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  1. #1
    Zitat Zitat von Lucian Beitrag anzeigen
    Was mich betrifft, so sehe ich ganz einfach keine Begründung im Patriotismus. Die einzigen Scheinbegründungen, die man in diesem Thread hören konnte, waren "das Land in dem ich wohne ist so toll, lauter Dichter und Denker!" oder "das ist eine positive Gefühlslage, die man nicht begründen kann". Seltsamerweise kann ich meine positiven Gefühle zumindest im Ansatz begründen, aber ich weiß ja nicht, ob es jedem so geht.
    Woher kommt also nun die Freude über die eigene "Nation" (was auch immer das ist), die jene über andere scheinbar schmält? Oder, was auch interessant zu wissen wäre: Was an seinem Land muss man denn nun lieben, um als Patriot zu gelten? Die Kultur? Die Geografie? Die Einwohner? Die Gesetze?
    Du hast es sowieso nicht mit Sinnsystemen. Nation ist identitätsstiftend. Jeder Mensch definiert sich über verschiedene Dinge, was er für Musik hört, was seine Lieblingsschriften sind, welche Religion er angehört, welche Sprache er spricht, wo er geboren ist, welcher Familie er angehört usw. Er macht dies, um sich von anderen unterscheiden zu können, denn als Individuum ist er für ihn ein grundlegendes Bedürfnis zu wissen, wer er ist. Genau diese Identifikation mach es ihm möglich, auf ein bestimmtes Attribut stolz zu sein oder sich darüfer zu freuen (was für ein Euphemismus). Dazu kommt das schon von mir erwähnte Element der Solidarisierung. Man fühlt sich mit andern verbunden, weil sie ähnliche Identifikationsmerkmale in Anspruch nehmen, wie man selbst. Da spielt es keinerlei Rolle, ob die Merkmale konstruiert sind oder nicht. Es geht nur darum, wie man sie beurteilt. Für den Patrioten ist nun das eigene Land ein Attribut mit dem er sich a)identifiziert (wie es die meisten hier tun, die sagen, sie seien Deutsche) und b)solidarisiert. Dazu kommt noch, dass er dazu bereit ist, einen gewissen Einsatz zu leisten, um die Situation der solidarisierten Gruppe zu verbessern, in dem er z.B. freiwillige Krankenpflege betreibt oder für den Staat arbeitet. Ich sage nicht, dass Patriotismus die einzige Begründung ist, warum man sowas tut, andere versuchen bestimmten Moralvorstellungen genüge zu leisten (was von der Begründung her definitiv nicht besser ist als Patriotismus). Bringen wir es auf den Punkt: Der Patriot liebt einerseits sein Land und setzt sich dafür ein, in Kultur (Heimatbilder), in Geografie (Landschaftsschutz), bei den Bewohnern (soziale Projekte) oder den Gesetzen (politische Partizipation). Mir tut es ja auch Leid für euch Deutsche, dass ihr so ein seltsames Verhältnis zu eurem Vaterland habt, weil es bei euch aus historischen Umstände eine radikale Form eines Nationalismus entstanden ist. Nur: Das ist keine allgemeine Eigenschaft des Patriotismus, aus dem sehr viel gutes entstehen kann.
    Zitat Zitat von Kelven
    Bevor es mißverstanden wird, ich will das nicht pauschalisieren, vermutlich denken nicht alle so, die stolz auf ihr Vaterland sind, aber es gibt sie bestimmt, die Leute die, wie derBenny es beschrieben hat, Selbstwertgefühl aus den Leistungen anderer beziehen, weil sie selber nichts haben, auf das sie stolz sind.
    Dann scheitern wir an einer Definition. Der Patriot ist aktiv bereit dazu, etwas für sein Land zu tun. Und sei es nur, sich dazu zu bekennen. Jemand, der sich mit Leistung anderer brüstet hat damit wenig zu tun. Andererseits: Ein Fussballfan ist mMn nicht jemand, der sich mit fremden Federn schmückt, sondern sich zu einer Mannschaft bekennt und ihr so moralische Unterstützung liefern will (egal, ob man wirklich etwas bewirkt oder nicht). Natürlich kommt bei der ganzen Fussballsache wieder die Identitätsstiftung und die Solidarität dazu.
    Zitat Zitat
    Solidarität ist etwas ganz anderes als Identifikation und hat deswegen für mich nichts mit Nationalstolz oder Stolz allgemein zu tun. Wenn ich z.B. im Ausland bin und dort treffe ich Leute die Deutsch sprechen, klar sage ich dann: "Hey, die verstehe ich, die sind mir näher als die anderen Leute, die ich nicht verstehe". Wenn sie nicht gerade Dialekte sprechen, die noch unverständlicher als die Fremdsprache sind. Das ist eine Form von Solidarität, aber sie ist weit entfernt von Vaterlandsstolz. Und was die Identifikation angeht: Mir ist es nicht peinlich zu sagen, dass ich Deutscher bin, aber ich bilde mir auch nichts darauf ein.
    Ich habe es gar nicht gleichgesetzt. Jedoch stiften Nation einen Ansatz zu Solidarität, die man sonst vielleicht nicht empfinden würde. Die gemeinschaftsstiftende Wirkung kann man nicht ignorieren.
    Zitat Zitat
    Ist Vaterlandsliebe denn nicht nur ein Euphemismus für Vaterlandsstolz? Ich meine, Liebe für ein Land klingt ein wenig übertrieben.
    Ich liebe mein Land, weil ich für es (und vor allem für die Menschen, die darin leben) vieles tun würde. Ist ein bisschen mehr als nur blosse Freude, an einem bestimmten Ort zu sein.
    Zitat Zitat
    Das macht hier ja auch keiner, denke ich. Aber wenn man nichts von Vaterlandsstolz hält, dann spricht doch nichts dagegen, diese Meinung auch zu vertreten, oder?
    Man erhält aber den Eindruck, wenn das patriotische Gefühl als nicht legitim gebrandmarkt wird. Was würde passieren, wenn ich schreiben würde, es ist schön, dass eine Person homosexuell ist, aber es sei von Natur her falsch? Das ist in etwa, was die behauptete Illegitimität für ein Gefühl erzeugt.
    Nur sein Auge sah alle die tausend Qualen der Menschen bei ihren Untergängen. Diesen Weltschmerz kann er, so zu sagen, nur aushalten durch den Anblick der Seligkeit, die nachher vergütet.

    – Jean Paul: Selina oder über die Unsterblichkeit

  2. #2
    Zitat Zitat von Rübe Beitrag anzeigen
    Du hast es sowieso nicht mit Sinnsystemen. Nation ist identitätsstiftend. Jeder Mensch definiert sich über verschiedene Dinge, was er für Musik hört, was seine Lieblingsschriften sind, welche Religion er angehört, welche Sprache er spricht, wo er geboren ist, welcher Familie er angehört usw. Er macht dies, um sich von anderen unterscheiden zu können, denn als Individuum ist er für ihn ein grundlegendes Bedürfnis zu wissen, wer er ist. Genau diese Identifikation mach es ihm möglich, auf ein bestimmtes Attribut stolz zu sein oder sich darüfer zu freuen (was für ein Euphemismus).
    Was hat Identifikation mit Stolz zu tun? Klar, ich identifiziere mich auch über gewisse Dinge, aber wenn ich sage, dass ich ein Rockmusik-Hörer bin und mich somit mit diesem Musikstil identifiziere, sehe ich da noch kein Ventil für Stolz.

    Zitat Zitat
    Dazu kommt das schon von mir erwähnte Element der Solidarisierung. Man fühlt sich mit andern verbunden, weil sie ähnliche Identifikationsmerkmale in Anspruch nehmen, wie man selbst. Da spielt es keinerlei Rolle, ob die Merkmale konstruiert sind oder nicht. Es geht nur darum, wie man sie beurteilt.
    Gut, das klingt ja plausibel. Wobei ich auch in diesem Fall keinen Stolz empfinden würde, weil jemand, der sich in der selben Solidarisationsgruppe wie ich befindet, etwas Beachtenswertes erreicht. Immerhin habe ich selbst ja nichts damit zu tun.

    Zitat Zitat
    Für den Patrioten ist nun das eigene Land ein Attribut mit dem er sich a)identifiziert (wie es die meisten hier tun, die sagen, sie seien Deutsche) und b)solidarisiert. Dazu kommt noch, dass er dazu bereit ist, einen gewissen Einsatz zu leisten, um die Situation der solidarisierten Gruppe zu verbessern, in dem er z.B. freiwillige Krankenpflege betreibt oder für den Staat arbeitet. Ich sage nicht, dass Patriotismus die einzige Begründung ist, warum man sowas tut, andere versuchen bestimmten Moralvorstellungen genüge zu leisten (was von der Begründung her definitiv nicht besser ist als Patriotismus).
    Du darfst aber nicht vergessen, dass solidarische Handlungen nicht für "ein Land" durchgeführt werden, sondern immer für bestimmte Personen. Das ist ja der springende Punkt, so etwas wie ein Land als Tätiger, Hilfsbedürftiger oder was auch immer gibt es gar nicht. Es gibt lediglich Leute, die sich mehr oder weniger freiwillig in einem bestimmten Gebiet der Erde befinden und denen man aufgrund dessen Zusammenhalt und Gemeinschaftlichkeit zuschreiben will.
    Ich solidarisiere mich allerdings bestimmt nicht mit Rechtsextremen, Linksextremen, religiösen Fanatikern, Imperialisten, Faschisten oder Hansi-Hinterseer-Fans - die aber genauso Teil meines Heimatlandes sind. Und wenn ich bedürftigen Menschen helfe, dann nur, weil sie eben Hilfe bedarfen, nicht, weil sie in "meinem" Land wohnen. Somit besteht für mich keine stärkere Bindung zu hier lebenden Menschen als zu anderen - wieso auch? Als Gesamtmasse gesehen habe ich nichts mit ihnen gemein, da sich Sympathisanten und Antipathisanten gegenseitig aufheben.

    Zitat Zitat
    Bringen wir es auf den Punkt: Der Patriot liebt einerseits sein Land und setzt sich dafür ein, in Kultur (Heimatbilder), in Geografie (Landschaftsschutz), bei den Bewohnern (soziale Projekte) oder den Gesetzen (politische Partizipation). Mir tut es ja auch Leid für euch Deutsche, dass ihr so ein seltsames Verhältnis zu eurem Vaterland habt, weil es bei euch aus historischen Umstände eine radikale Form eines Nationalismus entstanden ist. Nur: Das ist keine allgemeine Eigenschaft des Patriotismus, aus dem sehr viel gutes entstehen kann.
    Nun frage ich mich immer noch, wieso er sich gerade für sein Land einsetzt und nicht für andere. Wieso kämpft ein deutscher Patriot für den Erhalt des Schwarzwaldes, aber nicht für den des Regenwaldes in Brasilien? Wieso setzt er sich für obdachlose Berliner ein, nicht aber für heimatlose Pariser? Weil ihm die "Seinen" geografisch näher sind? Weil sie möglicherweise die gleichen Ansichten vertreten, dies aber in einem multikulturellem Land (und das nicht erst seit den Einwanderungenswellen) nicht zwingend der Fall sein muss?

  3. #3
    Zitat Zitat von Lucian Beitrag anzeigen
    Nun frage ich mich immer noch, wieso er sich gerade für sein Land einsetzt und nicht für andere. Wieso kämpft ein deutscher Patriot für den Erhalt des Schwarzwaldes, aber nicht für den des Regenwaldes in Brasilien? Wieso setzt er sich für obdachlose Berliner ein, nicht aber für heimatlose Pariser? Weil ihm die "Seinen" geografisch näher sind? Weil sie möglicherweise die gleichen Ansichten vertreten, dies aber in einem multikulturellem Land (und das nicht erst seit den Einwanderungenswellen) nicht zwingend der Fall sein muss?
    abgesehen von der tatsache das sich deutschland ziemlich ausgiebig auch für andere länder einsetzt (katastrophenschutz u.s.w.) ist es einfach nahe liegend das man sich eher an geographische gegebenheiten hällt. (schon allein weil man auch mit den leuten auskommen muss, wenn sich irgentwelche "affen" im regenwald angepisst fühlen kann mir das egal sein, aber ein berliener is näher dran an mir, der kann mir eher aufs maul hauen ... )

    mittlerweile finde ich es ziemlich irritierend das sich leute noch immer an dem wort stolz aufhängen. die genaue bedeutung wurde doch schon erwähnt (zur not hier noch mal ...http://de.wikipedia.org/wiki/Stolz ) auch nochmal erwehnen möchte ich die tatsache das sich wortgebrauche im laufe der zeit ändern können und sehr viele stolt mit ich finde es toll gleichsetzen.

    aber solange ihr nicht die gleiche ablehnung eurer familie entgegen bringt, ist doch alles in ordnung, oder ?

  4. #4
    Ok, ich finde wir sollten den Begriff "Nationalstolz" jetzt endgültig zu den Akten legen.
    Hier noch mal ein link zum eigentlich von vielen hier gemeinten:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Nationalgef%C3%BChl

    und:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Patriotismus
    "Ja komm, vom röcheln wirds doch auch nicht besser! Man versteht hier ja sein eigenen Wort nicht!"(Stromberg)

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