So schwer sich die deutsche Sprache mit Einzelworten tut, so schöner hat sie es doch mit Metaphern und Umschreibungen. Die moderne Welt will alles in kurze Zusammenhänge packen, daher zeugt wahrscheinlich auch der stetig wachsende Anglizismengebrauch. So kann man doch statt dem doch recht plumpen "Sex" auch von der "schönsten Nebensache der Welt" (wobei ich diesen Ausdruck nich wirklich mag, weil der schon wieder sehr abgedroschen klingt) reden. Auch könnte man sagen: Mit jemandem schlafen, oder den Verkehr als "Beischlaf" bezeichnen, was zwar veraltet klingt, aber trotzdem noch gebräuchlich sein sollte. Alternativ würde sich für "Sex" auch "Kuchenbacken" anbieten, aber das ginge zu weit =).
Man kann Freund und Freundin übrigens auch durch Bekannter und Bekannte ersetzen und bei besonders dicken Freundschaften auch von guten Bekannten sprechen. Was die Alternativen für die Freundin oder den Freund angeht muss ich dir rechtgeben, das klingt teilweise sehr staksisch und Kosenamen wie "Schatzie" oder "Schnibbelchen" sind in der Öffentlichkeit eher peinlich als liebevoll. Hierbei sollte man den Zuhörer vielleicht durch Pronomen bzw. Artikel aufmerksam machen, um welche Beziehung es sich handelt. "Ich schlafe bei meiner Freundin" drückt etwas anderes aus als "Ich schlafe bei einer Freundin".
So können Attribute und Umschreibungen uns auch in Gesprächen über die Liebe selbst weiterhelfen und für die künstlerischen Kreise können auch ganz neue Metaphern gefunden werden, die der Zusammenhang uns vorgibt. So empfehle ich z.B. den Schlaflosen in "schlaflos"(Medley; ich erdreiste mich mal zu einem Link: >klick<). Hier bedarf es zwar einer Deutung, aber künstlerisch gesehen gibt uns das eine wunderschöne Metapher in die Hand.
Auch kann man über allgemeine Zusammenhänge natürlich vom Liebenden oder von der Liebenden sprechen.
So oder so bietet uns das Deutsche auch die Möglichkeit, Dinge verständlich in längeren Ausdrücken rüberzubringen oder gar durch Teilsätze mit Sinn zu versehen. Das zeigt sich vorallem bei dem ganzen (meiner Meinung nach) 'Gehabe' um die berühmten drei Worte "Ich liebe dich". Ich kann zwar nich so ganz verstehen, warum man nur die drei und nix anderes hören möchte, aber gut. Einer meiner Lieblingspoeten hat das mal so ausgedrückt: "Wenn ich dich liebe, wirst du es nicht hören; du wirst es spüren."
Was will man damit sagen?! Es geht darum, dass man manche Dinge nicht ehrlich durch Worte ausdrücken kann. "Ich liebe dich" geht mir persönlich schön oft über die Lippen, ich sag's sogar manchmal zu mir selbst und ich habe etwa das Selbstwertgefühl eines Schimpansen ohne Partnerin (ist echt wahr!). Aber einem Menschen zu sagen: "Ich liebe deinen Augenaufschlag", "Ich begehre deine Beine", "Deine Blicke machen mich rasend vor Glück", "Ich habe noch niemanden wie dich kennen gelernt und wenn es nach mir ginge, könnten wir ewig so daliegen" bedarf erster einer Ehrlichkeit, weil ein Mensch der Dinge nur dahersagt zumeist wenig redet und zweiter Mut, denn diese Worte gehen denke ich live nich so schnell über die Lippen (und die Beispiele sind sowieso noch zu kurz meiner Meinung nach).
Ich muss gestehen, ich verfluche manchmal die Wortkarge der deutschen Sprache, zumal man in so manch anderer Zusammenhänge besser und poetischer, vorallem aber kompakter beschreiben kann ("le charactère acquis" <-> "der Charakter, den ein Mensch angenommen hat"; "ne saisir pas de qun" <-> "aus jmd nicht schlau werden, jemanden nicht verstehen", wobei 'saisir' auch "erfassen", "ergreifen" oder besonders aktivisch "aufrufen", auch "pfänden" heißen kann). Auch gibt es keine Möglichkeit, bestimmte Gefühle oder Wahrnehmungen anders als mit annähernden Vergleichen zu umschreiben. Auch das Beispiel mit dem Gegenteil zu "durstig" ist ein sehr gutes (obwohl jenes laut Studie bei jedem 5ten "betrunken" ist). Trotzdem hat die deutsche Sprache doch den anderen gegenüber einen Vorteil: Man kann mit den Worten malen. Wo die anderen Indogermanen mit Partizipen zulangen, schließt das Deutsche mit Präpositionen und Teilsätzen klare und bildliche Ausdrücke. Auch unsere Beamtensprache pirscht den anderen vorraus, denn wo bei uns in der Fachzeitschreift allen Ernstes etwas von "Interauralbereichverengung" steht, meint ein Engländer in aller Freiheit "foolishness". Das mag auf den ersten Blick als Nachteil erscheinen, aber würdet ihr ernsthaft auf die Belustigung von "karbonen Muttergesteineinlagerungsverhalten" oder "Filialgenerationsreziproke" verzichten wollen? Hierbei gibt die Sprache nicht nur ein Mittel der Verständigung, sondern auch eine Idealitätsentscheidung. Verständige ich mich nun umständlich mit allerlei lateinischen Entlehnungen und zusammengeklemmten Substantiven, oder vielleicht in einer allzu jugendlichen von Anglizismen und 'Härte' geprägten Sprache oder setze ich doch auf einfache und leichtverständlich Worte, die jeder versteht, mich aber weder klüger noch cooler erscheinen lassen?
So ist es auch in der Liebe - um mal zum Thema so ganz langsam zurückzukommen ^^"""". Ihr habt die Wahl zu sagen: "Da ist meine Freundin" oder "Da ist meine Schnalle" oder "Da ist mein Schatz" oder "Da ist die Frau die ich liebe" und und und... Genauso könnt ihr sagen: "Du hör mal, ich hatte heute Sex mit einer unbekannten Brünetten/habe mit einer unbekannten Brünetten geschlafen/habe ein xenophiles (*kicher*) Abenteuer gehabt/etc.pp." und ebenso könnt ihr sagen "ich bin sitt" oder "ich habe genug getrunken", oder ähnliches =).
Genug litaniert.