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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Gedichte-Thread



wequila
29.12.2004, 18:50
Der Wattwurm

Ein Wattwurm sitzt im Treppenhaus,
jetzt holt er seine Fleppen raus.
Eine nach der andern raucht er,
die Luft wird Zug um Zug verbrauchter.
Da kommt der Hausbesitzer heim
und mehrt ihn mit dem Schnitzler klein.
Denn frische Luft, das sieht er richtig,
ist für seine Mieter wichtig.

wequila
30.12.2004, 18:32
Insgesamt sehr putzig

Wenn du schläfst, dann biste
erwartungsgemäß friedlich
gekuschelt inne Kiste,
dein Mündchen guckt voll niedlich,
die Äuglein sind geschlossen,
nur Wimpern ragen vor,
und meine unejalen Flossen
umstreicheln sanft dein Ohr.
Dein Näschen hebt und senkt sich
wie bei dei’m Kaninchen,
und Liebe die umfängt mich,
zu dir, du mein Pralinchen.

wequila
17.11.2005, 16:19
Zwar bist du ziemlich schmalen Wuchses,
doch nimmst mein ganzes Herzchen ein.
Dein Haar scheint rot im Sonnenschein
wie Federn eines jungen Fuchses.

Du bist für vierzig Törtchen süß,
dein Lächeln ist mein Lebenssinn,
und deine Augen strahlen grün
wie’n Brombeerstrauch im Paradies.

Du bist ein Song vom Himmelreich,
den’n kleiner nackter Engel summt.
Ein Kuss von dir färbt alles bunt
wie Spiritus im Goldfischteich.

Ein Kuss von dir macht mich benomm’
(was du nicht wörtlich nehmen darfst).
Wenn du nicht da bist, seh ich schwarz
wie Bordstein, wenn die Kohlen komm’.

wequila
24.11.2005, 11:05
Ich male mir schon heute aus,
wie in vier Wochen es wird sein:
Zeitgleich mit dem Winteranfang
brichst über uns auch du herein.

Als ein Persönchen von ganz vielen
steigste aus dem Flieger aus.
Ich hoffe, ich such gleich beim ersten
Anlauf mir die Richt’ge raus.

Gesagt, getan; dann knutschen wir –
it immerhin has been a Weilchen –
und dann wirst du, ich befürchte,
mir die Reisetasche reichen.

„Was ist da drin?“ werde ich fragen
(vielleicht auch sofort in ihr wühlen).
„Was ist da drinnen, Pfauenfedern?“ –
Denn so leicht werde ich mich fühlen.

wequila
11.12.2005, 13:57
Mein Herz! mein Herz ist mir verrutscht!
durchs linke Hosenbein rausgeflutscht.
Direkt auf die Straße, dreh mich um, seh’ es liegen:
bis jetzt sind noch alle drüber gestiegen.

Doch da! Ich seh am Horizont dich nahn
mit großen Schritten und Fußballschuhn an.
Du siehst mein Herz liegen und trittst es – ich quieke
vor Schreck – aus vollem Lauf mit Pike.

wequila
29.12.2005, 15:50
In der eiligsten aller eiligen Hasten
wetz ich ins Apothekenhaus,
sag zu der Frau hinterm Kassenkasten,
So und so, Madame; wissen denn Sie, was ich brauch?

Prompt gibt sie auch vor dies zu tun
und verkauft mir zum Preis von nur fünf Pelzen Nerz
Tabletten:
„Dreimal täglich lähmt den Schmerz.“

Zu Hause schmeiß ich sofort ein
fünf Stück, im Falle eines Falls.
Schwupps! keine Schmerzen mehr im Hals.

Ich bin empört, zutiefst empört
und fluche himmelwärts.
Die blöde Kuh hat sich verhört:
Ich wollt’ doch was fürs Herz!

Cyberwoolf
29.12.2005, 17:06
1. Großartig, dein bisher bestes Gedicht! Sogar besser als der Wattwurm, mein bisheriger Favorit.
2. Die dritte Strophe fällt da ja wohl ETWAS aus der Reihe!
3.
wissen denn Sie, was ich brauch?
Aaaarrggh! "wissen SIE DENN, was ich brauch?"
4.
„Dreimal täglich lähmt den Schmerz.“
Entweder: "lähmt JEden Schmerz" oder besser: "GEGEN den Schmerz"

wequila
30.12.2005, 11:58
Ach wenn ich nur die Leute seh:
gradweg alles wird selbstverstanden.
Doch was wäre zum Beispiel, würden statt Schnee
im Winter schlechte Menschen landen?
Nun nimm nur mal an, es würden in Scharen
aus allen Wolken fallen zu uns:
herz- und gnadenlose Barbaren;
Kriminelle aller Regeln der Kunst;
diverse Selbstmordattentäter;
die Hintermänner wenig später;
Serien- um Serienkiller;
Hitler: sofort Kriege führen will er;
ganz allgemein solche mit Steinen als Herz;
ganz allgemein solche mit Pelzen aus Nerz;
die außer Schadenfreude nichts auf der Welt ham;
Satansbraten und Rabeneltern;
wahrhaftige Sünder und falsche Propheten;
solche, die junge Hunde treten;
solche, die falsche Trauer tragen;
Männer, die ihre Frauen schlagen;
gewiefteste Falschspieler aller Couleur;
Folterknechte samt Zubehör;
Verräter höchster Ideale;
politisch mehr als Radikale;
die verbitterte, gallespeiende Tante;
ganz faule oder korrupte Beamte;
Verbrecher, die Drogen und Ausländer schmuggeln;
Erwachs’ne, die Jungens einen rubbeln;
Auslieferer vergifteter Pizza;
skrupellose Großgrundbesitzer;
ein Kind, das sein Lebtag nicht artig war;
religiöse Fanatiker;
solche, die alles tun für Geld; –
Stell mal vor, die alle würd’s schneien,
wie es dann aussäh’ auf der Welt!
Na, man soll es nicht beschreien.

wequila
30.12.2005, 16:44
Vor uns der Flughafen. –
Der Zug ist leider nicht entgleist,
das finden wir Beide sehr schade.
Beim Abschied weine ich dir dreist
in deine heiße Schokolade.

Ich bin es schuld: sie schmeckt dir nicht,
weil nun wohl um einiges seichter.
Du schüttest sie mir ins Gesicht.
Das macht den Abschied leichter.

Mir triefen vor Kakao die Gläser,
uns Beiden vor Abschied die Augen.
Jedoch, das macht es alles besser:

Du siehst meine Tränen nicht.
Ich sehe deine Tränen nicht.

Wem werden wir also glauben?

NeoInferno
30.12.2005, 18:54
Hat es da wirklich jemand fertiggebracht, Gedichte zu schreiben, die mir gefallen?
Ich bin erstaunt, tolle Texte. Pass nur auf, dass das Ganze nach einer Weile nicht zu redundant wird.

schreiberling
30.12.2005, 20:05
Gedicht 1 ist genial,aber teilweise etwas zu viel Reim;)
Manches reimt sich erst beim zweiten oder dritten lesen...
geh noch mal durch, es zerstört teilweise- ist aber auch irgendwie hirnrissig lustig wie die Reime dann doch zu stande kommen,bin irgendwie unentschieden ob das toll sein soll oder ankreidbar...
sonst wirklich hervorragend


Gedicht 2 gefällt mir auch,nur das Ende,das ungereimte, sticht zu penetrant hervor und da es das Letzte ist was man liest bleibt es im Ohr haften und lässt einen die ganze Schokoladengeschichte fast vergessen...

wequila
07.01.2006, 23:36
Nach einer wahren Begebenheit

Beim nokturnen Promenieren
kam ich neulich nicht umhin,
verwundert auch, zu registrieren,
how seltsam ich geloffen bin.

Im gelben Schein der Straßenlichter
setzt’ mit Bedacht ich Schritt auf Schritt,
den Rücken grade wie ein Dichter,
ein bisschen lief gar Würde mit.

Doch dann im Schlosspark zwischen Schatten
verkam mein Gang ganz fürchterbar.
Wie ein Gorilla vorm Begatten
lief ich und nahm's selbst nicht wahr
zunächst. Dann plötzlich wurd's mir klar.

Das intressiert kein, der das liest! –
Derlei Kritik nehm ich in Kauf.
Denn tatsächlich deckt’s zutiefst
die Natur des Menschen auf.

La Cipolla
08.01.2006, 12:30
Das ist endgeil - und hört sich verdammt nach Wilhelm Busch an. Aber so richtig. Und wenn der seinerzeit nicht soviel antisemitisches Zeug geschrieben hätte, würd ich Busch sogar gut finden, aber so ists halt nur sein Werk.:rolleyes:

wequila
08.01.2006, 18:32
Im Wald, da steht ein Weihnachtsmensch.
Ich hoffe nicht, dass du ihn kennst.
Denn, was rings an Tannen prangt,
gibt ihn nicht mehr aus der Hand.

Zunächst, man denkt sich’s, gab’s Gequengel.
Als Knebel dient der Weihnachtsengel.
Der Stern fand um die Nase Halt
(woanders ging nicht, war zu kalt).

Mittlerweile eh erfroren,
guckt ihm Lametta aus den Ohren.
Vor Kälte ist die Haut gestraffter.
Lametta guckt ihm aus dem After.

Die Füße sauber ab nach Lot,
vom Blut ist noch der Schnee rings rot.
Doch, dahingehend nichts zu tadeln:
Weihnachtsmensch wirft keine Nadeln.

Im Wald, da steht ein Weihnachtsmensch.
Ich hoffe nicht, dass du ihn kennst.
Die Tannen ham ihn sich geborgt,
im neuen Jahr wird er entsorgt.

Marc
11.01.2006, 14:21
Raik. <3
Das ist alles ganz toll. :A :A :A
Setz' mal einen Gedichtband auf und schick' ihn mir signiert. <3
Den hänge ich mir über's Bett; dann habe ich jeden Abend was zu lesen, nach bestimmten Anstrengungen im Bett. :A :A :A

wequila
12.01.2006, 19:45
Mink Muggel kaufte nur noch Hefte,
nach denen der innere Schweinehund kläffte.

Sein echter Hund darunter litt.
Nie brachte ihm Herrchen mehr Fressen mit.

Wuffs Hunger stillte kaum das Kauen
von Bildern von ganz oder halbnackten Frauen.

Doch in nichts sonst floss Minkens Patte,
bis er ihrer keine mehr hatte.

Ohne Hefte fiel’s nicht leicht.
Er hatte schon Albträume (wenigstens feucht).

Eines Erwachens der grausige Fund:
Mink war gekommen – auf den Hund.


------------------------------------------
das einzige, was von mir über deinem bett hängen soll, marc, ist meine unterhos an deiner lampe. und wir wissen beide, wie sie da hingekommen ist

La Cipolla
13.01.2006, 07:08
http://www.multimediaxis.de/images/smilies/old/3/igitt.gif

Marc
13.01.2006, 11:53
Achtung! Abgedroschene Phrasen Alarm!
Zur Not frisst der Teufel fliegen!
^^°

Cyberwoolf
13.01.2006, 17:24
Das ist so... genial! Wequila, hab ich nur das Gefühl oder hast du grad ne kreative Phase? Dauernd neue Gedichte und Geschichten und diese zwar in deinem alten Stil, aber von einer absolut umwerfenden Qualität. Du warst (zumindest hier im Forum) schon immer der König der ironischen und schrägen Literatur, doch langsam steigerst du dich zum Gott.

wequila
17.01.2006, 10:00
Mink Múgùl kam zur Erkenntnis,
dass das Schlimmste all der Mensch ist:
Er sei den kleinen – nicht verkehrt –
Finger der Natur nicht wert.
Hielt damit nicht hinterm Berg,
machte sich zum Lebenswerk,
der Menschheit klipp und klar zu läuten,
sie würde ihm rein nichts bedeuten. –

Bei Tageslicht nahm er den Hahn,
so dass im Dorf ihn alle sahen.
Demonstrativ bestieg er Ziegen,
ließ alle Heimlichkeit links liegen.
Er klingelte an Wohnungstüren,
um live die Katze zu verführen.
Stets auf sich alle Blicke ballte
Mink, wenn er die Stute knallte.
Sobald ein Hals sich nach ihm reckte,
er auch schon im Schäflein steckte.
Publikum die Lust ihm mehrte,
wenn im Mastschwein er sich leerte.
Der Kutscher hielt noch an den Zügeln
das Pferd, schon nahte Mink, es bügeln.
Sogar zum Kirchensang vom Chor
verlegte er im Hund sein Rohr.
War wo ein Jäger auf der Pirsch,
so fickte Mink auch mal ’nen Hirsch.
Im Zoo gab er in der Voliere
vor Schulausflüglern sich die Ehre. –

Mink Múgùl war Philosoph,
ein wahrhaft großer Mann.
Nur sein Ende macht sich doof:
Er starb an Rinderwahn.

Marc
17.01.2006, 14:22
XDDD :A :A :A

Geil, Raik. <3 <3

The Game
18.01.2006, 16:00
Ich steh' drauf. *_* Ehrlich. Du solltest wirklich was aus deinem Talent machen. ;)

"Beim mocturnen Promenieren" <---- allein diese Phrase reicht mir aus. ^^

wequila
19.01.2006, 23:15
Ein Kind, dessen Mutter von Zeit zu Zeit
nachts ins Kinderzimmer bricht
und Hochmut kommt vor dem Fall irre schreit,
hat dies sehr schnell verinnerlicht. –

Diese fortwährend Eisberge seiner Erziehung
konnt’ Mink schlecht nur umschiffen –:
Mutters Maxime nicht erst mit vierund-
zwanzig als oberste Regel begriffen.

Da konnte er’s erste Mal since he was born
sie anwenden in der Praxis.
Mink war Paraschutist geworn:
ein Beruf, dem der Fall der wohl wichtigste Fakt ist.

Er reckte die Nase, sprach: „Aus Ihren Flossen
nehm’ ich nichts“, voll Kälte.
„Sie ham sicher nicht einmal Bildung genossen.“
Sprachs zu dem Mann, der die Fallschirme rausgab,
sprachs – und zerschellte.

Marc
19.01.2006, 23:29
Lol. :A
Naja, ist ja auch leicht misszuverstehen der Satz. o.o

wequila
20.01.2006, 10:25
Ihm war, als wenn im Wasserbett
gar irgendetwas leben tät.
Er, wenn am Einschlafen er war,
nahm nachts gedämpft Geräusche wahr.
Halb Tier- und Menschenlaute halb.
Es träumte ihm sogar schon alb,
was ihn letztendlich dazu trieb,
dass schwupps! er seine Frau bestieg.
Ihr derart evoziertes Stöhnen
sollte alles übertönen.
Die Gute freute sich gar sehr
über den Geschlechtsverkehr.
Sie hatte ja zu diesem Zweck
im Wasserbett ’nen Fuchs versteckt.

ybrvyntrn
23.01.2006, 14:46
Daniel P. von seiner Base
bekam geschenkt ’ne Blumenvase:
lang und dünn mit unten Knubbel –
hat aus Gewohnheit dran gerubbelt.

Prompt kam aus der Öffnungen oben
eine Fee ihn angeschwoben.
Er dachte noch, Ei ei ei ei,
da sprach sie: „Einen Wunsch hast frei.“

Daniel P., nicht schlecht beschenkt,
hat schnell sich einen ausgedenkt:
„Ich will ’nen Dinosaurier!“ –
Da ward die Fee gleich trauriger.

„Alles, nur das kannst nicht kriegen
(weil die Viecher zuviel wiegen).“
Jedoch der Wünscher wich nicht ab
von seinem Wunsch: „Mach Trab, mach Trab!“

Das Feechen musste drauf bestehn,
dass Donnerechsen halt nicht gehen.
Daniel: „Bist du störrisch, Mädel …
Dann wenigstens ’nen Dinoschädel!“

Doch wieder musste sie verneinen,
auch Dinoschädel gab es keinen.
„Ja stehst du nicht in meiner Schuld??“ –
Herrn P. ging es an die Geduld.

Er schimpfte sie ’ne dumme Kuh.
Kaum hörte Fräulein Fee noch zu,
was Daniel in die Defension trieb:
„Ich bin schon still, wenn ich vom T-Rex
auch nur ein Atom krieg’.“

Die Fee, nur halbwegs aufmerksam,
dies in den falschen Hals bekam:
Es fanden sich ins Ohr der Torte
nur Daniels letzten beiden Worte.

Ihr Fingerchen beschrieb ’nen Kreis.
„Das krieg’ ich hin“, sprach sie. „So sei’s.“
Die Erde, nur a weng darauf,
ging in Atompilzsuppe auf.

Und die Moral, die es hier trifft,
die steht schon in der Überschrift.

Marc
23.01.2006, 15:00
Wieder sehr sehr lustig, wirklich teils tolle Verse und .. öh... Reime. :A
Wobei ich sagen muss, dass die ersten beiden Strophen recht holprig klingen, aber es wirkt halt nicht gewollt holprig, daher. :\

Achja, dein neuer nick ist echt Blahrgs. Ich dachte erst hier hätte ein Fremder sein eigenes Gedicht reingeschrieben. xD
Musst mir demnächst mal das Penisbild zeigen. Oah, Penisbilder. <3