Das Wichtigste an Dialogen im Allgemeinen ist, dass sie fließen müssen - zumindest ist das für mich immer wichtig. Ein Dialog ist gut, wenn die Worte ineinander übergreifen und es nicht wirkt wie ein plumper Informationsaustausch. Ein Dialog ist Affenkaka, wenn er aus nichts weiter besteht als expositorischen Floskeln ("Wie du sicher weißt...", "Bruder, lange nicht mehr gesehen!", "Meine Schwester Sakura ist mein Ein und Alles weil sie meine Schwester ist."...) und entsprechenden expositorischem Geschwafel über Pläne des Bösewichts, Familie des Helden oder "Weißt du noch, damals, im Ferienlager?"-Gesülze das über hunderttausend Textboxen hinweg geht und mit den von Corti erwähnten Pausen, Dreifach-Punkten (weil drei Punkte = nachdenklich) und verlangsamten Texten abgerundet wird das Geschreibsel schnell zu richtig schönem, dickflüssigen gesprochenem Darmauswurf für den sich im Endeffekt kein Schwanz interessiert.
Die angesprochenen "Stock im Arsch"-Dialoge sind auch ein Grund, warum ich immer spontan vor Mittelalter-Fantasy aus dem Maker zurückschrecke. Ich hasse stereotypes Mittelalter-Sprech. "Oh holde Maid, er hat sich hinfortverpisst auf einem weißen Pferde." - was 'ne Scheiße. Niemand redet so. Niemand hat jemals so geredet abgesehen vom hohen Adel, vielleicht. Und selbst die haben nicht ständig so geredet. Ich find's immer superätzend wenn jeder in einem Spiel redet als hätte der Ersteller irgendwann in der 9ten Klasse bei 'ner Schulaufführung von Hamlet mitgespielt. Als Baum. Im Hintergrund. Und hat sich dann gedacht "Hey, ich kann auch so Shakesbier-Dialoge schreiben!". "Er untersagt Ihm das Fornikieren mit Seiner Zofe!" und so 'ne Späße sind vereinzelt absolut in Ordnung, gerade wenn man in seinem Spiel die Oberschicht als Stock-im-Arsch-habende Penner darstellen will. Aber wenn jeder diese Art von Pseudo-Mittelalterisch sabbelt, wirft das - zumindest sehe ich das so - den Dialogen einen dicken fetten Stock zwischen die Speichen. Es macht nicht spaß es zu lesen, es macht noch viel weniger Spaß so zu schreiben - lasst die Leute wie normale Leute reden. Lasst sie ab und an mal "Scheiße!" brüllen wenn etwas nicht läuft wie sie es gerne hätten. Lasst sie Emotionen auch so ausdrücken wie jemand in so einer Situation es ausdrücken würde - nicht wie bei 'ner Laienaufführung von Effi Briest. Scheiß auf Effi Briest, nebenbei erwähnt.
Und zuletzt: K.I.S.I. - keep it short and interesting. Es reicht einmal zu etablieren dass dem Held seine Familie kapotgemacht wurde, das muss nichtmal unbedingt mit Dialogen sein - es wieder und wieder und wieder aufzuwärmen und als einzige gottverdammte Charaktereigenschaft zu verwenden ist Schreiben auf Fanfiction.de-Niveau. Ein kurzes, introvertiertes "Ich bring' ihn um." nach einer Rückblende oder so ist um einiges wirkungsvoller als eine Klorolle an Text: "Dann kam er rein und hat alle umgebracht. Dann ist er gegangen. Bevor er gegangen ist hat er in unseren Briefkasten geschissen. Ich liebte diesen Briefkasten. Deswegen habe ich aus dem Briefkasten diesen Hammer geschmiedet. König Zedrick-Aljoschas Scheißhaufen ist immer noch drin. Ich werde ihn damit töten weil ich ihn töten muss weil er meine Familie getötet hat. Charaktereigenschaften. Yay." - NIEMANDEN INTERESSIERT'S WENN ES LANGWEILIG IST. "Sei nicht langweilig!" ist im Allgemeinen das einzige Gesetz für alles was man erstellt. Nur weil dein Kampfsystem fancy ist, solltest du dich niemals der Verantwortung entziehen, gute Dialoge zu liefern. Arschlahmes Storytelling hat schon so manches Spiel runtergezogen.
Ach ja: und bitte keine "Was wäre wenn die Welt nicht so gemein wäre?"-Textpassagen im Intro á la Vampires Dawn. Sowas nimmt seit 2003 keiner mehr ernst.