Ich finde das Beispiel sogar sehr passend. Denn was ist das Philosophie-Studium anderes als eine Ordnung der bisherigen Philosophie. Einer Philosophischen Denkrichtung kann man ohne Kenntnisse dieser Ordnung sehr gut angehören (genau, wie man romantische Kunst mögen und ggf. "nachmalen" bzw. deren Tradition nacheifern kann). Es geht ja hier bloss um die Art, wie Philosophie gelehrt wird. Dass diese genau wie das meiste andere bloss akademische Disziplin ist, hab ich anbetrachts des Threadtitels als Datum angenommen. Also: Denkschulen, ja, das ist angewandt. Akademische Philosophie, nein, ist nur historische Verordnung.
Wenn er die Methoden kennt, könnte er theoretisch gezielt Positionen entwickeln, die ihm im demokratischen System am meisten Macht verschaffen. Der Rückschluss ist also genau wie beim Philosophen möglich. Politiker und (nennen wir es mal angewandte) Philosophen sind keine akademischen Titelträger, sie sind Realitätsverarbeiter und Theorienschaffer. Der beste Politiker ist jener, der die Probleme in der Gesellschaft sieht und sie zum Programm macht. Der beste angewandte Philosoph ist jener, der die Probleme in der Gesellschaft sieht und eine Problemlösung konstruiert (naja, Soziologen behaupten ja, Philosophen konstruieren sich auch die Probleme, dies aber nur als amüsante Nebenbemerkung).Zitat
Den Philosophen an einem Formalismus festzumachen halte ich indes für etwas kurzsichtig. Wie jemand einen Diskurs führt kann doch nicht darüber entscheiden, ob ein Gedankengang philosophischer Natur oder bloss profaner Natur ist. Würde sich die Philosophie solche Schranken auferlegen, so würde sie sich gleichzeitig selbst zweckentfremden, indem sie einfach eine geistige Aristokratie schafft, die aus Willkür heraus über die philosophische Natur irgend eines Ereignisses, einer Ereignisskette oder eines Verhältnisses entscheidet.
Wie dem auch sei, zurück zum vorakademischen Schulwesen: Ich zweifle stark, dass entsprechende Kurse den Voraussetzungen einer adäquaten philosophischen Ausbildung entsprechen (nicht zuletzt, weil sie in einem Zeitraum stattfinden, in dem einem jungen Menschen primär nur eine Person, nämlich er selbst, wichtig ist).