Du hast es sowieso nicht mit Sinnsystemen. Nation ist identitätsstiftend. Jeder Mensch definiert sich über verschiedene Dinge, was er für Musik hört, was seine Lieblingsschriften sind, welche Religion er angehört, welche Sprache er spricht, wo er geboren ist, welcher Familie er angehört usw. Er macht dies, um sich von anderen unterscheiden zu können, denn als Individuum ist er für ihn ein grundlegendes Bedürfnis zu wissen, wer er ist. Genau diese Identifikation mach es ihm möglich, auf ein bestimmtes Attribut stolz zu sein oder sich darüfer zu freuen (was für ein Euphemismus). Dazu kommt das schon von mir erwähnte Element der Solidarisierung. Man fühlt sich mit andern verbunden, weil sie ähnliche Identifikationsmerkmale in Anspruch nehmen, wie man selbst. Da spielt es keinerlei Rolle, ob die Merkmale konstruiert sind oder nicht. Es geht nur darum, wie man sie beurteilt. Für den Patrioten ist nun das eigene Land ein Attribut mit dem er sich a)identifiziert (wie es die meisten hier tun, die sagen, sie seien Deutsche) und b)solidarisiert. Dazu kommt noch, dass er dazu bereit ist, einen gewissen Einsatz zu leisten, um die Situation der solidarisierten Gruppe zu verbessern, in dem er z.B. freiwillige Krankenpflege betreibt oder für den Staat arbeitet. Ich sage nicht, dass Patriotismus die einzige Begründung ist, warum man sowas tut, andere versuchen bestimmten Moralvorstellungen genüge zu leisten (was von der Begründung her definitiv nicht besser ist als Patriotismus). Bringen wir es auf den Punkt: Der Patriot liebt einerseits sein Land und setzt sich dafür ein, in Kultur (Heimatbilder), in Geografie (Landschaftsschutz), bei den Bewohnern (soziale Projekte) oder den Gesetzen (politische Partizipation). Mir tut es ja auch Leid für euch Deutsche, dass ihr so ein seltsames Verhältnis zu eurem Vaterland habt, weil es bei euch aus historischen Umstände eine radikale Form eines Nationalismus entstanden ist. Nur: Das ist keine allgemeine Eigenschaft des Patriotismus, aus dem sehr viel gutes entstehen kann.
Dann scheitern wir an einer Definition. Der Patriot ist aktiv bereit dazu, etwas für sein Land zu tun. Und sei es nur, sich dazu zu bekennen. Jemand, der sich mit Leistung anderer brüstet hat damit wenig zu tun. Andererseits: Ein Fussballfan ist mMn nicht jemand, der sich mit fremden Federn schmückt, sondern sich zu einer Mannschaft bekennt und ihr so moralische Unterstützung liefern will (egal, ob man wirklich etwas bewirkt oder nicht). Natürlich kommt bei der ganzen Fussballsache wieder die Identitätsstiftung und die Solidarität dazu.Zitat von Kelven
Ich habe es gar nicht gleichgesetzt. Jedoch stiften Nation einen Ansatz zu Solidarität, die man sonst vielleicht nicht empfinden würde. Die gemeinschaftsstiftende Wirkung kann man nicht ignorieren.Zitat
Ich liebe mein Land, weil ich für es (und vor allem für die Menschen, die darin leben) vieles tun würde. Ist ein bisschen mehr als nur blosse Freude, an einem bestimmten Ort zu sein.Zitat
Man erhält aber den Eindruck, wenn das patriotische Gefühl als nicht legitim gebrandmarkt wird. Was würde passieren, wenn ich schreiben würde, es ist schön, dass eine Person homosexuell ist, aber es sei von Natur her falsch? Das ist in etwa, was die behauptete Illegitimität für ein Gefühl erzeugt.Zitat