Darf ich fragen, wie sie das tun? Also gerade eingewanderte Latino oder whatever. Wie begründen sie ihren Patriotismus? Was tun sie?
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Ich finde, ihr betrachtet das Ganze zu analytisch und stellt euch Patriotismus zu extrem vor.
Mir geht die meiste Zeit mein Land am Arsch vorbei. Ich hab nicht mal ne Iranfahne oder irgendwas persisches in meiner Wohnung hängen! (komisch... <__<)
Wenn mich aber jemand Fragen würde, als was ich mich fühle, würde ich schon Perser (oder Münsteraner ^^) antworten.
Und wenn man mich fragen würde, ob ich darauf stolz bin, würde es mir nicht in Traum einfallen, das zu verneinen.
Es ist nun mal das Land meiner Väter und Urahnen, dort habe ich irgendwie meine Wurzeln - auch wenn meine Familie durch das Land sehr viel Leid erfahren hat. Ist das ne Art Nostalgie? Keine Ahnung.
Jedenfalls kann ich laut sagen, dass ich stolz darauf bin Perser zu sein, ohne in einem Nebensatz darauf hinweisen zu müssen, dass ich kein nazi bin.
Und wenn ich bei einem Fussballspiel oder Fest bin, macht es mir Spaß die Hymne mitzusingen. (naja, die paar Zeilen, die ich kenne ^^)
Und genau da liegt mein Problem, das auch schon ein Vorredner angeschlossen hat und dass du bei Leibe nicht vermagst zu erklären. Wenn doch, überzeuge mich. Aber für Stolz bedarf es Leistung. Dir fehlt es an der Leistung.
Als erstes sollte klar sein, dass die USA eine Gesellschaft ist, die hauptsächlich aus Einwanderer besteht. Die politische Konsequenz daraus ist das sog. ius solis. Der amerikanische Patriotismus ist eine Art Zivilreligion, welche die Grundwerte Freiheit, (Chancen)gleichheit, Demokratie, Republik, Individualismus und freie wirtschaftliche Entfaltung als Grundpfeiler besitzt. Wer sich diesen Werten verschreibt, ist Amerikaner. Patriotismus bedingt also, in diesen Grundwerten zu engagieren.
Was die Latinos anbelangt: Die 2. und 3. Generation der Lateinamerikanischen Einwanderer ist gut integriert, religiös und meist konservativ. Wie werden die sich wohl in den USA engagieren? Ausserdem gehst du im Falle der USA von einer ziemlichen Fehlannahme aus. Im Gegensatz zu Europa, wo Einwanderer sich teilweise als gegensätzlich zur bestehenden Kultur definieren, sehen sich die Latinos nicht als Fremde in Fremden Land. Aus diesem Grund engagieren sie sich wie ihre weissen Mitbürger. Die Unterschiede im patriotischen Handeln findest du viel eher zwischen den verschiedenen sozialen Schichten als zwischen den verschiedenen Ethnien. Der Patriotismus einer Willensnation ist eben genau nicht jener einer Kulturnation. Die USA hat im Gegensatz zu Frankreich eine multikulturellen Unterbau und genau deshalb ist die Frage befremdlich, inwiefern sich denn nun lateinamerikanische Amerikaner anders verhalten sollten als polnische, deutsche oder englische.
Ist ja okay, nur ist dieses Verhalten bei Weitem nicht das, was die Allgemeinheit unter Patriotismus versteht - die fasst die Bedeutung dieses Wortes nämlich so auf, wie Soheil das tut, was sehr wohl in einer Irrationalität sondergleichens endet. Wenn mir jemand erklärt, er sei "stolz" auf sein Land, wisse aber gar nicht genau weswegen oder welchen Grund er für diesen Stolz besitzt ("die tollen Flüsse und Berge, höhö"), kann ich ihn schlichtweg nicht für voll nehmen - und zumindest hier in Österreich tun das verdammt viele Leute.
Wenn er hingegen behauptet, er möchte das Land voranbringen, indem er beispielsweise gemeinnützige Projekte unterstützt, sieht meine Reaktion wohl ganz gegenteilig aus - auch wenn ich dafür bin, Empathie und Hilfsbereitschaft nicht an regionalen Grenzen fest zu machen, sondern um des Menschen (nicht des Staates) Willen zu vollziehen.
Letztendlich hat mich bloß diese ewige Reduzierung auf die Nazivergangenheit genervt - allerdings in dem Sinne, dass Patriotismusverneiner als Hysteriker dargestellt wurden, die in jedem Anwandel von Vaterlandsliebe einen nationalistischen Aufschwung sehen. Das ist meinerseits ganz bestimmt nicht der Fall.
Ach, da stösst man mit Pragmatismus an gewisse Grenzen. Menschen sind eben nicht alle gleich und die kulturellen Unterschiede führen dazu, dass man nicht allen im gleichen Masse helfen kann. Theoretisch reicht es eigentlich schon, wenn du deinem Nachbarn mal was gutes tust. Allen Menschen zu helfen ist eigentlich unmöglich.
Dein Wort in Gottes Ohr...Zitat:
Letztendlich hat mich bloß diese ewige Reduzierung auf die Nazivergangenheit genervt - allerdings in dem Sinne, dass Patriotismusverneiner als Hysteriker dargestellt wurden, die in jedem Anwandel von Vaterlandsliebe einen nationalistischen Aufschwung sehen. Das ist meinerseits ganz bestimmt nicht der Fall.
Klingt schön in blau, aber was genau machen die Amis innerhalb ihrer Grenzen um diese Werte zu schützen? Also rein praktisch. Gerade - um Bezug auf die von dir wohl exemplarisch aufgezählten Werte zu nehmen - sowas wie Demokratie. Wohl ne Fehlannahme, ich meine korrigier mich, aber geben die da nicht einen großen Fick drauf, was mit ihrer Demokratie ist, wenn sie es uU grad so schaffen überhaupt den Lebensunterhalt zu verdienen?
So ein Quatsch. Würdest du versuchen, in den USA die Demokratie abzuschaffen, steht sofort die halbe Bevölkerung auf der Matte, selbst jene, die nicht zu den registrierten Wählern gehören. Die Behauptung, die Amerikaner seien mehr damit beschäftigt, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, als sich als Amerikaner zu engagieren entspringt der Märchenwelt antiamerikanischer Propaganda, wie sie die Europäer schon seit 200 Jahren pflegen.
Die amerikanische Gesellschaft unterscheidet sich sehr stark von jener in Europa. Alleine die falsche Annahme, der eher schwach ausgebaute Sozialstaat habe die Auswirkung, das der Lebensunterhalt nicht mehr bestritten werden kann, hat sich in einer solidarisierteren Kultur niedergeschlagen (Tatsächlich ist ein vollumfänglicher Sozialstaat eher schädlich für die Solidarität).
Bei einem Anteil von 96% von Amerikanern, die sich als Patrioten bezeichnen, ist es nicht verwunderlich, dass das Handeln für die Gesellschaft verbreiteter ist. Aber wie ich es bereits gesagt habe: Alleine das Konzept hinter den USA ist ein ganz anderes als in Deutschland, womit der Patriotismus eine andere Rolle erhält.