Das sehe ich anders.
In meinen Augen ist Walt immer noch der, der er auch in der ersten Staffel schon war. Das tolle an Walts Charakterentwicklung ist nicht, dass es eine Charakteränderung sondern eine Charakterfestigung war. Walt war nicht am Anfang ein guter Mensch und nun ist er der Bösewicht.
Walt war schon immer seinen Prinzipien treu, er hat sich in das Meth Business begeben um für seine Familie zu sorgen und um sich selbst zu verwirklichen. Man könnte nun argumentieren, dass er inzwischen sein ursprüngliches Ziel aus den Augen verloren hätte und es ihm nur noch um Macht geht, aber das halte ich für etwas zu einfach gesehen. Ich will ihm nicht unterstellen, dass dieses "für die Familie" nur ein Vorwand für ihn war, aber zumindest hat sich sein persönlicher Erfolg durch Geld für seine Familie beschaffen definiert. Mithilfe von dem, was er am besten kann.
Nun hat ihn seine Familie "verraten", sie versteht ihn nicht mehr (das hat sich ebenfalls nicht groß zur ersten Staffel verändert, nur dort waren den Beteiligten vieles noch nicht bewusst) und will nicht mal mehr das Geld von ihm akzeptieren. Damit macht sie seinen "Erfolg" zunichte. Das, was Walt seiner Frau antut, ist in meinen Augen kein Machtspiel; er versucht nur das zu beschützen, was er "erarbeitet" hat (Erfolg, dazu muss die Familie das Geld annehmen und seine Arbeit anerkennen) und die Familie davon zu überzeugen, dass er aus den richtigen Prinzipien die richtigen Entscheidungen getroffen hat und noch trifft.
So wie die Szenen geschnitten waren, glaube ich auch nicht, dass sein Nervenzusammenbruch bei Hank reines Theater war. Walt ist kein so guter Schauspieler, als dass er so spontan einfach Tränen fallen lassen könnte. In diesen Szenen zeigt sich für mich viel eher das, was Walts Entwicklung in den fünf Staffeln ausgemacht hat. Walt ist kein anderer Mensch geworden, nein, die Erfahrungen, die er gesammelt hat, die er aus Fehlern und Erfolgen gelernt hat, haben ihn nur von einem unsicheren, unerfahrenen Anfänger zu einem selbstsicheren, zielführenden "Profi" gemacht, indem er sich von seinen Schwächen nicht mehr einschränken lässt sondern sie zu seinem Vorteil nutzt.