-
Kämpfer
Endlich hatte der Lehrer sich wieder gesammelt. Die Gefühle, die ihn übermannt hatten waren unglaublich. Er fühlte es, als seien es seine eigenen Gefühle. Aber wieso fühle er dies? Der Hund hatte Recht, dieser Ort ist wahrlich göttlich! Welche Macht es ausstrahlte konnte er ohne Probleme selber spüren.
"Ok Arnold, back to Basic." Hektisch sah er sich um, um sich möglichst auf seine Aufgabe zu konzentrieren. Unter Stress konnte er schon immer am besten Arbeiten. "Diese Bilder, dass erinnert mich an meine alte Rollenspielrunde. Und alle haben über mich, den Schwarzmagier Jim gelacht! Doch jetzt lache ich zurück!"
Fünf Bilder, alle als Wandgemälde und trotz der widrigen Bedingungen kein wenig verblaßt. Das erste zeigt zwei Personen, Hand in Hand. Es ist nicht viel zu erkennen, im Grunde nur die Umrisse, aber es lässt sich erahnen, dass es ein Mann und eine Frau ist, nackt oder leicht bekleidet.
Das zweite Bild ist eine Stadt, oder besser gesagt die Ruinen. Häuser brennen, Leichen liegen unter den Trümmern und im Hintergrund brennt ein Palast von kaiserlichen Ausmaßen.
Das dritte, das mittlere Bild war leer.
Das vierte Bild zeigte eine Armee, wie sie auf eine Stadtmauer zu läuft. Vor der Armee schreitet ein kleiner Mann, der allerdings mit Engelsschwingen einen riesigen Schatten warf. Arnold sah genauer hin und sah vor der Stadtmauer zwei kleine Gestalten. Eine Gestalt, so klein sie auf die Entfernung doch schien warf garkeinen Schatten, die andere Personen allerdings einen normalen Schatten. An einen Fehler des Malers glaubte Arnold dabei nicht.
Das fünfte Bild gab ihm dafür allerdings um so mehr Rätsel auf. Denn was zu sehen war, war er. Es schien als sei es ein gemaltes Spiegelbild von ihm. Wenn er sich bewegte, dann bewegte sich das Bild mit ihm. Eben wie ein Spiegel.
"Sehr seltsam! Wenn das die Geschichte ist, dann müsste das ja bedeuten, das ich Teil dieser Geschichte bin. Aber dann kann die Geschichte doch noch gar nicht zu Ende sein!" Arnold blickte auf das leere Bild. "Ich muss die Geschichte beenden, aber wie?"
Dann fiel sein Blick auf die Vertiefung. Kreuzförmig. Gerade mal zwei oder drei Zentimeter lange Schlitze. Mit den Fingern kam er da nicht rein. Wäre ja auch zu einfach gewesen.
Arnold musste sich was einfallen lassen. Zu viele Gegenstände, die dort hinein gepasst hätten gab es in diesem Raum auch nicht.
Dieses Rätsel war seinem Rollenspieltraum sehr ähnlich. Wie gerne wäre er doch auch in dieser Fantasiewelt gewesen, hätte Banditen, Orks und Monster getötet. Zusammen mit seinen mutigen mitstreiten, dem Krieger, dem Elfen, dem Taschendieb.
"Moment... Elf? Bogen? Ja klar, die Pfeile!" Schnell sprang er vor die Statue von Amon. Klein und Angsteinflößend stand sie da, aber aus ihrem billigen Material konnte man recht gut die Pfeile entfernen. Kraftvoll stämte er sich gegen die Statue während er gleichzeitig den Pfeil aus dem Torso heraus zog. Leichter als gedacht kam der Pfeil aus der Statue heraus. Sofort sprang er zum ersten Bild und fügte es in die Kerbe ein.
Schnell zog er den zweiten Pfeil aus der Statue und fügt es in die zweite Vertiefung ein, aber so leicht wie beim ersten Mal ging es nicht. Der Pfeil kam nicht tiefer als bis zur Spitze, nicht wie beim ersten mal bis zu den Federn.
"Das ist warscheinlich das falsche Bild!" Arnold überlegte kurz, dann sprang er zum vierten Bild. "Bevor die Stadt zerstört wird, wird sie erstmal angegriffen." und Tatsächlich, es passte. Der dritte Pfeil kam dann in das Loch vom zweiten Bild. "Jetzt ist sie Asche."
Arnold ging wieder zur Statue und griff nach dem letzten Pfeil. "Merkwürdig, die Löcher von den anderen Pfeilen sind weg. Sehr beeindrucken!" Mit einem mulmigen Gefühl zog er am letzten Pfeil, und auch er kam ganz leicht heraus. "Ok, das war es dann."
"Nicht so voreilig!" Arnolds Blick flog erschrocken nach vorne, wo er gerade noch eine Faust begrüßen konnte, die ihn geradewegs nach hinten gegen eine Wand schleuderte. Eine übermenschliche Kraft hatte ihn da getroffen, soviel war klar. Wer hatte ihn wie aus dem Nichts angegriffen.
"Du stellst dich gegen etwas, was über deinem mickrigen Verstand steht." Die Statue stapfte von ihrem steinernen Thron, jetzt allerdings nicht mehr steinern, sondern aus Fleisch und Blut. "Sich zu verteidigen ist ehrenhaft, aber deine Gegner waren von Anfang an göttlicher Natur." Sein nun nicht mehr stumpfes Schwert ging rauschend auf ihn nieder. Nur knapp konnte Arnold diesem Angriff ausweichen.
"Was soll das denn? Ich kenne dich noch nicht einmal! Ich..." Jetzt wurde Arnold einiges klar, er hatte eine Rolle eingenommen, die er noch nicht einmal kannte. Er war nun Teil der Geschichte. Doch schnell besann er sich, denn diesen Gegner konnte er tatsächlich nicht so leicht besiegen.
Wieder ließ Amon das Schwert auf Arnold rasen. Es wurde für Arnold schwerer aus zu weichen als vorher. Amons protzendes Lachen hallte in diesem kleinen Saal. "Zu schwach um sich zu wehren, wie lächerlich!"
Arnold war sich der Gefahr bewusst, aber er musste etwas tun. Schnell visierte er das Loch an, das unter seinem vermeintlichen Spiegelbild lag. Hastig krabbelte er zur Vertiefung und steckte den Pfeil hinein. "Oh bitte lass das klappen."
Amon kam näher. "Das war es dann schon." Arnold kauerte sich zusammen auf dem Boden, als er plötzlich Amon kurz aufstöhnen hörte.
"Leg deine Waffe nieder, Amon! Lass Lurin in Frieden." Arnold blickte an Amon vorbei und die ehemalige Statue von Iris, wie sie nun den Bogen auf Amon ausgerichtet hatte.
Amon drehte sich um, und nun sah auch Arnold den Pfeil in seinem Rücken.
Wieder lachte Amon. "Natürlich, du beschützt dein Menschlein! Ohne dich wäre er zu schwach."
Iris Stimme war ein wenig weinerlich. Dennoch konnte sie ihm verbal trotzen. "Das stimmt nicht. Nur durch ihn habe ich den Kampf gewagt. Ich habe nicht aufgegeben, denn der Kampf ist nicht umsonst."
Arnold ignorierte für einen Moment ihren verbalen Schlagabtausch und krabbelte zum letzten, dem dritten Bild. Das Bild war nun nicht mehr weiß und leer, sondern es zeigte den Kampf, der sich im Hintergrund abspielte. Doch er war dort nicht abgebildet. Stattdessen war ein Mann am Boden, getroffen von einem Pfeil, der tief in seinem Fleisch steckte.
"Diesen Pfeil, ich brauche ihn... also muss ich das Spiel mitspielen!"
Hastig sprang er auf und sah zu den beiden hinüber, die beide jeweils in Lauerstellung waren.
"Iris, du warst schon immer alleine zu schwach. Du konntest nie ohne deine kleinen Menschen auskommen!"
Iris stammelte langsam. "N... nein! Das... das ist nicht..."
Arnold ergriff nun die Initiative. "Nein, denn wir sind für sie da, wie sie für uns da ist... glaube ich!" Er versuchte zu improvisieren.
"Schweig elender Wurm!" Amon schrie ihn an.
"Iris, du brauchst uns nicht. Du bist ein Engel. Ich würde mein leben für dich geben!" Jetzt war es keine Improvisation mehr, jetzt war nicht mehr er, der dort redete. "Iris, du musst mich töten. Er ist hinter mir hier, hinter uns Menschen, nicht hinter dir. Eure Schicksale sind miteinander verbunden, wie wir beide nie verbunden waren. Iris, ich liebe dich, aber es war nie umsonst. Doch jetzt müssen wir loslassen."
Iris begann zu weinen. "Nein, ich kann nicht."
"Doch du kannst, du musst. Du musst mich töten!"
"Aber... ich liebe dich."
"Ich dich auch... und deswegen musst du es tun!"
Iris zielte langsam mit dem Bogen auf Arnold, Amon griff mit einem schreienden Angriff an und es schien als wollte er diesen Angriff noch abwenden. Doch es war zu spät. Der Pfeil sauste von der Sehne beschleunigt an Iris Fingern vorbei.
Jetzt erst kam Arnold zur Besinnung. Der Pfeil traf ihn zwar, blieb aber in seinen Knochen hängen. Aber etwas hatte ihn verlassen. Wie in Trance blickte er auf den Boden. Dort lag er, der Mann, der in ihm war. Lurin, Iris geliebter.
Doch was war mit Amon und Iris? Diese beiden standen wieder an ihren Positionen, wo vorher ihre Statuen standen.
Arnold versuchte sich ein Träne zu verkneifen. Er hatte nicht nur an dieser Geschichte beigewohnt, er gehörte zu dieser Geschichte. "Wäre ich noch am Leben, hätte ich es niedergeschrieben. In Gedenken an ihr Leiden."
Leise plätscherte der Brunnen in der Mitte des Saales, wie er es vorher nicht tat. Die Ranken formten Blätter, die kleinen Kelchen gleichkamen. Langsam und bedächtig knüpfte er eine von diesen Blüten ab und schöpfte damit das Wasser. "Ich hoffe, dass ich es endlich geschafft habe. Aber wie komme ich hier nun raus?"
Als wollte jemand seine Frage beantworten bemerkte er einen Lichtschein, der von hinter ihm kam. Dort wo ehemals das mittlere, das letzte Bild war, war nun eine Tür, die schimmernd vor ihm stand. Langsam betrat Arnold diesen letzten Gang.
Sorry, da musste ich mal was längeres schreiben, damit wir diesen Abschnitt hinter uns haben.
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
-
Foren-Regeln