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Final Fantasy XVI
Final Fantasy ist für mich schon immer ganz fett Nostalgie gewesen, und umso mehr war es eine interessante Erfahrung, FFXVI zu spielen!
Daher direkt als Kontext: Ich habe das Spiel zusammen mit der Freundin angegangen, und sie ist die, die hauptsächlich
gespielt hat. Ich habe nur hin und wieder eine Gameplay-Session eingelegt und mich sonst mit dem Zugucken zufriedengegeben. Was ich übrigens empfehlen kann. Tolles Ding zum Zugucken!
Gameplay & anderer Kleinkram
Das Kampfsystem ist nämlich – ganz subjektiv – nicht meins. Diese Art von Kombo-Action war noch nie mein Genre, und speziell auf diese Spiellänge hätte es sich selbst als Button Smasher irgendwann nach Arbeit angefühlt. Das war insofern perfekt, dass meine bessere Hälfte eine Menge Spaß daran hatte! Was ich aber definitiv sagen kann: Das Kämpfen in FFXVI hat eine recht klare Vision und zieht diese auch durch, zumindest grundlegend. Wie viel die Rollenspielelemente wert sind, wie man die Sache mit den "Accessibility-Ringen" gelöst hat und ob dieses System überhaupt zur Reihe passt ... NA JA. Kann man sich sicherlich streiten, wenn man denn Bock drauf hat. Aber es ist halt auch kein absolut zielloser Clusterfuck wie in FFXV, sondern weiß, was es will.
Etwas Ähnliches gilt für das restliche Gameplay. Die "Erkundung" der "Open World" (beides bewusst in Anführungszeichen) ist vergessenswert und fühlt sich für mich ein wenig nach Spielzeitstreckung an, gerade mit diesen oftmals ebenso vergessenswerten Quests und Begegnungen außerhalb der Hauptstory. Sie ist aber auch nicht per se schlecht gemacht oder peinlich. Und wenn man als Spielender ein bisschen mehr aus dem Spiel und der Welt herausholen möchte? Gerne doch. Ist ja optional. Wobei ich mich streckenweise schon gefragt habe, ob FFXVI als 25h-Action-Spiel auf Schienen nicht besser gewesen wäre. Aber das
wollte es halt ganz offensichtlich nicht sein.
Und in diesem Sinne finde ich ehrlich gesagt ziemlich viele – vollkommen valide! – Kritikpunkte zweitrangig, denn FFXVI strahlt etwas aus, das den letzten (Offline-)Teilen gefehlt hat ...
FFXVI weiß, was es will ... und warum das so gottverdammt viel wert ist
Man kann sich streiten, wann genau die Identitätskrise dieser Reihe angefangen hat. FFX-2 mag weird as fuck sein, aber es hatte definitiv eine (weirde ... WEIRDE!) Vision. FFXII hatte eine Vision, ist aber offensichtlich komplett daran gescheitert. FFXIII ... Keine Ahnung, was FFXIII wollte?! Und FFXV ist ein derber Clusterfuck, dem ich nur
trotz des ganzen Chaos vor und hinter den Kulissen eine Menge Charakter abgewinnen konnte, auch ohne die lächerlich-aggressiven DLCs und Ergänzungsmedien. Selbst die beiden Online-MMOs haben Jahre an Überarbeitung und Erweiterung gebraucht, bis da jeweils etwas wirklich Konsistentes bei rausgekommen ist. Und von den dutzenden Spin-Offs reden wir mal lieber gar nicht, zumindest nicht, wenn es um die Frage eines runden Konzepts geht.
FFXVI ist in diesem Sinne ein absolut frischer Wind in der Reihe, das erste Mal seit, puh, fast 20 Jahren? Es fühlt sich nach einem Spiel an, das mit einer echten Vision konzipiert, geplant und dann entwickelt wurde, sicherlich mit etwas Reibung hier und da, aber im Gesamtbild einfach als ein
funktionales Gesamtkunstwerk. Erreicht es das Schimmern, die "Rundheit" von FFIX oder FFX? Keinesfalls! Aber das ist auch ein sehr hoher Anspruch, und meiner bescheidenen Meinung nach hat selbst so mancher gefeierte Teil der Reihe (VI, VII, VIII) so einige Ecken und Kanten, die wir heute bereitwillig übersehen.
Ein bisschen einschränken muss ich meine Aussage aber doch noch: Was zum Fick geht da in den ersten ~3 Stunden des Spiels? Ich meine, die sind TOLL inszeniert und reißen einen förmlich in die Story, aber sie sind auch seltsam irreführend, mit plötzlichen Toden und angedeuteten Sexszenen. FFXVI ist aber überhaupt kein "Grimdark-Fantasy-Game-of-Thrones-Witcher-Spieler" ... Es ist viel eher ein klassisches JRPG voll epischer Helden und Metaphysik, das drei Stunden lang versucht, brutal und sexuell zu sein, bevor das Team offensichtlich realisiert hat, dass es auf diese Art von Tonfall ja mal so überhaupt keinen Bock hat! Natürlich passieren auch danach noch schlimme Dinge (tm), aber das war bei Final Fantasy schon immer Teil des Konzepts. Man lasse sich also nicht verunsichern, weder vom Anfang des Spiels noch von den Leuten im Internet, die irgendetwas darin sehen, was es nicht ist.
Danach dann allerdings: Ein rundes Spiel! Und zwar auch ohne notwendige DLCs oder irgendwelchen Spin-Off-Shit.
Immerhin kriegen Clive und Jill ein bisschen off screen Action und sogar EINEN LEIDENSCHAFTLICHEN KUSS IN DER ÖFFENTLICHKEIT?! Skandalös.
Und das ist ... einfach schön! Final Fantasy ist in meinem Kopf immer eine Reihe, die sich mehr über ihre stabilen Grundideen, ihre Qualität auf allen Ebenen und ihren "großen Schritte" definiert hat, nicht über ein Kampfsystem, ihre Chocobos oder irgendwelche spezifischen Inhalte. Ein FF soll ein bombastisches, gutes Spiel sein, das weiß, was es tut, ein Aushängeschild und – zumindest auf dem höchsten Niveau – sogar ein Vorreiter des JRPG-Genres. Und FFXVI ist das erste Mal seit langer Zeit, das ich das wieder gespürt habe! Wenn auch nicht auf dem höchsten Niveau.
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Was genau will FFXVI?
Das ist dann wohl die Frage, die entscheidet, ob einem das Ganze gefällt oder nicht. Meine persönliche Antwort wäre: FFXVI ist überraschend
basic.
- Das beginnt mit dem Gameplay! Wie schon gesagt, es ist ein bisschen Open World, aber eigentlich nicht so wirklich, es ist ein bisschen Kombo-Action, aber Button Smashing funktioniert zumindest mit den Ringen auch ziemlich gut. Das wird vielen Leuten gefallen, auch wenn sie keine JRPGs kennen, und wahrscheinlich nur wenige Fans so RICHTIG abschrecken.
- Das Setting wirkt definitiv ein bisschen westlich, aber spätestens auf den zweiten Blick ist es immer noch eine überaus japanische Konzeption von "westlich"; und obwohl es einen dicken Kodex gibt und massiv mit Fachbegriffen herumgeworfen wird, sind die Geographie und die Politik der Spielwelt fast schon lächerlich simpel, auf diese wunderbare Art und Weise, die nur ein Fantasy-Fan wirklich zu schätzen weiß.
- Die politische Ebene der Story ist ... da. Sie existiert, aber man kann sie komplett ignorieren. Im Kern hat man hier eine Hand voll wichtiger Hauptfiguren und zu jedem Zeitpunkt der Story genau EINEN Schurken, den man verstehen sollte. Außerdem klappern wir wieder mal Kristalle ab und sammeln GFs (oder wie auch immer sie gerade heißen). Das ist alles ganz klassisches Final Fantasy. Und spoilere ich überhaupt irgendjemanden, wenn ich verrate ... ... ... dass wir letztendlich Gott töten?
- Die Charaktere sind manchmal sympathisch, manchmal cool und oftmals ziemlich fucking LAME. Kaum jemand hier wird wirklich hängenbleiben, über seinen Stereotypen hinaus, aber nach ~30 Stunden wachsen einem alle irgendwie ans Herz. Am Ende des Spiels hatte ich durchaus ein paar Tränen in den Augen. Sogar die psychologisch-emotionale Ebene macht das, was Final Fantasy schon immer gemacht hat: Starke, basale Emotionen und eine Meeenge Selbstaufopferung. Teil XVI verzichtet sogar auf die Komplexitäten, die die besten Teile haben, und schießt sich auf grundlegende Beziehungen ein.
- Die Dialoge sind basic as fuck. So richtig Witz, Charme oder Kreativität habe ich überhaupt nur in der englischen Variante herausgehört, und selbst die gibt sich total mit ihren Klischees und ihren niedrigen Erwartungen zufrieden. Könnte aber auch wieder mal ein kulturelles Ding sein.
- Das Spiel hat eine SEHR präsente Thematik um Selbstbestimmung, und obwohl die Allegorie der Sklaverei mal recht, mal schlecht durchs Spiel humpelt, hilft sie definitiv, das Gesamtbild zusammenzuhalten. Wobei gerade die wichtigen Schurken alle JRPG-Antagonisten-Klischees der letzten 40 Jahre abhaken, bis einem die Augen in den Hinterkopf rollen.
- Selbst das Design ist basic, zumindest für Final-Fantasy-Verhältnisse! Die Charaktere sehen definitiv nicht "historisch" aus, aber sie sind auch weit entfernt von den wildesten Ausläufern der Reihe. Die Landschaften sind nie so wirklich langweilig, aber sie sind durchaus subtil, und ich habe ein bisschen gebraucht, eh ich ihre Atmosphäre als etwas Positives schätzen konnte.
Das soll allerdings nicht heißen, das alles in diesem Spiel mittelmäßig ist. Es gibt echte Tiefpunkte, etwa das ernsthaft GROTTIGE Frauenbild oder so manche belanglose Nebenquest, die sich 1:1 nach dem Verschwenden von Lebenszeit angefühlt hat. Umgekehrt haben wir natürlich auch phänomenale Höhepunkte, allem voran die Musik, die Inszenierung vieler Zwischensequenzen und die Kaiju-Kämpfe! Ich meine, der Bahamut-Kampf ...? Meine Fresse. Hier merkt man, dass dieser Bombast durchaus im Stande ist, ein stabiles, "okayes" Gesamtbild in eine einprägsamere Richtung zu drehen. Und letztlich ist da noch das Ende des Spiels, das ... ja. Ich mochte es einfach sehr!
Fazit
Damit der letzte Absatz nicht falsch herüberkommt: Das Gesamtbild von FFXVI
funktioniert, denn all die Dinge, die für sich genommen vielleicht nur "okay" sind, kommen auf eine ganz grundlegende Art und Weise in einem netten, in sich geschlossenen Spiel zusammen. Und DANN kommen noch die Sachen oben drauf, die wirklich reinhauen! Dadurch ist es gefühlt endlich mal wieder ein "richtiges" Final Fantasy für mich, und ein überaus zugängliches noch dazu. (In einem gewissen Sinne fühlt es sich fast schon wie ein "Soft Reboot" der Reihe an ...?) Es ist definitiv kein Lieblingsspiel, das mein Leben als Final-Fantasy-Fan über den Haufen werfen wird, aber es ist auch kein Tales of, das an seiner Mittelmäßigkeit erstickt, und allem voran – im Gegensatz zu einigen anderen Teilen – ist es kein Autounfall, bei dem man sich nur fasziniert am brennenden Wrack sattsehen kann, bis endlich der nächste Teil angekündigt wird.
Empfehlung, sofern man als JRPG-Fan nicht zu viel erwartet! =]