Get back to work, slave ~err... Storywriter!

Entscheidend für ein Hammerkloppermegahypespiel ist nicht nur bahnbrechende Technik und zeitgeistentsprechende Grafik sondern auch eine ansprechende Storyline, doch woher nehmen wenn nicht stehlen?
Die Lösung lautet, besorgt euch einen Storyautor, und das ist sogar einfacher als einen Techniker zu finden, gerade weil sich jeder, der in der ersten Klasse gelernt hat „Fu ruft Uta“ mit Kreide an die Tafel zu schreiben, einbildet ein potentieller Storyautor sein zu können. Sieht man aber von Leuten ab die glauben eine semigeklaute inhaltslose Story mit einem Helden namens „Bink“ der Prinzessin Helga retten soll sei innovativ und spannend bleibt nicht mehr so viel Auswahl.
Eines Vorweg, Storyschreiber sind Leute die kreative Arbeit machen und somit schonmal grundsätzlich etwas seltsam zu sein haben, alles andere wäre bedenkenswert.

Der Anteil der wirklich mehr oder minder von Nutzen sein kann lässt sich erfahrungsgemäß grob kategorisieren:

Neon Ghostwriter Evolution:
Seine Storys enthalten als Helden einen knapp 40-jährigen verwitweten tablettensüchtigen Alkoholiker auf der Flucht vor Lichteffekten und Theodore-Chipsets. Der Aufbau der Geschichte erfolgt über das „hidden mystery“-Prinzip. Es werden zu beginn , also innerhalb der ersten 3 Demos, haufenweise Andeutungen gemacht die den Eindruck unglaublicher Tiefgründigkeit vermitteln aber wie es sich für ein richtiges Mysterium gehört niemals erklärt werden da solche Spiele nie über die 2. Demo hinaus kommen.
Der Ersteller solcher Spiele ist grundsätzlich männlich, die weibliche Form schreibt lieber Geschichten über suizidgefährdete schizophrene japanische Catboys und veröffentlicht diese auf MySpace.
Achja, Plotholes gibt es nicht, es gibt nur unzureichende metaphorische Deutung.
Storys dieser Art sind die gefährlichsten von allen da der Maker keine internen Schutzmechanismen besitzt die jene fiktiven Inhalte von der Realität abtrennen, weshalb Autoren solcher Storys oft irgendwann einfach aus der Szene verloren gehen und nie wieder auftauchen. Andere tauchen völlig verstört von den surrealen Erlebnissen wieder auf und halten sich anschliessend für den König der Welt, Gott, unantastbar oder sogar wichtig.

Merken:
1.Verschwindet der Autor nicht war das Spiel nicht gut
2.Verschwindet jemand nicht traurig sein, das nächste Spiel dieses Typs wird genau so sein
3.Kehrt jemand doch zurück, nicht drauf eingehen was er sagt, einfach ignorieren

Zusammenarbeit gestaltet sich als nervenaufreibend da man sich nicht drauf verlassen kann dass derjenige am Ende der Woche noch auf dieser Welt weilt, oder nach Rückkehr aus der Paralleldimension noch einen Rest Verstand besitzt.
Erfahrungsgemäß arbeiten solche Leute sowieso allein.

Master of Fantasy:
Möchte nichts lieber als sein eigenes cooles Fantsygame, ungefähr so wie Final Fantasy und beginnt seine Überlegungen indem er sich ein paar Charaktere erdenkt die die gewünschten coolen Rollen ausfüllen können sowie einen entsprechenden Bösewicht. Beliebt sind vor allem verschwiegene Badass-typen, das wirkt cool und tiefgründig, denn wie sagt man so schön? Stille Wasser sind dreckig. Die Handung besteht daraus die Heldenparty in einige Situationen zu führen die er sich in Form einer FF-Rendersequenz als unheimlich beeindruckend vorstellt.
Alle sich aus der Handlung ergebenden Fragen werden an passender Stelle durch brisante Enthüllungen aus der Vergangenheit beantwortet. Aus „Respekt vor den alten Klassikern“ benutzt er völlig gewollt Klischees und bekannte Elemente.
Bei der Namensgbung bevorzugt er markante englische Wörter die eigentlich keine Namen sind wie „Strike“ „Slash“ oder „Sky“. Ebenfalls sehr beliebt sind Klassiker wie „Ryu“ oder japanisch angehauchte Wortkonstrukte deren wahre Bedeutung irgendwo zwischen „Kabelbinder“ und „Keksdose“ zu finden ist.
Eine weitere Variation dieses Typus von Schreibers,
den man einfach daran erkennt dass er bei der Benutzung des Wortes „Fanboy“ knallrot wird und dem Benutzer des gottlosen Ausdrucks hyperventilierend sowie ordinär fluchtend einen Einlauf verpasst , ungefähr wie der durchschnittliche Fan harter progressiver Musik jemandem, der aus versehen die Worte „Linkin Park“ und „Metal“ im selben Satzkonstrukt ohne Kommata und Zeilenumbruch verwendet hat,
ist der „Nonlinear-Fantasy-Developer“ oder kurz „The Gothic Scrolls-Fanboy“.
Anstatt auf maximale Coolness setzt er auf maximalen Realismus und treibt die grafischen Fähigkeiten des RPG-Makers durch den enormen Detailgrad der Realität an die Grenzen des...ah, vergesst es, aber sprecht so jemanden niemals darauf an.

Nahrung:
Pizza, Bier, Ost-RPGs

Anwerbung:
Zeige grafischen Protz oder behaupte du bist ein Mädchen und grad 15 geworden

Zusammenarbeit:
FF-Fans, Aktuelle-Spiele-toll-Finder, Auftragsmapper

Plotkonstruktor:
Es gibt je nach Arbeitsweise einige Storyschreiber deren „Hilfsmaterial“ schonmal einen Papphefter füllt. Der Plotkonstruktor ist derjenige der mit seinen „Notizen“ die Berliner Mauer wieder auf oder die chinesische im Schnitt um einen halben Meter erhöhen könnte. Was jetzt klingt wie jemand der sein Hobby zu ernst nimmt ist zwangsweise notwendig, einfach um den Überblick behalten zu können, denn die Granzen dessen was sich ein Plotkonstruktor ausdenken kann werden definiert durch den Zeitpunkt seines Todes. Der Plotkonstruktor versucht nicht eine eher simple Handlung zu begründen sondern ein logisches Konstrukt zu erschaffen dessen Glaubwürdigkeit aller Handlungen sich aus sich selbst ergibt.
Wann immer er an einer Stelle ein Element hinzufügt wittert er die Chance sein „Netzwerk“ zu verdichten indem er das neue Element an passenden Stellen mit dem Rest verknüpft, oder anders ausgedrückt: Was als „Boy meets Girl“ Plot begann enthält wenige Gedanken später 3 zeitliche Handlungebenen, 36 Hauptcharaktere in tragenden Rollen und einen Umfang für dessen Umsetzung man in Form eines Animes 3 Staffeln à 52 Folgen oder als Spiele mindestens 4 Teile vom Ausmaß eines Baldurs Gate 2 samt Add-On benötigt.
An dieser Stelle fragt man sich wie das alles im Maker umgesetzt werden soll.
Die Antwort lautet: gar nicht, denn irgendwann wird auch der Plotkonstruktor feststellen dass seine Kreation einfach zu umfangreich ist, egal.
Macht man eben den ersten Abschnitt als Makergame, danach eine Fortsetzung in 3D, eine weitere als Echtzeitstrategiespiel und krönt die Saga mit einem MMORPG samt 12 Add-ons.
Somit steht auch fest was ein Plotkonstruktor am meisten braucht: Viel Papier und jemanden der ihm auf die Finger haut wenn ers übertreibt.
Kritik bezüglich Plotfehlern erübrigt sich da kein Hobbykritiker die Geduld aufbringt das Plotnetzwerk mit den Ausmaßen des durchschnittlichen EDV-Netzes eines Borg-Cubus zu durchleuchten.

Nahrung:
Kaffee, Kaffee, Grütze

Anwerbung:
zeig dass du ein Gehirn hast dass fähig genug ist komplexere Komplexe zu verarbeiten, beschränkte Kleingeister sind nur ein Klotz am Bein der Revolution...muhaha

Zusammenarbeit:
Geduldige Techniker

Nu-Age-Märchenonkel:
Wenn man in einer Master of Fantasy-Story die aufgezwungene Coolness weg lässt und das entstehende Loch durch emotionale Wärme und ganz viele Liebe auffüllt kommt man der Story eines Märchenonkels schon recht nahe.
Seine Priorotät liegt im Erzählen einer schönen mitreissenden Geschichte mit liebenswerten Charakteren die wirklich alle auf gewisse Art und Weise liebenswert sind, denn auch der größte Völkermörder hat eine traurige Geschichte und somit einen Grund so zu sein. Eigentlich ist er aber ein ganz lieber. Der Märchenonkel vermittelt seine Inhalte über lange Dialoge, wenn man also das Spiel eines Märchenonkels spielen möchte, sollte man sich überlegen ob man die Zeit auch wirklich hat oder ob man sich nicht doch lieber schnell die Herr der Ringe Trilogie als Special Extendet Version anschaut.
Der größte Feind des Märchenonkels ist das Gameplay das in seinen Spielen ungefähr so wirkt wie eine Werbepause die Gelegentlich auftritt und während der man lieber aufs Klo oder zum Kühlschrank gehen würde. Entwarnung: Mit fortschreitender Spielzeit nimmt der Anteil an spielbaren Szenen exponentional-quadratisch ab, allerdings allein dadurch dass die Cutscenes länger werden.
Tipp: Nahrung und Getränke in ausreichender Menge neben dem PC abstellen.

Die weibliche Form, alias Märchentante kombiniert all dieses mit viel Mystik und sexuellen Anspielungen. Das ist übrigens das kleine dicke Mädchen dass auf den Animeconventions zusammen mit Kumpel Kevin Rikku und Yuna aus FFX cosplayt.
Perfekte Plotlogik ist übrigens nicht nötig solange die Charaktere sympathisch sind.

Nahrung:
Emotionale Filme, schöne Musik, Gummibärchen

Anwerbung:
zeig ihm wie sehr du auf Emotionen und Storywendungen stehst

Zusammenarbeit:
menschlicher Debugger, Masochist, Neuscriptzombie

Bücherwurm der allgemeinbildenden Filmverdammnis:
Wenn das Wort „Anspielung“ aus irgend einem spezifischen Grund in dieser Dimension existiert dann mit Sicherheit für genau diesen Typ von Storyautor.
Der BdaF hat mehr Bücher gelesen als Chuck Norris Leute gebasht hat und macht allein in einem Satz der mit „Hallo...“ anfängt und mit „...,wie geht’s?“ mehr Andeutungen, Anspielungen und Seitenhiebe als er Bücher gelesen hat.
Seine Geschichten, deren Handlung meist abenteuerartig verläuft und völlig drauf aus den Spieler mit witzigen Dialogen bei der Stange zu halten.

In diesem Typ Storyschreiber gibt es zwei Unterkategorien, sie unterscheiden sich durch die Bücher/Filme auf die mit Anspielungen verwiesen wird:

Typ A spielt an auf:
Shakespeare
Sherlock Holmes
Star Wars

Typ B spielt an auf:
Star Wars
Herr der Ringe
Star Wars

Deprimierend kann es nur sein wenn ein Spieler in Ermangelung von Wissen kaum eine Anspielung findet oder versteht, aber keine Angst, den Star Wars Quote findet jeder.

Nahrung:
Bücher, englischer Tee

Anwerbung:
zeige Verständnis für seinen Humor und versuche (notfalls Eingabe aller Dialoge in Google) möglichst viele seiner Anspielungen herauszufinden, das schafft eine gemeinsame Basis

Zusammenarbeit:
abwechselnd lustig und anstrengend
bevorzugt mit anderem von der Sorte

Viel Glück im Umgang mit und auf der Suche nach einem Storyschreiber.

-Corti (28.05.07)

Fortsetzung von:
Technicians - How to breed and feed