Final Fantasy X-2 (2003)
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Final Fantasy X-2? More like Final Fantasy Y2K!
Ich weiß nicht, welches Final Fantasy ich als meinen persönlichen Lieblingsteil bezeichnen würde, aber X ist sehr nahe dran. Tatsächlich beendet habe ich bisher nur IV, VII, VIII und X. FFVI habe ich mehr als nur angespielt, aber im Endgame irgendwann zuerst die Motivation und dann auch den Spielstand verloren. Unabhängig von meinem persönlichen Geschmack halte ich Final Fantasy X aber für das bisher gelungenste, durchdachteste und rundum stimmigste Final Fantasy. Die Art wie die Geschichte, das Worldbuilding, die Figuren (und deren jeweilige Entwicklung), das Gameplay, usw. alles ineinander greift und sowohl logisch als auch metaphorisch stimmig bleibt – Hut ab! Das sieht man bei JRPGs in der Dichte doch eher selten, glaube ich.
Ich schreibe das hier übrigens bevor ich FFX-2 gespielt habe. Ich weiß, dass FFX-2 mit einigem von dem, was FFX aufgebaut hat, brechen wird. Aber ich bin dennoch gespannt, weniger weil ich mir eine stimmige Fortsetzung der Geschichte erhoffe (FFX ist eine abgeschlossene Geschichte, jede Fortsetzung muss sich wie ein FanFic anfühlen), als einfach nur ein gutes, unterhaltsames Sommerspiel! Spoileralert: Und das ist es auch!
YRP, Let’s Go!
FFX als Samstag-Morgen-Y2K-Girlpower-Cartoon
Final Fantasy X erschien für die Playstation 2 im Juli 2001 in Japan, bei uns fast ein Jahr später. Die Fortsetzung – und damit das erste Mal überhaupt eine direkte Fortsetzung eines Final Fantasys – wurde zuerst mit dem ‚Eternal Calm‘ Video angeteasert und später konkret angekündigt. Erschienen ist Final Fantasy X-2 dann im März 2003 (in Japan), bei uns wieder fast ein Jahr später.
Mit FFX-2 ist es ein wenig wie mit Zelda: Ocarina of Time und Majora’s Mask – nur umgekehrt. MM ist eine Art düsterer Remix von OoT, viele Assets werden wiederverwendet, verfremdet, usw. um eine neue, teils etwas düstere Geschichte zu erzählen. FFX-2 macht dasselbe. Aber es remixt FFX, um aus der eher traurigen Geschichte von FFX eine lustige, lockere Geschichte zu machen und Yuna ein Happy End zu bieten. Und diesen Tonartwechsel macht FFX-2 von Anfang mehr als deutlich.
Ohne Witz, man wird förmlich von der Ästhetik der frühen 2000er ERSCHLAGEN! Und es ist herrlich: J-Pop Girlgroup, funky acid-jazzige Musik, „clevere“ Sprüche und Witze, wie aus einem Cartoon: „Disasterrific!“ Als wäre ich in die frühen 2000er zurückgereist und würde Samstagmorgens Fernsehen gucken. Wahrscheinlich Powerpuff Girls. Und es passt genau: Blossom ist Yuna („Commander and the leader“), Bubbles ist Rikku („she is the joy and laughter“) und Buttercup ist Paine („she is the toughest fighter“)! Oh, und eben habe ich noch erfahren, dass Bubbles und Rikku dieselbe Sprecherin haben, na also!
Auch toll wie dieser Wechsel kommuniziert wird: Man sieht am Anfang noch Yuna im alten FFX-Look auf der Bühne stehen, bevor sie sich verwandelt und zu einem J-Pop-Song („What can I do for you?“) tanzt und singt. Klar, es stellt sich heraus, dass sie es nicht wirklich war (gestohlene Identität bzw. Garment Grid, blabla), aber es macht trotzdem jedem Spieler sofort klar: Die alte Yuna, das brave, schüchterne Mädchen aus FFX, die sich so schwer getan hat, gegen die religiösen Traditionen aufzulehnen? DIE GIBT ES NICHT MEHR! Hier ist die neue Yuna! Und sie singt und tanzt! Nehmt das alles nicht so ernst und habt Spaß!
Oh und den hab ich!
Schon allein die Menübildschirme, die „Mission Start!“-Einblendungen etc. Bei der Battle-Win-Fanfare weiß ich teilweise nicht, ob ich Wave Race: Blue Storm spiele oder… irgendein anderes Sommer-Sportspiel. Ich liebe es! Rikku schreit bei der ersten Mission als man von Schlangen angegriffen wird (Riesenschlangen mit Gatling als Kopf...) „Snake! Snaaake!“ Wie der Colonel beim Game Over in Metal Gear Solid. Ich komme nicht mehr klar.
Was auch schnell auffällt: Wie viel besser die Gesichtsanimationen der Figuren geworden sind. Wie schon bei FFX gibt es verschiedene Abstufungen, was den Detailgrad der Hauptfiguren angeht. Von steifen Gesichtern mit etwas wenigen Polygonen beim normalen Gameplay bis zu detaillierten Lippenbewegungen bei den Nahaufnahmen. Da braucht es kaum noch vorgerenderte Zwischensequenzen, von denen es auch tatsächlich nur noch recht wenige gibt. Ich habe die Steam Version, also das Remaster gespielt, nur so nebenbei.
Ich bekomme den Eindruck, dass die Ästhetik ALLES ist in diesem Spiel. Und Producer Yoshinori Kitase sagt das dazu: „In fact, before we even had a complete story for the sequel, we worked on recreating Yuna's (and the girls') look first and then decided on a story that fit that style/image. In a way, the new designs included a message to us (the development team) by constantly telling us ‚to make a change.‘“
https://web.archive.org/web/20120603.../442025p2.html
Ich will hier kein Fass aufmachen, aber eine Sache noch zum Characterdesign bzw. den Outfits: Ich glaube man merkt den Designs ganz klar an, dass es viel weniger um Fan-Service geht als um... Style und Ästhetik? Natürlich ist das betont sexy und oft auch ziemlich freizügig, aber im Gegensatz zu so manch anderen japanischen Genrevertretern (Ähem, Xenoblade Chronicles 2, hust) erscheint mir das Ganze bei FFX-2 viel stimmiger und weniger für einen Male Gaze gemacht als auf dieselbe Art, wie sich Popstars sexy inszenieren und dabei „trotzdem“ selbstbewusst und mit Spaß an der eigenen Inszenierung auf der Bühne stehen. Guckt Euch einfach mal die Kylie Minogue der frühen 2000er an zum Beispiel. Das passt auch musikalisch! Die Instrumentals würden in FFX-2 beinahe nicht auffallen.
Final Fantasy X-2 bricht mit seinem Vorgänger aber nicht nur mit seinem Style und Tonfall, sondern auch im Gameplay.
Mission Time! (Das Gameplay)
Final Fantasy X war ja auch schon ein Bruch mit der JRPG Tradition der Oberwelt, die meistens als begehbare Karte frei erkundbar war. FFX-2 führt das konsequent fort und bietet einem das "Luftschiff" (wohl eher eine fliegende Harley?) von Anfang an und man wählt die Orte, die man besuchen will, in einem Menü aus. Die Orte sind zwar immernoch direkt miteinander verbunden, aber es gibt keinen Grund nicht einfach über das Menü von Ort zu Ort zu springen.
Zudem hat das Spiel eine - ähem - "Kapitel-Missionen-Episoden-Struktur". Die Geschichte ist in Kapitel unterteilt, die jeweiligen Kapitel in verschiedene Missionen (teils optional) und manchmal gibt es es scheinbar auch Episoden. Es ist, fand ich, nicht immer ganz transparent, wie das Ganze funktioniert. Im Menü werden sogenannte Hotspots angezeigt, die man besuchen muss, um in der Handlung voranzuschreiten. Hat man alle Hotspots eines Kapitels "abgearbeitet", ist das Kapitel beendet. Am Anfang habe ich das noch nicht ganz durchschaut und fand es eher verwirrend. Nett fand ich aber, wie man die Hotspots teilweise wie die Folge einer Serie mit eigener, fast in sich geschlossenem Handlungbogen gestaltet hat. Und wenn man am Ende einer Mission wieder zurück auf der Celsius ist, die Musik einsetzt und man so das typische Gefühl vom Ende einer Folge bekommt. Am besten noch mit einem letzten albernen Spruch oder Gag.
Das Kampfsystem ist nach FFX wieder FF-typisch ATB und macht enorm Spaß! Es ist sehr dynamisch gestaltet mit recht hohem Tempo. Und mit den Kostümen hat wieder ein Job-System seinen Weg hinein gefunden. Ich find es zwar manchmal etwas überfordernd mir jetzt überlegen zu müssen, welche Figur ich auf welchen Job fokussieren will, aber die ständige Abwechslung macht Spaß.
Meine persönliche Lieblings-Dresssphere: Festivalist! Und was erfahre ich? Festivalist war gar nicht im Originalspiel dabei, sondern Teil eines Wettbewerbs bei dem Fans Designvorschläge machen konnten. Gewonnen hat ein Achtjähriges Kind! Kein Wunder, dass es das coolste Design ist.
Außerdem muss man bei FFX-2 natürlich die außerordentliche Menge an Minispielen erwähnen. Die sind ja eigentlich cool, aber die wenigsten fand ich so richtig überzeugend. Das wirkt ein bisschen so wie Platformer oder ähnliche Experimente im RPGMaker2000, wofür die Engine gar nicht ausgelegt ist. Ganz nett, aber eben nicht immer ganz so spaßig. Oh, und ein Rennspiel fehlt ganz eindeutig. So viele Rennspiel-Vibes und dann gibt es KEIN Minirennspiel!?
Sphere Break scheint das durchdachteste und komplexeste Minispiel zu sein, es hätte mir, glaube ich, auch mehr Spaß machen können, aber hat mich erstmal eher überfordert und ich war nicht motiviert genug da jetzt noch mehr Zeit reinzustecken.
Und natürlich sind die Minispiele praktisch alle komplett optional, also gar nicht relevant für die größere Geschichte.
Beim Erkunden hat man jetzt eine Sprungtaste zu Verfügung. Sprünge werden damit aber nur an den entsprechenden Stellen ausgelöst. Finde ich gar nicht mal so verkehrt, aber vielleicht wäre hier mehr als ein „Remix“ der FFX-Maps gut gewesen, um mehr aus dem Konzept rauszuholen. So kommt es wenig zur Geltung, macht das Umherlaufen aber etwas interessanter und abwechslungsreicher.
Oh und das ganze Kreaturen-Pokémon-Ding? Hab ich komplett ignoriert. Es wurde mir zu viel, als ich direkt am Anfang mit so viel Text bombardiert wurde. Und als ich dann gesehen habe, dass das wieder ein nachträglich eingebautes Feature der International Version war, also nicht Teil des Originals: Gut, für nen zweiten Durchlauf dann vielleicht mal.
Story Time!
Mal von den ganzen Vibes und der spielerischen Art des Spiels abgesehen, ist die Geschichte und was über die Welt Spira erzählt wird, eigentlich ganz interessant. Einfach von der Überlegung ausgehend: Was passiert in einer Welt, die vom Bösen befreit wurde und jetzt eben nicht mehr in einer Dauerapokalypse gefangen ist, aber eben auch nicht mehr weiß, welche Regeln jetzt gelten sollen?
Drei Gruppierungen bilden sich: Die Neuauflage der alten Religion Yevon, die Youth League als irgendwie militarische Organisation, die… Dinge tun? Ganz ehrlich, ich hab nicht ganz verstanden, was deren Ziel ist, aber es läuft wohl auf Frieden und Stabilität sichern in der Welt hinaus. Und natürlich die Al-Bhed Maschinen-Faktion.
Aber auch sonst fand ich es ganz interessant, was für Szenarien sich bilden, nachdem eine Welt gerettet wurde. Es gibt jetzt z.B. Overtourismus in Zanarkand! Die Calm Lands sind auch nur noch ein Freizeitpark und die Tempel haben überwiegend ihre religiöse Funktion komplett verloren und wurden teilweise umfunktioniert. Krass, was hier so abgeht. Auf der Mi’hen Highroad wurden die Chocobos, die einen in FFX ohne Gegnerkontakt bis ans andere Ende bringen konnten, durch Machina ersetzt. Und es gibt eine kleine Gruppe, die die Chocobos zurückfordert! Finde ich echt nett das alles.
Es kommt zwischenzeitlich noch zu bürgerkriegsähnlichen Konfrontationen zwischen New-Yevon und Youth League. YRP bzw. die Gullwings beschließen Spira wieder zu vereinen und wollen die Leute dazu bringen alle Animositäten abzulegen. Und wie? Mit äh... einem Konzert. Es klingt tatsächlich alberner als es ist, denn es hat auch mit dem geklauten Garment Grid vom Anfang zu tun. Und das ist wieder so eine Final Fantasy typische Sache, die ich nett finde. Nämlich wie Gameplay-Elemente mit dem Worldbuilding verknüpft werden und damit auch Storyrelevant sind.
Natürlich muss aber am Ende nochmal die Welt gerettet werden. Und die Gefahr, die alle gleichermaßen bedroht, sorgt dann auch dafür, dass alle anderen Konflikte beigelegt werden können. Und warum die ganze Aufregung? Vegnagun! (Das soll ein Wortwitz sein, der nur funktioniert, wenn man Vegnagun laut ausspricht, ähem. Naja.) Der Endkampf war überraschend easy und das will wirklich etwas heißen, wenn ich das sage! FFX habe ich als bedeutend herausfordernder in Erinnerung.
Ich wusste schon vorher, dass man das Spiel EIGENTLICH beim ersten Durchlauf gar nicht auf 100 % bringen kann, was mich aber sowieso gar nicht interessiert hat.
Aber jetzt, nach dem normalen Ende, kann ich gar nicht anders als zu denken, dass eine Ende, in dem Yuna und Tidus wieder vereint werden, komplett der Botschaft des Spiels widerspricht. Im Spiel geht es bei diversen Sidequests, Szenarien und Nebenfiguren immer wieder darum, dass Erinnerungen ja gut und nett und auch wichtig sind, man aber auch mal mit der Vergangenheit abschließen muss und die Gegenwart und Zukunft im Blick behalten sollte. Der "Fanservice" mit Tidus spricht mich dementsprechend weniger an und passt eher zum FanFic-artigem Anteil des Spiels.
Mission Complete! (Fazit)
Sommerspiel? YES! (besonders wenn man mit dreimal Festivalist Dress Sphere spielt, hehe.) mich stört höchstens nur, wie schon bei FFX, dass es mit dem Mount Gagazet ein unpassender Schneelevel ins Spiel geschafft hat, von dem ich meine, dass es gerade so gut einen Berg OHNE Schnee hätte sein können. Aber gut, das ändert nichts am Gesamteindruck und den sommerlichen Südsee-Vibes.
Strohhüte gibt es FETTE FIER:
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Insgesamt 4 Daumen:
:A :A :A :A
Final Fantasy X-2 ist ein wirklich cooles, kurzweiliges JRPG mit einem sehr frischen Vibe, unkonventionellem Aufbau, einem spaßigem, schnellen ATB-Kampfsystem und viel Humor. Nur als Fortsetzung von Final Fantasy X sollte man es nicht zu ernst nehmen.
Vielleicht hat jemand bemerkt, dass ich Charlie’s Angels als ein weiteres sehr offensichtliches Vorbild bisher gar nicht genannt habe. Dazu muss ich sagen, dass mich gerade die Endsequenz mit YRP auf dem Flugzeug (Flugschiff? Flug-Harley?) an ein ganz anderes Trio erinnert hat, welches 2004 weltweit für Furore gesorgt hat:
Und noch eine Bemerkung in eigener Sache: Ich bin offensichtlich nicht halb so weit mit meiner Challenge gekommen, wie erhofft! Das ärgert mich zwar irgendwo schon, aber was soll’s. Shin-Chan (Der ganze Titel: Shin chan: Meine Sommerferien mit dem Professor ~Die endlose Sieben-Tage-Reise~) folgt trotzdem noch! Und das wird dann der krönende Abschluss für diesen Sommer. Geilo!
Auf jeden Fall schonmal vielen Dank fürs Lesen!