreizeilern den Bezugspunkt weg =/ ).


    Zitat Zitat
    Zwang:
    Gefällt ebenfalls. Es wirkt einheitlich. Es passt zusammen. Und es ist nicht zu sentimental. =)
    Das überrascht ehrlich gesagt, weil es ja dann doch relativ minimalistisch ist. Wenn es dir zusagt, ist das aber ein sehr schönes Zeichen und ehrlich gesagt sehr bestärkend.


    Zitat Zitat
    Käfig:
    Wenn das Leben im Kopf "gestorben" wäre, fände ich es schöner, auch wenn "verdorben" anscheinend besser passt. Mit letzterem kann ich mich irgendwie nicht anfreunden. Wirkt auf mich unpassend.
    Nunja, ein sterbendes Leben wäre aber irgendwie sinnlos. =/
    Im Original hatte ich das auf Französisch geschrieben (in meiner Leslie-Kaplan-schreibt-unheimlich-tolle-Prosagedichte-Phase), da war das verdorben vielleicht noch etwas angebrachter als hier ("la vie, à moi, pourrie" hat im Französischen mehr Ausdruckskraft).


    Zitat Zitat
    Alltagsmelancholie #3 (wo ist 2?):
    Genial!
    #2 ist bei der Prosa, allerdings etwas allgemeiner gehalten, als die anderen beiden.
    Da fällt mir übrigens grad ein, dass #4 eigentlich auch dabei sein sollte, aber irgendwie abhanden gekommen ist.


    Zitat Zitat
    Zu den Gedichten allgemein:
    So wirklich vom Hocker hauen sie mich nicht. Aber einige gefallen mir sehr gut. =)
    Es ist eben noch weit von der Perfektion entfernt... =/

    Ich danke dir aber an dieser Stelle nochmal für deine Mühe, das hilft mir sehr weiter, weil ich jetzt nochmal drüberarbeiten kann, um es dann guten Gewissens abzuschicken.

  3. #3
    Das Problem bei den meisten Gedichten junger Autoren ist -- nicht nur bei dir, ich zähle mich ebenfalls dazu =) --, dass sie ihre Werke zu selten bearbeiten. Wenn ich mir meine Sachen anschaue, dann gefallen mir immer die am besten, die "stundenlang" bearbeitet wurden (nicht an einem Tag, sondern über mehrere Tage oder sogar Wochen hinweg). Bevor du ein Gedicht wergschmeißt -- was man btw niemals tun sollte ;-) -- überarbeite es lieber, füge vielleicht sogar eine andere Intention ein oder setze es gar komplett in einen andere Kontext. Ich find's gut, dass du weiter arbeitest, und deine Sachen nicht beleidigt in die Tonne haust. ^^

    Dazu fällt mir immer ein Bukowski-Gedicht ein, welches nicht ganz ohne Sarkasmus ist:

    Graue Theorie

    Sieh zu, daß du immer ein
    Notizbuch dabei hast. Und
    trink nicht so viel. Trinken
    ruiniert deine Sensibilität.
    Geh zu Lesungen. Achte darauf,
    an welchen Stellen sie Luft
    holen. Und wenn du liest,
    bring es mit Understatement,
    spiel es immer herunter. Das
    Publikum ist smarter, als du
    denkst. Und wenn du etwas
    geschrieben hast, schick es
    nicht sofort raus. Leg es
    erst mal zwei Wochen in die
    Schublade, dann hol es heraus
    und sieh dir's an und über-
    arbeite es, ÜBERARBEITE ES
    immer und immer wieder.
    Straffe die Zeilen, zieh die
    Schrauben an, als wären es
    Drahtseile, die eine Brücke
    mit 5 Meilen Spannweite
    tragen müssen. Und leg dich
    nie ohne dein Notizbuch ins
    Bett. In der Nacht werden dir
    Einfälle kommen, und wenn du
    sie nicht sofort aufschreibst,
    sind sie für immer weg. Und
    trink nicht. Trinken kann
    jeder Idiot. Wir sind
    Literaten.

    Das meiste davon weißt du ohnehin schon bzw. hälst es schon ein. ^^

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